Uloboridae

Uloboridae
Kräuselradnetzspinnen
Federfußspinne (Uloborus plumipes)

Federfußspinne (Uloborus plumipes)

Systematik
Unterstamm: Kieferklauenträger (Chelicerata)
Klasse: Spinnentiere (Arachnida)
Ordnung: Webspinnen (Araneae)
Unterordnung: Echte Webspinnen (Araneomorphae)
Teilordnung: Entelegynae
Familie: Kräuselradnetzspinnen
Wissenschaftlicher Name
Uloboridae
Thorell, 1869
Gattungen

Die Kräuselradnetzspinnen (Uloboridae) sind eine von 94 Familien der Echten Webspinnen. Ihr werden derzeit 250 Arten in 18 Gattungen weltweit zugerechnet. Diese cribellaten Spinnen sind in den Tropen weit verbreitet. Nur wenige Arten stoßen auch nordwärts in die temperierten Zonen vor. In Mitteleuropa sind nur zwei Gattungen vertreten (Dreiecksspinnen, Hyptiotes und Federfußspinnen, Uloborus). In Lateinamerika ist auch die Gattung Philoponella anzutreffen, in der zwei Arten sozial in großen Kolonien leben.

Sie haben erstaunliche Tarn-, Netzbau- und Fangmethoden entwickelt. Kräuselradnetzspinnen besitzen keine Giftdrüsen und produzieren keine Leimfäden. Die Adhäsion ihrer cribellaten Fangwolle beruht auf der Struktur aus zehntausenden, 10–15 nm feinster Seidenfasern, die sich um stabilere Gerüstfäden kräuseln.

Inhaltsverzeichnis

Morphologie der heimischen Arten

Die erwachsenen Tiere der heimischen Arten Hyptiotes paradoxus (C.L. Koch, 1834), Uloborus plumipes Lucas, 1846 und U. walckenaerius Latreille, 1806 werden drei bis sechs Millimeter lang, haben einen mäßig kräftigen Körperbau. Die Beinlänge eines Individuums ist sehr unterschiedlich, das längste Bein (Beinpaar I und II) kann zweimal so lang wie die Körperlänge werden, die Beinpaare III und IV sind wesentlich kürzer. Der Metatarsus IV ist konkav. Die Weibchen haben dort ihr Calamistrum, das bei den Männchen reduziert ist. Kräuselradnetzspinnen haben 3 tarsale Klauen. Sie haben acht dunkle Augen in zwei horizontalen Linien zu je vier Augen. Die männlichen Palpenorgane sind komplex gebaut und beherbergen das hohlförmige tarsale Cymbium. Der Hinterleib (Opisthosoma) ist auffällig gemustert. Die Weibchen haben ein plattenförmiges Cribellum vor den Spinnwarzen. Das Cribellum ist bei den Männchen reduziert.

Lebensweise und Netzbau

Kräuselradnetzspinnen sind Tarnungsspezialisten, sowohl in ihrer natürlichen Gestalt, als auch in der Lebensweise. Sie sammeln Bruchstücke von Blättern und anderem Material, mit dem sie sich tarnen, oder sehen Blättern oder Zweigen täuschend ähnlich.

Besondere und gemeinsame Kennzeichen der Netze der Kräuselradnetzspinnen sind die Netznabe, die eng und kunstvoll vermascht ist, und die bandförmigen Ornamente oder Stabilimente. Die ursprüngliche Funktion und Herkunft der Stabilemente, die auch manche ecribellaten Radnetzspinnen (z.B. Argiope, Wespenspinnen) einbauen, ist unklar. Bei den Uloboridae dient es der Tarnung und der Stabilitätserhöhung und kann die Reparatur des beschädigten Netzes erleichtern. Die häufigste Form des Stabilements ist ein gezacktes Band, das das Zentrum des Radnetzes durchläuft. Es ist im Bereich der Nabe fast unsichtbar. Es gibt aber zahlreiche Variationen dieses Stabilements, wie V-förmiger Verlauf mit der Nabe im Zentrum oder Kreuze, sowie vollständige oder unterbrochene konzentrische Kreise.

Die Kräuselradnetzspinne lauert mit nach oben gerichteter Bauchseite in der Nabe auf der Unterseite ihres horizontalen Netzes. Die Beine sind nach vorn und nach hinten gestreckt, so dass sie das Stabilement zu einer kompletten Falle verbindet. Im leichten Windhauch ist sie so fast nicht mehr von einem Zweig zu unterscheiden. Diese Tarnmethode perfektionieren die Weibchen. Ihre länglichen Eipakete richtet sie in einer Reihe über das Netz aus, die zusätzlich mit Beuteresten und anderen Bruchstücken vervollständigt wird, und streckt sich selbst in die Mitte dazwischen. So entsteht eine helle Linie, deren einzelne Bestandteile nur schwer voneinander zu unterscheiden sind, während die eigentliche Falle durch den Kontrast noch schlechter zu erkennen ist.

