Türk (Stamm)

Türk (Stamm)
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Die Türk oder auch Göktürken („Himmelstürken“) waren eine Stammeskonföderation verschiedener Steppennomaden, die unter der Führung der Aschina standen und die in chinesischen Quellen als tujue umschrieben wurde. Es ist nach heutigem Stand der Forschung das erste Mal, dass der Name türk, also türkisch, in Zeitzeugenquellen (hier chinesische Quellen) auftaucht.

Tujue ist dabei auch der erste Name in chinesischen Quellen, der in der Wissenschaft mit Sicherheit einem türkischen Stamm oder einer türkischen Föderation zugewiesen wird. Noch vor dem Auftauchen des Wortes tujue (türk) in chinesischen Quellen im sechsten Jahrhundert reden dieselben Quellen sicherlich über türkische Stämme, es herrscht dabei aber keine absolute Sicherheit wie im Falle von tujue/türk darüber, welche dieser Stämme nun türkisch sind.[1]

Im Jahr 552 n. Chr. entstand das locker zusammengeschlossene Reich der Göktürken. Nachdem es durch große Expansion unregierbar geworden war, teilte er sich in Westgöktürk und Ostgöktürk.[2] Durch einen bis heute nicht vollständig nachvollzogenen Prozess wurde der Name dieses Stamms bzw. dieser Stammeskonföderation, die man grundsätzlich zu den frühen Turkvölkern zählt,[3] später zum Oberbegriff für alle (in der Linguistik sogenannten) türkischen Völker.[4][5]

Inhaltsverzeichnis

Ursprung

Die Türk, von denen man annimmt, dass sie vom südlichen und westlichen Altai stammen, standen augenscheinlich unter einem hochgradigen Einfluss der benachbarten (ebenfalls in der Linguistik sogenannten) indogermanischen Völker der Iraner und Tocharer. Es gibt eine Vielzahl von indogermanischen – besonders tocharischen und iranischen – Lehnwörtern in der Sprache der Türk, und die Möglichkeit, dass die Türk selbst ursprünglich eine nicht-türkische Sprache gesprochen haben, ist nicht ausgeschlossen.[6] In dieser Hinsicht ist es auffällig, dass viele zentrale Begriffe des Reiches iranischen Ursprungs waren (dies betrifft vor allem alle Titel).[7]. Zudem sind die frühesten inschriftlichen Verlautbarungen der Ashina-Türk, nämlich zwei Inschriften aus Bugut (Zentralmongolei) und Xiao Hongnahai (VR China/Xinjiang) nicht in Alttürkisch, sondern in sogdischer Sprache verfasst.[8] Wie Peter B. Golden bemerkt, kann es „kaum ein Zufall gewesen sein“, dass die ersten Gesandten der Chinesen zu den Göktürken iranische Sogder waren.[6][9] Über den Ursprung des Namens des führenden Clans (A-schih-na) gibt es daher mehrere Thesen. So wird z.B. vermutet, dass er wahrscheinlich vom iranischen (sakischen) Wort für „blau“ abgeleitet ist.[10] Andere Thesen identifizieren A-schih-na mit Arsilas (Aρσίλας), über den Menander als der früheste Monarch der Türken berichtet hatte.[6] Auch die Namen ihrer frühesten Herrscher, so z.B. Istemi und Bumin, sind nichttürkischen Ursprungs und deuten, zusammen mit den anderen genannten Faktoren, auf einen multi-ethnischen und multikulturellen Ursprung des Stammes aus dem Steppenmilieu.[11]

Namensstreit

In der Wissenschaft wurde vor allem in der Vergangenheit darüber gestritten, wie das türkische Wort genau lautet, das das chinesische tujue wiedergibt. Beispielsweise vertraten manche Wissenschaftler den Standpunkt, tujue würde eigentlich einen Plural abbilden und wäre die chinesische Wiedergabe von türküt. Das von den alten Türken gesprochene Alttürkisch wurde deshalb gelegentlich auch als türkütisch bezeichnet. Das Problem mit türküt ist, dass es in keiner alttürkischen Inschrift (z.B. Orchon-Runen) auftaucht, dort heißt es türk.[12]

