Trisomie E

Trisomie E
Klassifikation nach ICD-10
Q91.0 Trisomie 18, meiotische Non-disjunction
Q91.1 Trisomie 18, Mosaik (mitotische Non-disjunction)
Q91.2 Trisomie 18, Translokation
Q91.3 Edwards-Syndrom, nicht näher bezeichnet
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Das Edwards-Syndrom (Trisomie 18), auch E1-Trisomie oder Trisomie E genannt, ist eine durch das dreifache (trisome) Vorliegen von Erbmaterial des 18. Chromosoms verursachte Behinderung auf der Grundlage einer Genommutation, die nicht ursächlich heilbar ist und zu vielfältigen körperlichen Besonderheiten führt. Das Syndrom zählt derzeit zu den chromosomalen Aberrationen, die mit einer überdurchschnittlich hohen Sterblichkeit der Kinder während der Schwangerschaft und in den ersten Jahren nach der Geburt verbunden sind.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte / Entdeckung

Das Syndrom wurde 1960 von dem britischen Humangenetiker John Hilton Edwards erstmals als Folge einer Verdreifachung (Trisomie) von Erbmaterial des 18. Chromosoms beschrieben und nach ihm benannt.

Auftretenshäufigkeit

Die Trisomie 18 zählt zu den vergleichsweise seltenen Chromosomenbesonderheiten. Sie tritt durchschnittlich bei 1 von 10.000 bis 1 von 3.000 Kindern auf. Damit ist das Edwards-Syndrom hinter der Trisomie 21 (Down-Syndrom) die unter lebend geborenen Kindern zweithäufigste Form der Trisomie.

Mädchen sind deutlich häufiger betroffen als Jungen: Von 100 Kindern mit Edwards-Syndrom sind durchschnittlich 75 weiblich und 25 männlich (Gynäkotropie / Verhältnis w:m = 3:1).

Entstehung

Bei Menschen mit Trisomie 18 ist das Chromosom 18 oder ein Teil davon dreifach (= trisom) statt üblicherweise zweifach (= disom) in allen oder einigen Körperzellen vorhanden. Unterschieden werden folgende Typen:

  • Freie Trisomie 18
    • Bei den meisten Menschen mit Edwards-Syndrom (ca. 95 %) liegt in allen Körperzellen eine Verdreifachung eines kompletten Chromosoms 18 vor. Diese Form des Syndroms entsteht, wenn eine der Keimzellen ein zusätzliches Chromosom 18 enthält. Dazu kann es kommen, wenn bei der Bildung der Eizellen oder Samenzellen das Chromosompaar 18 nicht wie üblich und wie die anderen Chromosomenpaare getrennt wird (meiotische Non-disjunction). Ein solches Ereignis tritt bis auf wenige Ausnahmen zufällig auf. Die Häufigkeit des Auftretens einer Freien Trisomie 18 ist mit einem erhöhten Alter der biologischen Mutter assoziiert, obgleich jede gebärfähige Frau in jeder Altersstufe ein Kind mit Trisomie 18 erwarten kann. Der Karyotyp der Freien Trisomie 18 lautet 47,XX+18 bzw. 47,XY,+18
  • Mosaik-Trisomie 18
    • Als Mosaik wird in der Genetik das Vorliegen mehrerer Karyotypen innerhalb eines Organismus verstanden. Bei der Mosaik-Trisomie 18, die bei etwa 3% der Menschen mit Edwards-Syndrom vorkommt, existieren eine trisome und eine disome Zelllinie nebeneinander. Das Zusammenbleiben der Chromosomenpaare findet erst während der ersten Zellteilungen nach der Befruchtung statt (mitotische Non-disjunction). Je später dieser Vorgang stattfindet, desto weniger Zellen sind trisom. Abhängig von Anteil der disomen Zellen prägen sich als typisch geltende Symptome des Syndroms zum Teil weniger stark aus. Menschen mit einer Mosaik-Trisomie 18 besitzen sowohl Körperzellen mit 46 als auch Körperzellen mit 47 Chromosomen. Der Karyotyp lautet daher 46XX/47,XX+18 bzw. 46XY/47,XY,+18.
  • Partielle Trisomie 18
    • Dieser Typus kommt bei etwa 2% der Menschen mit Edwards-Syndrom vor. Bei der partiellen (= teilweisen, anteiligen) Trisomie 18 liegen die Chromosomen 18 zwar wie üblich zweifach in allen Körperzellen vor, allerdings ist ein Teil eines der beiden Chromosomen 18 verdoppelt, wodurch eines der Chromosomen 18 etwas länger ist als das andere. Die Erbinformationen in diesem Abschnitt liegen somit dreifach vor. Meist sind bei Menschen mit der Partiellen Trisomie 18 Merkmale des Syndroms in Abhängigkeit vom jeweils trisomen Chromosomenabschnitt weniger stark ausgeprägt, wobei dies nicht zu verallgemeinern, sondern stets im Einzelfall zu betrachten ist.
  • Translokations-Trisomie 18
    • Sehr selten und darum in den Statistiken kaum aufgeführt, ist der Typus, bei dem sich das trisome Chromosomenmaterial vom Chromosom 18 an ein anderes Chromosom anheftet. Diese Ortsveränderung von Chromosomen wird in der Genetik als Translokation bezeichnet, die Form der Trisomie 18 wird entsprechend Translokations-Trisomie 18 genannt. Der Karyotyp lautet je nach dem mit welchem Chromosom die Verbindung besteht z. B.: 46XXt(18;22) bzw. 46XYt(18;22). Bei einer Translokations-Trisomie 18 kann in manchen Fällen ein Elternteil "Überträger/in" sein. Bei einem solchen Elternteil lässt sich eine Balancierte Translokation eines 18. Chromosoms nachweisen. Das Karyogramm zeigt bei ihm 45 statt 46 einzelne Chromosomen, weil sich zwei Chromosomen miteinander verbunden haben. Da bei dieser Besonderheit kein relevantes Erbgut wegfällt oder hinzukommt, sind die genetischen Informationen im Gleichgewicht (= balanciert), und es tritt bei der Person keine Trisomie 18 auf. Jedoch wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der betreffende Mensch ein Kind mit einer Translokations-Trisomie 18 zeugt. Haben sich bei der balancierten Translokation bei einem Elternteil beide Chromosomen 18 miteinander verbunden, hat ein von der betreffenden Person gezeugtes Kind immer eine Translokations-Trisomie 18/18.


