Tridentinische Liturgie

Tridentinische Liturgie

Die in den 1970er Jahren aufgekommene Sammelbezeichnung tridentinischer Ritus (auch tridentinische Liturgie) bezeichnet die Gesamtheit der gottesdienstlichen Feiern des Römischen Ritus nach dem Konzil von Trient, dem Tridentinum, und bis zur Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils.

Im Einzelnen kann darunter Verschiedenes verstanden werden:

  • Die historische Liturgie nach Papst Pius V., wie sie in den Originalausgaben der nach dem Trienter Konzil zwischen 1568 und 1615 veröffentlichten liturgischen Bücher kodifiziert ist („1570er Ritus“). Sie ist in den letzten Jahren allenfalls sehr vereinzelt wieder aufgegriffen worden, nicht jedoch von der Priesterbruderschaft St. Pius X. oder den mit dem römischen Papst unierten Altritualisten.
  • Die u. a. durch die Brevierreform unter Papst Pius X. sowie die Liturgiereform unter Papst Pius XII., hier besonders im Bereich der Kar- und Ostergottesdienste, in der Ordinationsliturgie (Bischofsweihe) sowie durch Einfügung einer Neuübersetzung des Psalters in das Brevier veränderte Gestalt. Sie wird von den meisten Sedisvakantisten akzeptiert.
  • Die darauf aufbauende Liturgie von 1962, d. h. Feiern mit jenen liturgischen Büchern, die im Jahre 1962, unter Papst Johannes XXIII., in Kraft und in Gebrauch waren. Dieser „1962er Ritus“ wird von den meisten sonstigen Altritualisten akzeptiert und ist in ihren mit dem Papst von Rom unierten Vereinigungen die Regel. Im Statut des Institut du Bon Pasteur wird er als „Gregorianische Liturgie“ bezeichnet. Papst Benedikt XVI. hat die Liturgie von 1962 als Sonderform (forma extraordinaria) des gegenwärtig gepflegten Römischen Ritus anerkannt und ihren Gebrauch unter bestimmten Bedingungen erlaubt.

„Tridentinische Liturgie“ und „tridentinischer Ritus“ bezeichnen demnach eine Periode innerhalb der geschichtlichen Entwicklung des Römischen Ritus und seiner liturgischen Bücher. Insofern besteht ein tiefgreifender Unterschied gegenüber dem, was z. B. als Byzantinischer Ritus oder Ambrosianischer Ritus bezeichnet wird. In diesem Fall meint „Ritus“ den Gottesdienst eines bedeutenden Teils der Weltkirche im wechselhaften Verlauf seiner ganzen Geschichte. Solchen Teilkirchen-Riten erkannte das 2. Vatikanische Konzil „gleiches Recht und gleiche Ehre“ (SC 3f) mit dem Römischen Ritus zu, den die konziliare Liturgiekonstitution in ihren Reformbeschlüssen behandelt. Hingegen war es das erklärte Ziel der durch das Konzil beschlossenen allgemeinen Liturgiereform, den anerkannt reformbedürftigen „tridentinischen Ritus“ durch eine revidierte und erneuerte Gestalt des Römischen Ritus zu ersetzen. Die dafür unter Papst Paul VI. veröffentlichten neuen liturgischen Bücher traten demnach nicht neben, sondern an die Stelle der veralteten Ausgaben, ein Verfahren, das durch die Päpste Pius X., Pius XII. und Johannes XXIII. vorgebildet war. Zur Markierung des Unterschieds wird die Liturgie von 1962 von Papst Benedikt XVI. und dem Vatikan rechtlich als usus antiquior („älterer Brauch“) bzw. antiqua forma („alte Form“) der Römischen Liturgie, nicht hingegen als eigener „Ritus“ bewertet.

Siehe auch: Tridentinische Messe, Ordo Missae.

Die gemäß Beschluss des Tridentinums veröffentlichten liturgischen Bücher (Erstausgaben)

Zur Förderung von Liturgiekatechese und Predigt wurde der Catechismus Romanus, Editio princeps 1566, veröffentlicht.

Siehe auch: Monumenta Liturgica Concilii Tridentini.

