Un Chien andalou

Un Chien andalou
Filmdaten
Deutscher Titel: Ein andalusischer Hund
Originaltitel: Un chien andalou
Produktionsland: Frankreich
Erscheinungsjahr: 1929
Länge: ca. 16 Minuten
Originalsprache: Französisch
Altersfreigabe: FSK 18
Stab
Regie: Luis Buñuel
Drehbuch: Salvador Dalí
Luis Buñuel
Produktion: Luis Buñuel
Kamera: Albert Duverger
Schnitt: Luis Buñuel
Besetzung
  • Pierre Batcheff: Mann
  • Simone Mareuil: junge Frau
  • Luis Buñuel: Mann im Prolog
  • Robert Hommet: junger Mann
  • Jaume Miravitiles: Seminarist
  • Salvador Dalí: Seminarist

Ein andalusischer Hund (original französisch: Un chien andalou) ist ein Film von Luis Buñuel und Salvador Dalí, der zum ersten Mal 1929 in Paris aufgeführt wurde. Er gilt als Meisterwerk des surrealistischen Films.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Der Schwarzweiß-Film besteht aus einer Aneinanderreihung surrealistischer Bilder und Szenen. Der Prolog zeigt einen Mann, der ein Rasiermesser schärft, dann eine Wolke, die vor dem Vollmond vorbeizieht. Der Mann schneidet einer vor ihm sitzenden Frau mit dem Rasiermesser durchs Auge.

Weitere absurde Szenen, die durch keine erkennbare Handlung zueinander gehören – wohl aber dieselben zwei Personen zeigen – sind durch Zwischentitel (Acht Jahre später, Gegen drei Uhr morgens, Vor sechzehn Jahren, Im Frühling) grob voneinander getrennt. Bekannte Einstellungen sind die Brüste einer Frau, die sich unter den Händen des Mannes in ihr Gesäß verwandeln, eine in der Tür eingeklemmte Hand mit einem Loch, aus dem Ameisen kriechen und der Mann, der unterschiedliche Dinge an zwei Seilen hinter sich herzieht: darunter zwei mit je einem Eselskadaver gefüllte Konzertflügel und zwei Brüder der Armenschule (Seminaristen).

Hintergrund

Luis Buñuel und Salvador Dalí kannten sich bereits seit ihrer Studienzeit Mitte der 20er. 1928 trafen sie sich erneut in Figueres (Spanien), der Heimatstadt von Dalí. Bei dieser Gelegenheit erzählten sie sich gegenseitig zwei ihrer Träume: Buñuels Traum enthielt eine lange Wolke, die den Mond durchschnitt, „wie eine Rasierklinge ein Auge“ zerschneidet. Dalís Traum enthielt eine Hand, die voller Ameisen war.

Sie beschlossen, ihre Ideen filmisch umzusetzen, und schrieben innerhalb einer Woche mit der Technik des „automatischen Schreibens“ ein Drehbuch: Nichts an dem Film sollte rational, logisch oder psychologisch erklärbar sein. Auch der Titel wurde ohne Bezug zum Film gewählt. Beide Träume finden in dem fertigen Film Verwendung.

Das Geld für die Herstellung erhielt Buñuel von seiner Mutter, wobei er nach eigener Angabe die Hälfte des Geldes in Pariser Lokalen und nicht für den Film ausgab. Dreharbeiten fanden zum Jahreswechsel 1928/29 in einem Atelier in Billancourt und in Le Havre statt, sie dauerten etwa vierzehn Tage. Buñuel schnitt den Film dann in Paris und zeigte ihn u. a. Man Ray und Louis Aragon, die begeistert waren. Im April 1929 folgte die öffentliche Uraufführung.

Zur Begleitung des Stummfilms legte Buñuel auf einem Grammophon, das sich hinter der Leinwand befand, abwechselnd Musik Richard Wagners (Tristan und Isolde) und argentinische Tangos auf. Bei einer Neuaufführung 1960 wurde die gleiche Musik auf einer Tonspur hinzugefügt. Es scheint aber auch eine Filmkopie zu existieren, auf der zusätzlich noch Ludwig van Beethoven zu hören ist. Luis Buñuel erwähnt in seinem Buch Mein letzter Seufzer Beethoven nicht. Entweder war diese Fassung nicht von ihm autorisiert oder er konnte sich bei der Niederschrift seines Buches nicht mehr an die Abweichung der beiden Fassungen erinnern. 1983 vertonte Mauricio Kagel den Film für das Schweizer Fernsehen. Er verwendete dazu in Anspielung an den Titel unter anderem Aufzeichnungen von jaulenden Hunden.

