Uhyst (Spree)

Uhyst (Spree)
Uhyst
Delni Wujězd
Gemeinde Boxberg/O.L.
Koordinaten: 51° 22′ N, 14° 30′ O51.362514.508333333333132Koordinaten: 51° 21′ 45″ N, 14° 30′ 30″ O
Höhe: 132 m ü. NN
Fläche: 30 km²
Einwohner: 789 (31. Dez. 2008)
Eingemeindung: 1. Okt. 2007
Postleitzahl: 02943
Vorwahl: 035728

Uhyst (1936–1947 Spreefurt), obersorbisch Delni Wujězd, ist mit knapp 800 Einwohnern der zweitgrößte Ortsteil der sächsischen Gemeinde Boxberg/O.L. im Landkreis Görlitz.

Zur Unterscheidung vom Partnerort Uhyst am Taucher (Horni Wujězd), der etwa 40 Kilometer (Straße) entfernt westlich von Bautzen liegt, wird Uhyst häufig auch Uhyst an der Spree genannt.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Uhyst liegt an Rande des Biosphärenreservates Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft in einer Teich- und Seenlandschaft direkt an der Spree. Der Ort ist eingebettet zwischen dem Bärwalder See im Nordosten und dem Drehnaer Teichgebiet sowie den Driewitz-Milkeler Heiden im Südwesten.

Uhyst liegt mit einem Bahnhof an der Bahnstrecke Hoyerswerda–Görlitz. Die Bundesstraße 156 von Bautzen nach Weißwasser quert in Uhyst die Bahnlinie und die Spree.

Umgebende Ortschaften sind Bärwalde im Norden, Boxberg, Kringelsdorf und die Klittener Dörfer im Nordosten und Osten am jenseitigen Ufer des Bärwalder Sees, Mönau und Rauden im Süden, Drehna im Westen und Lippen im Nordwesten. Vor ihrer tagebaulichen Inanspruchnahme lagen an der Spree zwischen Uhyst und Bärwalde Schöpsdorf und Merzdorf.

Geschichte

Zeichnung des Uhyster Schlosses (1796) von Johann Gottfried Schultz
Evangelische Kirche in Uhyst
Wappen des Ortes Uhyst

Ortsgeschichte

Bereits in der Mittel- und Jungsteinzeit leben Menschen in der Gegend, wie archäologische Funde von Gräbern und Siedlungsresten belegen. Weitere Funde sind der Bronze- und der Eisenzeit zuzuordnen. Siedlungsreste aus der spätrömischen Kaiserzeit belegen, dass die Gemarkung Uhyst vor der Völkerwanderung besiedelt ist. Wann die Wiederbesiedlung erfolgt, ist schwer zu sagen.

Urkundlich belegt ist die Ortschaft Ugezd im Jahr 1418. Seine Lage an einer Spreefurt sowie die relativ große Flur von über 2000 Hektar lassen vermuten, dass Uhyst älter als die Dörfer der näheren Umgebung ist. Diese Vermutung wird durch die Kirchenchronik aus dem 17. Jahrhundert bestärkt, die von einer 1342 errichteten Kapelle berichtet, die 1592 durch eine Holzkirche ersetzt wird. Die hölzerne Kirche, die eine Filialkirche von Klix ist, wird 1716 durch einen massiven Neubau ersetzt. In diesem Jahr wird Uhyst von Klix unabhängig, jedoch noch ohne größere Parochie.

Die ertragsarmen Heideböden sorgen in Verbindung mit dem Waldreichtum dafür, dass sich schon frühzeitig eine starke Forstwirtschaft mit entsprechender Holzverarbeitung etabliert, ein Pechofen ist gar für das 13. Jahrhundert nachgewiesen. Die günstige Verkehrslage zwischen Bautzen, Hoyerswerda und Muskau sorgt für gute Absätze und die Ansiedlung von Handerwerkern. Schon 1730 ist auf einer Karte eine Schmiede in Uhyst eingezeichnet. Später werden umfangreiche Teichanlagen eingerichtet, in denen Fischzucht betrieben wird.

