Unabomber

Unabomber
Theodore Kaczynski 1996

Theodore („Ted“) John Kaczynski (* 22. Mai 1942 in Chicago) ist ein US-amerikanischer Mathematiker und Bombenleger.

Im Zeitraum von 1978 bis 1995 soll er 16 Briefbomben an verschiedene Personen in den USA verschickt haben, wodurch drei Menschen getötet und weitere 23 verletzt wurden. Bevor seine Identität bekannt wurde, bezeichnete man ihn als Unabomber (university and airline bomber), da die Bomben vornehmlich an Universitätsprofessoren und Vorstandsmitglieder von Fluggesellschaften geschickt wurden.[1]

Inhaltsverzeichnis

Kindheit, Ausbildung und Karriere

Kaczynski stammt von polnischen Einwanderern ab und wuchs in Chicago in einfachen Verhältnissen auf. Mit 16 Jahren erhielt er ein Stipendium am Harvard College.

Schon als Kind zeigte sich Ted Kaczynski sehr talentiert und war als extrem schüchtern und reserviert bekannt. Als Kleinkind wurde Kaczynski nach einem allergischen Schock als Folge eines Medikaments für mehrere Wochen in ein Krankenhaus eingeliefert. Angeblich war das ehemals fröhliche Kind nach diesem Krankenhausaufenthalt verändert. Später zog er sich immer mehr zurück und wurde unempfänglich für menschlichen Kontakt.

Freunden und Nachbarn zufolge war die intellektuelle Begabung des Jungen offensichtlich, während seine zwischenmenschlichen Fähigkeiten große Mängel aufwiesen. Dr. LeRoy Weinberg, ein ehemaliger Nachbar, schildert, wie Kaczynski grußlos durch die Nachbarschaft schlich. „Ted ist ein glänzender Junge, aber absolut ungesellig […] Dieses Kind spielte nicht, nein. Er war ein alter Mann vor der Zeit.“

Er übersprang zwei Klassen, absolvierte die High-School 1958 im Alter von 16. 1962 erwarb Kaczynski seinen Bachelor in Mathematik an der Harvard University, jedoch ohne sich besonders hervorzutun. Nach dem Abschluss erwarb er an der University of Michigan den Mastergrad und einen Doktortitel in Mathematik. Sein Intelligenzquotient wird zwischen 155 und 167 geschätzt.[2]

Kaczynski war in seiner Universitätszeit Proband einer von Dr. Henry A. Murray geleiteten Persönlichkeitsstudie im Rahmen des vom CIA geleiteten Projektes namens MKULTRA, welches seit den 1950er Jahren systematisch Menschenversuche unter anderem mit LSD durchführte.[3]

Kaczynski begann eine Karriere als Forscher an der Universität in Michigan, schloss aber weiterhin wenige Freundschaften. Kaczynskis Fachgebiet war die Funktionentheorie. Seine Ideen waren klug und effektiv, aber auch schwer verständlich. „Ich würde vermuten, dass ungefähr 10 bis 12 Menschen im ganzen Land ihn verstanden oder würdigten.“ sagt Maxwell O. Reade, ein pensionierter Mathematikprofessor und Mitglied von Kaczynskis Dissertationsausschuss. 1967 erhielt Kaczynski einen Preis von 100 Dollar als bester Mathematiker seines Instituts für seine Dissertationsschrift mit dem Titel „Boundary Functions“.[4]

In Michigan unterrichtete er drei Jahre lang Studenten mit einem Stipendium der National Science Foundation und veröffentlichte zwei Artikel mit Bezug zu seiner Dissertation in mathematischen Fachzeitschriften. Nachdem er Michigan verlassen hatte, veröffentlichte er noch vier weitere Artikel.

Theodore Kazynski, 1968, als junges Fakultätsmitglied in Berkeley

Im Herbst 1967 bekam Kaczynski eine Assistenzprofessur an der Universität von Berkeley in Kalifornien. Trotz der Überzeugungsversuche der anderen Institutsmitglieder und seiner guten weiteren Karriereaussichten kündigte Kaczynski 1969 ohne weitere Erklärung.

Ab 1970 lebte er in den Bergen von Montana in einer kleinen selbstgebauten Holzhütte. Die „Cabin“ steht seit 2008 im Newseum in Washington, nachdem das FBI sie nach Sacramento geschafft hatte, um sie zu untersuchen, wo sie lange in einem Lagerhaus stand. Das Erdgeschoss hat Abmessungen von ca. 10 mal 12 Fuß (3,05 mal 3,65 Meter). Die Hütte verfügt über ein ehemals als Lagerraum genutztes Spitzdach, das zusätzlich mit einer Giebelöffnung zum Betreten und Verlassen der Hütte ausgestattet war, wenn der Schnee die Eingangstür verschloss.

Attentate

Das Phantombild des FBI

Am 26. Juni 1978 explodierte die erste von ihm verschickte Briefbombe in einer Universität in Chicago. Als sich ähnliche Fälle häuften, bildete das FBI eine Arbeitsgruppe, die den Unabomber ermitteln sollte. 1985 forderte eine seiner Briefbomben erstmals ein Todesopfer, den Besitzer eines Computergeschäfts in Sacramento.

1995 verschickte Kaczynski anonym ein 35.000 Wörter langes, durchaus philosophisches Manifest mit dem Titel Die industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft (Industrial Society and its Future[5], auch bekannt als Unabomber-Manifest) an verschiedene Adressaten mit dem Angebot, die Bombenattentate zu beenden, falls dieses in einer bekannten Zeitung veröffentlicht würde. Am 19. September 1995 veröffentlichten The New York Times und die Washington Post das Manifest.

