Tribostatik

Tribostatik
Pulverbeschichteter Benzintank

Pulverlacke sind organische, meist duroplastische Beschichtungspulver mit einem Festkörperanteil von 100 %. Das Beschichten mit Pulverlacken erfordert - im Gegensatz zu allen anderen Beschichtungstechnologien - keine Lösemittel. Zur Produktion der Pulverlacke werden Verarbeitungsverfahren wie die Extrusion und das Vermahlen eingesetzt.

Die heutige Pulverlacktechnologie existiert seit den 1960er Jahren, wo zuerst reine Epoxisysteme Verwendung fanden, die aufgrund der damaligen Rohstoffsituation noch sehr träge in der Reaktionszeit waren, was die Einsatzgebiete ganz erheblich einschränkte. Inzwischen existiert eine Reihe geeigneter Rohstoffe. Das ermöglicht die variable Einstellung der optischen und mechanischen Eigenschaften.

Hauptanwendungsgebiete von Pulverlacken sind die allgemeine Metallbeschichtung (35 %), Haushaltsgeräte (21 %), Fassadenbeschichtungen (20 %), Möbellackierung (13 %) und Automobillackierung (8 %).[1]

Inhaltsverzeichnis

Wirtschaftliche Bedeutung

Weltweit wurden im Jahr 2006 ca. 1.100.000 Tonnen Pulverlack produziert. In Europa beträgt der Anteil von Pulverlacken am gesamten Lackmarkt etwa 10%. Der Großteil wird mit je etwas über einem Drittel in Europa und Asien produziert. Das verbleibende Drittel verteilt sich zur Hälfte auf Nordamerika und den Rest der Welt. Die im Jahr 2007 mit etwa 10% am stärksten gewachsene Region ist Osteuropa, wobei die Türkei mit einem jährlichen Wachstum von 12% das größte Wachstum verzeichnen konnte. Der größte Produktionsstandort für Pulverlacke bleibt dagegen Italien, das ein jährliches Produktionsvolumen von ca. 100.000 Tonnen Pulverlack aufweist.[1][2][3]

In Deutschland wurden 2007 über 70.000 Tonnen Pulverlack hergestellt, was einem Anteil von etwa 3 % an der Gesamtproduktionsmenge an Farben und Lacken ausmacht. Der Produktionswert in Deutschland hergestellten Pulverlacke beträgt ca. 300 Mio. €.[4]

Geschichte

Entwicklung der Technologie

Die ersten Versuche mit pulverförmigen Überzugsmassen, die beim Aufschmelzen einen Film erzeugen können, wurden bereits in den 1940er Jahren gemacht. Es handelte sich dabei um thermoplastische Kunststoffpulver. Diese hatten so gut wie keine Ähnlichkeit mit heutigen Pulverlacken. Das 1952 entwickelte Wirbelsinterverfahren war erstmals in der Lage, industrielle Mengen zu lackieren. Damals wie heute erzeugt das Verfahren Schichtdicken oberhalb von 200 µm, also drei- bis viermal so dicke Schichten wie mit elektrostatisch applizierten Pulverlacken üblich.[2]

Im Gegensatz zu den bis dato verwendeten, rein thermoplastischen Bindemitteln (Polyamid, Polyvinylchlorid) wurde Anfang der 1960er Jahre ein vernetzendes Epoxidharz auf den Markt gebracht, das den Grundstein für die spätere Entwicklung darstellt. 1968 folgte mit der Entwicklung der Hybridpulverlacke (Epoxid und Polyester als Bindemittel) ein weiterer Durchbruch. Dadurch wurden kürzere Aushärtzeiten und eine konstantere Qualität erreicht. Dies ist für die Anwendung in Großanlagen entscheidend. Anfang der 1970er Jahre konnte zudem mit TGIC ein hochwetterbeständiger Härter für Polyestersysteme gefunden werden. Gleichzeitig kamen auch die ersten Acrylat- und Polyurethan-Systeme auf, die sich aber zunächst nicht durchsetzen konnten.[2]

Im Jahr 1995 wurde mit dem Pulver-Füller erstmals Pulverlack als Automobillack eingesetzt. Der Pulver-Slurry (eine Suspension von Pulverlack in Wasser) wird seit 1996 als Klarlack auf der A-Klasse eingesetzt.[5]

Applikationstechnik

Im Bereich der Applikationstechnik wurde Mitte der 1960er Jahre mit elektrostatischen Sprühpistolen (Corona-Applikation) der ein Meilenstein gesetzt. Erstmals war es möglich, den Pulverlack zu fluidisieren und elektrostatisch zu applizieren. Die anfangs noch niedrigen Auftragswirkungsgrade wurden durch die Einführung der Rückgewinnung, einer bis dahin im Lackbereich völlig unbekannten Vorgehensweise, stark verbessert, so dass das Verfahren auch wirtschaftlich interessant wurde. Die zweite Möglichkeit der Aufladung, die Aufladung der Pulverpartikel über Reibung (Tribo-Applikation) wurde 1972 erstmals gezeigt.[2]

Industrieller Einsatz

Die Grundlage für die Verbreitung der Pulverlack-Technologie bildete eine Verordnung, die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (kurz: TA Luft), die 1974 von der deutschen Bundesregierung verabschiedet wurde und im Wesentlichen darauf abzielte, die Verwendung von Lösemitteln einzuschränken. Damalige Innovationen waren neben den Pulverlacken vor allem Wasserlacke, festkörperreiche Lacke (sog. High-Solid-Lacke) und strahlenhärtende Lacke. Die nach Angaben des VdLs ab 1965 industriell aufkommenden Pulverlacke, bis dahin jedoch meist als experimentelle Produkte weniger Lackhersteller erfuhren dadurch einen starken Aufschwung. Im Jahr 1966 wurde die erste Pulverbeschichtungsanlage in Deutschland ins Betrieb genommen. Im ersten statistisch erfassten Produktionsjahr, 1974, wurden nur 3.369 Tonnen Pulverlack produziert. Dies wurde in der Folge auf 10.000 Tonnen (1980), 37.500 Tonnen (1990) und 70.000 Tonnen (2007) gesteigert.[5]

Aufbau

Die chemischen Unterschiede zwischen Pulverlack- und Nasslackrohstoffen sind nicht groß. Die Vernetzungsmechanismen des Pulverlackfilmes ähneln denen eines Einbrennlackes, bei dem unter Temperatureinfluss zwei Reaktionspartner durch Bildung eines organischen Netzwerkes eine chemische Verbindung eingehen. Charakteristisch für Pulverlacke ist jedoch das Fehlen von Lösemitteln.