Friedrich Caspar Graf von Gersdorff lässt das alte Schloss abtragen und 1738 bis 1742 ein neues errichten. Anschließend lässt er neben der Kirche ein Gebäude bauen, in dem die Herrnhuter Brüdergemeine eine Schule, später Lehrerbildungsanstalt und Adelspädagogium mit Internat betreiben kann. Hier erhält auch der junge Hermann von Pückler-Muskau seine frühe Ausbildung, von der er jedoch nicht sehr angetan ist, wie er in späteren Briefen darstellt.

Als Ergebnis des Wiener Kongresses kann das Königreich Preußen dem Königreich Sachsen große Landesteile abringen. In der Folge kommt Uhyst 1815 zum brandenburgischen Landkreis Spremberg. Da die sächsisch-preußische Grenze wenige Kilometer südwestlich des Ortes verläuft und Klix weiterhin sächsisch ist, werden Drehna, Mönau und Rauden 1823 nach Uhyst umgepfarrt. 1825 wird der Landkreis Hoyerswerda gebildet. Mit ihm kommt Uhyst für die nächsten 120 Jahre unter schlesische Regierung.

Durch den Bau der Bahnstrecke Kohlfurt–Falkenberg (Elster) erhält Uhyst 1871 einen Bahnanschluss. Zusätzlich zum Bahnhof im Ort wird an der Kreuzung mit der Chaussee WeißwasserBautzen nahe Jasua der Güterbahnhof Uhyst Vorbahnhof gebaut.

In den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs wird Uhyst von der Wehrmacht umfangreich als Stellung ausgebaut. Bei den Kämpfen um den Ort fallen allein auf deutscher Seite 32 Soldaten. Von der SS werden zudem Kriegsgefangene ermordet.

Nach dem Krieg wird Uhyst wieder eine sächsische Gemeinde, die nach der Verwaltungsreform von 1952 im nun verkleinerten Kreis Hoyerswerda wieder eine Randlage einnimmt. Der enteignete Gutsbesitz wird in der Bodenreform neu verteilt. Trotz vieler Neu- und Kleinbauern wird erst 1958 eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) gegründet.

In den sechziger Jahren wird der Aufschluss eines neuen Tagebaus zum Braunkohleabbau nordöstlich von Uhyst geplant. 1961 wird bei Vorarbeiten für den Tagebau in einem Waldstück ein Massengrab gefunden, in dem 102 Deutsche, Russen und Polen liegen. Die Leichen werden darauf hin nach Hoyerswerda umgebettet.

Die Nachbarorte Drehna und Lippen, letzterer bereits durch den Tagebau Lohsa beträchtlich verkleinert, werden am 1. Mai 1974 eingemeindet.[1] Für den Tagebau Bärwalde wird die Spree auf einer Länge von etwa zehn Kilometern verlegt und die Teiche nördlich von Uhyst trocken gelegt. 1978 wird Merzdorf und 1981 Schöpsdorf überbaggert.

Zum 1. März 1994 wird die Gemeinde Mönau (mit Rauden) nach Uhyst eingemeindet[2], wodurch die Gemeinde ihre größte Flächenausdehnung erreicht. Im Zuge der sächsischen Kreisreform 1996 entscheidet sich die Gemeinde nach der Auflösung des Landkreises Hoyerswerda, nicht dem Landkreis Kamenz sondern dem Niederschlesischen Oberlausitzkreis beizutreten. Einzig die Bevölkerungsmehrheit des Ortsteils Lippen spricht sich für den Landkreis Kamenz aus, wodurch Lippen am 1. Januar 1996 nach Lohsa umgemeindet wird.[3]

Fünf Jahre nach der Schließung des Tagebaus wird 1997 mit der Flutung seines Restlochs zum Bärwalder See begonnen.

