- Tudeh Partei
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Vorsitzender Logo Basisdaten Gründungsdatum: 2. Oktober 1941[1] Gründungsort: Teheran, Iran Vorsitzender: Ali Chavari Website: tudehpartyiran.org Die Tudeh-Partei des Iran (persisch حزب توده ایران Hezb-e Tūdeh-e Īrān) ist eine seit 1941 bestehende iranische marxistisch-leninistische Partei. Ihr Name bedeutet übersetzt Partei der Massen des Iran oder Partei des Volkes des Iran. Sie war Teil der Oppositionsbewegung gegen Mohammad Reza Pahlavi, die in der Islamischen Revolution von 1979 mündete. Seit 1983 ist sie im Iran zu wiederholten Malen verboten worden und hauptsächlich aus dem Exil aktiv.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Anfänge der kommunistischen Bewegung
Die Geschichte der kommunistischen Bewegung Irans reicht ins späte 19. Jahrhundert zurück, als der Marxismus durch eine schnell wachsende Industrie und die damit verbundene Umwandlung feudaler in kapitalistische Strukturen Verbreitung fand. Vor allem im Norden Irans (Iranisch-Aserbaidschan), in geographischer Nähe zu Russland und Aserbaidschan bildeten sich neben marxistischen Gruppierungen, die im Untergrund aktiv waren auch erste sozialdemokratische Zusammenschlüsse.
Die Kommunistische Partei des Iran (KPI) wurde im Juni 1920 in Bandar Anzali, in der Provinz Gilan, als Reaktion auf den ersten iranischen Kongress der Sozialdemokraten gegründet. Ihr Generalsekretär war Heidar Amou Oghly, einer der Anführer der Konstitutionellen Revolution. Zur selben Zeit gründete Mirza Kutschak Khan, der ebenfalls an der Revolution beteiligt war, mit Hilfe der Roten Armee die Iranische Sowjetrepublik.
Die Briten ließen aber alsbald ihren Einfluss auf die Kadscharen-Dynastie spielen und zwangen die KPI und die Sozialdemokraten, die nun verboten und verfolgt wurden, erneut in den Untergrund. In den frühen 1920er Jahren wurde die Kadscharen-Dynastie von der Palavi-Dynastie abgelöst. 1925 stieg Reza Schah Pahlavi auf den Pfauenthron. Er sorgte für viele Reformen, u. a. begrenzte er die Macht des schiitischen Klerus und errichtete einen autoritären Staat.
Gründung der Tudeh-Partei
Im Zuge des Zweiten Weltkrieges marschierten 1941 Großbritannien und die Sowjetunion in den offiziell neutralen Iran ein. Reza Schah wurde ins südafrikanische Exil gezwungen und sein Sohn Mohammad Reza Pahlavi trat seine Nachfolge an. Viele politische Gefangene wurden freigelassen. In dieser Atmosphäre kam es zur Reorganisation nationalistischer und sozialistischer Gruppen. Am 2. Oktober 1941 wurde die Tudeh-Partei offiziell gegründet um die Arbeit der verbotenen KPI fortzusetzen. Zu den Gründungsmitgliedern gehörte u. a. der Schriftsteller Bozorg Alavi. Zu ihrem ersten Vorsitzenden wurde Soleiman Mohsen Eskandari gewählt.
Von nun an war die Partei in stetigem Wachstum begriffen. Vielerorts bildeten sich regionale Parteiorganisationen. Vornehmlich in Industriegebieten in Azarbaydschan, Gilan, Isfahan, Gilan, Mazandaran und Chorasan. An dem ersten Parteitreffen 1942 in Teheran nahmen 120 Delegierte teil. 1946 zählte die Tudeh-Partei bereits 26.000 Mitglieder und war zu einem wichtigen Faktor der politischen Landschaft Irans geworden.[2]
1944 zog die Tudeh-Partei mit 8 ihrer Kandidaten in das 14. Majlis ein. Dort unterstützte sie vorbehaltlos die Politik der UdSSR. Die Partei zog noch im selben Jahr Kritik für ihren Einsatz zugunsten einer russischen Beteiligung an der iranischen Ölförderung, die zu dieser Zeit noch unter britischer Kontrolle stand, sowie für ihre pro-russische Haltung in der Irankrise 1946 auf sich. 1948 kam es sogar zu einer Spaltung der Partei. Ein großer Teil der Tudeh-Mitglieder um Chalil Maliki war mit der kritiklosen Haltung gegenüber Russland nicht einverstanden und verließ die Partei, um eine eigene sozialistische Organisation, die Dritte Kraft, zu gründen.