Alle Pulverlacke bestehen also aus Bindemitteln, Additiven, Farbmitteln und Füllstoffen.[6]

Bindemittel

Die wichtigste Komponente jedes Lacksystems sind die Bindemittel. Diese bilden den Lackfilm, also die Basis, die alle Feststoffteilchen im Lack umhüllt. So werden die grundlegenden Eigenschaften wie Oberflächenbeschaffenheit, Härte und Stabilität des Lackfilmes bestimmt.

Bindemittel bestehen in der Regel aus langkettigen, meist organischen Verbindungen, die aktive Gruppen mit der Fähigkeit zu vernetzen enthalten. Für Pulverlacke kommen Kunstharze zum Einsatz, die entweder miteinander oder über einen Härter zu verzweigten Makromolekülen vernetzen können.[6]

Verwendete Typen

Zum Einsatz kommen in heutigen Pulverlacken vor allem Epoxidharze, carboxyl- und hydroxylgruppenhaltige Polyester, OH- und GMA-Acrylatharze, sowie modifizierte Harze für spezielle Einsatzgebiete. Die Auswahl des Harzes bestimmt im Wesentlichen die physikalischen Eigenschaften des Pulverlackes und somit dessen Einsatzbereich (Siehe Sorten).

In den älteren, ursprünglichen Pulverlacken ist die Gruppe der Thermoplaste, erkennbar am weichen Film und hohen Schichtstärken, welche vom Beschichtungsverfahren, dem Wirbelsintern rührt. Filmbildner sind in diesen Systemen überwiegend Polyamid, Polyethylen, Polyvinylchlorid und Polyvinylidenchlorid.[7]

Additive

Additive sind Hilfsmittel. Sie beeinflussen wichtige Parameter wie z. B. die Oberflächenbeschaffenheit sprich Verlauf oder Struktur, Glanz, Oberflächenhärte und Verarbeitungsbedingungen. Die Zugabe von Additiven ist in jedem Lacksystem unumgänglich. Additive tragen entscheidend zur Qualität der einzelnen Pulverlacke bei.[8]

Verlaufsmittel

Polyacrylate sorgen in kleinen Zugabemengen im Pulverlackfilm für eine reduzierte Oberflächenspannung, und somit für einen glatten und kraterfreien Verlauf.

Entgasungsmittel

Entgasungsadditive entlüften den Lackfilm, so können Reaktionsgase und Untergrundausgasungen abgeführt werden, die Lackoberfläche bleibt dadurch frei von Nadelstichen. Die am häufigsten für diesen Zweck verwendete Substanz ist Benzoin.[8]

Wachse

Zugegebene Wachse schwimmen in der Aufschmelzphase des Härteprozesses an die Oberfläche des Lackfilmes, welche dadurch glatter und kratzunempfindlicher wird (Slip Effekt). Auch zur Entgasung und Mattierung können solche Wachse eingesetzt werden. Bei der Produktion von Pulverlacken helfen Wachse, indem sie den Extrusionsprozess positiv beeinflussen. Auch bei der Applikation können Wachse helfen, ein Ansintern in Pulverschläuchen des Verarbeiters zu verhindern. Der Nachteil beim Einsatz von oberflächenaktiven Wachsen ist jedoch die eingeschränkte Überlackierfähigkeit, da auf einer wachsbeladenen Oberfläche nachfolgende Beschichtungen keinen Halt finden. Im schlimmsten Falls kommt es zum Haftungsverlust, der das heißt der Decklack blättert ab.

Weitere Additive

Die Zugabe von Strukturmitteln ermöglicht Oberflächentexturen, die von einer grobporigen, welligen, bis zur samtartigen Feinstruktur reichen. Eine andere Gruppe von Additiven schützt den Pulverlack gegen äußere Einflüsse wie das Überbrennen oder das Einbrennen in einem direkt beheizten Gasofen (siehe Applikation).

Pigmente und Farbstoffe

Nur bei Klarlacken fehlen sie. Pigmente sorgen für einen deckenden Eindruck der Beschichtung und stellen den Farbton ein. Obwohl die Pigmentpalette für Pulverlacke aufgrund der hohen Einbrenntemperaturen beschränkt ist, sind nahezu alle Farbtöne darstellbar, die in der Farbpalette lösemittelbasierter Lacke vorhanden sind.

Anorganische Pigmente

Das anorganische Pigment Chromoxidgrün

Einfacher ist der Umgang mit anorganischen Pigmenten, überwiegend aus der Gruppe der Metalloxide bzw. oxidische Mischphasenpigmente vom Rutil- und Spinelltyp. Diese Pigmentgruppe zeichnet sich durch eine gröbere Teilchengröße und somit leichtere Dispergierbarkeit aus. Die Farbstärke dieser Gruppe ist meist kleiner als bei den organischen Pigmente, dafür besitzen sie ein größeres Deckvermögen und eine überwiegend größere Temperaturbeständigkeit. Im Vergleich zu organischen Pigmenten erzeugen anorganische Pigmentierungen einen trüberen Farbton.

Die wichtigsten anorganischen Pigmente für Pulverlackanwendungen sind:

Organische Pigmente

Das organische Pigment Kupferphthalocyaninblau

Im Bereich der intensiven Buntfarbtöne (z. B. kräftiges Rot und Gelb) ist man gezwungen farbstarke und reine, organische Pigmente zu verwenden. Waren früher schwermetallhaltige (anorganische) Pigmente auf der Basis von Blei- und Kadmiumverbindungen die erste Wahl, finden diese heute, bis auf Bismutvanadatpigmente, wegen ihrer toxikologischen Eigenschaften kaum noch Verwendung. Organische Pigmente sind in den meisten Fällen erheblich teurer als anorganische Pigmente, was sich auf den Preis des fertigen Pulverlackes auswirkt. Darüber hinaus verfügen organische Pigmente über ein geringeres Echtheitsniveau.

Durch die Verarbeitung im Extruder und die hohen Einbrenntemperaturen bei der Härtung beschränkt sich die Auswahl an organischen Pigmenten auf solche mit hoher Temperaturstabilität. Diese ist allerdings stark systemabhängig.

Chemisch gesehen, trifft man folgende Typen von organischen Pigmenten an:

Effektpigmente

Durch die Verwendung von Effektpigmenten kann auch im Pulverlack ein Metallic- oder Perlglanz-Effekt erhalten werden. Die Schwierigkeit liegt in der Einarbeitung der Effektpigmente, da deren Effekt auf der Plättchenförmigkeit beruht, die im Extruder zerstört wird. Als Ausweg wird das Effektpigment zumeist nachträglich zugemischt (Dry-Blend-Verfahren, Gefahr der Entmischung) oder durch sogenannte Bonding-Verfahren mit dem Pulverlack verbunden.