Die Gemeinde Uhyst tritt am 1. Oktober 2007 der Gemeinde Boxberg/O.L. bei.[4] Nachdem doppelte Straßennamen innerhalb der Gemeinde bereits geändert sind, ändert die Deutsche Post die Postleitzahl zum 1. Juli 2008 von 02999 (bei der Einführung 1993 für den südöstlichen Teil des Landkreises Hoyerswerda vergeben) auf 02943 (Weißwasser und Boxberg).[5]

Bevölkerungsentwicklung

Jahr Einwohner
1825 [6] 527
1871 481
1885 475
1905 480
1925 575
1939 692
1946 793
1950 922
1964 939
1971 [7] 926
1988 1089
1990 [8] 1075
1993 1048
1994 1272
1999 920
2002 1201
2006 1104
2008 789
kursiv: Gemeinde mit Ortsteilen

1712 gibt es in Uhyst 7 Ganzbauern, einen Halbbauern, acht Gärtner, 13 Häusler, zwei Schäfer, 20 Handwerker, eine Sägemühle und zwei Windmühlen.[7] Im Jahr 1777 wirtschaften in Uhyst 8 besessene Mann, 7 Gärtner und 33 Häusler; eine Wirtschaft liegt wüst.[6]

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts sinkt die Einwohnerzahl von 527 im Jahr 1825 auf 475 im Jahr 1885. Danach kommt es zu einem Anstieg, so dass 1925, 100 Jahre nach der ersten Zählung, bereits 575 und 1939 sogar 692 Einwohner gezählt werden. Nach dem Krieg steigt die Zahl durch Flüchtlinge und Vertriebene aus den früheren Ostgebieten auf 793 im Jahr 1946 und nähert sich der Marke von 1000 Einwohnern in den fünfziger und sechziger Jahren.

Durch die Eingemeindung von Drehna (133 Einwohner im Jahr 1971 mit rückläufiger Tendenz) und Lippen im Jahr 1974 sowie die Umsiedlung der Einwohner von Merzdorf und Schöpsdorf wird der Rückgang der Einwohnerzahlen, wie er in vielen Dörfern der Umgebung feststellbar ist, in Uhyst kompensiert. Durch die Eingemeindung von Mönau und Rauden steigt die Einwohnerzahl 1994 um knapp 230 an, jedoch zeichnet sich seit der Wende ein rückläufiger Trend ab.

Zwischen 1999 und 2008 sinkt in Uhyst die Zahl von 920 auf 789 Einwohner.

Die Bevölkerung ist ursprünglich sorbisch. Um das Jahr 1880 ermittelt Arnošt Muka für seine Statistik der Sorben in der Oberlausitz in Uhyst 385 Sorben und 75 Deutsche, was einem sorbischen Bevölkerungsanteil von 84 % entspricht. Damit hat Uhyst im Vergleich zu den umliegenden Dörfern einen relativ niedrigen sorbischen Bevölkerungsanteil, der in Drehna, Mönau, Rauden und Schöpsdorf bei 100 %, in Lippen bei 98 % und in Merzdorf bei 96 % liegt.[9]

Ortsname

Uhyst, Delni Wujězd

Urkundlich belegte Ortsnamensformen sind unter anderem Ugezd (1418), Ugißt parvum (1419), Ugiß (1448), Ugist (1452), Ugesd (1474), Klein-Qugist (1535), Vgist (1565), Vhyst (1678) und schließlich 1791 Uhyst an der Spree.[6] Durch die Germanisierungspolitik slawischstämmiger Ortsnamen während der Zeit des Nationalsozialismus wird Uhyst 1936 in Spreefurt umbenannt. Die Rückbenennung in Uhyst erfolgt 1947.

