- Trouvere
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Als Trobador (ursprüngliche okzitanische Wortform) oder Troubadour (nordfranzösische Wortform) bezeichnet man den Dichter, Komponist und Sänger höfischer mittelalterlicher Lieder, insbesondere der in okzitanischer Sprache verfassten Trobadordichtung im südlichen Frankreich, als deren ältester Vertreter Wilhelm IX. von Aquitanien gilt.
Inhaltsverzeichnis
Wortgeschichte
Etymologie von trobar
Okzitanisch trobador mit der Nebenform trobaire und der weiblichen Form trobairitz ist abgeleitet von dem Verb trobar. Letzteres bedeutet "finden, erfinden, ein Lied schaffen" und entspricht der vom Inventio-Begriff der antiken Rhetorik geprägten Auffassung, dass der dichterische (rednerische, musikalische) Schaffensprozess in erster Linie ein zweckgerichtetes "Finden" geeigneter Ausdrucksmittel und Themen als "Orte" (loci, topoi) in den Werken der Vorgänger bzw. in der diese Werke memorierenden Erinnerung ist.
Die Herkunft des Wortes trobar ist nicht sicher geklärt. In der Romanistik wird seit Gaston Paris (1909) meist ein quellenmäßig nicht belegtes, aber phonetisch-lautgesetzlich aus trobar und aus altfranzösisch trouver erschlossenes lateinisches Wort tropare angenommen, das zunächst in musikalischer Fachsprache "komponieren, einen musikalischen Tropus komponieren" bedeutet habe und seine Bedeutung dann sukzessive zu "dichten" und schließlich allgemein "finden" erweitert habe. Ob contropare ("vergleichen") bzw. contropatio ("Vergleich"), das von Leo Spitzer (1940) aus vereinzelten Quellenbelegen des 6. Jahrhunderts beigebracht wurde, diese These stützen kann, ist fraglich.
Seltener vertreten wird die auf Friedrich Diez (1861) zurückgehende und später von Hugo Schuchardt weiterentwickelte These, dass lateinisch turbare (aufwühlen) eine phonetisch unregelmäßige, eventuell durch erschlossenes trublare (aufstöbern) beeinflusste Entwicklung zu galloromanisch trobar/trouver (> Italienisch trovar) in der Bedeutung von 'finden' genommen habe und so auch in einer engeren Bedeutung für das musikalisch-poetische (Er-)Finden ('inventio') in Gebrauch kommen konnte.
Von arabistischer Seite, so zuerst von Julián Ribera (1928), wurde speziell für diese engere poetisch-musikalische Bedeutung Einfluss aus arabisch t'araba (singen, durch Gesang unterhalten) vorgeschlagen, was in jüngerer Zeit auch wieder von María Rosa Menocal (1982/83) engagiert vertreten wurde, in der Romanistik aber nur zögerlich Beachtung gefunden hat und im übrigen die Entstehung der allgemeinen Wortbedeutung 'finden' auch noch nicht erklären könnte.
Trobador, Troubadour, Trouvère
In der Romanistik unterscheidet man gemäß den ursprünglichen altokzitanischen und altfranzösischen Bezeichnungen:
- Trobadors, d. h. Dichter von Trobadordichtung speziell in der altokzitanischen Literatursprache Südfrankreichs, in der auch galicische, katalanische, gaskognische und italienische Dichter Lieder verfassten.
- Trouvères, d. h. Dichter in der altfranzösischen Literatursprache Nordfrankreichs, die bzw. deren anglonormannische Variante nach der Eroberung Englands durch die Normannen zeitweise auch die Literatursprache der englischen Oberschicht und ihrer Dichter war.
Das altfranzösische Wort trouvère kam mit dem Ausgang des Mittelalters außer Gebrauch und wurde im Französischen seit dem 16. Jahrhundert durch die Lehnbildung troubadour ersetzt, die dann okzitanische und nordfranzösische Vertreter gleichermaßen bezeichnen konnte und seit dem 18. Jahrhundert mit dieser erweiterten Bedeutung auch ins Deutsche übernommen wurde.
Mit dem Entstehen einer wissenschaftlichen Romanistik wurde die fachsprachliche Bedeutung des Wortes troubadour / trobador wieder auf die okzitanischen Vertreter der Trobadordichtung eingegrenzt, wobei sich speziell in der deutschsprachigen Romanistik seit einigen Jahrzehnten auch wieder die Rückkehr zu der ursprünglichen okzitanischen Wortform "Trobador" statt "Troubadour" durchgesetzt hat, während in Frankreich, in den Niederlanden und in der englischsprachigen Literatur die nordfranzösische Schreibweise "troubadour" weiter vorherrscht.
Die deutschen Minnesänger werden normalerweise nicht als „Troubadoure“ bezeichnet, sofern nicht kolloquial ganz allgemein mittelalterliche Liederdichter ohne besondere Rücksicht auf ihre Sprache gemeint sind.
In übertragener und dann meist ironisch gefärbter Bedeutung wird „Troubadour“ manchmal auch für moderne Chansonniers oder Schlagersänger gebraucht.
Bekannte Trobadors und Trobairitz
Die folgende Auswahl gibt eine Übersicht bedeutender Trobadors und Trobairitz in ungefährer Chronologie.
- Wilhelm IX. Herzog von Aquitanien (* 1071; † 1126 oder 1127) - "erster Trobador"
- Jaufre Rudel (* vor 1113; † um 1170)
- Marcabru (* vor 1127; † 1148)
- Cercamon (* vor 1135; † nach 1145)
- Rigaut de Berbezilh (aktiv um 1150)
- Peire d'Alvernha (aktiv um 1170)
- Bernart Marti (aktiv um 1170)
- Alfons II. von Aragon (* 1157; † 1196)
- Giraut de Bornelh (aktiv 1162-1199)
- Bernart de Ventadorn (* 1130–1140; † 1190–1200)
- Folquet de Marseille (* ca. 1150; † 1231)
- Raimbaut d'Aurenga
- Azalaïs de Porcairagues (aktiv 2. H. 12. Jh.)
- Beatriz de Dia (aktiv 2. H. 12. Jh.)
- Guillem de Berguedan (aktiv um 1180)
- Peire Vidal (aktiv 2. H. 12. Jh.)
- Gavaudan (aktiv Ende 12. Jh.)
- Raimbaut de Vaqueiras († nach 1202)
- Gaucelm Faidit (* vor 1185; † nach 1202)
- Arnaut Daniel (* um 1150; † um 1200 oder 1210)
- Bertran de Born (* vor 1140; † ~1215)
- Castelloza (frühes 13. Jh.)
- Peire Cardenal (aktiv 13. Jh.)
- Peire de Corbian (aktiv 13. Jh.)
- Bertran d'Alamanon (aktiv um 1250)
- Guillem de Montanhagol (aktiv um 1250)
- Cerveri de Girona (aktiv 2. H. 13. Jh.)
- Guiraut Riquier (aktiv 2. H. 13. Jh.)
- Jehannot de Lescurel (†1304)
Siehe auch
- Trobadordichtung
- Trobairitz
- Minnesang
- Der Troubadour (Oper von Verdi)
Weblinks
Zur Etymologie von trobar:
- Angie Haley, "Never Will You Ascend to Her": Hispano-Arabic Influence on the Concept of Courtly Love, in: Washington College Review 12 (2004), p.15-26
- Kevin Tuite, Of Phonemes, Fossils and Webs of Meaning: The Interpretation of Language Variation and Change
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