Symptome

Hinweiszeichen auf eine Trisomie 18 kommen bei einem Kind immer in Kombination miteinander vor, wenngleich nicht alle betroffenen Kinder alle Merkmale besitzen bzw. alle Merkmale in gleich starker Ausprägung nachzuweisen sind.

Häufige Merkmale vor der Geburt (pränatal)

Im Zuge der sich stetig weiter entwickelnden Möglichkeiten vorgeburtlicher Untersuchungen (Pränataldiagnostik) sind mit der Zeit einige Besonderheiten dokumentiert worden, die häufig schon vor der Geburt bei Babys mit einem Edwards-Syndrom festgestellt werden können. Lediglich bei ca. 15 von 100 Kindern mit Trisomie 18 lassen sich keine vorgeburtlichen Hinweiszeichen finden.

Zu den Merkmalen, die insbesondere in Kombination miteinander auf das Vorliegen einer Trisomie 18 beim ungeborenen Kind hindeuten können und die mitunter mittels Ultraschall- oder Blutuntersuchungen zu erkennen sind, zählen zum Beispiel:

  • Plexuszysten (Zysten im Gehirn des Babys, insbesondere besonders große Zysten, beidseitige Zysten oder solche Zysten, die auch nach der 28. Schwangerschaftswoche bestehen) bei ca. 43 % der Kinder.
  • ein vergleichsweise kleines Baby (früher Wachstumsrückstand, oft schon vor der 18. Schwangerschaftswoche, später meist niedriges Geburtsgewicht) bei 50% der Kinder
  • vergleichsweise kleine Mundöffnung (Mikrostomie)
  • Flexionskontraktur der Finger: oft liegen die Zeigefinger über den Mittel- und Ringfingern und/oder die kleinen Finger liegen über den Ringfingern, sodass die Faust nicht geöffnet werden kann (clenched fist / Abbildungen: 1, 2, 3, 4, 5)
  • eine auffallend große Flüssigkeitsansammlung im Nackenbereich des ungeborenen Babys (ausgeprägte Nackentransparenz)
  • Fehlen des Speiche-Knochens am Unterarm (Radiusaplasie)
  • ein vergleichsweise kurze Oberschenkel- (Femur) und Oberarmknochen (Humerus)
  • Tintenlöscherfüße (rocker bottom feet / angeborene Plattfüße mit nach außen gewölbter Sohlenform bzw. mit nach innen gewölbtem Fußrücken / Abbildung: 1) oder Klumpfüße
  • eine Sandalenlücke / Sandalenfurche (vergrößerter Abstand zwischen der jeweils ersten und zweiten Zehe)
  • vergleichsweise kurze Großzehen, vorstehendes Fersenbein (Kalkaneus)
  • Fehlbildungen im Bauchbereich, z. B. Omphalocele (Nabelschnurbruch: Die Nabelschnur am Baby ist sackartig aufgebläht und Bauchorgane treten durch den Nabel hervor / in ca. 25 % der Fälle, wobei sich typischerweise nur Darm im Bruchsack befindet / Abbildung: 1, 2), Zwerchfellhernie (Zwerchfelldurchbruch / in ca. 10 % der Fälle), Gastroschisis (meist rechts vom Nabel gelegene Fehlbildung der Bauchwand mit Vorfall von Darmschlingen)
  • Fehlbildungen des Magen-Darm-Traktes