Türküt geht hauptsächlich darauf zurück, dass das chinesische tujue in der letzten Silbe -küöt ausgesprochen wird. Gerhard Doerfer sowie Gerard Clauson haben allerdings nachgewiesen, dass ein -t im chinesischen Auslaut für verschiedene türkische Auslaute stehen konnte auch für vokalischen Auslaut.[12]

Das primäre Anliegen der chinesischen Wiedergabe war die Konsonantenverbindung -rk- in türk aufzulösen, denn chinesisch ist eine monosyllabische Sprache, die zwei aufeinander folgende Konsonanten nicht erlaubt.[12]

Ein weiterer Standpunkt propagierte nicht einen Pluralsuffix doch aber eine zweite Silbe. So übersetzte Gerard Clauson tujue als türkü, dessen Auslautvokal mit der Zeit verloren gegangen sei.[12] Wolfgang-Ekkehard Scharlipp findet diese Übersetzung aber nicht beweisbar. In Runenschrift erlaube eine Stelle tatsächlich die Lesung türkü, aber Scharlipp sieht diese Lesung als unwahrscheinlich an, da sonst alle vokalischen Auslaute des Alttürkischen mit einem besonderen Zeichen geschrieben werden, das an dieser Stelle fehlt.[13]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Wolfgang-Ekkehard Scharlipp: Die frühen Türken in Zentralasien, S.13
  2. Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Hg.): Türkei-Jahrbuch des Zentrums für Türkeistudien 2004/2005, LIT Verlag Berlin-Hamburg-Münster, ISBN 3825879011, S. 73
  3. Stiftung Zentrum für Türkeistudien (Hg.): Türkei-Jahrbuch des Zentrums für Türkeistudien 2004/2005, LIT Verlag Berlin-Hamburg-Münster, ISBN 3825879011, S. 73
  4. Wolfgang-Ekkehard Scharlipp: Die frühen Türken in Zentralasien, S.2
  5. Denis Sinor: The legendary Origin of the Türks, in Egle Victoria Zygas, Peter Voorheis: Folklorica: Festschrift for Felix J. Oinas, S. 223
  6. a b c Peter B. Golden: An Introduction to the History of the Turkic Peoples, S. 121-122
  7. „(...) Über die Ethnogenese dieses Stammes ist viel gerätselt worden. Auffallend ist, dass viele zentrale Begriffe iranischen Ursprungs sind. Dies betrifft fast alle Titel (...). Einige Gelehrte wollen auch die Eigenbezeichnung türk auf einen iranischen Ursprung zurückführen und ihn mit dem Wort „Turan“, der persischen Bezeichnung für das Land jenseits des Oxus, in Verbindung bringen.“ Wolfgang-Ekkehard Scharlipp in Die frühen Türken in Zentralasien, S. 18
  8. Sören Stark: Die Alttürkenzeit in Mittel- und Zentralasien. Archäologische und historische Studien (Nomaden und Sesshafte, Band 6), Reichert: Wiesbaden 2008, S. 71-75
  9. Zur Präsenz von Sogdern an den Residenzen der Ashina siehe ausführlich Sören Stark: Die Alttürkenzeit in Mittel- und Zentralasien, S. 287-314
  10. “The linguistically non-Turkic name A-shih-na probably comes from of the Iranian languages of Central Asia and means blue (...)”, schreibt Carter Vaughn Findley in The Turks in World History, S. 39
  11. “(...) The founders of the Türk Empire, Istemi and Bumin, both had non-Turkish names (...). Far from leading to a pure national essence, the search for Turkic origins leads to a multiethnic and multilingual steppe milieu.” Carter Vaughn Findley in The Turks in World History, S. 19
  12. a b c d Wolfgang-Ekkehard Scharlipp Die frühen Türken in Zentralasien, S.14
  13. Wolfgang-Ekkehard Scharlipp: Die frühen Türken in Zentralasien, S.17

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