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Ernst Udet (* 26. April 1896 in Frankfurt am Main; † 17. November 1941 in Berlin) war ein deutscher Jagdflieger im Ersten Weltkrieg. Nach Manfred von Richthofen erzielte er die zweithöchste Zahl von Abschüssen unter den deutschen Jagdpiloten. In der Wehrmacht war er Generalluftzeugmeister bei der Luftwaffe im Rang eines Generalobersten.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ernst Udets Vater war der Ingenieur Adolf Udet, seine Mutter dessen Ehefrau Paula, geborene Krüger. Er wuchs in München auf und besuchte dort die Volksschule Stielerstraße und ab 1906 das Theresien-Gymnasium München.
Udet begeisterte sich schon früh für das noch junge Flugwesen. 1909 wurde er Mitglied eines Modellflugzeugclubs, 1910 unternahm er Gleitflugversuche. Daneben arbeitete er in der väterlichen Heizkessel-Werkstatt und erwarb 1913 das Einjährigen-Zeugnis.
Erster Weltkrieg
Nach seinem eher durchschnittlichen Abschneiden in der Schule trat er zu Beginn des Ersten Weltkrieges freiwillig dem Militär bei. Nach einer kurzen Phase als Motorradmelder in der 26. Württembergischen Reservedivision an der Westfront finanzierte er sich eine Pilotenausbildung an der Flugschule Gustav Otto-Werke in München. Im April 1915 erwarb er den Zivilflugschein, was dazu führte, dass er zur Luftwaffe versetzt wurde. Ab Juni 1915 diente er in der Bodenkompanie der Fliegerersatzabteilung Darmstadt-Griesheim. In einem Zweisitzer flog er nach der Feldpilotenprüfung bis 1916 Beobachtungsflüge über der Westfront.
Nach mehreren riskanten Flugmanövern und einem Absturz erlitt er einen Nervenzusammenbruch. Im März 1916 versetzte man ihn in die bei Colmar stationierte Artilleriefliegerabteilung 206, die mit den berühmten Fokker-E.III-Jagdflugzeugen ausgerüstet war. Udet schien zu Beginn ein eher ungeeigneter Kampfpilot zu sein, da er sich nicht überwinden konnte, feindliche Maschinen abzuschießen. Nachdem er sich jedoch der Tatsache bewusst wurde, dass seine Zurückhaltung die eigenen Kameraden gefährdete, entschloss er sich, aktiv an Luftkämpfen teilzunehmen. Am 18. März 1916 schoss er den ersten Bomber ab. Häufig versuchte er bei seinen Angriffen, das Leben seiner Gegner zu verschonen und nur die Maschinen zu treffen.
Nach seinem dritten Luftsieg am 24. Dezember 1916 wurde er mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse ausgezeichnet. 1917 erhielt er das Kommando über die Jagdstaffel 37 (Jasta 37), die er bis zum März 1918 führte. Im März wurde er von Manfred von Richthofen zur Führung der Jagdstaffel 11 angefordert. Im April 1918 wurde ihm der Pour le Mérite verliehen.
Nachdem Richthofen gefallen war, übernahm Udet die Führung von Jasta 4. Im August 1918 gelang ihm der Abschuss von 20 feindlichen Flugzeugen. Seine letzten beiden Luftsiege erzielte er einen Monat später. Ernst Udet überlebte den Krieg als Oberleutnant und zweiterfolgreichster deutscher Jagdpilot; er konnte insgesamt 62 Abschüsse für sich verbuchen.
Zwischen den Kriegen
Nach dem Ersten Weltkrieg verdiente Udet sein Geld mit Schauflügen. Im Sommer 1921 gründete er, trotz der Einschränkungen des Versailler Vertrags, mit Mitteln des amerikanischen Geldgebers William Pohl die Udet Flugzeugbau GmbH, die er jedoch schon 1925 verließ. Danach widmete er sich vermehrt Kunst- und Schauflügen, in denen er oftmals spektakuläre Flugmanöver vollbrachte. 1925 gründete er die Udet-Werbeflug GmbH, 1927 die Udet Schleppschrift-GmbH. Im Jahre 1929 wirkte Udet in den Stummfilmen des Bergfilm-Regisseurs Arnold Fanck Die weiße Hölle vom Piz Palü und 1930 in Stürme über dem Montblanc als Bergpilot mit. Weitere Spielfilmeinsätze bekam er 1930-32 in Fliehende Schatten, 1932/33 in SOS Eisberg und 1935 in Wunder des Fliegens. Stets spielte er den Retter in der Not, der andere Menschen durch seine Flugkünste aus dramatischen Situationen befreit.
