Unikower

Unikower

Franz Unikower (* 5. Mai 1901 in Breslau; † 29. September 1997 in Langen (Hessen)) war ein deutscher Jurist. Unikower war der Mitbegründer der Jüdischen Gemeinde in Mecklenburg, Oberlandesgerichtspräsident und Mitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Franz Unikower stammte aus einer Schneiderfamilie. Nach dem Besuch des Gymnasiums wurde er 1919 Sekretär der Jüdischen Arbeiterfürsorge. Er studierte Jura in Berlin und Breslau und promovierte 1922. 1921 wurde er Mitglied der SPD. Ab 1926 war Unikower als Amts- und Landrichter tätig, von 1929 bis 1933 als Rechtsanwalt. Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten erhielt er 1933 Berufsverbot und wurde 1938 inhaftiert, zuerst bis 1939 im KZ Buchenwald, von 1943 bis 1945 im KZ Auschwitz. In Auschwitz-Monowitz arbeitete Unikower als Häftling in der Politischen Abteilung.[1] Nach der Evakuierung des KZ Auschwitz im Januar 1945 war Unikower Häftling in Nordhausen (Harz), Ravensbrück und Wöbbelin (Mecklenburg), wo er Anfang Mai 1945 durch US-Truppen befreit wurde. Bereits im September 1945 wurde er als Präsident des Oberlandesgerichts Schwerin eingesetzt. Dieses Amt hatte er bis zum November 1946 inne. Mit dem Zusammenschluss der KPD mit der SPD im April 1946 wurde Unikower Mitglied der SED. Von September 1946 bis Dezember 1946 leitete er einen Volksrichterlehrgangs in Schwerin. Ende 1946 wurde Unikower wegen seiner Tätigkeit als Richter im „Euthanasie“-Prozess um die Vorgänge der Landesheilanstalt Sachsenberg in Schwerin von der Besatzungsmacht verhaftet, im August 1947 aber rehabilitiert entlassen.

1947 war Unikower Mitbegründer der Jüdischen Gemeinde in Mecklenburg und seit 1948 deren Präsident. Von Februar 1948 bis Juli 1952 war Franz Unikower Vorsitzender des Strafsenats am Oberlandesgericht Schwerin und ab September 1952 Oberrichter am Bezirksgericht. Im Februar 1953 erfolgte seine Entlassung aus dem Justizdienst, die eine bis 1956 dauernde Auseinandersetzung mit Staats- und SED-Vertretern nach sich zog. Unikower wurde aufgefordert, öffentlich gegen den „Aggressor Israel“ aufzutreten. Nach seiner Weigerung befürchtete er Repressionen und flüchtete nach Westdeutschland. Hier war er wieder Mitglied der SPD.

Franz Unikower arbeitete im Vorstand der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main. Er war seit 1958 der Justitiar des Landesverbands Hessen und Mitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland. Am 29. Januar 1959 sandte Unikower ein „Verzeichnis vom 4.9.1958 betreffend SS-Leute, die in Auschwitz Dienst gemacht hatten“ an Fritz Bauer, die im Rahmen der Ermittlungen bezüglich des ersten Frankfurter Auschwitzprozesses eine gewichtige Rolle spielten.[2]

Literatur

  • Hermann Langbein: Menschen in Auschwitz. Frankfurt am Main, Berlin Wien, Ullstein-Verlag, 1980, ISBN 3-54833014-2
  • Rolf Bartusel: Franz Unikower, in: Zeitgeschichte Regional, Mitteilungen aus Mecklenburg-Vorpommern. 2. Jg. (1998), Nr. 2, S. 56-61, ISSN 1434-1794

Ehrungen

  • 1966 Großes Bundesverdienstkreuz

Weblinks

Referenzen

  1. Hermann Langbein: Menschen in Auschwitz. Ullstein-Verlag, Frankfurt am Main 1980, S. 304
  2. Werner Renz: Essay: Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozess - Zwei Vorgeschichten, (PDF-Datei) auch erschienen in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Jg. 50, Heft 7, Juli 2002, S. 622–641, Metropol Verlag, Berlin, ISSN 0044–2828

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