Tritonussubstitut

Tritonussubstitut

Die Tritonussubstitution wird als Alternative zu einem Septakkord mit großer Terz = Dur7/DurMaj7 (meist jedoch ein Dominantseptakkord) eingesetzt. (Häufig in einer II–V–I Verbindung im Jazz.)

Die Tritonussubstitution bietet vielfältige Möglichkeiten der „Gefühlsgestaltung” - also des emotionalen Ausdrucks - und wird deshalb gern im Jazz, Soul und Gospel (und auch in der Klassik) verwendet.

Die Tritonussubstitution heißt deshalb so, weil der Grundton dieses substituierten Akkords einen Tritonus tiefer (bzw. höher, da der Tritonus gleich weit vom Ausgangston entfernt ist) liegt als der zu substituierende Ausgangsakkord (z. B. Dominantseptakkord in C-Dur ist G7. Substituiert man diesen Akkord nun mit Hilfe der Tritonussubstitution, so erhält man Db7. G–Db = Intervall eines Tritonus.)

Inhaltsverzeichnis

Bildung als Dominantseptakkord

G7, seine Tritonussubstitution Db7 und die auflösende Terz von C.

Die Tritonussubstitution als Dominantseptakkord ist die am Häufigsten verwendete Variante. Die Terz des Akkords G7 ist ein h, die Septime ein f. Liegt der Grundton nun einen Tritonus tiefer, also bei Db, so enthält dieser Db7-Akkord f als Terz und h (enharmonisch verwechselt als ces) als Septime: Die Terz des G7 wird zur Septime des Db7, und die Septime des G7 wird zur Terz des neuen Akkords Db7. Die durch den Tritonus zwischen Leit- und Gleitton der Dominante erzeugte Spannung bleibt in der Tritonussubstitution bestehen, so dass sich verfremdete, aber plausible Spannungsbögen ergeben.


Zwei Möglichkeiten als Dominantseptakkord werden hier kurz vorgestellt:

Reinform (verdeckte, dunkle Färbung)

Es wird die Quinte des Ausgangsakkordes (hier: G7 zu G7/b5) um einen Halbton nach unten alteriert (von D nach Db), wodurch auf dem Tritonus, der nun als Grundton verwendet wird, ein Tauschakkord (hier: Db7/b5) aufgebaut werden kann, der exakt dem Aufbau des Ausgangsakkordes entspricht und gleichzeitig die Möglichkeit eröffnet, in eine neue Tonika zu wechseln.

Beispiel:


Ausgangsakkord G7/b5 = Substitutionsakkord Db7/b5
Akkord G7/b5 Db7/b5
G/Abb Prime verminderte Quinte
H/Cb große Terz kleine Septime
Db verminderte Quinte Prime
F kleine Septime große Terz


Der Akkord G7/b5 enthält also folgende Töne: G, H, Db, F. Db7/b5 enthält Db, F, Abb (sprich: Asas), Cb, die - enharmonisch verwechselt (Abb = G, Cb = H) - völlig übereinstimmen. Also ist G7/b5 - rein physikalisch betrachtet - gleich Db7/b5.

Der Aufbau kommt durch die gleiche Strukturierung zustande: 1-3 und 5-7: große Terz, 3-5 und 7-1: große Sekunde.

Dadurch wird auch klar, dass die Technik der Tiefalteration der Quinte nur bei Dur-Akkorden funktionieren kann, da die große Terz eben diesen Charakter bestimmt, über die kleine Septime wird die funktionale Bedeutung fast ausschließlich auf die Dominante festgelegt.

Somit besteht die Möglichkeit, über die Tritonussubstitution elegant die Tonart zu wechseln. Beispiel:

G7/b5 = Dominante, also C-Dur bzw. c-Moll = Tonika Db7/b5 = Dominante, also F#-Dur bzw. f#-Moll = Tonika

Und somit kann man von C-Dur bzw. c-Moll über Db7/b5 nach F#-Dur bzw. f#-Moll wechseln.

Demzufolge kann es im Übrigen nur sechs dieser Dom7/b5-Akkorde geben: C=F#, C#=G, D=G#, D#=A, E=A#, F=H

Mischform (offene, hellere Färbung)

In der Praxis wird die Quinte des Ausgangsakkordes (hier: G7 zu G7/#5) um einen Halbton nach oben alteriert (von D nach D#) und gleichzeitig der Grundton (hier: = Basston) auf den Tritonus verschoben, wodurch auch hier auf dem Tritonus ein Tauschakkord (hier: Db7/9) aufgebaut werden kann. Theoretisch kann man die Verschiebung des Grundtons auf den Tritonus immer noch - wie im 1. Fall - als Abwärts-Alteration der Quinte betrachten, wobei dann eine zusätzliche 5# eingefügt wird. Zum klanglichen Verständnis trägt das aber nichts bei, daher ist die praktische Betrachtungsweise vorzuziehen. Die Mischform besteht darin, sowohl die 5b als auch die 5# zu benutzen.