Die wichtigsten verwendeten Typen sind:

Funktionelle Pigmente

Eine besondere Gruppe ist die der funktionellen Pigmente, überwiegend besteht sie aus Korrosionsschutzpigmenten. Hier ist nicht die Einstellung des Farbtons das Ziel, vielmehr zählt die schützende Wirkung für das Substrat. Zinkphosphate (Wirkung umstritten) und andere, aktiv wirkende Typen finden hier Verwendung.

Farbstoffe

Farbstoffe sind im Gegensatz zu Pigmenten im Beschichtungsstoff löslich. Sie liegen im Lack nicht als Festkörper vor, sondern lösen sich und färben sie ihn so gesamt ein, was im Resultat einen lasierenden d. h. nicht deckenden Farbeindruck entstehen lässt. Mit Farbstoffen lassen sich interessante optische Effekte darstellen, es ist aber ein einwandfreier, weil sichtbarer Untergrund unabdingbar. Nachteilig beim Einsatz von Farbstoffen sind die auch im Vergleich zu organischen Pigmenten geringeren Beständigkeiten wie z. B. Licht- und Witterungsstabilität.

Füllstoffe

Füllstoffe (auch Extender genannt) liegen, genau wie die Pigmente, als vom Bindemittel umhüllter Feststoff im Lacksystem vor.

Wirkungsweise

Betrachtet man die preiswerten Füllstoffe lediglich als Mittel die Rezeptur wirtschaftlich zu gestalten, übersieht man schnell die Vorteile dieser Rohstoffgruppe. Mit ihrer im Vergleich zu den Pigmenten größeren Teilchengröße verleihen sie dem Lackfilm Volumen, wobei die kleineren Pigmentteilchen die Freiräume zwischen den Füllstoffteilchen einnehmen und sich so eine optimalen „Packungsdichte“ einstellt. Funktionell wirken Füllstoffe im Pulverlack als Mattierungsmittel und zur Unterstützung des Korrosionschutzes.

Verwendete Typen

Am häufigsten verwendet man Calciumcarbonate z. B. gefällt oder von natürlich vorkommender Kreide aus den Resten urzeitlicher Schalentiere. Dieser Füllstofftyp ist wegen seines plättchenförmigen Aufbaus als Mattierungsmittel geeignet.

Zur Beeinflussung von Verlaufseigenschaften eignet sich Talkum, ein natürlich vorkommendes Magnesiumsilikathydrat, welches ebenfalls in Plättchenform vorliegt.

Kugelförmig dagegen ist Bariumsulfat, weshalb sich die Packungdichte eines Lackes hiermit optimal steuern lässt. Auch hier gibt es einen natürlichen gewonnen Typ, das Mineral Schwerspat, und einen gefällten, genannt Blanc Fixe. Der industriell hergestellte Typ bietet den Vorzug eines helleren, nicht verunreinigten Aussehens und einer definierten Korngrößenverteilung.

Herstellung

Die Produktion von Pulverlacken erfolgt in der Reihenfolge Einwiegen, Mischen, Extrudieren, Mahlen, Sieben und Abfüllen. Im folgenden werden die einzelnen Produktionsschritte beschrieben.

Einwiegen

Die Einwaage der Rohstoffe erfolgt nach den Vorgaben eines Rezepts, auf dem die Rohstoffnamen, Anteile und Arbeitsanweisungen vermerkt sind. Es wird fast ausnahmslos diskontinuierlich (chargenweise) produziert. Die Batchgröße ist abhängig vom Fassungsvolumen der verwendeten Ansatzbehälter. Rezepte sind üblicherweise auf eine optimierte Reihenfolge beim Einwiegen ausgelegt, da die Reihenfolge Einfluss auf das spätere Mischverhalten hat.[6]

Mischen

Nach der Einwaage wird der Ansatzbehälter unter einen Mischer geschoben und eingespannt. Dann wird, je nach Bauart des Mischers, z. B. über Kopf gemischt. Das Gemenge der Lackrohstoffe ist nach dem Mischen bereit zur Extrusion, einem Verfahren, das eine intensive Homogenisierung (Dispergierung) der Rohstoffe erreicht.[2]

Extrusion

Die Wirkung der Extrusion wird durch das Aufschmelzen der Harzteilchen, verbunden mit intensiven Scherkräften erreicht.

Ein Ziel der Extrusion ist die homogene Verteilung der Lackkomponenten im Pulverlack. Pigmente liegen zusätzlich in Form von sogenannten Agglomeraten vor, die durch die Scherkräfte aufgelöst werden (Dispergierung). Im Idealfall würde die Teilchengröße des Primärkorns erreicht werde, in der Praxis liegen jedoch Aggregate und kleinere Agglomerate vor.[6]

Schwierigkeiten

Nur durch eine gute Dispergierung wird das exakte und reproduzierbare Einstellen des gewünschten Farbtons erreicht. Dies stellt aus den folgenden Gründen eine besondere Schwierigkeit bei der Pulverlackherstellung insbesondere im Gegensatz zur Flüssiglackherstellung dar:

  • Bei der Extrusion müssen alle Pigmente gleichzeitig dispergiert werden.
  • Die Möglichkeit mehrerer Mahlpassagen entfällt. Der Grund sind bei mehrfacher Extrusion auftretende Vorreaktionen (teilweise Vernetzung von Bindemittel und Härter).
  • Eine klassische Nuancierung, d. h. die schrittweise Zugabe von Tönpigmenten, ist daher nahezu unmöglich.

