Barockhaus Neißstraße

Barockhaus Neißstraße
Kaisertrutz und Reichenbacher Turm

Das Kulturhistorische Museum Görlitz befindet sich in drei denkmalgeschützen Gebäuden, dem Kaisertrutz, dem Reichenbacher Turm, beide am Platz des 17. Juni, und dem Barockhaus Neißstraße 30.

Inhaltsverzeichnis

Gebäude

Kaisertrutz

Bemerkenswert ist die mittelalterliche Baugruppe Kaisertrutz und Reichenbacher Turm, die das Stadtbild im Zentrum prägt. Die große Kanonenbastion (Barbakane) errichteten die Görlitzer ab 1490 zum Schutz des westlichen Stadttores. Diese Festung und ihre schwedische Besatzung „trotzten“ in den Wirren des 30-jährigen Krieges den kaiserlichen und kursächsischen Belagerern. So erhielt sich für das eigentlich als Reichenbacher Rondell bezeichnete Bauwerk seit 1641 der Name Kaisertrutz. 1848 erfuhr es einen Umbau zur Hauptwache der preußischen Garnison. Dabei wurden die beiden 1521 angebrachten hohen Schildmauern, die den Kaisertrutz bis dahin mit dem Reichenbacher Turm verbanden, entfernt. Nach umfangreichen Umbauarbeiten bezogen 1932 die Abteilungen Stadtgeschichte und Ur- und Frühgeschichte der Oberlausitz des Kaiser-Friedrich-Museums im Kaisertrutz ihren Platz - der Kaisertrutz dient seit diesem Zeitpunkt musealen Zwecken.

Reichenbacher Turm

1376 wird der Reichenbacher Turm zum Schutz des westlichen Stadttores erstmals urkundlich erwähnt. Zwei hohe Schildmauern verbanden den Turm 1521 bis 1848 mit dem Kaisertrutz. Zahlreiche Schäden veranlassten 1935 zu einer Restaurierung des Turms, wobei Anker zur statischen Sicherung neu eingezogenen wurden. Seit 1936 bedecken diese Anker Deckschilde mit Wappen der Länder, zu denen Görlitz einst gehörte und Wappen der Oberlausitzer „Sechsstädte“, gefertigt vom Görlitzer Künstler Arno Henschel.

1946 öffnete der Turm für Besucher. Zu den Städtischen Kunstsammlungen, dem heutigen Kulturhistorischen Museum, gehört der Turm seit 1953.

Barockhaus Neißstraße 30, Portal

Das Barockhaus Neißstraße 30 ist seit 1951 eines der drei Häuser des Kulturhistorischen Museums Görlitz. Prachtvoll restauriert bietet es sich dem Besucher dar. Beeindruckend ist die wohlerhaltene Architektur des Bauwerkes, das eng mit der Geschichte der Stadt Görlitz und der Oberlausitz verbunden ist. 1727 bis 1729 für den Damastgroßhändler Christian Ameiß errichtet, ist es ein repräsentatives Beispiel für sächsisch bürgerliche Barockbaukunst. Aus der Messestadt Leipzig übernommen ist die Anlage als „Durchhaus“ konzipiert, in dem vier Flügel einen Hof umschließen, der einst Ein- und Ausfahrt gestattete.

Die Sammlungen des Museums umfassen Zeugen zur Stadtgeschichte von den Anfängen der Besiedlung bis zur Gegenwart, Gemälde des 18. bis 20. Jahrhundert, Kunsthandwerk und Bestände zur Wissenschaftsgeschichte der Oberlausitz, ein Physikalisches Kabinett aus dem 18. Jahrhundert, sowie Personalausstellungen zu dem Philosophen Jakob Böhme, der Görlitz weltweit bekannt gemacht hat und dem Maler und Schriftsteller Johannes Wüsten, dessen Gesamtwerk gewürdigt wird. Leistungen des Museums sind: Sonderausstellungen in allen drei Gebäuden, Führungen, Vorträge und Sonderveranstaltungen und Angebote für Senioren, Familien sowie für Unterricht und Freizeit.

Im Jahr 2011 soll der Kaisertrutz mit fünf Ausstellungsetagen im Mittelpunkt der 3. Sächsischen LandesausstellungVia Regia“ stehen. Weiterer Standort der Landesausstellung ist das Barockhaus Neißstraße 30 als Interieurmuseum zum Thema Aufklärung und Wissenschaft um 1800.

Museumsgeschichte

1726 schenkt der Schweidnitzer Advokat Johann Gottlieb Milich seine umfangreiche Bibliothek mit Raritätensammlung dem Görlitzer Magistrat. Beides wird im Rathaus der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Später werden die Sammlungen in der Börse aufgestellt. 1779 gründen Vertreter des Oberlausitzer Adels und des Bürgertums in Görlitz eine der ältesten deutschen Gelehrtengesellschaften. Die Initiatoren Karl Gottlob von Anton und Adolf Traugott von Gersdorf übereignen ihre Privatsammlungen an Büchern, Grafiken, wissenschaftlichen Instrumenten, Modellen sowie Gesteins- und Münzsammlungen der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften. 1803 kauft Karl Gottlob von Anton das Wohn- und Handelshaus Neißstraße 30 als Domizil für die Gesellschaft. 1873 wird das Städtische Museum für Altertum und Kunst gegründet. Es beherbergt vor allem archäologische Funde, Objekte aus der städtischen Rüstkammer und Zeugnisse der Görlitzer Zünfte.