Buchveröffentlichung und Verurteilung

In diesem Buch schildert Kaczynski, warum er der Menschheit wünscht, die Technisierung unserer Gesellschaft möglichst bald zu überwinden. Er glaubt nicht, dass die Menschheit noch lange gegen die Maschinen bestehen könne und hofft auf einen baldigen Bruch, da die Folgen von Tag zu Tag schlimmer würden. Er beschreibt die psychologischen Wirkmechanismen, mit denen sich die technikgläubigen Jünger dieser Gesellschaft jeden Tag einredeten, sie hätten von nichts gewusst und alles sei gut. Er fordert, die Technik nur zu verwenden, um den Bruch dieses Systems zu beschleunigen.

Teds jüngerer Bruder David erkannte den Schreibstil seines Bruders im Manifest und verständigte nach eigenen Ermittlungen die Behörden. Ted Kaczynski wurde am 3. April 1996 in Lincoln (Montana) vom FBI verhaftet. Die Ermittlungen zu diesem Fall hatten insgesamt rund 50 Millionen US-Dollar gekostet und etwa eine Million Arbeitsstunden verursacht, der größte in den USA zur Festnahme eines Täters betriebene Aufwand.[6]

Am 4. Mai 1998 wurde Kaczynski zu lebenslanger Freiheitsstrafe unter vorheriger Absprache von Verteidigern und Staatsanwaltschaft ohne Möglichkeit auf Bewährung verurteilt. Er bestreitet bis heute, der Unabomber zu sein. Er verbüßt seine Haft im Bundesgefängnis ADX Florence, einer Hochsicherheitshaftanstalt in Florence (Colorado).

Auf Anregung des Filmemachers Lutz Dammbeck hat Theodore Kaczynsky eine autorisierte Fassung des Manifests erstellt, deren deutsche Übersetzung 2005 erschien.[7]

Zodiac-Killer

Kaczynskis Name fiel auch in Verbindung mit dem Zodiac-Killer. Er lebte zu der Zeit in der Bay Area, als die Morde geschahen. Damals galt er eine Zeit lang als Verdächtiger - neben einigen anderen. Allerdings war Kaczynski zu fünf Zeitpunkten, in denen der Zodiac in Erscheinung trat, nicht in Kalifornien. Außerdem stimmten die Fingerabdrücke Kaczynskis nicht mit denen überein, die dem Zodiac zugeschrieben wurden. Auch Kaczynskis Handschrift konnte nicht als die des Zodiac identifiziert werden. FBI und San Francisco Police Department distanzierten sich später von Kaczynski als möglichem Zodiac.

Siehe auch

Weitere Attentäter mit ähnlicher Vorgehensweise waren Franz Fuchs und Johann Lang.

Triviales

  • Der US-Wrestler Glen Jacobs benutzte kurzzeitig den Ringnamen „Unabomb“, der an Unabomber angelehnt war.
  • Er wird von Combichrist in „God Bless“ erwähnt.
  • Textausschnitte des Unabomber-Manifests werden in Kirlian Cameras „Kaczynski Code“ und in „Citizen Una“ verwendet.
  • Der Schweizer Musiker GUZ schrieb ein Lied mit dem Titel „Ted Kaczynski war ein Freund von mir“.
  • Kaczynski spielt eine wesentliche Rolle in Lutz Dammbecks Film „Das Netz“.
  • Er wird in dem Film Good Will Hunting kurz als fehlgeleitetes Genie erwähnt.
  • Im Film America's Sweethearts wird seine „Hütte“ (cabin) satirisch verarbeitet.
  • Der Pokerspieler Phil Laak hat den Spitznamen Unabomber erhalten, weil er beim Pokern stets Kapuze und Sonnenbrille trägt.
  • Die schwedische Rockband Mando Diao veröffentlichte auf ihrem Album Ode To Ochrasy einen Song mit dem Titel Killer Kaczynski.
  • Der Unabomber wird ebenfalls kurz in der Fernsehserie E-Ring erwähnt.
  • Die amerikanische Band Macabre veröffentlichte 1999 ein EP mit Namen Unabomber. Als Cover diente das Phantombild des Unabomber.
  • Die amerikanische Band Sleepytime Gorilla Museum hat auf ihrem Album Of Natural History den Song „FC: The Freedom Club“ veröffentlicht, in dem sich die Band mit dem Unabomber auseinandersetzt. Das Album ist der Band zufolge Teil der „debate between two contradictory pillars of 20th C. Anti-Humanism: The Futurists versus the Unabomber“.
  • Kaczynski sowie ein Ausschnitt des Manifests werden in dem Öko-Thriller Das Tahiti-Projekt von Dirk C. Fleck erwähnt.

Quellen

  1. Lane, Roger: Murder in America - a history. Ohio State University Press (1997). ISBN 0-8142-0732-4. S. 314-315.
  2. Redford University Serial Killer Information Center: Serial Killer I.Q.
  3. Alston Chase, Harvard and the Unabomber: The Education of an American Terrorist, extended from the Atlantic article, about the Murray psychological experiment, ISBN 0-393-02002-9
  4. Kaczynski, T. J. (1967). Boundary Functions [Dissertation]. Ann Arbor: University of Michigan.
  5. Theodore Kaczynski, Industrial Society and Its Future
  6. Lane, Roger: Murder in America - a history. Ohio State University Press (1997). ISBN 0-8142-0732-4. S. 314–315.
  7. Lutz Dammbeck: Das Netz - die Konstruktion des Unabombers. Im Anhang: Die industrielle Gesellschaft und ihre Zukunft (Unabomber-Manifest) von FC, Edition Nautilus, 2005, ISBN 3-89401-453-9

Weblinks


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