1949 wurde die Tudeh-Partei beschuldigt, ein gescheitertes Attentat auf den Schah Mohammad Reza Pahlavi mitverantwortet zu haben. Im Zuge dieser Anschuldigungen erging ein Verbot der Tudeh-Partei, wodurch sie in den Untergrund gezwungen wurde. Erst in den frühen 1950er Jahren nahm sie ihre Arbeit wieder offiziell auf, da die Regierung Mossadegh das weiterhin bestehende Verbot nicht durchsetze, es allerdings auch nicht aufhob.
Regierung Mossadegh
1951 konnte ein nationaler Block (die Nationale Front) um Mohammad Mossadegh den Schah dazu bewegen, Mossadegh als Premierminister einzusetzen. Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Verstaatlichung der iranischen Ölförderungsgesellschaft Anglo-Iranian Oil Company, eine in der Bevölkerung äußerst populäre Maßnahme. Die Tudeh-Partei war ein wichtiger Bündnispartner Mossadeghs, die eine Vielzahl sozialer Reformen auf den Weg brachte. Nach anderen Quellen opponierte die Tudeh-Partei gegen die Regierung Mossadegh. In der Selbstdarstellung nimmt die Tudeh-Partei für sich in Anspruch, „alle ihre Kräfte und Möglichkeiten für die Verteidigung Dr. Mossadeghs in Gang gesetzt und praktische Ansätze zur Bildung einer Volksfront zur Wahrung der Bewegung geschaffen“ zu haben. Weiter heißt es:[3]
„Leider hat Dr. Mossadegh den Warnungen der T.P.I nie Aufmerksamkeit geschenkt und mit übertriebenem Vertrauen zu den Leuten um sich, die ihn dann verrieten, nicht die Bereitschaft gezeigt, in den entscheidenden Momenten für den Kampf gegen Unterdrückung und Kolonialismus uns die Hand zu reichen.“
Der Protest Großbritanniens gegen die Verstaatlichung der Ölförderungsgesellschaft wurde vor allem von den USA unterstützt, die aufgrund der guten Kontakte Mossadeghs zur Tudeh-Partei eine zu große Einflussnahme Moskaus auf die iranische Regierung befürchteten.
Im August 1953 kam es schließlich zur berüchtigten Operation Ajax, einem Putsch gegen Mossadegh. Mit Hilfe der britischen und amerikanischen Geheimdienste MI6 und CIA gelang es, den zuvor aus dem Land geflohenen Schah Mohammad Reza Pahlavi erneut als Machthaber einzusetzen. Für die oppositionellen Kräfte im Land, zu denen die Tudeh-Partei gehörte, bedeutete der Machtwechsel ein erhöhtes Maß an Gefahr. Der Schah ging in der Folgezeit schonungslos gegen jede Opposition im Land vor. Der 1957 gegründete Geheimdienst SAVAK erwies sich dabei als effizientes und gefürchtetes Werkzeug. Politische Organisationen wurden mit Ausnahme einer schahtreuen Partei verboten. Die Tudeh-Partei agierte fortan im Untergrund und stand in stetiger Konfrontation mit dem SAVAK.
Siehe auch: Abadan-Krise
Die Jahre in der Opposition
Unmittelbar nach dem Putsch gegen Mossadegh sah sich die Tudeh-Partei einer außergewöhnlich brutalen Verfolgung ausgesetzt. Während die Führungskräfte der Nationalen Front inhaftiert und größtenteils nach drei Jahren wieder auf freien Fuß gesetzt wurden, griff der Geheimdienst gegenüber den Kommunisten zu drastischeren Mitteln. Einfache Mitglieder der Partei verloren ihren Arbeitsplatz oder wurden inhaftiert. 40 militante Parteianhänger wurden erschossen, 14 zu Tode gefoltert und 200 lebenslänglich eingesperrt.[4]
1955 wurde eine im Untergrund operierende Militärorganisation der Tudeh-Partei aufgedeckt. Viele beteiligte Personen wurden inhaftiert und später exekutiert. Zur selben Zeit tauchten verschiedene Unstimmigkeiten und Probleme innerhalb der Parteiorganisation auf. Unter anderem wurden Teile der Parteiführung des Verrats sowie der Unkenntnis des Marxismus-Leninismus beschuldigt. Die Partei hatte schließlich der Verfolgung und den Angriffen durch das Schah-Regime nichts mehr entgegenzusetzen und verschwand zunehmend von der politischen Bildfläche.