Auch hier muss der Tritonussubstitutionsakkord aufgrund der kleinen Septime als Dominantseptakkord angesehen werden, womit er dann in die Tonika selbst (chromatische Bassfolge II-IIb-I) oder in die Tonika der Substitution (II-IIb-Vb) leitet.

Beispiel (mit vernünftigem Voicing):

Ausgangsakkord G7/#5 = Substitutionsakkord Db7/9
Akkord G7/#5 Db7/9
D#/Eb übermäßige Quinte große None
H/Cb große Terz kleine Septime
F kleine Septime große Terz
G -> Db Prime Prime

Db7/9 ist wegen der kleinen Septime wieder ein Dominantseptakkord (Tonika bzw. die Subdominante nutzen die große Septime), so dass er auch wieder in die oben aufgeführten Tonika leitet.

Die oben vorgestellten Alterationen des 5. Tons können durch weitere Alterationen und Additionstöne in ihrem Klangcharakter gefärbt werden. Beliebt und oft im Jazz verwendet werden Mischformen der oben vorgestellten Tritonussubstitutionsarten.

Beispiel mit weiteren Alterationen

Noch ein Beispiel der Tritonus-Substitution von G7/alt. durch Db7/alt.:

Ausgangsakkord G7/alt = Substitutionsakkord Db7/alt
Akkord G7/#5 Db7/5b/9/13
A#/Bb übermäßige None große Tredezime
G/Abb Prime verminderte Quinte
D#/Eb übermäßige Quinte große None
H/Cb große Terz kleine Septime
F kleine Septime große Terz
G -> Db Prime Prime

Verwendung als Dominantseptakkord

Angewendet wird die Tritonussubstitution, wie bereits oben erwähnt, häufig in einer II–V–I Verbindung: Beispiel C-Dur. Eine II–V–I Verbindung in C Dur wäre: Dm7, G7, Cmaj7 (= leitereigene Vierklänge einer C-Dur-Tonleiter). Wendet man nun die Tritonussubstitution an, bekommt man eine II-bII-I Verbindung. Am Beispiel C-Dur: Dm7, Db7, Cmaj7. In der II-V-I-Verbindung nimmt die Dominante bzw. ihre Substitution gerne einen halben oder einen ganzen Takt ein.

Spontan findet Tritonussubstitution auf unbetonten Zählzeiten statt, was allein durch eine Vertauschung des Basstons erreicht werden kann. Hier zahlt es sich aus, wenn Voicings möglichst arm an Grundtönen und Quinten gehalten werden. Der Grundton des Ersatzakkords bildet einen Walking Bass-typischen chromatischen Durchgangstonen zum nächsten Akkord (z.B. G7–Db7–C7).

Bekannte Beispiele

Antônio Carlos Jobim: The Girl from Ipanema (Garota de Ipanema), Takt 6 und Takt 8 des Schemas

Dizzy Gillespie : A Night in Tunisia , Einleitung und A-Teil

Bildung als Tonikatypus-Akkord

- Als Dur-Akkord: Im moderneren Jazz wird die Tritonussubstitution auf Akkorde vom Tonikatypus (Tonika Maj7 / Subdominante Maj7 - sowohl in Dur als auch in Moll) angewandt. Diese Akkorde klingen dann bereits sehr "fremd".

Akkorde vom Tonikatypus sind die Akkorde der Tonika und der Subdominante, weil durch das Hinzufügen des vierten Tones ein MAJ7-Akkord, also ein Akkord mit großer Septime, entsteht.

Von der Wirkung her wird er als statisch, wenn nicht gar als "starr" empfunden. Er klingt sehr exotisch bzw. atonal.

Beispiel: Cmaj7/5b = F#7/Sus4/5b (C-E- Gb/F# -H)

Dieser Sus-Akkord wird an Stelle der Tonika bzw. der Subdominante gespielt. Durch den Wechsel des Basstones verliert der Hörer völlig den Bezug zur Originaltonart, so dass ein darauffolgender harter beliebiger Tonartwechsel vom ungeübten Gehör nicht mehr wahrgenommen werden kann.

Er ist ein gutes Beispiel für einen abstrakten Akkord und wirkt unglaublich strahlend und hell, er ist der "Stern" unter den Akkorden.

- Als Moll-Akkord: Beispiel: c-Moll Maj7/5b = F#6/sus4/5b C - Eb - Gb/F# -H)


Bildung als Sus-Akkord

Beispiel: Cmaj7/sus4/5b = F#maj7/sus4/5b (C- F- Gb/F# -H)

Die Terz wird einen Halbton nach oben verschoben (4-3 Vorhaltsakkord - ohne Auflösung), wobei die Quinte - wie bei der klassischen Verwendung als Dominantseptakkord - um einen Halbton nach unten verschoben wird (Alteration der Quinte).

Dieser Akkord ist symmetrisch aufgebaut (Quart-kleine Sekunde - Quarte - Kleine Sekunde). Da er keine Terz enthält, ist er geschlechtslos wie alle Sus-Akkorde. Er wird (wegen der großen 7) als Tonika- bzw. Subdominantakkord verwendet. Weil zwei kleine Sekunden enthalten sind, ist er einer der spannungsreichsten Akkorde.


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