- Ulf Dietrich Merbold
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Ulf Merbold Land (Behörde): Deutschland (DLR/ESA) Datum der Auswahl: 18. Mai 1978 Anzahl der Raumflüge: 3 Start erster Raumflug: 28. November 1983 Landung letzter Raumflug: 4. November 1994 Gesamtdauer: 49d 21h 36min Ausgeschieden: August 1998 Raumflüge - STS-9 (1983)
- STS-42 (1992)
- Mir Euromir 94
(Sojus TM-20/Sojus TM-19 (1994))
Ulf Dietrich Merbold (* 20. Juni 1941 in Greiz, Thüringen) ist ein deutscher Physiker und ehemaliger Raumfahrer. Er war 1983 (fünf Jahre nach Sigmund Jähn) der zweite Deutsche und der erste Bundesdeutsche im All. Merbold und Jähn wuchsen nur etwa 40 Kilometer voneinander entfernt im Vogtland auf.
Inhaltsverzeichnis
Herkunft
Geboren als Einzelkind eines Lehrerehepaares, wuchs Merbold in Wellsdorf auf, einer kleinen Ortschaft in Ostthüringen, die heute zu Langenwetzendorf gehört. Während des Zweiten Weltkriegs wurde sein Vater eingezogen und geriet in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Kurz nach seiner Rückkehr wurde er 1945 von Soldaten der Roten Armee verhaftet, in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht und starb dort drei Jahre später.
Merbold lebte ab 1945 in Kurtschau, einem dörflichen Vorort von Greiz, mit seiner Mutter in einem Haus in unmittelbarer Nachbarschaft zu seinen Großeltern. Diese betreuten ihn, während seine Mutter in der Schule unterrichtete und das Geld verdiente.
Schulbildung und wissenschaftliche Karriere
Merbold wurde im September 1948 eingeschult, kam nach vier Jahren Grund- auf eine Zentralschule und wechselte 1956 auf die Theodor-Neubauer-Oberschule (das heutige Staatliche Gymnasium Greiz in der Dr.-Scheube-Straße). Dort legte er vier Jahre später sein Abitur ab. In der Deutschen Demokratischen Republik Physik zu studieren wurde ihm verwehrt, weil er weder Mitglied in der Jugendorganisation FDJ noch in der Einheitspartei SED war. Er entschloss sich deshalb, die DDR zu verlassen und ein Studium in West-Berlin zu beginnen.
Im November 1960 reiste Merbold nach Ost-Berlin und ging über die damals noch offene Grenze in den Westteil der Stadt (die Berliner Mauer wurde zehn Monate später gebaut). Ein Jahr musste er die dortige Falkschule besuchen, weil sein DDR-Abitur nicht anerkannt wurde. Danach konnte er endlich sein Physikstudium unterstützt durch ein monatliches Stipendium von 135 D-Mark beginnen. Da ihm die Trennung von seiner Mutter nicht leicht gefallen und er in Berlin allein war, entschied er sich nach drei Semestern, nach Baden-Württemberg zu gehen. In Stuttgart, wo seine Tante wohnte, schrieb er sich 1962 an der Universität Stuttgart ein und erhielt sechs Jahre später sein Diplom. Mit Gelegenheitsarbeiten als Hilfsbibliothekar und Skilehrer stockte er sein Taschengeld auf und konnte so an seiner Dissertation („Strahlenschädigung von stickstoffdotiertem Eisen nach Neutronen-Bestrahlung bei 140 Grad Celsius mit Hilfe von Restwiderstandsmessungen“) schreiben. 1976 promovierte er an der Universität Stuttgart zum Dr. rer.nat.
Merbold trat 1973 in das Stuttgarter Max-Planck-Institut für Metallforschung ein. Zunächst als Stipendiat, war er nach seiner Promotion als Mitarbeiter angestellt. Dort war er hauptsächlich auf dem Gebiet der Festkörper- und Tieftemperaturphysik tätig.
Raumfahrertätigkeit
Im April 1977 hatte die damalige Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt nach Experimentatoren für das Raumlabor Spacelab gesucht, woraufhin sich Merbold bewarb. Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) suchte Bewerber, um ihr erstes Europäisches Astronautenkorps aufzubauen. Den Aspiranten wurde in Aussicht gestellt, in dem von der ESA gebauten Raumlabor an Bord des amerikanischen Space Shuttle forschen zu können. Insgesamt reichten rund 2.000 Wissenschaftler ihre Unterlagen ein – davon 700 aus der Bundesrepublik –, wobei jedes der zwölf ESA-Mitgliedsländer lediglich einen Bewerber vorschlagen sollte. Von diesen zwölf Personen wurden im Dezember 1977 vier Kandidaten ausgewählt, von denen ein halbes Jahr später nur noch drei übrig blieben: neben Merbold noch der Schweizer Claude Nicollier und der Niederländer Wubbo Ockels.