1888 ruft Ludwig Feyerabend in Görlitz die Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Oberlausitz ins Leben. 1902 wird die Oberlausitzer Gedenkhalle, das heutige Dom Kultury im polnischen Zgorzelec, eingeweiht. 1903 wird das Kaiser-Friedrich-Museum in der Oberlausitzer Gedenkhalle gegründet und 1904 eröffnet. Der erste Museumsdirektor heißt Ludwig Feyerabend. Neben einer Gemäldegalerie werden vor allem kunstgewerbliche, archäologische und heimatkundliche Exponate ausgestellt. 1932 wird nach Umbauarbeiten der Kaisertrutz mit den Abteilungen Stadtgeschichte und Ur- und Frühgeschichte als Museum eröffnet. Im gleichen Jahr richtet man im Barockhaus Neißstraße 30 mit Beständen des städtischen Museums, der Milichschen Bibliothek und der Oberlausitzischen Gesellschaft das Graphische Kabinett ein. 1936 wird das Museum in „Städtische Kunstsammlungen“ umbenannt.

1943 und 1944 werden die Kulturgüter der Stadt Görlitz in ländliche Gebiete ausgelagert. Nur ein Teil der Sammlung kehrt nach dem Krieg nach Görlitz zurück. 1947 wird die Museumsarbeit in Görlitz wieder aufgenommen. 1948 wird der Kaisertrutz mit veränderter Ausstellung wieder eröffnet. 1951 wird das Barockhaus Neißstraße 30, das bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1945 die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften beherbergte, als zweites Haus des neuen Städtischen Museums eröffnet. 1953 wird auch der Reichenbacher Turm als Aussichtsturm und für kleinere Ausstellungen Teil des Museums. 1998 werden das Kulturhistorische Museum, das historische Ratsarchiv und die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften zu den „Städtischen Sammlungen für Geschichte und Kultur Görlitz“ vereint.

Sammlungen

  • Wissenschaftsgeschichtliche Sammlungen
    • Das Physikalische Kabinett eines der Gründer der Wissenschaftsgesellschaft, Adolf Traugott von Gersdorf, zeugt von den Versuchen zur Erforschung der Elektrizität. Die von einer Schweizerreise nach Görlitz gebrachten Alpenmodelle gehören zu den ältesten, die überhaupt erhalten sind. Auch eine Mineraliensammlung des 18. Jahrhunderts befindet sich im Museum, ebenso eine damals zusammengetragene Kollektion heimischer Antiken, dazu ein bereits 1781 gegründetes Graphisches Kabinett. Zum Erbe der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften gehört neben den wissenschaftsgeschichtlichen Sammlungen auch die Bibliothek der Gesellschaft, die Oberlausitzische Bibliothek der Wissenschaften.
  • Kunstsammlungen
    • Die Kunstsammlungen des Museums umfassen hauptsächlich Werke, die mit der vielgestaltigen Kunstgeschichte der Stadt Görlitz und der Oberlausitz verbunden sind. Sie bieten einen einzigartigen Überblick über diese mitteleuropäische Kulturlandschaft zwischen Sachsen, Böhmen und Schlesien. Bedeutende mittelalterliche Skulpturen wie die „Maria in der Hoffnung“, um 1400, spätgotische Tafelbilder und Textilien sind im Kaisertrutz ausgestellt. Wichtige Beispiele von Malerei, Plastik und Kunsthandwerk des 16.-18. Jahrhunderts finden sich im Museum. Dort wird auch eine Kollektion von Gemälden der Aufklärungszeit und frühen Romantik gezeigt, von Johann Eleazar Zeissig genannt Schenau, Jacob Philipp Hackert und Franz Gareis. Der Schwerpunkt der Sammlungen liegt in der Görlitzer Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Johannes Wüsten im Zentrum.
  • Das Graphische Kabinett
    • Eine Sondersammlung stellt das Graphische Kabinett im Barockhaus dar, das in rund 60.000 Blättern Handzeichnungen und Druckgraphik vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart vereint. Schwerpunkte der Bestände bilden topographische Werke, Alte Meister wie Albrecht Dürer, die oberlausitzisch-sächsische Kunst um 1800 (Christoph Nathe und die Görlitzer Zeichenschule) und der Kupferstich des 20. und 21. Jahrhunderts.
  • Archäologische Sammlung
    • Zu den Beständen der archäologischen Sammlung des Museums zählen über 400.000 Fundgegenstände. Damit gehört sie zu den umfangreichsten kommunalen Kollektionen ihrer Art in den neuen Bundesländern. Das Alter der gesammelten archäologischen Hinterlassenschaften reicht von der Altsteinzeit von 12.000 Jahre v. Chr. bis etwa in das 17. Jahrhundert. Die zeitlichen Schwerpunkte der Sammlung liegen in der mittleren und jüngeren Steinzeit zwischen 6.000 und 3.000 v. Chr., der Bronze- und frühen Eisenzeit zwischen 1.200 und 400 v. Chr. - der Lausitzer Kultur, der germanischen und slawischen Zeit zwischen dem 3. und 12. Jahrhundert. Den regionalen Sammlungsschwerpunkt bildet traditionell die ehemals preußisch-niederschlesische Oberlausitz. Fast ein Drittel der Funde stammt aus dem heute zu Polen gehörenden Landkreis Lauban) sowie den östlich der Neiße gelegenen Teilen der ehemaligen Landkreise Rothenburg und Görlitz.

Weblinks


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