Aufbau eines Extruders

Hauptartikel: Extruder

In der Praxis besteht ein Pulverlackextruder aus einem beheizten Gehäuse und einer, oder mehreren, rotierenden Schnecken. Das Rohstoffgemenge wird nun über den Einzugsbereich der Schnecke durch den Extruder in Richtung Austrittsdüse gefördert. Hierbei schmelzen die Harze, wodurch die Masse ihre Konsistenz in eine hochviskose Schmelze ändert. Im weiteren Verlauf wird diese Schmelze kräftig durchgeknetet, je nach Extruder-Bauform durch besondere Konfiguration der Schnecke, oder durch Widerstandselemente im Gehäuse. Am Ende tritt die Schmelze (Extrudat) aus. Diese wird, meist auf einem Kühlband, abgekühlt und ausgewalzt. Zuletzt wird der Pulverlack durch einen Schredder in kleine Stücke (Chips) zerschlagen.[2]

Mahlen

Die entstandenen Chips werden abschließend durch Vermahlen in die endgültige Verarbeitungsform (Pulver) überführt. Exakte Korngrößenverteilungen werden durch Rotor-Sichtermühlen erreicht. Ein Luftstrom fördert die Chips durch einen Kanal in die Mahlkammer. In der Mahlkammer werden die Chips von einem schnell drehenden Rotor erfasst. Die Pulverlackpartikel werden dadurch gegen die Wand der Mahlkammer (Prallfutter) schleudert. Der Luftstrom zieht die Teilchen weiter in Richtung Austrittsöffnung. Auf diesem Weg passieren sie den rotierenden Sichter. Nur ausreichend vermahlene Teilchen passieren das sogenannte Sichterfenster. Gröbere Teilchen werden vom Sichter erfasst und zur erneuten Zerkleinerung wieder in die Mahlkammer zurückgeschleudert.[2]

An dieser Stelle kann das Fluidisierungs- und Aufladeverhalten des Pulvers durch Zugabe besonderer Additive noch beeinflusst werden.[9]

Haben die feinen Teilchen den Sichterbereich passiert, gelangen sie durch eine Rohrleitung in einen Zyklonabscheider. Dort wird zu feines Korn abgetrennt (Feinkornanteil). Das Pulver tritt tangential in den Zyklon ein. Dies versetzt das Pulver-Luft Gemisch in Rotation. Die feinsten Partikel werden durch den Luftstrom abgeführt. Das Pulver selbst wird aufgrund seiner Massenträgheit abgebremst, sammelt sich am Boden des Zyklonabscheiders und kann durch eine Druckschleuse (Zellradschleuse) der Abfüllstation zugeführt werden. Die gewünschte Kornverteilung wird durch Abstimmung von Rotor- und Sichterdrehzahlen, des Volumenstroms und der Zykloneinstellungen definiert eingestellt werden.[9]

Aufbau von Mühle und Zyklon

Funktionsprinzipien
Vermahlen von Pulverlacken
Rotor-Sichtermühle
[9]
Trennen des Pulvers von der Transportluft
Zyklon- bzw. Fliehkraftabscheider
[9]

Sieben und Abfüllen

Nach einer abschließenden Schutzsiebung und der Abfüllung in die entsprechenden Gebinde (PE-Beutel, Container, Bigbags) ist das Pulver versandfertig und einsatzbereit.[9]

Welchen Pulverlack verwenden? Eine Sortenübersicht

Jeder Pulverlackverarbeiter steht vor der Wahl, für seinen Anwendungszweck den richtigen Pulverlacktyp zu wählen. Das Anwendungs- bzw. Anforderungsprofil der zu beschichtenden Objekte gibt in der Regel die Sorte vor, und lässt nur wenig Spielraum. Doch ein steigender Preisdruck zwingt zunehmend zum Überdenken.

Die in Europa am weitesten verbreiteten Systeme sind Epoxi-, TGIC-freie Polyester-, sowie Hybrid-Pulverlacke. Neben diesen Pulverlacksorten existieren weitere, wenn auch weniger gebräuchliche Systeme, wie beispielsweise die Polyurethan- und Acrylatpulverlacke.

Epoxi-Pulverlacke

Reine Epoxi-Qualitäten sind wegen der fehlenden Lichtbeständigkeit ausnahmslos nur für den Inneneinsatz geeignet. Der UV-Anteil des Sonnenlichtes zersetzt die Harzstruktur. Es folgt ein Bindemittelabbau, der die Beschichtung im Laufe der Zeit mattiert, und die Farben verblassen lässt, es entsteht ein typischer Kreidungseffekt. Auch eine reduzierte Schutzwirkung kann die Folge sein. Hervorragend geeignet sind Epoxi-Pulverlacke für den Schutz vor Korrosion mittels eines Mehrschicht-Aufbaus. Generell ist ihr Einsatzgebiet vorwiegend die Grundierung. Reine Epoxi-Pulverlacke zeichnen sich durch eine hervorragende Chemikalienbeständigkeit aus. Weiterhin besitzen sie eine hohe Isolationswirkung gegen elektrischen Strom.

Polyester-Pulverlacke

Den Anforderungen bezüglich Witterungsstabilität genügen reine Polyester-Pulverlacke. Sie sind resistenter gegen UV-Strahlung und bieten deshalb langjährigen Schutz im Außenbereich. Spezielle Polyester-Qualitäten erfüllen auch die Vorgaben von GSB und Qualicoat. Diese Gütegemeinschaften zertifizieren unter anderem Pulverlacke für Fassadenanwendungen, die eine ausgezeichnete Beschichtungsqualität liefern.[10][11]

TGIC-haltige Polyester-Pulverlacke

Das klassische Polyester-System ist TGIC-haltig (Triglycidylisocyanat) und wegen seines universellen Eigenschaftsbildes sehr beliebt im Markt. Da Pulverlacke, welche auf diesem Härter basieren, seit 1998 als giftig (T) gekennzeichnet werden müssen, werden sie in Europa fast nicht mehr eingesetzt. Global erfreuen sich diese Systeme aber nach wie vor großer Beliebtheit.

TGIC-freie Polyester-Pulverlacke

Bei den Ersatzsystemen dominieren zwei unterschiedliche Vernetzungsmechanismen.

Zum Einen die auf der Basis einer Polykondensation mit Hydroxylalkylamid vernetzenden Systeme, bei denen es eine langjährige Markterfahrung gibt. Diese zeichnen sich durch geringe Einbrenntemperaturen und einen glatten Verlauf aus. Nachteilig ist jedoch die ausgeprägte Neigung zu Nadelstichen bei höheren Schichtdicken, die aus der Vernetzungsart (Abspaltung von Wasser) resultiert.

Zum Anderen sind seit einiger Zeit direkte Nachfolgetypen von TGIC im Einsatz. Wie TGIC-haltige Produkte vernetzen diese mittels einer Polyaddition mit dem Polyesterharz. So werden keine Abspaltprodukte freigesetzt, welche Nadelstiche verursachen können. Nachteilig sind hier jedoch die etwas höheren Preise, ein schlechterer Verlauf (was weitere Optimierungsschritte erfordert) und eine Kennzeichnung des Pulvers als reizend (Xi) ab einer bestimmten Härterkonzentration im Lack.

