Usability Testing

Usability Testing

Ein Usability-Test wird durchgeführt, um die Gebrauchstauglichkeit einer Software oder Hardware mit den potenziellen Benutzern zu überprüfen. Er gehört zu den Techniken der empirischen Softwareevaluation, im Gegensatz zu analytischen Verfahren wie dem Cognitive Walkthrough.

Innerhalb eines Entwicklungsprozesses, z. B. einer Website-Gestaltung, eines Re-Designprozesses – werden klassische, szenariobasierte Usability-Tests (wie hier im Folgenden im Detail vorgestellt) vor allem dann durchgeführt, wenn Klick-Dummys oder Beta-Versionen erstellt wurden. Im Vordergrund steht die Detail-Optimierung von Interaktionsprozessen (wie z. B. dem Bestellprozess bei einem Online-Shop).

Neben szenariobasierten Usability-Tests im Labor gibt es weitere Testvarianten, z.B.:

  • expertenbasierte Usability-Evaluationen
  • On-Site-Befragungen (inkl. Benchmarking)
  • Abbrecheranalysen mit Hilfe von User-Tracking-Tools und (eventbezogene) On-Site-Befragungen
  • Konzept-/Design-Tests (on- und offline)
  • Online-Usability-Tests über taskbasierte Online-Befragungen und Tracking des Klickverhaltens.

Sie sind für unterschiedliche Frage- bzw. Problemstellungen und Phasen eines Entwicklungsprozesses geeignet.

Inhaltsverzeichnis

Vorgehensweise

Bei einem Usability-Test werden Versuchspersonen veranlasst, typische Aufgaben mit dem Testobjekt zu lösen, die sie später in ähnlicher Form mit diesem Produkt erledigen würden. Dabei wird geprüft, an welchen Stellen Schwierigkeiten bei der Benutzung auftreten.

Die Versuchspersonen werden zum lauten Mitsprechen aufgefordert, damit der Beobachter weiß, was die Person gerade denkt.

Ein Entwickler übersieht leicht Schwachstellen im eigenen Produkt und neigt dazu, es zu verteidigen. Daher sollte er beim Usability-Test weder als Proband noch als Tester auftreten. Stattdessen ist ein unabhängiges Evaluationsteam einzusetzen. Wenn eine Anleitung der Probanden durch das Testpersonal erforderlich ist, muss Vorsorge getroffen werden, dass dadurch die Testergebnisse nicht verfälscht werden.

Vor und nach dem Test können Befragungen stattfinden. Eine erste Befragung kann der Auswahl geeigneter Testpersonen dienen. Vor dem Usability-Test wird das Vorwissen des Probanden, z. B. Erfahrung mit ähnlichen Produkten, abgefragt. Manchmal werden dazu Card-Sorting-Techniken oder Wording-Tests verwendet.

Nach dem Test werden Informationen zum untersuchten Produkt erfragt. Dazu finden halbstrukturierte Interviews statt. Deren Durchführung stellt hohe Anforderungen an den Interviewer. Im Rahmen dieser Befragungen werden häufig auch Vergleiche mit anderen Produkten angestellt. Dazu fragt man die Testpersonen, welche Vor- und Nachteile gegenüber ähnlichen Produkten bestehen. Da klassische, szenariobasierte Tests in der Regel mit einer kleinen Stichprobe durchgeführt werden (n = 12 bis maximal 30), können die Ergebnisse solcher Vergleiche nur erste Tendenzen in Bezug auf gebenenfalls vorliegende Bewertungsunterschiede aufzeigen.

Nach dem Usability-Test werden die Schwachstellen analysiert und das Produkt so optimiert, dass es von möglichst vielen Personen als einfach zu bedienen empfunden wird und so die Benutzerfreundlichkeit verbessert wird.

Aufzeichnung

Um Usability-Tests und letztlich mögliche Schwachstellen möglichst genau protokollieren zu können, werden verschiedene Formen der Aufzeichnung genutzt:

  • Ton- und Video- sowie Bildschirmaufzeichnung
  • Tracking-Software, um z. B. Mausbewegungen, Mausklicks, Tastatureingaben und besuchte Webseiten (beim Web-Usability) des Benutzers aufzuzeichnen
  • Blickbewegungsregistrierung
  • Beobachtung

Nach dem Test werden alle Protokolle (Textprotokolle, Video, Blickbewegungsdaten) ausgewertet.

Anwendungen

Usability-Tests können prinzipiell immer dann durchgeführt werden, wenn etwas einer Mensch-Maschine-Interaktion unterliegt. Dabei ist sowohl Software als auch ein reeller Gegenstand ein mögliches Untersuchungsobjekt.