Udet konnte in den frühen 1930er Jahren in den Vereinigten Staaten der Vorführung der sturzflugfähigen Curtiss Hawk beiwohnen und erreichte, dass die Luftwaffe ihm den Erwerb zweier Exemplare für den privaten Gebrauch unter der Bedingung finanzierte, dass diese nach der Lieferung eingehend studiert werden durften. Er war von der Effektivität des Konzeptes des Sturzkampfbombers derart beeindruckt, dass er später alle Bomberprojekte zurückstellen ließ, die nicht sturzkampftauglich waren.
Im April 1933 erhielt er die Ernennung zum Fliegervizekommodore des Deutschen Luftsportverbandes und am 1. Mai 1933 trat Udet, von Hermann Göring überredet, der NSDAP bei. Auf Betreiben Görings trat Udet am 1. Juni 1935 im Rang eines Obersten in die neu gegründete Luftwaffe ein. Am 1. September 1935 wurde er Inspekteur der Jagd- und Sturzkampfflieger. Als Nachfolger von General Wimmer wurde er Chef des Technischen Amtes des Reichsluftfahrtministeriums. Weiterhin veranstaltete er Schauflüge, unter anderem im Rahmen der Olympischen Spiele 1936. Am 20. April 1937 wurde Ernst Udet zum Generalmajor ernannt und am 1. November 1938 zum Generalleutnant befördert.
Zweiter Weltkrieg
Udet gilt als mitverantwortlich für die fehlgesteuerte deutsche Luftrüstung während der ersten Kriegsjahre, die vor allem an ihrer gewaltigen Ineffizienz und der Tatsache litt, dass die politischen Zielvorgaben und der tatsächliche Kriegsverlauf völlig konträr waren. Die Ernennung Udets zum Generalflugzeugmeister durch Göring am 1. Februar 1939 und die damit einhergehende Komptenzerweiterug des von ihm geleiteten Technischen Amtes, das nun neben der gesamten Flugzeugentwicklung und -produktion auch für Beschaffung, Nachschub und Versorgung zuständig wurde, potenzierte die Fehlentscheidung, Udet dieses Amt leiten zu lassen, da er ja schon vorher Probleme hatte, den Posten adäquat auszufüllen. Nun unterstanden ihm 26 Abteilungen mit 4000 Offizieren, Beamten und Ingenieuren, die zwar für alles zuständig, jedoch für nichts selbst verantwortlich waren.[1] Die Einrichtung dieses Amtes bedeute eine weitere Kompetenzbeschneidung für Erhard Milch, der resigniert festellte: In Udets Händen wird alles zu Staub.[2]
Udet, Kunst- und Flugschauflieger, Filmemacher und Propagandafigur des NS-Staates, besaß zwar hervorragende Flugerfahrung, aber keinerlei technische oder organisatorische Fähigkeiten. Obwohl er diese Schwächen selbst eingestand, setzte Göring sich durch und sagte ihm alle erforderliche personelle Hilfe für die Amtsführung zu. Udets eigentlicher Auftrag war, die Flugzeughersteller auf eine gemeinsame Linie einzuschwören, Synergien herzustellen und Redundanzen in Entwicklung zu vermeiden, um so die Luftrüstung zu optimieren. Stattdessen wurde er zum Spielball der Partikularinteressen von Messerschmitt, Heinkel und Junkers, denen es immer wieder gelang, ihn unabhängig vom eigentlichen Nutzen und den Kosten für ihre Projekte zu begeistern, so dass dieser seiner eigentlichen Aufgabe nur unzureichend nachkam.
In seiner Funktion als Generalluftzeugmeister gab Udet am 4. April 1940 den schriftlichen Befehl zur Verschrottung der letzten beiden Starrluftschiffe LZ 127 Graf Zeppelin und LZ 130 Graf Zeppelin II sowie zur Sprengung der Luftschiffhallen auf dem Flugplatz Rhein-Main. Am 19. Juli 1940, nach der Auszeichnung mit dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes, wurde er zum Generaloberst befördert.
Udet konsumierte in seinen letzten Lebensjahren immer exzessiver zahlreiche Genuss- und Rauschmittel wie Tabak, Alkohol und Pervitin. Er zeichnete mit ätzendem Spott zahlreiche Karikaturen seiner Dienstherren und seiner selbst. Unter anderen karikierte er sich als einen an seinen Schreibtisch im Reichsluftfahrtministerium geketteten Flieger.
Nach den Misserfolgen in der Luftschlacht um England und den damit verbundenen Anfeindungen durch Göring und einige andere NS-Größen erschoss sich Udet am 17. November 1941. Hitler veranlasste ein Staatsbegräbnis. Der Suizid wurde geheim gehalten. Für die Öffentlichkeit starb Udet an den Folgen einer bei der Erprobung einer neuen Waffe erlittenen schweren Verletzung. Er wurde auf dem Berliner Invalidenfriedhof beigesetzt. Auf der Reise zur Bestattung Udets kam Werner Mölders in Breslau bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Er fand daraufhin ebenfalls auf dem Invalidenfriedhof, gegenüber Udets Grab, seine letzte Ruhestätte. Kurz darauf wurde dem Jagdgeschwader 3 der Traditionsname „Udet“ verliehen.