Hybrid-Pulverlacke

Einen Mittelweg geht man mit der Verwendung von Hybridpulverlacken. Bei diesen werden Epoxid- und Polyesterharze miteinander vernetzt. Diese Kombination öffnet einen breitgefächerten Anwendungsbereich. Die Witterungsbeständigkeit ist besser als bei reinen Epoxisystemen. Auch die Beständigkeiten gegen Chemikalien ist in vielen Fällen ausreichend. Weiterhin sind alle Glanz- und fast alle Textureinstellungen problemlos realisierbar. Die Farbtonvielfalt ist nahezu unbegrenzt einstellbar. Bisher war oft der günstige Preis ein ausschlaggebender Faktor bei der Entscheidung für Hybridpulverlacke. Durch die stetige Verteuerung der Epoxidharze könnte dieser Vorteil jedoch zunichte gemacht werden. Die Wahl könnte dann auf ein höherwertiges und trotzdem preiswertes Polyesterpulver fallen.

Polyurethan-Pulverlacke

Speziell Pulverlacke auf der Basis von Polyurethan sind in den USA und in Japan sehr beliebt. Sie bieten einen sehr guten Verlauf und eine ausgezeichnete Witterungs- und Chemikalienbeständigkeit. Nachteilig ist der hohe Preis und hohe Energiekosten bedingt durch höhere Vernetzungstemperaturen. Ein Großteil der hochwitterungsbeständigen Pulverlacke (Superdurable) basieren auf Polyurethanen.

Acrylat-Pulverlacke

Die Acrylattechnologie auf der Basis von glycidylfunktionellen Acrylatharzen (GMA-Acrylat) ist derzeit eine Nischenanwendung. Die breite Markteinführung blieb den Acrylat-Pulverlacken aufgrund des hohen Preises, der vergleichsweise schlechten mechanischen Eigenschaften und der hohen Unverträglichkeit mit konventionellen Pulverlacken bisher versagt. Selbst kleine Mengen eines acrylatbasierten Pulverlackes verursachen starke Kraterbildung in konventionellen Systemen. Hier ist die Investition in eine räumlich abgetrennte, separate Produktions- bzw. Lackierlinie unumgänglich.

Vorteile dieser Systeme sind der extrem gute Verlauf und eine sehr gute Witterungsbeständigkeit. Diese Eigenschaften genügen sogar den Anforderungen der Automobilindustrie, wo auch die derzeitigen Anwendungen einzuordnen sind. Auch die Energiekosten können dank niedriger Vernetzungstemperaturen gesenkt werden.

Ein Kompromiss wird hier durch ein weiteres Hybrid-System gebildet, die sogenannten Polyester-Acrylat-Pulverlacke. Diese Systeme weisen ein verbessertes mechanisches Verhalten und vor allem eine bessere Verträglichkeit mit konventionellen Pulverlacken auf. Im Gegenzug sind jedoch Verlauf und Witterungsbeständigkeit schlechter als bei GMA-Acrylaten.

Neuentwicklungen

In der Entwicklung befinden sich ebenfalls neue Vernetzungstechnologien, wie z. B. UV-vernetzende Pulverlacke. Diese erlauben teilweise auch den Einsatz auf temperaturempfindlichen Substraten wie beispielsweise MDF und erlauben so, den Energieaufwand weiter zu senken. Hier bleibt noch abzuwarten, bis diese Neuentwicklungen endgültige Marktreife erlangen.[12]

Als Ziele der Entwicklung werden daher niedrigere Einbrenntemperaturen, verbesserte Applikation bei höheren Durchsatzraten, Erhöhung der Farbtonwechselrate und niedrigere Schichtdicken gesehen.[1]

Fazit

Das wichtigste Kriterium für den Beschichter, den richtigen Pulverlacktyp für sein Lackierobjekt zu finden, wird weitgehend von der technologischen Seite bestimmt. Die Entwicklung der Rohstoffkosten könnte jedoch den Markt hin zu außenbeständigen Polyesterqualitäten verschieben, da die bisher preiswerten Hybridpulver ihren Vorteil teilweise einbüßen.

Verarbeitung von Pulverlacken

Hauptartikel: Pulverbeschichten

Die Applikation von Pulverlacken basiert auf einem physikalischen Prinzip: Elektrische Ladungen sammeln sich an der Oberfläche eines nichtleitenden Körpers. An einem geerdeten Werkstück haften solche Körper aufgrund des Ladungsunterschiedes bis zu einigen Stunden, bis ein Ladungsausgleich erfolgt ist.

Aufladung

Die elektrische Aufladung kann in der (klassischen) Pulverlacktechnologie auf zwei Wegen praktiziert werden.

Die Standardmethode ist die Corona-Applikation, bei der die Pulverteilchen mit einer Elektrode an der Pistolenspitze aufgeladen werden und somit nicht nur durch den Luftstrom, sondern auch durch das elektrische Feld zwischen geerdetem Werkstück und Elektrode transportiert werden.[2]

Bei der Tribo-Aufladung erfolgt die Aufladung der Teilchen nicht über eine Fremdspannung sondern durch Reibungsaufladung in einem Teflon-beschichteten Kunststoffrohr. Erkennbar sind solche Pistolen oft durch ihre im Vergleich zu Corona-Pistolen längere Bauform bzw. an aufgefächerten Sprühorganen. Beide Methoden garantieren einen ausgiebigen Kontakt der Pulverteilchen mit der Rohrwandung, was für eine gute Aufladung sorgt. Für die Tribo-Applikation benötigt man speziell eingestelltes "tribo-fähiges" Pulvermaterial. Nicht alle Sorten erfüllen dieses Kriterium.[2]

Unterschiede zwischen Corona- und Tribo-Technologie

Da nur die Pulverpartikel selbst aufgeladen werden, können bei der Tribo-Applikation keine ungebundenen Ionen die Applikationen stören. Dadurch sieht der Verlauf dieser Lackoberflächen in der Regel entspannter aus. Ohne angelegte Fremdspannung baut sich auch nur ein schwaches, elektrisches Feld auf, der Faradaysche Käfig ist hier praktisch nicht von Bedeutung. Deshalb ist die Tribo-Applikation beim Beschichten von kompliziert geformten Werkstücken mit ausgeprägten Hohlräumen die erste Wahl.[2]

Beim Tribo-Verfahren ist demgegenüber der Pulverdurchsatz geringer, so dass im Vergleich zur Korona-Applikation die Flächenleistung sinkt, evtl. muss mit reduzierter Bandgeschwindigkeit gefahren werden. Auch ein erhöhter Verschleiß muss in Kauf genommen werden, der vom höheren Luftdurchsatz rührt. Durch das geringere Feld fehlt der Umgriff und der erhöhte Kantenaufbau entfällt.[2]

