- Ursus ursinus
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Lippenbär Systematik Überordnung: Laurasiatheria Ordnung: Raubtiere (Carnivora) Überfamilie: Hundeartige (Canoidea) Familie: Bären (Ursidae) Gattung: Lippenbären (Melursus) Art: Lippenbär Wissenschaftlicher Name Melursus ursinus (Shaw, 1791) Der Lippenbär (Melursus ursinus) ist eine Raubtierart aus der Familie der Bären (Ursidae). Er weist im Bau der Schnauze einige Anpassungen an eine vorwiegend aus Insekten bestehende Nahrung auf und ist in Südasien beheimatet.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Lippenbären sehen äußerlich den Kragenbären ähnlich, sind aber mit diesen nicht nahe verwandt. Sie weisen insbesondere im Gesicht einige Merkmale auf, die sie von allen anderen Bären unterscheidet. Die unbehaarten Lippen sind verlängert, sehr beweglich und können ausgefahren werden. Ebenfalls verlängert ist die schmale Zunge, die weit herausgestreckt werden kann. Die Nasenlöcher können bei Bedarf geschlossen werden. Dies sind alles Anpassungen an die Ernährungsgewohnheiten. Auch die Zähne sind einzigartig innerhalb der Bären: das innerste Paar der oberen Schneidezähne fehlt, wodurch eine Lücke entsteht, die Backenzähne sind außergewöhnlich breit und flach.
Das Fell der Lippenbären ist lang und zottelig, am längsten sind die Haare im Nackenbereich. Es ist meist schwarz gefärbt und oft mit braunen oder grauen Haaren durchsetzt, es gibt aber auch rotbraune Exemplare. Auf der Brust haben sie eine helle, meist weiß oder gelb gefärbte Zeichnung in Form eines Y oder V. Die Füße sind groß und tragen außerordentlich lange, sichelförmige Krallen. Sie erinnern an die Krallen eines Faultiers und haben diesem Bären im Englischen den Namen Sloth Bear („Faultierbär“) gegeben.
Lippenbären erreichen eine Kopfrumpflänge von 140 bis 180 Zentimeter und eine Schulterhöhe von 61 bis 91 Zentimeter. Der Schwanz ist wie bei allen Bären ein Stummel von 10 bis 12 Zentimeter Länge. Weibchen erreichen ein Gewicht von 55 bis 95 Kilogramm, während Männchen deutlich schwerer sind und zwischen 80 und 145 Kilogramm wiegen.
Verbreitungsgebiet und Lebensraum
Lippenbären leben in Indien und Sri Lanka sowie vereinzelt in Bangladesch, Bhutan und Nepal. Sie bewohnen sowohl Wälder als auch Grasländer, finden sich aber am häufigsten in trockenen, oft felsigen Wäldern.
Lebensweise
Diese Tiere können zu jeder Tageszeit aktiv sein, meist jedoch in der Nacht. Tagsüber verbergen sie sich in Höhlen oder in dichter Vegetation. Im Gegensatz zu vielen anderen Bären halten sie keine Winterruhe, fallen aber während der Regenzeit in eine Phase verhältnismäßiger Inaktivität. Lippenbären leben wie alle Bären einzelgängerisch. Sie gelten als scheue, im Allgemeinen nicht aggressive Tiere .
Nahrung
Lippenbären sind spezialisiert auf Insektennahrung, wobei Termiten den Hauptbestandteil ausmachen. Um an ihre Beute zu gelangen, reißen sie den Termitenhügel mit den kräftigen Krallen auf, blasen den Staub weg und stecken die Schnauze hinein. Durch kräftiges Einziehen der Luft saugen sie ähnlich einem Staubsauger ihre Beutetiere heraus. Auch die lange Zunge hilft ihnen beim Auflecken ihrer Nahrung.
Daneben fressen Lippenbären auch andere Insekten wie Ameisen und Bienen, außerdem stehen auch Früchte, Blüten und Honig auf ihrem Speiseplan. Um ihrer habhaft zu werden, steigen sie auch in die Bäume hinauf.
Fortpflanzung
In Indien erfolgt die Paarung hauptsächlich in den Monaten Mai bis Juli, während sie in Sri Lanka das ganze Jahr über stattfinden kann. Um sich fortzupflanzen, finden sich die sonst einzelgängerischen Tiere zu Paaren zusammen. Sie bleiben für ein paar Tage beieinander und paaren sich in dieser Zeit häufig, was als sehr laut beschrieben wird. Zwischen Fortpflanzung und Geburt vergehen rund sechs bis sieben Monate, vermutlich kommt es aber bei ihnen wie bei anderen Bären auch zu einer verzögerten Einnistung der befruchteten Eizelle in den Uterus der Mutter.
Die ein bis zwei, selten drei Jungtiere kommen in einer Erdhöhle zur Welt. Sie sind blind und hilflos, die Augen öffnen sich nach rund drei Wochen. Nach vier bis fünf weiteren Wochen verlassen sie erstmals den Geburtsbau, oft sieht man sie auf dem Rücken der Mutter reiten. Sie bleiben bei ihr, bis sie zwei oder drei Jahre alt und ausgewachsen sind. In Gefangenschaft können Lippenbären 40 Jahre alt werden.
Lippenbären und Menschen
Obwohl Lippenbären eher scheue Tiere sind, gelten sie manchmal als aggressiv. Das rührt daher, dass sie aufgrund ihres sehr schlechten Gesichts- und Gehörsinnes einen näher kommenden Menschen erst im letzten Moment bemerken und dann erschrocken reagieren. Manchmal verwüsten sie auch Plantagen und werden deswegen verfolgt. Ein weiterer Grund für die Bejagung ist die Verwendung ihrer Körperteile als Nahrung oder zu medizinisches Zwecken. Der Gallenflüssigkeit werden ähnliche heilende Kräfte zugeschrieben wie der des Kragenbären. Hauptbedrohung ist aber heute die Zerstörung ihres Lebensraums durch Waldrodungen, durch die Einebnung von Termitenhügeln werden sie zusätzlich ihrer Nahrung beraubt.
Die Gesamtpopulation der Lippenbären wird auf rund 7000 bis 10.000 Tiere geschätzt, die IUCN listet sie als gefährdet („vulnerable“).
Systematik
Der Lippenbär wird manchmal in einer eigenen Gattung Melursus eingeordnet, dann wieder in der Gattung Ursus. Molekulargenetische Analysen sprechen laut O'Brien 1993 für die Einordnung in Ursus; zudem gibt es fortpflanzungsfähige Nachkommen bei Kreuzungen zwischen Lippenbären und Braunbären. Allerdings hielten Wilson und Reeder 1993 die anatomischen Unterschiede zwischen Melursus und Ursus für gravierend genug, die Eigenständigkeit des Lippenbären fortzuführen.
Es werden zwei Unterarten unterschieden: Melursus ursinus ursinus in Indien und Melursus ursinus inornatus auf Sri Lanka.
Weblinks
- Melursus ursinus in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008. Eingestellt von: D. L. Garshelis, S. Ratnayeke, N. P. S. Chauhan, 2008. Abgerufen am 6. Januar 2009
Literatur
- Ronald M. Nowak: Walker’s mammals of the world. 6. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, ISBN 0-8018-5789-9.
- Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder: Mammal Species of the World. A Taxonomic and Geographic Reference. Smithsonian Institution, Washington 1993, ISBN 1560982179.
- S. J. O'Brien: The molecular evolution of bears. In: Ian Stirling: Bears. Majestic Creatures of the Wild. Rodale, Emmaus 1993, ISBN 0875965520.
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