  • im Triple-Test gehäuft erniedrigte Werte für AFP, HCG und Estriol; AFP-Wert oft unter 60 % des üblichen Medianwertes
  • manchmal fallen deutlich verminderte Kindsbewegungen während der Schwangerschaft auf

Die nahezu sichere Diagnose einer Trisomie 18 ist nur durch eine Chromosomenuntersuchung möglich. Vorgeburtlich sind dazu invasive Untersuchungsverfahren (z. B. Chorionzottenbiopsie, Amniozentese) nötig bzw. die sich diesen Methoden anschließende Chromosomenanalyse.

Als Differentialdiagnosen kommen das Freeman-Sheldon-Syndrom, das Pena-Shokeir-Syndrom (Pseudo-Trisomie 18), das Smith-Lemli-Opitz-Syndrom, das Réthore-Syndrom, die Triploidie sowie sonstige Syndrome mit pränataler Wachstumsverzögerung in Frage.

Häufige Merkmale nach der Geburt (postnatal)

Bei vielen Kindern mit Trisomie 18 können nach der Geburt weitere Besonderheiten festgestellt werden. Nicht alle Kinder weisen alle Merkmale auf bzw. nicht alle Merkmale sind in gleicher Ausprägung feststellbar. Zu den häufigsten Besonderheiten zählen:

  • vergleichsweise kurze Lidspalten bei Hypertelorismus (vergleichsweise weit auseinander stehende Augen)
  • besonders geformte (dysplastische) Ohren, ungewöhnlich tief sitzende Ohren
  • Verminderung des Hörvermögens (bei etwa 50 von 100 Kindern)
  • abgeflachter Brustkorb (Schildthorax) mit kurzem Brustbein

Diagnose

Das Edwards-Syndrom kann vorgeburtlich (pränatal) durch bestimmte Hinweiszeichen (s. o.) und nach der Geburt (postnatal) aufgrund äußerlicher Merkmale vermutet werden (Verdachtsdiagnose). Während der Schwangerschaft besteht die Möglichkeit, die Trisomie 18 beim ungeborenen Kind durch eine Chromosomenanalyse mit hoher Sicherheit zu diagnostizieren oder auszuschließen. Das für diese Analyse erforderliche Material muss Zellen des Ungeborenen enthalten und wird durch eine invasive Untersuchung (z. B. die Chorionzottenbiopsie oder die Amniozentese) gewonnen. Eine vorgeburtliche Chromosomenanalyse steht in Deutschland allen Frauen offen und muss Frauen ab 35 Jahren angeboten werden.

Für eine nahezu 100-prozentig sichere Diagnose nach der Geburt muss sich eine Chromosomenuntersuchung anschließen. Durch eine Chromosomenanalyse aus Lymphozyten des Blutes kann nicht nur die Diagnose gesichert werden, sondern auch die Art der Trisomie 18 (Freie Trisomie 18, Translokations-Trisomie 18, Mosaik-Trisomie 18) festgestellt werden.

Entwicklung

Insbesondere die Freie Trisomie 18 verursacht in der Regel eine schwere Behinderung; entwicklungsmäßig werden motorische Fähigkeiten wie im Bereich der Grobmotorik z.B. sitzen, krabbeln, stehen, laufen, sehr viel später als bei Regelkindern erreicht.