Sprühkabinen

Appliziert werden Pulverlacke in speziellen Kabinen, in denen eine Luftströmung dafür sorgt, dass kein versprühtes Material diesen Raum verlässt und die Umgebung kontaminiert. Dabei ist die Strömungsgeschwindigkeit so zu wählen, dass das Pulver nicht vom Objekt weggezogen, oder gar Fremdpartikel in die Kabine gerissen werden. Dies hängt im Wesentlichen von den Größen der diversen Öffnungen einer Kabine ab. Die Kabinen bestehen aus verzinktem Stahl oder Edelstahl oder aber aus Glas bzw. Kunststoff. Kunststoffkabinen haben die Eigenschaft, kaum Pulverlack anzunehmen. So wird die Kabine weniger stark verschmutzt und mehr Pulvermaterial gelangt zum Objekt, was den Erstauftragswirkungsgrad erhöht.[2]

Da nicht das gesamte versprühte Pulver am Objekt haftet (Overspray), gibt es mehrere Methoden um dieses Material aufzufangen. Dieses wird entweder als Abfall abgeschieden ("Auf Verlust fahren") oder aufgearbeitet und dem Einsatz erneut zugeführt ("Auf Rückgewinnung fahren"). Bei der Rückgewinnung wird der Pulverlack gesiebt und wieder dem Kreislauf zugeführt. Da rückgewonnenenes Pulver in der Regel feiner ist als Frischpulver, muss letzteres vor der Wiederverwendung zugegeben werden.[2]

Bei zu großer Farbtonvielfalt und häufigen Farbwechseln, in der Regel mit einer geringen Stückzahl an lackierten Teilen, wird man auf Verlust gefahren, da der maschinelle- und der Reinigungsaufwand für eine Rückgewinnung ungleich größer ist. Bei hohen Stückzahlen, und vor allem bei Verwendung eines sog. "Hausfarbtones" wird eine Rückgewinnung angewendet.[2]

Ebenfalls zur Kabine gehören Filter und Zyklone mit nachgeschaltetem Feinstaubfilter.[2]

Dosierung

Die Dosierung des Pulverlackes erfolgt bei allen Kabinensorten nach dem gleichen Schema: Das Pulver muss für eine Förderung durch Schlauchleitungen vorbereitet werden, was in der Regel über die Fluidisierung mittels Druckluft erfolgt. Diese Druckluft wird entweder direkt in das Pulvergebinde geleitet (Container mit "Fluidboden"), oder man fördert das Pulver aus den angelieferten Säcken in einen Vorratsbehälter dessen Boden aus einen luftdurchlässigen Material besteht, durch den Druckluft gleichmäßig das eingefüllte Pulver durchströmt. Hierbei wird der Pulverlack aufgelockert und „fluidisiert“ d. h. er kann wie eine Flüssigkeit gefördert werden.[2]

Pulverlackprüfung

Prüfungen am hergestellten Pulver

Erste Prüfungen eines Beschichtungspulvers können bereits vor der Applikation durchgeführt werden. Es gibt einige Faktoren, die die Verarbeitung, und somit auch direkt das Ergebnis einer Pulverbeschichtung beeinflussen, im Wesentlichen sind dies die Korngrößenverteilung und das Fluidisierverhalten.

Korngrößenverteilung

Gerade die Korngrößenverteilung beeinflusst die Versprühbarkeit des Pulvers. Bei der Vermahlung des Pulvers mittels Rotor-Sichter-Mühlen versucht der Lackhersteller die Kornverteilung in einem engen, definierten Spektrum zu halten. Ideal wäre es, wenn 100 % des Pulvers die gewünschte Korngröße erreichen würde. Dies ist aufgrund des Vermahlungsprozesses nicht möglich. So werden während einer Pulverproduktion Mahlgutproben entnommen und mittels Siebanalyse oder Laserbeugung das Kornspektrum vermessen.

Bei der Laserbeugung macht man sich das physikalische Prinzip der Lichtbrechung zunutze, demzufolge verschieden große Partikel einen Lichtstrahl unterschiedlich stark ablenken. Man erhält dabei Messwerte, die den prozentualen Anteil der unterschiedlichen Fraktionen des Pulverlackes darstellen. Es hat sich in der Praxis bewährt, auf spezielle Korngrößen zu achten, etwa die Werte bei 10 µm, 32 µm, 64 µm, 90 µm und 150 µm. Weiteren Aufschluss erhält man durch den D50- oder auch Medianwert, welcher eine Korngröße angibt, bei der 50 % der Partikel feiner, und 50 % gröber sind als der angegebene Wert. Von besonderer Bedeutung sind die Anteile der Teilchen unter 10 µm und über 90 µm. Sind die Anteile in diesen Bereichen zu hoch, ist mit Verarbeitungsschwierigkeiten zu rechnen.[13]

Fluidisierbarkeit

Auch für die Fluidisierbarkeit des Beschichtungspulvers ist die Kornverteilung von Belang. Die Fluidisierbarkeit ist eine der wenigen Eigenschaften von Pulverlacken, die nach der Produktion, wenn auch in begrenztem Umfang noch eingestellt werden kann. Hier besteht die Möglichkeit durch Zugabe eines Fluidisierhilfsmittels (üblicherweise jedoch während der Produktion) Verbesserungen vorzunehmen. Eine zu geringe Fluidisierbarkeit führt bei der Applikation zum (partiellen oder vollständigen) Verstopfen der Sprühpistole, was zu sog. Spuckern, also einem Lackierfehler führt.

Zur Messung der Fluidisierbarkeit wird eine definierte Menge Druckluft in eine Messapparatur eingebracht, wodurch ein Wirbelbett erzeugt wird. Im Wirbelbett verhält sich der Pulverlack wie eine Flüssigkeit, was für die Applikation erwünscht ist.

Nachdem sich eine stabile Fluidisierhöhe eingestellt wird, wird die Fluidisierhöhe abgelesen. Im zweiten Schritt wird ein kleines Loch am unteren Ende des Fluidisiergefäßes geöffnet und die Pulverlackmenge bestimmt, die in einer definierten Zeitspanne aus dem Gefäß fließt. Die Höhendifferenz zwischen fluidisiertem und nicht fluidisiertem Zustand wird als Fluidisierbarkeit bezeichnet. Das Produkt aus Fluidisierbarkeit und Ausbringmenge wird als Rieselfähigkeit bezeichnet.[14]

Generell ist zu bemerken, dass es sich bei der Prüfung der Fluidisierbarkeit um eine Prüfung handelt, die nur relativ ungenaue Ergebnisse liefert. Dennoch ist es die einzige einfache Methode zur Bestimmung dieser Eigenschaft und findet daher breite Anwendung.[15]

Gelzeit

Am Pulverlack lässt sich im Vorfeld schon eine Aussage über das Vernetzungsverhalten treffen, indem man die Gelzeit bestimmt. Bei dieser Prüfung schmilzt man auf einer Heizplatte eine definierte Menge Pulverlack auf und bestimmt durch ständiges Rühren den Zeitpunkt, an dem die Vernetzung beginnt. Dies ist zwar eine grobe Methode die stark von der Arbeitsweise des Prüfers abhängt, aber sie genügt um relative Abweichungen im Vernetzungsverhalten aufzuzeigen.

