Ungläubiger Thomas

Ungläubiger Thomas
Gerrit van Honthorst: Der ungläubige Thomas, 17. Jh.

Der Apostel Thomas (* Ort und Datum unbekannt; † der Überlieferung nach in Mailapur, einem Bezirk der indischen Stadt Madras um 72) ist einer der zwölf Apostel bzw. Jünger, die Jesus drei Jahre lang als Freunde und Schüler begleiteten (vgl. Joh 15,15 EU). Der Name Thomas leitet sich aus dem Aramäischen ab, ta'am was gepaart oder Zwilling bedeutet.[1] Deshalb wird Thomas in der Bibel auch „Didymos“ (griechisch didymos, δίδυμος) genannt. In der syrischen Tradition erscheint er als Judas Thomas, da Thomas dort als Beiname verstanden wird.

Inhaltsverzeichnis

Auftreten in der Bibel

Thomas wird in allen vier vom Neuen Testament zusammengestellten Listen erwähnt. In den ersten drei Evangelien steht er neben Matthäus dem Zöllner (Mt 10,3; Mk 3,18; Lk 6,15). In der Apostelgeschichte ist er neben Philippus zu finden (Apg 1.1 3). Vor allem das Vierte Evangelium bietet einige Angaben, die Züge seiner Persönlichkeit nachzeichnen.

Der ungläubige Thomas

Zunächst wird an Thomas auf der Grundlage seiner persönlichen Beziehung zu Jesus der Weg zum bekennenden Glauben an den Sohn Gottes veranschaulicht.

Im 20. Kapitel des Johannesevangeliums heißt es (zitiert nach der Einheitsübersetzung):

19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden die Türen verschlossen hatten, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!
20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, daß sie den Herrn sahen.
21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sprach zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!
23 Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.
24 Thomas, genannt Didymus (Zwilling), einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam.
25 Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.
26 Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder versammelt und Thomas war dabei. Die Türen waren verschlossen. Da kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch!
27 Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger aus – hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
28 Thomas antwortete ihm: Mein Herr und mein Gott!
29 Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig, die nicht sehen und doch glauben.

Auf diese Überlieferung geht die auch heute noch pejorativ verwendete Bezeichnung „ungläubiger Thomas“ zurück, weil dieser an der Auferstehung Jesu zunächst zweifelte, bis er selbst die Wundmale des Auferstandenen sehen und als einziger berühren durfte.

Der Weg, die Wahrheit und das Leben

Das zweite Eingreifen des Thomas (Joh 14,4) ist im Bericht vom Letzten Abendmahl enthalten. Hier sagt Jesus nach der Ankündigung seines bevorstehenden Todes, dass er gehe, um für die Jünger einen Platz vorzubereiten, damit auch sie dort seien, wo er ist; und er erläutert ihnen: Und wohin ich gehe - den Weg dorthin kennt ihr. Da greift Thomas ein und sagt: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst Wie sollen wir dann den Weg kennen? (Joh 14,5). Mit dieser Bemerkung stellt er sich auf eine relativ niedrige Verständnisebene, aber seine Frage veranlasst Jesus, das berühmte Wort auszusprechen: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben."

Mit ihm gehen, um zu sterben

Ein drittes Mal tritt Thomas in den Evangelien auf. Er mahnt die anderen Apostel, als Jesus sich in einem kritischen Augenblick seines Lebens entschloss, nach Betanien zu gehen, um Lazarus wiederzuerwecken. Damit kam er Jerusalem gefährlich nahe (Mk 10,32). Dann sagte Thomas zu den anderen Jüngern: Dann lasst uns mit ihm gehen, um mit ihm zu sterben (Joh 11,16). .

Apokryphen und weitere Überlieferungen

Caravaggio: Der ungläubige Thomas

In den apokryphen Thomasakten wird überliefert, dass Thomas zur Verkündigung des Christentums nach Osten ging und bis Indien kam. Damit hätte er sogar weitere Reisen als Paulus gemacht. Die sog. Thomaschristen führen ihre Gemeinschaft auf ihn zurück. Die Syro-Malabarische Kirche und die Malankara Orthodox-Syrische Kirche verehren ihn in besonderer Weise. Nach anderer Tradition, die in Konkurrenz zur Addai-Tradition steht, ist er Gründer der syrischen Kirche in Edessa. In dieser Tradition wurden seine Gebeine aus Parthien oder Indien nach Edessa überführt und dort bestattet. Ibas von Edessa ließ für seine Reliquien eine Kirche erbauen. Sein angeblicher Schädel wird in der Sioni-Kathedrale in Tiflis (Georgien) aufbewahrt und von der Georgisch Orthodoxen Apostelkirche als Reliquie verehrt.

Thomas ist der einzige Apostel, der über eine weitreichende außerkanonische Tradition mit eigenständigem Verfasserprofil verfügt, nicht zuletzt deshalb, weil er nach einigen Traditionslinien, die vor allem in der Gnosis und im Manichäismus zum Ausdruck kommen, als Zwillingsbruder Jesu gilt.

Nach der These von Helmut Köster enthält das apokryphe Thomasevangelium, das auf den Apostel zurückgeführt wird, authentisches Material und ist bereits im 1. Jahrhundert entstanden. Hier seien viele Jesusworte in urtümlicher Fassung ohne Abhängigkeit von den Evangelien überliefert worden. Ähnlich positiv Klaus Berger und Gerhard Marcel Martin.

Die Akten des Apostel Thomas haben sowohl im Manichäismus, als auch bei syrischen Kirchenchristen eine bedeutende Rolle gespielt, ebenso wird das in den Nag-Hammadi-Schriften erhaltene Buch des Athleten Thomas auf ihn zurückgeführt. Im Manichäismus wird er schließlich zum Didymos (arabisch at-Taum), zum offenbarenden Engel, der Mani zum Glauben anleitet.

Patronate und Gedenktage

In Europa gilt er u. a. als Schutzpatron der Bau- und Zimmerleute, sowie der Theologen. Mit dem Thomastag am 21. Dezember waren und sind viele Volksbräuche verknüpft. Allerdings muss man seit 1970 die konfessionellen Kalender unterscheiden:

Katholischer Liturgiekalender

Das Apostelfest wird seit der Liturgiereform 1970 am 3. Juli gefeiert. Vor der Liturgiereform war der Gedenktag der 21. Dezember.

Evangelischer Liturgiekalender

Die lutherische Agende und das Lektionar von 1978 halten den 21. Dezember als Thomastag fest. Tagesevangelium: Joh 20,19-31 Lut (in Auszügen), liturgische Festfarbe: rot.

Anglikanischer Liturgiekalender

Tag des Apostels Thomas; Liturgische Farbe: rot

Auch das "Book of Common Prayer" - Das Allgemeine Gebetbuch - hält weiterhin an diesem Heiligentag 21. Dezember fest. s.d. [1]

Tagesgebet: Allmächtiger und ewig lebender Gott! Du hast zur größeren Befestigung seines Glaubens zugelassen, dass Dein heiliger Apostel Thomas an der Auferstehung Deines Sohnes zweifelte. Schenke,dass wir so vollkommen und ohne Zweifel an Deinen Sohn glauben, damit unser Glaube vor Deinem Angesicht niemals getadelt wird. Erhöre uns, o HERR, durch denselben Jesus Christus, dem mit Dir und dem Heiligen Geist alle Ehre und Herrlichkeit gebührt, jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen. Quelle: [2]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Benedikt XVI.: Folge mir nach! Die Apostel: Ermutigung zur Nachfolge Jesu; St. Benno-Verlag, Leipzig; S. 114ff.; 2007

Weblinks



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