Die Nutzung der expressiven Lautsprache (Sprachausdruck) ist Kindern mit Trisomie 18 nur selten möglich, viele Kinder erlernen schneller und besser unterstützende Gebärden (z.B. nach Methoden wie dem GuK-Prinzip). Ihre rezeptive Sprache (Sprachverständnis) kann jedoch als deutlich besser gewertet werden.

Bei einer Befragung von zwölf Eltern eines Kindes mit Edwards-Syndrom zeigte sich folgendes: "Die Eltern der Kinder, die länger als ein Jahr überlebten, berichteten rückblickend, dass die meisten Kinder im Laufe des ersten Jahres Dinge verfolgen lernten, erste einfache Laute bildeten, sich auf die Seite rollten, responsiv lächelten, nach Dingen griffen und vertraute Erwachsene wiedererkannten. In den nächsten beiden Jahren gelang in vielen Fällen das gestützte oder freie Sitzen. Sie merkten sich, wo sich ein attraktiver Gegenstand befand, machten erste Ansätze zur Nachahmung, beteiligten sich an Babyspielen und verstanden Ankündigungen im Alltag. Im Alter von 4 bis 6 Jahren erreichten einige Kinder das Krabbeln, selbständiges Spiel in einfacher Form, konnten einfache Aufforderungen ausführen, bei der Körperpflege mithelfen, selbstständig stehen, Zusammenhänge wahrnehmen und erste Gesten gebrauchen. Die ältesten Kinder konnten im Gehfrei laufen und einfache Aufforderungen verstehen. Freies Laufen und eine sprachliche Verständigung ist nur in Einzelfällen berichtet worden" (Sarimski, 2003, Seite 456 in Bezug auf Ray et al. 1986 und Woldorf & Johnson, 1994).

Da die Nahrungsaufnahme oftmals erschwert ist, werden viele Kinder zumindest zeitweise über eine Magensonde ernährt. In der oben zitierten Studien waren es 66%. Gestillt werden konnten 8% und 33,2% wurden mit der Flasche gefüttert (vgl. ebd.).

Prognose

Eine Trisomie 18 ist nicht ursächlich heilbar. Viele Kinder sterben noch vor der Geburt. Kinder, die Schwangerschaft und Geburt überleben, haben bislang meist eine herabgesetzte Lebenserwartung, wobei sich mittlerweile gezeigt hat, dass die Lebenszeit stark davon abhängt, welche Besonderheiten (insbesondere im körperlich-organischen Bereich) bei ihnen in welcher Ausprägung vorliegen und ob sie nach der Geburt medizinisch und sozial adäquat behandelt werden. Die meisten Kinder, die Schwangerschaft und Geburt überleben, sterben im Verlauf der ersten zwölf Monate nach der Geburt, allerdings gibt es durchaus auch Fallbeispiele, in denen Kinder mit Trisomie 18 das Jugend- und junge Erwachsenenalter erreichen. Mädchen haben durchschnittlich gesehen eine höhere Lebenserwartung als Jungen und insbesondere „wenn ein Kind keine schweren Organfehlbildungen aufweist oder in den ersten Wochen vollständig auf apparative Sauerstoffversorgung angewiesen bleibt, besteht eine gute Aussicht auf eine längere Lebenszeit“ (Sarimski, 2003, Seite 456): 40 von 100 geborenen Kindern erreichen mit Behandlung das erste und 11 bis 13 von 100 das fünfte Lebensjahr (Baty et al, 1994). Rückblickend berichtet z.B. die Mutter eines 2002 geborenen Mädchen mit Freier Trisomie 18: „Manchmal kann man überhaupt nicht glauben, was uns die Ärzte damals gesagt haben und wie die Prognosen mal waren: ´nicht lebensfähig`. Sie lebt und sie ist zufrieden – sie ´leidet` in keinem Fall an ihrer Trisomie 18 – ein leidendes Kind sieht anders aus.