Neben den Repressionen des SAVAK hatte die Tudeh-Partei auch mit dem Ruf zu kämpfen, den das Regime verbreitete. Gerüchte und Halbwahrheiten über die Partei kursierten. So war von „Spionen Moskaus“, „Predigern des Atheismus“, „Feinden des Irans und des Korans“ die Rede. Außerdem sollen halbherzige Anhänger von Parteimitgliedern hingerichtet worden sein.[4]
Abspaltungen und Schwächung
1964 verließen einige kurdische Intellektuelle die Partei, um die Kurdische Demokratische Partei des Iran neu zu gründen. 1965 kam es zu einem parteiinternen chinesisch-sowjetischen Konflikt und zur erneuten Spaltung der Partei. Dabei verließen die maoistisch geprägten Parteikader um Gholamhoseyn Forutan und Ahmad Qasemi die Partei. Ihre Kritik richtete sich gegen die vorbehaltlose Übernahme der russischen Theorie, Kapitalismus und Sozialismus könnten friedlich koexistieren. Am 7. Oktober 1965 veröffentlichten Forutan und Qasemi einen Brief in dem sie alle Beschlüsse des 11. Parteiplenums ablehnen. Ein Artikel Qasemis aus diesen Tagen trägt den Titel: Eine gewalttätige Revolution ist der Weg zur Befreiung des Iranischen Volkes.[5] Ihnen folgten 1966 zahlreiche militante Mitglieder der Tudeh-Jugendorganisation, die sich ebenfalls neu formierten und als maoistische und revolutionäre Bewegung verstanden, zwei Charakteristika, die sie von der Tudeh-Partei nicht erfüllt sahen.
Ebenfalls 1966 wurden erneut Parteiführer verhaftet und zum Tode, bzw. zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Durch internationale Solidaritätsbekundungen, Hungerstreiks und Demonstrationen konnte das Schah-Regime dazu gebracht werden, die Todesstrafen in lebenslange Haftstrafen umzuwandeln. Unter den Inhaftierten befand sich auch Ali Chavari, der heutige Vorsitzende der Partei. Das Interesse um die Inhaftierten brachte der Tudeh-Partei neuen Aufwind und half die Spaltungen der 1960er Jahre zu überstehen. Die Partei gewann wieder an Kraft und Einfluss. In den 1970er Jahren wurde sie zu einem wichtigen Faktor in der Islamischen Revolution.
Die Islamische Revolution
Die Volksrepublik China war im Zuge des Konflikts mit der Sowjetunion zu einem Unterstützer des Schahs geworden, um Iran vor dem sowjetischen „Sozialimperialismus“ zu schützen. Diese Haltung stieß in iranischen maoistisch-oppositionellen Kreisen auf wenig Verständnis. Daher kehrten Anfang der 1970er Jahre viele der maoistischen Aktivisten, die die Tudeh-Partei in den 1960er Jahren verlassen hatten, wieder zu ihr zurück.[4]
Die Tudeh-Partei verfügte darüber hinaus über ein funktionierendes Netz von Auslandsorganisationen und Exilbüros in Osteuropa und der Sowjetunion. Kommunistische Parteien aus Italien, Frankreich und der DDR unterstützten die Tudeh-Partei finanziell und organisatorisch. Die Parteiführung war nicht selten in osteuropäischen Universitäten ausgebildet worden.
In der iranischen Oppositionsbewegung der 1970er Jahre konnte die Partei die Ereignisse zwar mitgestalten, wurde aber nie zur tragenden Kraft der immer breiter werdenden Proteste. Diese Rolle war dem schiitischen Klerus um Ajatollah Ruhollah Chomeini vorbehalten. Die Tudeh-Partei organisierte Streiks und Demonstrationen an Fabriken und an den iranischen Universitäten, sie verbreitete Anti-Schah-Publikationen und versuchte Einfluss im Parlament zu gewinnen, in dem ausschließlich schahtreue Abgeordnete vertreten waren. Waffengewalt lehnte sie dabei strikt ab, sie forderte vielmehr den friedlichen Umsturz des Schahregimes und ein Ende der Monarchie. Statt dessen sollte eine demokratische Republik gegründet werden, nach Überzeugung der Tudeh-Partei ein notwendiger Zwischenschritt auf dem Weg zur Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft.[4]
Die Oppositionsbewegung, zu der neben der Tudeh-Partei und dem schiitischen Klerus noch die Nationale Front und die radikalen und mit Waffengewalt agierenden Volksmudschahedin gehörten, entwickelte sich bis 1979 zu einer Massenbewegung. Am 16. Januar 1979 verließ der Schah das Land und wenige Tage später landete Ayatollah Chomeini als gefeierter Volksheld auf dem Teheraner Flughafen um das Land in eine Islamische Republik zu verwandeln.