Literatur

  • Hubert Jedin: Das Konzil von Trient und die Reform des Römischen Messbuches; in: Liturgisches Leben 6 (1939), S. 30–66
  • Hubert Jedin: Das Konzil von Trient und die Reform der liturgischen Bücher; in: Ephemerides Liturgicae 59 (1945), S. 5–38; Nachdruck: ders.: Kirche des Glaubens – Kirche der Geschichte. Ausgewählte Aufsätze und Vorträge, Bd. 2; Freiburg i. Br.: Herder, 1966; S. 499–525
  • Annibalo Bugnini: La liturgia dei sacramenti al concilio di Trento; in: Ephemerides Liturgicae 59 (1945), S. 39–51
  • Amato Pietro Frutaz: Contributo alla storia della riforma del Messale promulgato da san Pio V nel 1570; in: Problemi di vita religiosa in Italia nel cinquecento; Italia Sacra 2; Padova 1960; S. 187–214
  • M. Midali: La tradizione liturgica alla quarta sessione del concilio di Trent; in: Ephemerides Liturgicae 87 (1973); S. 501–525
  • André Duval: Des sacrements au Concile de Trente; Paris: Éd. du Cerf, 1985; ISBN 2-204-02206-3

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Tridentinische Messe — Tridentinische Messe, im Sommer 2009, Diözese Speyer Als Tridentinische Messe (neulat. Missa Tridentina) wird die Feier der Heiligen Messe im Römischen Ritus gemäß dem Missale Romanum von 1570 oder einer der nachfolgenden Ausgaben bis… …   Deutsch Wikipedia

  • Klassische Römische Liturgie — Als Klassische Römische Liturgie bezeichnet man primär die Messfeier in der Kirche von Rom in Spätantike und Frühmittelalter, d. h. den Römischen Ritus vor seiner Beeinflussung durch die „Fränkisch deutsche Liturgie“ und bevor die rituellen… …   Deutsch Wikipedia

  • Judenfürbitte — Missale Romanum von 1962 Die Karfreitagsfürbitte für die Juden ist eine der Großen Fürbitten in der Karfreitagsliturgie nach dem römischen Ritus, der in der römisch katholischen, altkatholischen und anglikanischen Kirche verwendet wird …   Deutsch Wikipedia

  • Karfreitagsfürbitte für die Juden — Oremus et pro perfidis Judæis im Nouveau Paroissien Romain von 1924 Die Karfreitagsfürbitte für die Juden ist eine der Großen Fürbitten in der Karfreitagsliturgie nach dem römischen Ritus, den die römischen Katholiken, Altkatholiken und manche …   Deutsch Wikipedia

  • Oremus et pro perfidis Judaeis — Missale Romanum von 1962 Die Karfreitagsfürbitte für die Juden ist eine der Großen Fürbitten in der Karfreitagsliturgie nach dem römischen Ritus, der in der römisch katholischen, altkatholischen und anglikanischen Kirche verwendet wird …   Deutsch Wikipedia

  • Perfidis Judaeis — Missale Romanum von 1962 Die Karfreitagsfürbitte für die Juden ist eine der Großen Fürbitten in der Karfreitagsliturgie nach dem römischen Ritus, der in der römisch katholischen, altkatholischen und anglikanischen Kirche verwendet wird …   Deutsch Wikipedia

  • Pro Judaeis — Missale Romanum von 1962 Die Karfreitagsfürbitte für die Juden ist eine der Großen Fürbitten in der Karfreitagsliturgie nach dem römischen Ritus, der in der römisch katholischen, altkatholischen und anglikanischen Kirche verwendet wird …   Deutsch Wikipedia

  • Tridentinischer Ritus — Die in den 1970er Jahren aufgekommene Sammelbezeichnung Tridentinischer Ritus (auch tridentinische Liturgie) bezeichnet die Gesamtheit der gottesdienstlichen Feiern des Römischen Ritus nach dem Konzil von Trient, dem Tridentinum, bis zur… …   Deutsch Wikipedia

  • Klassischer Römischer Ritus — Als Klassische Römische Liturgie bezeichnet man primär die Messfeier in der Kirche von Rom in Spätantike und Frühmittelalter, d. h. den Römischen Ritus vor seiner Beeinflussung durch die „Fränkisch deutsche Liturgie“ und bevor die rituellen… …   Deutsch Wikipedia

  • Rituale romanum — Das Rituale Romanum ist das liturgische Buch für sakramentale Feiern nach dem Römischen Ritus der katholischen Kirche, soweit ihre Feier gewöhnlich ein Priester leitet. Es enthält die liturgischen Handlungen, die nicht im Messbuch, Pontifikale,… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”