Nicht alle Netze sind horizontal, und nicht alle bilden ein vollständiges Rad. Bei einigen Arten ist das Netz leicht geneigt und bei anderen mehr oder weniger senkrecht. Das Anlegen von senkrechten Netzen stellt einen wesentlichen ökologischen Unterschied dar, da die Spinne nicht auf laufende oder herunterfallende Insekten warten muss, sondern in den Luftraum der Fluginsekten vorstößt. So verändert sich das gesamte Nahrungsspektrum und mithin die komplette Lebensweise. Die Uloboriden wurden daher früher oft als evolutionäres Bindeglied zwischen den am Boden lebenden Spinnen und den Fallenstellern in der Höhe angesehen.

Die in Mitteleuropa heimischen Arten bauen in der Kronen- und Strauchschicht ihre Fallen, in denen sie kopfüber einen gerafften Signalfaden festhalten, der am Netz befestigt ist. Dieses Fangnetz sieht dem Radnetz der Kreuzspinnen ähnlich, liegt aber horizontal (bei Uloborus), wird aus nur drei Sektoren gebildet (bei Hyptiotes), oder besteht nur aus einem breiten Band cribellater Fangseide, wie bei der tropischen Stockspinne Migrammopes.

Da Kräuselradnetzspinnen keine Giftdrüsen und -klauen besitzen, mit denen die Beute betäubt oder getötet werden könnte, wird diese von der Kräuselradnetzspinne nur sofort eingewebt.

Systematik und Evolution

Die Uloboridae und ihre nächsten Verwandten, die Familie der Deinopidae, wurden lange als Vorfahren der Radnetzspinnen (Araneoidea) angesehen, da sich das horizontal gewebte Radnetz der Deinopidae über das Netz der Kräuselradnetzspinnen zum vertikalen, freihängenden Radnetz entwickelt haben könnte. Die Bauformen sind sich sehr ähnlich; so entspricht das Netz der echten Radnetzspinnen (Araneoidae) einem vollständigen Rad, bei den Sektorenspinnen  (Zygiella), scheinen zwei Sektoren zu fehlen, die bei der Dreiecksspinne, Angehörige der Kräuselradnetzspinnen, wieder auftauchen. Ebenso tauchen die Stabilemente in manchen Netzen beider Überfamilien auf. Die große Exaktheit, die sowohl die Fallen der Radnetzspinnen als auch die Fallen der Kräuselradnetzspinnen aufweisen, scheint verwunderlich genug, um eine einmaligen Entstehung in der Evolution der Ordnung anzunehmen. Auch erschien es den Arachnologen plausibel, dass sich die Fähigkeit der ecribellaten Spinnen, die Fangseide mit weiteren unterschiedlichen Substanzen wie zum Beispiel mit Leim zu versehen, sich an diesem Punkt der Evolution entwickelt haben könnte. Die Radnetzspinnen galten daher lange als Nachfahren der Kräuselradnetzspinnen.

Heute geht man aufgrund vertiefender Untersuchungen davon aus, dass es sich bei diesen vollständigen oder teilweisen Radnetzen der sehr großen Überfamilie der Radnetzspinnen und die der Kräuselradnetzspinnen um sehr ähnliche Prinzipien handelt, die sich aber unabhängig voneinander entwickelt haben. Es handelt sich wahrscheinlich um eine Analogie. Dies gilt für die Bauformen der Fallen (Stabilemente, Radnetze, Sektorennetze), aber auch für die Entstehung der Leimfäden. Auch sie hat sich in der Evolution mehrmals unabhängig voneinander vollzogen (siehe: cribellaten Problem). Welchem ökologischen Umstand es zu verdanken ist, dass die Kräuselradnetzspinnen auf Giftdrüsen verzichten können, bleibt zunächst ungeklärt.

Diagramm der Verwandtschaftsverhältnisse

(Entelegynae)
   |
   |                                                     |--Oecobiidae 
   |-----------------------------------------------------|--Hersiliidae
   |                                                     |--Malkaridae 
   |                                                            
   |                                                     |--Kräuselradnetzspinnen (Uloboridae) 
   |               /------------------"Uloboride" -------| 
   |  |___________/                                      |--Deinopidae
   |--|           \
      |            \--Überfamilie der Radnetzspinnen 
      |               (Araneoidea)
      |
      |
   (Entwicklung zu „modernen Spinnen“)

Heimische Vertreter

In Mitteleuropa sind nur zwei Vertreter der Gattung Uloborus sowie Hyptiotes paradoxus nachgewiesen worden.

Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Verbreitung
Dreiecksspinne Hyptiotes paradoxus (C.L. Koch, 1834) Paläarktis
Uloborus plumipes Lucas, 1846 Tropen, sonst nur in Gewächshäusern und an warmen Stellen
Uloborus walckenaerius Latreille, 1806 Paläarktis

Quellen

Weblinks


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