Viele Kinder / Jugendliche sterben an vorliegenden Organfehlbildungen. Aufgrund der unter Medizinern verbreiteten Meinung, es handele sich bei Kindern mit Trisomie 18 prinzipiell um ohnehin hoffnungslose "Fälle", kommt es häufig vor, dass ihnen Korrekturoperationen versagt wurden und oft auch heute noch versagt werden, wenn die Eltern sich nicht dafür einsetzen: „Beim Abwägen der Operationsrisiken wurde lange Zeit davon abgeraten Kinder mit Trisomie 13 oder 18 und schwerem Herzfehler zu operieren. Diese Einstellung hat sich in den letzten zehn Jahren gewandelt, seit in einer amerikanischen Elterngruppe die Erfahrungen von 12 Kindern mit Trisomie 18 (und vier Kinder mit Trisomie 13) gesammelt wurden, die eine Herzoperation überlebten und die Klinik verlassen konnten, Der Zeitpunkt der Operation lag zwischen dem 4. Lebenstag und dem Alter von 22 Monaten“ (Sarimski, 2003, Seite 455).

Erfahrungen von Eltern zeigen, dass auch finanzielle Aspekte bei der Entscheidung, ob Ärzte sich bereit erklären, ein Kind mit Trisomie 18 nach bestehenden Möglichkeiten lebenserhaltend zu behandeln oder nicht, eine ethisch fragwürdige Rolle spielen. Ebenso die nach wie vor vorherrschende Ansicht, eine lebenserhaltende Behandlung der Kinder würde sich aufgrund der vermeintlich immer herabgesetzten Lebenserwartung nicht lohnen.

Kritiker dieser Ansicht sehen hier das Problem, dass eine nicht adäquate Behandlung der Kinder automatisch bedingt, dass die meisten sehr früh versterben. So liegt die Sterberate neu geborener Kinder ohne intensivmedizinische Intervention bei etwa 90% in der ersten Woche nach der Geburt. Auch aufgrund von Elternerfahrungen ist mittlerweile die Frage aufgeworfen worden, ob Frühsterblichkeit von Kinder mit Trisomie 18 nicht häufig ihren Grund in mangelhafter medizinischen Versorgung findet, da die pauschal als ungünstig eingeschätzte Prognose von Kindern mit einer Trisomie 18 den Verzicht auf eine angemessene Behandlung bislang zu legitimieren scheint.

Beispiele wie die der Entwicklung der Lebenserwartung von Menschen mit Down-Syndrom beispielsweise haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sich mit Zunahme angemessener medizinischer und auch sozialer Betreuung die Lebenserwartung deutlich verbessert: Bei Menschen mit Trisomie 21 ist sie von durchschnittlich 9 Jahren (1929) auf 60 Jahre (2004) gestiegen und jeder zehnte Mensch mit Down-Syndrom erreicht heutzutage das 70. Lebensjahr. Dies ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass bei ihnen Korrekturoperationen bei Organfehlbildungen mittlerweile Routine sind.

Es ist anzunehmen, dass es noch lange dauern wird, bis die entsprechende Behandlung von Kindern mit Edwards-Syndrom ähnlich wie z. B. bei Kindern mit Down-Syndrom gängige Praxis wird. Erst dann könnte jedoch eine angemessene Einschätzung der Lebenserwartung von Kindern mit Trisomie 18 sowie entsprechend eine Bewertung der Ursachen der Sterblichkeit gegeben werden. Bislang sollte nicht zuletzt aufgrund von Beispielen aus der Medizingeschichte auch davon ausgegangen werden, dass vielfach der Tod von Kindern mit Edwards-Syndrom auf unzureichende medizinische Versorgung zurückzuführen ist.

Die häufigsten Todesursachen bei Kindern / Jugendlichen mit Trisomie 18 sind derzeit Herzstillstand, Kreislaufversagen und Atemstillstand.

Abhängig von Anteil der disomen Zellen ist die Symptomatik bei Kindern mit dem Mosaik-Typus der Trisomie 18 meist weniger schwer ausgeprägt und die Lebenserwartung ist bei ihnen oft günstiger. Gleiches gilt für Kinder mit einer Partiellen Trisomie 18.

Eine individuelle Betrachtung und Erläuterung der Situation durch Fachpersonal aus den notwendigen Bereichen insbesondere der Medizin und Heilpädagogik kann den Eltern helfen, sich mit den bestehenden vor- und nachgeburtlichen Handlungsmöglichkeiten sachlich auseinanderzusetzen. Obgleich es dazu einer realistischen Einschätzung des Zustandes eines jeden Kindes bedarf und eine ungünstige Prognose nicht durch die Vermittlung falscher Hoffnungen relativiert werden sollte, ist es ebenso unangebracht, die Diagnose einer Trisomie 18 ausnahmslos als gleichbedeutend mit einer infausten Prognose zu vermitteln. Um den Eltern die Befähigung zu geben, ihr Entscheidungsrecht emanzipiert ausüben zu können, ist das Spektrum der Beeinträchtigungen des Kindes unter Berücksichtigung der jeweiligen diagnostischen und behandlungstechnischen Möglichkeiten in die Diagnosevermittlung und Beratung einzubeziehen.