Sonstiges
Vorbild für Film, Belletristik und Theater
Der in dem Theaterstück Des Teufels General von Carl Zuckmayer vorkommende General Harras hat Ernst Udet zum Vorbild, mit dem Zuckmayer befreundet war. Das Stück wurde 1955 mit Curd Jürgens in der Hauptrolle verfilmt.
In dem amerikanischen Spielfilm The Great Waldo Pepper („Tollkühne Flieger“) mit Robert Redford basiert die Rolle des deutschen Fliegerasses „Ernst Kessler“ auf Udet.
Ernst Udet diente auch als Vorbild des Titelhelden „Erich Landt“ im 1945 erschienenen Roman Die den Wind säen der Amerikanerin Martha Dodd (Originaltitel „Sowing the wind“).
Udets Kampf gegen Georges Guynemer
Udet schilderte als Beispiel für die im Ersten Weltkrieg manchmal ausgeübte Ritterlichkeit seinen Kampf gegen das französische Fliegerass Georges Guynemer. Nach Udets Bericht kämpfte Guynemer im Juni des Jahres 1917 verbissen mit dem Deutschen, schoss ihn jedoch trotz seiner Überlegenheit nicht ab, als er bemerkte, dass Udet eine Ladehemmung hatte. Also flog Guynemer auf Udets Maschine zu, warf ihm einen ritterlichen Gruß zu und verschwand dann wieder über alliiertes Gebiet.
Die wohl auch von Udet bevorzugte Interpretation war, dass die Jagdflieger sich als moderne Ritter der Lüfte sahen. Diese wollten es auch im Kampf mit dem Feind an Fairness und Ritterlichkeit nicht fehlen lassen. Nach dem ungeschriebenen Ehrenkodex der Piloten galt auch das Bekämpfen eines wehrlos gewordenen Feindes als unehrenhaft. Es gibt jedoch keine Schilderung dieses Vorfalls durch Udets Gegner Georges Guynemer. Dieser angebliche Vorfall hat durch spätere Filme das Klischee der Ritterlichkeit der Flieger des Ersten Weltkriegs populär gemacht.
Privates
Udet war eng befreundet mit dem Schauspieler Heinz Rühmann, mit dem er seine Liebe zur Fliegerei teilte. Von 1919 bis zur Scheidung 1923 war er mit Lo Zink verheiratet. Aus einer Liaison mit der Schauspielerin Ehmi Bessel stammt eine Tochter, die Schauspielerin Dinah Hinz (*1934).
Auszeichnungen
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse
- Preußisches Militär-Flugzeugführer-Abzeichen
- Ehrenbecher für den Sieger im Luftkampf
- Württembergisches Verdienstkreuz mit Schwertern
- Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern
- Hanseatenkreuz der Hansestädte Lübeck und Hamburg
- Verwundetenabzeichen (1918) in Silber
- Pour le Mérite am 9. April 1918
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung IV. Klasse
- Spange zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes am 4. Juli 1940
- Flugzeugführer- und Beobachterabzeichen in Gold mit Brillanten
- Bulgarischer Militär-Verdienstorden, Großoffizierskreuz mit Schwertern
Eigene Veröffentlichungen
- Ernst Udet: Mein Fliegerleben. Motorbuch-Verlag, IDN: 810969483, Im Deutschen Verlag - Berlin 1935
- Ernst Udet: Horridoh! Pohl, München 1983
Siehe auch
Literatur
- Armand van Ishoven: Udet, Paul Neff, Wien 1977, ISBN 3-7014-0133-0
- Gerhard Hümmelchen: Generaloberst Ernst Udet; in: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Hitlers militärische Elite. Von den Anfängen des Regimes bis Kriegsbeginn Bd. 1, Primus Verlag, Darmstadt 1998, ISBN 3-89678-083-2, Seite 258-264
Weblinks
- Literatur von und über Ernst Udet im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Lebenslauf und Dokumente im Bundesarchiv
- Biografie (DHM)
- Biografie #2 (Luftfahrtgeschichte)
- Ernst Udet in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
Einzelnachweise
- ↑ Guido Knopp, Friederike Dreykluft: Hitlers Krieger. Goldmann, München April 2000. ISBN 3-442-15045-0 S. 339
- ↑ Guido Knopp, Friederike Dreykluft: Hitlers Krieger. Goldmann, München 2000, ISBN 3-442-15045-0 S.340
Personendaten NAME Udet, Ernst KURZBESCHREIBUNG deutscher Jagdflieger im Ersten Weltkrieg GEBURTSDATUM 26. April 1896 GEBURTSORT Frankfurt am Main STERBEDATUM 17. November 1941 STERBEORT Berlin
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