Die Entwicklung des sorbischen Namens erfolgt (zum Teil in deutscher Schreibweise) über Wugisde (um 1430), Wuyez (1466), Wuyest (1489), Wujesd (1767), Delny Wujezd (1800), Delni Wujezd (1843) und Delni Wujězd (1969).

Sowohl Paul Kühnel (1896[10]) als auch Ernst Eichler (1975[11]) deuten den Namen als ein durch Umritt abgegrenztes Waldgebiet, das zur Siedlung auf Rodungsland bestimmt ist. Abgeleitet wird der Name dabei vom altsorbischen Wort ujězd, das eine Verwandtschaft zum tschechischen újezd aufweist.

Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Gedenkstätten

Eine Gedenkstätte erinnert an die 102 Kriegsgefangenen, die im Frühjahr 1945 von der SS ermordet wurden.

Persönlichkeiten

In Uhyst wirkte der Förster und Dichter Gottfried Unterdörfer (1921–1992) von 1950 bis zu seinem Tod.

Veranstaltungen

Anlässlich des Kunst-Licht-Klang-Festivals am Bärwalder See findet im September jeden Jahres ein Mediencamp mit Radio-, Hörspiel- und Fotokursen statt. Höhepunkte dieser "SeeFunkWerkstätten" sind Ausstellungen im Gemeindehaus und das dreitägiges Live-Radio-Programm "SeeFunk".

Quellen und weiterführende Literatur

Literatur

  • Lothar Simon: Uhyst an der Spree. 1991.
  • Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft. Eine landeskundliche Bestandsaufnahme im Raum Lohsa, Klitten, Großdubrau und Baruth. In: Werte der deutschen Heimat. Bd. 67, Böhlau Verlag, Köln 2005, ISBN 3-412-08903-6, S. 164–168.
  • Von der Muskauer Heide zum Rotstein. Heimatbuch des Niederschlesischen Oberlausitzkreises. Lusatia Verlag, Bautzen 2006, ISBN 978-3-929091-96-0, S. 269 f.
  • Kathrin Vollbrecht: Die herrschaftlichen Bauten zu Uhyst a.d. Spree - Schloss, Kirche, Pädagogium. Magisterarbeit, Institut für Kunstgeschichte, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2003.

Fußnoten

  1. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Gemeinden 1994 und ihre Veränderungen seit 01.01.1948 in den neuen Ländern. Metzler-Poeschel, Stuttgart 1995, ISBN 3-8246-0321-7.
  2. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 1994
  3. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 1996
  4. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2007
  5. Gemeindeverwaltung Boxberg/O.L. (Hrsg.): Amtsblatt. Jahrgang 12, Nr. 22/08, Boxberg/O.L. 30. Mai 2008 (Die Deutsche Post informiert, abgerufen am 12. Juni 2008).
  6. a b c Uhyst im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
  7. a b Von der Muskauer Heide zum Rotstein, S. 269.
  8. Regionalregister Sachsen. Abgerufen am 27. Januar 2009.
  9. Ernst Tschernik: Die Entwicklung der sorbischen Landbevölkerung. In: Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin – Veröffentlichungen des Instituts für Slawistik. Bd. 4, Akademie-Verlag, Berlin 1954, S. 90–94.
  10. Paul Kühnel: Die slavischen Orts- und Flurnamen der Oberlausitz. Zentralantiquariat der Deutschen Demokratischen Republik, Leipzig 1982, S. 266 (Fotomechanischer Nachdruck der Originalausgabe (1891–1899)).
  11. Ernst Eichler, Hans Walther: Ortsnamenbuch der Oberlausitz – Studien zur Toponymie der Kreise Bautzen, Bischofswerda, Görlitz, Hoyerswerda, Kamenz, Löbau, Niesky, Senftenberg, Weißwasser und Zittau. I Namenbuch. In: Deutsch-slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte. Bd. 28, Akademie-Verlag, Berlin 1975, S. 323 f.

Weblinks

 Commons: Uhyst – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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