Wiederholungswahrscheinlichkeit

Eine Trisomie 18 kann durch nichts herbeigeführt werden und ist nicht ursächlich heilbar. Eine generelle Prophylaxe (Vorbeugung), ist nicht möglich. Durch die Option der (Spät-)Abtreibung aus medizinischer Indikation kann nach der gesicherten vorgeburtlichen Diagnose allenfalls die Lebendgeburt des Kindes verhindert werden. Von Seiten vieler Eltern wird berichtet, dass Mütter und Väter froh waren und es ihnen letztlich auch die Trauer um ihr Kind erleichtert hat, es trotz der Schwere der Beeinträchtigung angenommen, umsorgt und begleitet zu haben. Selbst wenn es nur wenige Tage, Wochen oder Monate gelebt hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es Eltern, die sich für einen Abbruch der Schwangerschaft entscheiden, prinzipiell schwerer fällt, ihre Trauer zu verarbeiten.

Für eine Frau, die bereits mit einem Kind mit Freier Trisomie 18 schwanger war, liegt die Wahrscheinlichkeit, erneut ein Kind mit Edwards-Syndrom zu bekommen, gering (1%) über der Wahrscheinlichkeit für ihre entsprechende Altersgruppe. Die geringe Erhöhung ergibt sich aus dem gestiegenen Alter der Schwangeren bei einer Folgeschwangerschaft sowie durch die nicht auszuschließende Möglichkeit eines Mosaiks in den elterlichen Keimzellen.

Ähnliches gilt bei einer Translokations-Trisomie 18 wenn der Chromosomenbefund der Eltern unauffällig ist. Allerdings gibt es hier keine Altersabhängigkeit. Wird bei einem Elternteil eine Balancierte Translokation eines 18. Chromosoms nachgewiesen, liegt die Wahrscheinlichkeit für Kinder mit dem Translokations-Typus des Syndroms theoretisch bei 25 %. Erfahrungswerte liegen jedoch weit darunter, da bei chromosomaler Inbalance der Fötus häufig schon frühzeitig und oft von der Schwangeren unbemerkt abstirbt. Allerdings beträgt die Wahrscheinlichkeit für eine Trisomie 18 beim Kind 100 %, wenn bei der Balancierten Translokation eines Elternteils die beiden Chromosomen 18 eines Paares miteinander verbunden sind (Translokation 18/18). Dies kommt äußerst selten vor.

Literatur

  • Piper, Christine: Verlaufsstudie bei vier häufigen Chromosomenaberrationen (u.a. Trisomie 18)
  • Ulla Schmidt: Johanna. Er-Innerungen einer Mutter an den Weg mit ihrem sehr schwer behinderten Kind. (Erfahrungsbericht in Form von Gedichten und Gedanken / Diagnose: Partielle Trisomie 18 oder 9), ISBN 3-88617-017-9
  • Dalila Simon: Dann werde ich dich tragen ISBN 978-3-9523124-4-5
  • Müller / Bruehwiler: HELLP-Syndrom und Trisomie 18 bei einer Multipara (in: Zeitschrift für Geburtshilfe und Neonatologie; 200; 3; 119-121; 1996)
  • Sommer / Dunitz: Psychosomatische Pflege und Betreuung bei Trisomie 18 (in: Kinderkrankenschwester; 13; 6; 197-198; 1994)
  • Thomas Eggermann: Molekulargenetische Untersuchungen zur Entstehung der Trisomie 18 (Dissertation 1995)
  • J. H. Edwards, D. G. Harnden, A. H. Cameron, V. M. Crosse, O. H. Wolff: A new trisomic syndrome (in: The Lancet, London, 1960, 1: 787-790)
  • D. Scott Showalter, John C. Carey: A guide for professionals
  • Ann M. Barnes, John Carey: Common problems of babies with trisomy 18 or 13., 1998
  • Barnes, Carey: Care of the infant and child with trisomy 18 or 13: medical problems, reported treatments and milestones, 1996

Weblinks

Siehe auch

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