DSC

Für genauere Aussagen wird ein sog. DSC (Differential Scanning Calorimeter) Gerät benötigt. Hier werden in einem vergleichenden Messverfahren Energieaufnahmen- und Abgaben bestimmt (Endotherm, Exotherm). Ermittelt werden dadurch der TG oder auch Glasübergangstemperatur genannt, und der benötigte Energiebedarf. Hiermit lässt sich das Vernetzungsverhalten eines Pulverlackes sehr exakt bestimmen.

Dichtebestimmung

Weiteren Aufschluss über das Beschichtungspulver bringt die Dichtebestimmung. Sie kann mittels eines Luftvergleichspyknometers bestimmt werden, die Messwerte gibt man üblicherweise in g/cm³ an. Mit der Angabe der Dichte und der gewünschten Schichtstärke lässt sich mittels der Formel:

Ergiebigkeit = 1 /(Dichte*(Schichtstärke /1000)) [Schichtstärke in µm, Dichte in g/cm³,Ergiebigkeit in m²/kg] 

die theoretische Ergiebigkeit des Pulverlackes in m²/kg errechnen, ein wichtiger Parameter für jeden Beschichter.

Prüfungen an Pulverlackschichten

Wie bei allen Beschichtungssystemen wird auch bei einer Pulverlackschicht das optische Erscheinungsbild weitgehend durch die Beschaffenheit ihrer Oberfläche bestimmt. Neben dem Farbeindruck sind dies der Glanzgrad und der Verlauf, bzw. Struktur, die einer Lackschicht ihr typisches Aussehen verleihen. Neben den rein optischen Eigenschaften wird hier auch die "Fühlbarkeit" (Haptik) einer Oberfläche beeinflusst. Eine weitere Oberflächenprüfung misst eine nicht sichtbare Eigenschaft, die Schichtstärke.

Glanz

Laut Definition der DIN 67530 (ISO 2813) ist der Glanz der Anteil der gerichteten Oberflächenreflexion. Fällt ein Lichtstrahl unter einem bestimmten Winkel auf eine hochglänzende Oberfläche, wird er unter dem gleichen Abstrahlwinkel reflektiert. Weist aber die Oberfläche eine mikroskopische Rauhigkeit auf, wird das Licht nur noch diffus reflektiert, dem Beobachter präsentiert sich die Oberfläche daher matt. Mit modernen Reflektometer-Messgeräten bestimmt man Glanzgrade unter drei wählbaren Winkeln:

  • 20° für Hochglanz
  • 60° für mittlere Glanzgrade
  • 85° für matte Glanzgrade

In der Praxis hat sich allgemein die Angabe des 60°-Winkels für alle Glanzbereiche eingebürgert. Höherwertige Messgeräte bieten darüber hinaus die Möglichkeit, bei hochglänzenden Flächen im 20°-Winkel den Glanzschleier (Haze) zu messen. Dieser Effekt bedeutet eine leichte optische Trübung, die bei hochglänzenden Oberflächen auftreten kann. Objekte die sich in einer solchen Oberfläche spiegeln, erscheinen an ihren Rändern leicht unscharf.[16]

Verlauf

Der Verlauf einer Oberfläche wird vom Menschen direkt, optisch wahrgenommen und kann auch unbewusst das Kaufverhalten beeinflussen. So ist eine makellos glatt verlaufende Lackierung auf einer Autokarosserie viel ansprechender als eine wellig gestörte Oberfläche. Dabei spielt es keine Rolle, ob die technischen Eigenschaften ebenso gut erfüllt werden oder nicht. Im Gegensatz dazu steht natürlich die bewusst herbeigeführte Struktur, die häufig dem Kaschieren von Unebenheiten des Untergrundes dient. Im Maschinenbau z. B. wird gerne mit Strukturen gearbeitet, um Schweißnähte und Schleifspuren zu überdecken.

Um den Verlauf als Zahlenwert auszudrücken, hat sich ein Messverfahren bewährt, bei dem mit einem Laserstrahl eine bestimmte Messstrecke erfasst, reflektiert und dessen Abweichung vom theoretischen Reflexionswinkel ausgewertet wird. Die Messwerte geben Auskunft über den Grad des sichtbaren Verlaufs und über die optisch wahrnehmbare Rauhtiefe. Praktische Handgeräte erlauben nach dieser Messmethode auch den portablen Einsatz.

Schichtdicke

Eine Eigenschaft von Lackfilmen die optisch nicht wahrgenommen werden kann, aber dennoch die sichtbaren Eigenschaften des Lackfilms beeinflusst, ist die Schichtdicke.

Dieser, für jeden Beschichter wichtige Parameter beeinflusst nicht nur die Wirtschaftlichkeit einer Lackierung, sondern z.T. auch physikalische Eigenschaften wie z. B. die Schutzwirkung, eine reduzierte mechanische Belastbarkeit, oder Probleme bei der anschließenden Montage von passgenauen Elementen.

Visuell sichtbar ist die reduzierte Abdeckung des Untergrundes durch die Lackschicht und die daraus resultierende Veränderung des Farbtons durch das Durchscheinen des Untergrundes, je dünner die Lackschicht ist. Aus einer zu dünnen Lackschicht resultiert zudem eine Verschlechterung des Verlaufs.

Um die zuverlässige Abprüfung der oben genannten Eigenschaften zu gewährleisten, muss sichergestellt sein, dass alle Proben einer Serie eine ähnliche Schichtdicke aufweisen.

Die Messung der Schichtstärke bei Metalluntergründen geschieht üblicherweise mit tragbaren Messgeräten, die eine Kombination aus zwei Messverfahren darstellen. Die zugrundeliegenden Verfahren sind die magnetisch-induktive Messung für Stahluntergründe und die Messung per Wirbelstromverfahren für Untergründe aus anderen Metallen. Diese Geräte erlauben eine zerstörungsfreie Messung, die sich sehr schnell durchführen lässt und somit auch zur Qualitätssicherung benutzt werden.[17]

Eine Messmethode für alle Untergründe ist die Verwendung einer sog. IG-Uhr. Hierbei wird ein Stück der Beschichtung bis zum Untergrund abgetragen, und mechanisch die Höhendifferenz zwischen Lackoberfläche und Untergrund bestimmt. Der Hauptnachteil dieser Methode ist die partielle Zerstörung der Lackschicht, weshalb sie fast ausschließlich bei nichtmetallischen Untergründen verwendet wird, wo eine Induktions- oder Magnetfeldmessung nicht möglich ist.