Nach der Revolution
In den ersten Jahren der Islamischen Republik Iran arrangierte sich die Tudeh-Partei mit der Herrschaft der Mollas und der unbeschränkten Machtbefugnis des Obersten Rechtsgelehrten Chomeini. Sie rief ihre Anhänger dazu auf im Volksentscheid 1979 für die Islamische Republik zu stimmen. An den 1980 abgehaltenen ersten Parlamentswahlen der neuen Republik nahm sie offiziell teil. Der Sieg ging aber deutlich an die konservativen Kräfte.
Dennoch entschloss sich die Tudeh-Partei die neue Regierung zu unterstützen. Bei der Bekämpfung seiner Feinde legte das neue Regime eine Brutalität an den Tag, die der des SAVAK in nichts nachstand. Nachdem die Mudschahedin keine akute Gefahr mehr darstellten, d. h. zahlreiche Mitglieder hingerichtet oder inhaftiert waren, richtete sich die Aufmerksamkeit des Regimes und dessen militärischer Organisation (die Revolutionsgarde) zunehmend auf die Tudeh-Partei.
1982 kam es dann zum konzentrierten Schlag gegen die Partei. Bis zu 5000 Tudeh-Mitglieder und Unterstützer wurden als „sowjetische Spione“ bezeichnet und inhaftiert. Viele der Inhaftierten wurden hingerichtet, führende Personen gezwungen öffentlich von ihrer Ideologie abzuschwören.[6] Außerdem erging am 4. Mai 1983 ein neuerliches Parteiverbot, das bis heute in Kraft ist. Die Tudeh-Partei agiert seitdem wieder im Untergrund und hauptsächlich aus dem Exil.
Im Mai 1985 veröffentlichte die Tudeh-Partei eine Erklärung, derzufolge sie die Islamische Republik ablehnt und bekämpft.[7]
Position
In jüngeren Publikationen hebt die Tudeh-Partei vor allem die hohe Arbeitslosigkeit und schlechte volkswirtschaftliche Lage Irans hervor. Sie richtet sich scharf gegen das ihrer Ansicht nach mittelalterliche Regime um Seyyed Ali Chamene'i. So heißt es dessen Politik sei reaktionär und letztendlich die Fortsetzung der Schah-Despotie unter religiösen Vorzeichen. Das korrupte Regime sei nicht in der Lage gewesen, die ökonomischen und sozialen Krisen des Landes zu bewältigen. Bald fanden sich Kritiker und Opposition in denselben Folterkellern wieder, wie vor der Revolution. Die Tudeh-Partei fordert weiterhin die Vereinigung der Arbeiter und die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft.[8]
Einzelnachweise
- ↑ Tudeh News. In: Tudeh Party of Iran. Oktober 2007. Abgerufen am 18. November 2008. (PDF, engl.)
- ↑ History of the Tudeh Party of Iran. In: Iran Chamber Society. S. 1. Abgerufen am 18. November 2008.
- ↑ 60 Jahre Tudeh Partei Iran. In: Tudeh Party of Iran. September 2001. Abgerufen am 18. November 2008. (PDF)
- ↑ a b c d Ervand Abrahamian: Iran between Two Revolutions. Princeton, NJ 1982, S. 451ff..
- ↑ William McLaughlin: IRANIAN CP SPLITS INSIDE SOVIET BLOC. In: RADIO FREE EUROPE Research. Israel 27. Januar 1966 (Open Society Archives ; Stand: 18. November 2008).
- ↑ Katajun Amirpur/Reinhard Witzke: Schauplatz Iran. Freiburg im Breisgau 2004, S. 94.
- ↑ History of the Tudeh Party of Iran. In: Iran Chamber Society. S. 3. Abgerufen am 18. November 2008.
- ↑ Tudeh News. In: Tudeh Party of Iran. Februar 2007, S. 6f.. Abgerufen am 18. November 2008. (PDF, engl.)
Weblinks
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