Alle drei ESA-Astronauten bereiteten sich gemeinsam auf die Teilnahme am ersten Flug des Spacelab vor, bis im Herbst 1982 die Wahl endgültig auf Merbold fiel. Unter dem Kürzel STS-9 wurde der Shuttle-Flug ein Jahr später unter dem Kommando von John Young durchgeführt, wobei Merbold der erste Nicht-US-Bürger auf einer Raumfähre war. 72 wissenschaftliche Experimente in acht Disziplinen standen auf dem Programm, von Biologie, über Plasmaphysik und Astronomie bis zu Materialwissenschaften. Die Mannschaft arbeitete im Zwei-Schicht-Betrieb, um eine besonders hohe Auslastung der Experimente zu erreichen.
Anschließend kümmerte sich Merbold als Reserve-Nutzlastexperte und Verbindungssprecher um die erste rein deutsche Spacelab-Mission D1, die im Herbst 1985 stattfand. Am ESA-Standort Noordwijk in den Niederlanden arbeitete er anschließend an der Planung des Raumlabors Columbus, dem europäischen Beitrag zur Internationalen Raumstation (ISS), bis er die Leitung des DLR-Astronautenbüros in Köln übernahm.
Ende 1988 wurde Merbold als einer der Kandidaten für eine weitere Spacelab-Mission aufgestellt: drei Jahre trainierte er für STS-42, das erste internationale Unternehmen für Schwerelosigkeitsforschung. Eine Woche forschte er im Januar 1992 (als erster gesamtdeutscher Raumfahrer im All) zusammen mit seiner kanadischen Kollegin an Bord der Raumfähre Discovery.
Nachdem Merbold die wissenschaftlichen Aspekte beim zweiten deutschen Spacelab-Flug D-2 koordinierte, trat er im August 1993 eine Ausbildung im Juri-Gagarin-Kosmonautentrainingszentrum in Moskau an. Gemeinsam mit dem Spanier Pedro Duque trainierte er für den europäisch-russischen Kooperationsflug „Euromir 94“. Duque wurde zum Ersatzmann für den Deutschen bestimmt, der Anfang Oktober 1994 mit den Kosmonauten Alexander Wiktorenko (Kommandant) und Jelena Kondakowa (Bordingenieurin) zu seinem dritten Raumflug aufbrach. Einen Monat lang flog Merbold als erster ESA-Astronaut auf der russischen Raumstation Mir und absolvierte den bis dahin längsten Aufenthalt eines Westeuropäers im All. Dabei führte er rund 30 Experimente durch.
Im Januar 1995 übernahm Merbold, der einen Berufspilotenschein und mehr als 3000 Flugstunden Erfahrung besitzt, die Leitung der Astronautenabteilung des Europäischen Astronautenzentrums in Köln. Nach drei Jahren schickte ihn die ESA wieder ins niederländische Noordwijk ans Europäische Weltraumforschungs- und Technologiezentrum. Dort arbeitete er im Direktorat für bemannte Raumfahrt und zeichnete verantwortlich für den Bereich Nutzungsvorbereitung der ISS. Seine Aufgabe war es, Industrie und Forschungseinrichtungen in den ESA-Staaten mit den Möglichkeiten der Raumstation vertraut zu machen.
Seit 2004 ist Merbold als Raumfahrer pensioniert, hat aber einen Beratervertrag mit der ESA und hält Vorträge zum Themenkomplex „Wissenschaft im Weltraum“.
Persönliches
Merbold ist seit 1969 verheiratet. In der Kapelle des Stuttgarter Schlosses in Solitude ehelichte er seine Studentenliebe Birgit Riester. Mit ihr hat der hochdekorierte Raumfahrer – unter anderem ist er Träger des Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse und des russischen Ordens der Freundschaft – eine Tochter und einen Sohn. Merbold lebt mit seiner Frau in Stuttgart.
Merbold ist im Besitz einer Amateurfunklizenz. Sein Rufzeichen lautet DB1KM. Während seines Mir-Aufenthalts 1994 operierte er unter den Rufzeichen R0MIR und DP3MIR.
In seiner Freizeit verbringt Merbold viel Zeit beim Segelfliegen und besitzt ein eigenes Segelflugzeug.
Besonderheiten und Rekorde
- erster Westdeutscher im All (STS-9) (vgl. Sigmund Jähn)
- erster ausländischer Astronaut auf einer NASA-Mission (STS-9)
- erster Deutscher mit zwei Raumflügen (STS-42)
- erster Deutscher mit drei Raumflügen (Euromir 94)
- erster Sechs-Personen-Raumflug (STS-9)
Schriften
- D1 – unser Weg ins All; Braunschweig; Westermann; 1985; ISBN 3-07-508886-2
- Flug ins All. Von Spacelab 1 bis zur D1-Mission; Bergisch Gladbach; Lübbe Verlagsgruppe; 1986; ISBN 3-7857-0399-6
Siehe auch
Weblinks
- Literatur von und über Ulf Merbold im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Belege
Personendaten NAME Merbold, Ulf Dietrich KURZBESCHREIBUNG Physiker und Astronaut GEBURTSDATUM 20. Juni 1941 GEBURTSORT Greiz, Thüringen - STS-9 (1983)
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