Farbton

Wie bei allen anderen Lacksystemen ist auch bei Pulverlacken der Farbton die wichtigste optische Eigenschaft. Daher kommen selbstverständlich auch hier farbmetrische Messverfahren, aber auch die visuelle Bewertung zum Einsatz. Dies gewährleistet eine hinreichend genaue Messung des Sinneseindrucks "Farbe".

Wegen der Komplexität des Themas sei hier auf die Artikel Farbmetrik und Koloristik verwiesen.

Erichsentiefung nach ISO 1520

Diese Prüfung stellt eine langsame Verformung einer Oberfläche dar, herbeigeführt durch eine Halbkugel mit bekanntem Radius. Diese wird mit langsamer Vorschubgeschwindigkeit in ein Prüfblech gedrückt, dessen Vorderseite beschichtet ist. Hierbei wird das Blech enorm gedehnt, und somit auch der Pulverlackfilm. Als Ergebnis ermittelt man die Tiefung in mm, bis zu der ein Lackfilm keine Risse aufweist.[18]

Impact Test nach ASTM D2794

Ist der Tiefungsprüfung nach Erichsen ähnlich, jedoch wird die Verformung schlagartig herbeigeführt. Ein definiertes Gewicht fällt aus einer bekannten Höhe auf die Prüffläche und hinterlässt eine Verformung im Prüfblech. Dieser sehr belastungsintensive Vorgang lässt Rückschlüsse auf die Flexibilität der Beschichtung zu. Man wiederholt die Versuche mit reduzierter Fallhöhe so lange bis keine Risse mehr sichtbar sind, und erhält ein I.O.-Ergebnis aus dem Produkt der Fallhöhe und des Gewichtes. Hierbei hat sich die Angabe in Inchpound aus dem anglo-amerikanischen Raum eingebürgert.[19]

Dornbiegeprüfung nach ISO 1519

Hier wird ein Prüfblech um einen runden Metalldorn mit definiertem Radius gebogen, wobei ein kleinerer Radius eine größere Belastung darstellt. Dieser Test ist am ehesten mit der eingangs erwähnten, "primitiven" Schnellprüfung zu vergleichen. Auch hier zeigt sich ein N.i.O.-Ergebnis in Form von Rissen.[20]

Gitterschnittprüfung nach ISO 2409

Bei dieser Prüfung fügt man dem Lackfilm eine Verletzung zu, indem man im Abstand von 2 mm (1 mm bei einer Schicht unter 60 µm) die Lackoberfläche bis auf den Untergrund in parallelen Linien einschneidet, und das Ganze um 90° versetzt wiederholt, so dass die Schnitte sich kreuzen. Hierbei äußert sich ein nicht haftendes Material durch Abplatzungen an den Kreuzungspunkten der Schnitte, oder ganzflächigem Haftungsverlust im Extremfall. Die Bewertung erfolgt anhand einer Vergleichsgrafik, aus welcher man mittels eines sog. GT-Wertes von 0-5 den prozentualen Haftungsverlust auf der Prüffläche ausdrückt.[21]

Buchholzhärte nach ISO 2815

Bei der Prüfung des Eindruckwiederstandes nach Buchholz wird ein runder, scharfkantiger Prüfkörper von 5 Newton Auflagekraft auf die Prüffläche gesetzt. Nach einer Belastungszeit von 30-40 Sekunden wird das Prüfgerät entfernt. Bei der Auswertung wird über das Ausmessen der Eindrucklänge unter Zuhilfenahme einer Wertetabelle der Eindruckwiederstand als Kennwert ausgedrückt. Je kürzer der hinterlassene Eindruck ist, um so höher ist dieser Kennwert; die Beschichtung weist eine höhere Härte auf.

Eine wichtige Voraussetzung für alle diese Prüfungen ist jedoch ein optimal präparierter Untergrund, damit die Prüfergebnisse nicht durch eine fehlerhafte Vorbehandlung verfälscht werden. Ideal hierfür ist die Verwendung genormter Prüfbleche. In den seltensten Fällen darf man aus den gewonnenen Messergebnissen ein absolutes Bild der Beschichtung erwarten, aber mit diesen Methoden, möglichst in Kombination, erhält man die Möglichkeit einer vergleichenden Kontrolle, um eine reproduzierbare Qualität zu erreichen.[22]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c European Coatings Directory - Special Issue: Powder Coatings; 2008
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p J. Pietschmann: Industrielle Pulverbeschichtung. 2. Auflage. Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden 2003, ISBN 3-528-13380-5.
  3. C. Bangert; Increasingly consolidated but fairly divers; European Coatings Journal 12/2008; Seite 13ff.
  4. Produktionsstatistik für Farben und Lacke im Jahr 2007; Farbe und Lack 06/2008
  5. a b K. Dohnke: Die Lack-Story: 100 Jahre Farbigkeit zwischen Schutz, Schönheit und Umwelt. Dölling und Galitz, Hamburg 2000, ISBN 3-933374-64-2.
  6. a b c d A. Goldschmidt, H. Streitberger: BASF Handbuch Lackiertechnik. Vincentz Verlag, Hannover 2002, ISBN 3-87870-324-4.
  7. B. Müller, U. Poth; Lackformulierung und Lackrezeptur: Das Lehrbuch für Ausbildung und Praxis. Vincentz Network, 2006, ISBN 3878701705.
  8. a b J. Bieleman: Lackadditive. Wiley & Sons Inc, 1998, ISBN 3527288198.
  9. a b c d e Artikel Produktion auf www.pulverlackforum.de
  10. http://www.gsb-international.de/
  11. http://www.qualicoat.ch/
  12. Neue Generation: UV-Pulverlacke; Farbe und Lack; Seite 33; 1/2009
  13. ISO 8130-1
  14. ISO 8130-5
  15. F. Tragor; Zum Einfluss der Korngrößenverteilung und der Additivierung auf die applikationstechnischen Eigenschaften von Pulverlacken in der Hausgeräteindustrie; Diplomarbeit; Fachhochschule für Technik Esslingen; 2004
  16. ISO 2813
  17. DIN 50981
  18. ISO 1520
  19. ASTM D 2794
  20. ISO 1519
  21. ISO 2409
  22. ISO 2815

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