Beispielhaft sind zu nennen:

Weitere Testmethoden

Usability-Tests können auch als Benchmark-Tests durchgeführt werden, z. B. um herauszufinden, ob ein Produkt bereits ausreichend gut bedienbar ist. Zum Beispiel könnte ein Usability-Ziel sein, eine Web-Anwendung zur Buchung eines Fluges solange zu verbessern, bis ein User es schafft, einen Flug innerhalb von drei Minuten zu buchen. Beim Usability-Test wird in diesem Fall die Zeit für diese Aufgabe gemessen und auf lautes Denken verzichtet. Der Usability-Test steuert den Prototyping-Prozess.

Weiterhin werden Usability-Tests auch als Vergleichstests durchgeführt, z. B. beim Software-Ankauf. Es wird getestet, welches Produkt die bessere Usability hat.

Die Durchführung erfolgt oft in Usability-Laboren.

Eyetracking in der Usability-Forschung

Auswertung von Eyetracking-Daten nach einem Usability-Test

Eyetracking oder Blickbewegungsregistrierung wird u. a. in Usability- und Konzepttests eingesetzt, um die Blickbewegungen von Probanden aufzuzeichnen. Dadurch kann ermittelt werden, welche Bereiche eines Bildschirms der Benutzer betrachtet hat und wie intensiv er sich diese angesehen hat. Zudem ist es möglich Bereiche bzw. Elemente zu identifizieren, die überhaupt nicht oder kaum Beachtung erhalten haben. Daten aus Eyetracking-/Blickverlaufsstudien liefern wertvolle Erkenntnisse zur Optimierung von Layouts und Entwürfen, und werden somit immer öfter in frühen Phasen eines Entwicklungsprozesses eingesetzt.

Eyetracking liefert Hinweise dazu

  • Auf welche Elemente des Bildschirms der User seine Aufmerksamkeit richtet
  • Welche Elemente ein User sieht, welche nicht
  • Wie wichtig ein Bereich für einen User ist
  • Ob ein User orientiert oder desorientiert ist
  • Ob ein Text durchgelesen wird

Besonderheiten bei Webanwendungen

Herkömmliche Testverfahren, bei welchen Teilnehmer vor Ort überwacht oder befragt werden sind sehr kosten- und ressourcenintensiv. Daher kommen diese Verfahren für kleine Unternehmen oder Webentwickler kaum in Frage. Ein Verfahren, das speziell für Webanwendungen aufwandsärmer und kostengünstiger ist, ist das Proxy-Verfahren. Dabei werden die Nutzerzugriffe auf eine Website über einen Proxy umgeleitet. Dieser speichert Aufrufreihenfolge und Betrachtungszeit der einzelnen Seiten, sowie alle Nutzereingaben. Stellt man dem Nutzer nun Aufgaben, z. B. sich über das Angebot der jeweiligen Seite zu informieren, kann man anhand der gespeicherten Daten sowohl die Übersichtlichkeit des Layouts, als auch die Verständlichkeit der Texte beurteilen. Von Vorteil ist, dass weder der Code der Seite verändert werden muss, noch deren Funktionalität beeinträchtigt wird. Die Ursprünge dieses Verfahrens reichen bis in die späten 90er Jahre zurück. Als Vorreiter gelten das 1999 von AT&T entwickelte Web-event logging-tool WET[1] und das 2001 entwickelte WebQuilt[2].

Literatur

  • Andrew Duchowski: Eye Tracking Methodology - Theory and Practice, Second Edition, Springer, London 2007, ISBN 978-1-84628-608-7
  • Kratz, David; Scherfer, Konrad (2008): Qualitativ-analytische Usability-Evaluation als eine genuin webwissenschaftliche Methode. In: Scherfer, Konrad (Hg.): Theorie und Praxis des Webs - Grundüberlegungen einer zukünftigen Webwissenschaft., Münster: LIT. ISBN 978-3-8258-0947-8.
  • Martina Manhartsberger, Norbert Zellhofer: Eye tracking in usability research: What users really see. Usability Symposium, 2005, S. 141–152.
  • F. Sarodnick, H. Brau: Methoden der Usability Evaluation – Wissenschaftliche Grundlagen und praktische Anwendung. Hans Huber, Bern 2006.

Einzelnachweise

  1. M. Etgen; J. Cantor:What does getting WET (Web Event-logging Tool) mean for Web Usability? in CHI '06 extended abstracts on Human factors in computing systems
  2. Hong; Heer; Waterson; Landay: WebQuilt: A proxy-based approach to remote web usability testing in ACM Transactions on Information Systems 19 Nr. 3, 2001, S. 263-285

Weblinks


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