Zwar lösten die Szenen bei vielen Zuschauern erwartungsgemäß Befremden und Abscheu aus, aber Teile der Pariser Presse waren begeistert. Buñuel und Dalí reagierten unterschiedlich darauf (siehe Zitate).

Insbesondere die Eröffnungsszene, in der der jungen Frau mit einem Rasiermesser das Auge zerschnitten wird, erlangte Weltruhm. Diese Szene ruft Urängste bei allen Menschen wach, völlig unabhängig von ihrem kulturellen Kontext. Für den Dreh wurde ein Kuhauge benutzt.

Der Film erfüllte in seiner totalen Irrationalität die Grundsätze, wie sie André Breton im Manifest des Surrealismus (Paris 1924) einige Jahre vorher formuliert hatte. Buñuel und Dalí wurden schlagartig berühmt und in die Pariser Surrealistengruppe aufgenommen. Kurze Zeit später arbeiteten sie noch einmal zusammen am Film Das goldene Zeitalter.

Zitate

„Der Film erzielte die von mir erwarteten Resultate. Er machte an einem einzigen Abend zehn Jahre pseudointellektuellen Nachkriegsavantgardismus zunichte. Dieses schändliche Zeug, das man abstrakte Kunst nannte, fiel uns auf den Tod verwundet vor die Füße, um nie wieder aufzustehen, nachdem sie gesehen hatten, wie das Auge eines Mädchens von einer Rasierklinge durchschnitten wird. In Europa war kein Platz mehr für die manischen kleinen Rechtecke von Herrn Mondrian.“

Salvador Dalí: The Secret Life of Salvador Dalí

„‚Ein Erfolgsfilm‘, werden die meisten denken, die ihn gesehen haben. Doch was vermag ich gegen diejenigen, die geil sind auf alles Neue, selbst wenn es ihren tiefsten Überzeugungen ins Gesicht schlägt, gegen eine Presse, die unaufrichtig oder käuflich ist, gegen dieses stumpfsinnige Pack, das ‚schön‘ oder ‚poetisch‘ gefunden hat, was im Grunde nur ein verzweifelter, ein leidenschaftlicher Aufruf zum Mord ist.

Luis Buñuel: La Révolution surréaliste

Sonstiges

  • Die beiden Hauptdarsteller begingen Selbstmord: Pierre Batcheff 1932 in Paris und Simone Mareuil 1954 in Perigueux.
  • Das durchgeschnittene Auge ist das einer toten Kuh. Durch starke Belichtung konnte Buñuel das furchige Gesicht des Tieres wie weiche, menschliche Haut aussehen lassen.
  • In einem Lied über Buñuel, Debaser, von den Pixies wird auf den Film angespielt.

Kritik

„Schon der Augenschnitt in Ein andalusischer Hund, in Zusammenarbeit mit Salvador Dalí entstanden, war nicht als unendlich ausdeutbares Symbol angelegt, sondern war einer jener visuellen Gesten, wie sie Buñuel so liebte. Jenseits von Deutungsmustern wie Kastrationsangst, Anti-Kartesianismus oder Angriff auf das Dispositiv wollte er nur eine literarische Metapher mit den Mitteln des Films wörtlich nehmen: Ein Mann steht abends auf dem Balkon, betrachtet den Himmel und sieht dabei, dass eine Wolke über den Mond zieht wie ein Rasiermesser über einen Augapfel. Nichts weiter.“

Mathias Mertens: Jungle World[1]

Literatur

  • Luis Buñuel: Mein letzter Seufzer. Erinnerungen. Aus dem Französischen von Frieda Grafe und Enno Patalas. ISBN 3-89581-112-2

Buñuel autorisierte nur einen einzigen Abdruck des Szenarios in der Zeitschrift La Révolution surréaliste vom Dezember 1929. Eine deutsche Übersetzung und Bilder aus dem Film finden sich in:

  • Salvador Dalí: Retrospektive 1920 - 1980. Prestel, München 1980, ISBN 3-7913-0494-1

Einzelnachweise

  1. mathias mertens: Die Mühelosigkeit des Traums. In: jungle world. 23. Februar 2000. Abgerufen am 22. Januar 2009.

Weblinks


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