Utagawa Toyokuni III

Utagawa Toyokuni III

Utagawa Kunisada (* 1786; † 12. Januar 1865) (jap. 歌川国貞), auch bekannt als Utagawa Toyokuni III (三代歌川豊国), war zu seiner Zeit der populärste, bedeutendste und finanziell erfolgreichste Designer japanischer Farbholzschnitte. Im Ansehen seiner Zeit rangierte er weit vor seinen Zeitgenossen Hiroshige und Kuniyoshi.

Porträt Kunisadas im Alter von 79 Jahren, kurz vor seinem Tod entstanden; entworfen von Kunisada II, entstanden 12/1864.

Inhaltsverzeichnis

Die Bewertung Kunisadas in kunsthistorischer Sicht

Hiroshige, Kuniyoshi und Kunisada waren, am Ende der Edo-Zeit, die drei namhaftesten Vertreter des japanischen Farbholzschnitts in Edo (heute: Tokio) . Von den ersten europäischen und amerikanischen Sammlern japanischer Farbholzschnitte, Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wurden alle drei eher als minderwertige Künstler betrachtet, die maßgebend zum Niedergang ihrer Kunst beigetragen hätten. Folgerichtig wurden sie daher in abschätzender Art als „dekadent“ bezeichnet.

Nachdem zunächst Hiroshige seit den 1930er und Kuniyoshi seit den 1970er Jahren einer Neubewertung unterzogen wurden, werden diese beiden zu den Großen ihres Faches gerechnet. Kunisada allein blieb lange Zeit die Anerkennung vorenthalten, die ihm gebührt. Bis auf wenige Ausnahmen, einige Schauspielerporträts und bijin Drucke zu Beginn und einer Serie mit großformatigen Schauspielerköpfen am Ende seiner Karriere, hätte er nur minderwertige Werke produziert. Erst mit dem Erscheinen von J. van Doesburgs Übersicht über die künstlerische Entwicklung Kunisadas 1990 und S. Izzards umfangreicher Darstellung seines Werkes 1993 beginnt sich dieses Bild zu wandeln und es wird mehr und mehr deutlich, dass er tatsächlich den „Giganten“ des japanischen Farbholzschnitts zuzurechnen ist.

Biographie

Über das Leben Kunisadas ist nur sehr wenig bekannt. Geboren wurde er 1786 als Sumida Shōgorō IX (角田庄五朗), auch genannt Sumida Shōzō (角田庄蔵), in Honjo, einem östlichen Stadtviertel Edos. Seiner Familie gehörte ein kleiner lizenzierter und erblicher Fährbetrieb, dessen Einnahmen ihm Zeitlebens eine gewisse Grundsicherung boten. Als Halbwaise herangewachsen, sein Vater starb im Jahr nach seiner Geburt, scheint er früh ein Talent für Malen und Zeichnen entwickelt zu haben. Seine frühen Skizzen beeindrucken Toyokuni I, das Oberhaupt der Utagawa Schule und seinerzeit führenden Designer von kabuki- und Schauspielerporträt-Holzschnitten. 1800 oder kurz darauf wurde Kunisada von Toyokuni I als Lehrling in dessen Werkstatt angenommen. Wie in japanischen Meister-Lehrlingsbeziehungen üblich erhielt er jetzt von seinem Lehrherrn den offiziellen Künstlernamen „Kuni“sada, abgeleitet aus dem zweiten Teil des Namens Toyo“kuni“. Sein erster, bekannter Farbholzschnitt datiert von 1807, scheint aber noch für zwei bis drei Jahre ein Ausnahmefall gewesen zu sein. Weitere großformatige Drucke erscheinen erst ab 1809/10. Aber bereits seit 1808 tritt er als Illustrator von Büchern in Erscheinung und seine Bekanntheit nimmt schnell zu. 1809 wird er in zeitgenössischen Quellen die „Starattraktion“ der Utagawa-Schule genannt und in 1810/11 seinem Lehrer Toyokuni auf dem Gebiet der Buchillustration als zumindest ebenbürtig angesehen. Nicht geklärt ist, ob Kunisadas erste Schauspielerporträts 1808 oder 1809 erscheinen, gesichert sind sie jedoch ab 1809. Gleichzeitig erscheinen seine ersten bijin Serien und eine Serie von Pentaptychs mit Stadtansichten von Edo. 1813 ist sein Stern endgültig am „ukiyo-e Himmel“ Edos aufgegangen (eine zeitgenössische Hitliste der wichtigsten ukiyo-e Künstler führt in an zweiter Stelle hinter Toyokuni I).

Spätestens seit 1810 benutzt Kunisada den Beinamen (Go-Name) „Gototei“, der bis 1842 auf fast allen kabuki-Drucken zu lesen ist. Um 1825 studiert er den traditionellen Malstil Hanabusa Itchōs bei dessen Nachfolger Hanabusa Ikkei und verwendet von da an den Beinamen „Kochoro“ auf sehr vielen Drucken, die nicht dem Bereich des kabuki zuzuordnen sind. 1844 nimmt Kunisada den Namen seines Lehrmeisters an und signiert einige Zeit lang seine Drucke mit „Kunisada, der seinen Namen in Toyokuni II geändert hat“. Ab 1844/45 sind alle seine Drucke mit „Toyokuni“ signiert (zum Teil mit verschiedenen Beinamen wie z.B. Kochoro und Ichiyosai). Obwohl sich Kunisada selbst als Toyokuni II bezeichnet, muss er jedoch als Toyokuni III betrachtet werden. Weshalb er die Tatsache ignorierte, dass nach dem Tod Toyokuni I im Jahr 1825 dessen Schüler und Schwiegersohn Toyoshige als legitimes Oberhaupt der Schule den Namen Toyokuni (II) bis 1835 geführt hatte, ist ungeklärt. Gestorben ist Kunisada nach japanischem Kalender im Jahr Genji I am 15. Tag des 12. Monats, dies entspricht nach westlichem Kalender dem 12. Januar 1865. Er ist im selben Stadtviertel verstorben, in dem er geboren worden war.

Künstlerische Tätigkeit

Nahezu vom ersten Tag seiner Tätigkeit an und bis zu seinem Tod Anfang 1865 war Kunisada der „Trendsetter“ in der Kunst des japanischen Farbholzschnitts. Immer auf der Höhe der Zeit und im Einklang mit dem Geschmack des Publikums hat er seinen Stil kontinuierlich weiterentwickelt, ihn teilweise radikal geändert und kein Zeitgenosse kam umhin, sich an seinen stilistischen Vorgaben zu orientieren.

Seine „Produktivität“ war außerordentlich. Ende 2006 sind im „Kunisada Projekt“ ca. 15.500 einzelne Entwürfe verzeichnet, was mehr als ca. 23.500 Blättern entspricht. Diese Zahl lässt es realistisch erscheinen, dass Kunisada tatsächlich im Laufe seines Lebens zwischen 20.000 und 25.000 Entwürfe für Farbholzschnitte gefertigt hat (i.e. 35.000-40.000 einzelne Blätter). Entsprechend den Traditionen der Utagawa-Schule war das Genre der kabuki-Illustration und der Schauspielerporträts das Hauptmetier Kunisadas; ca. 60 % aller seiner Drucke sind diesem Bereich zuzuordnen. Immer jedoch blieb er auch den bijin Drucken (Bilder „schöner Frauen“) verbunden (ca. 15 % des Gesamtwerkes), deren Gesamtzahl weit höher liegt als bei jedem anderen Künstler seiner Zeit. Von 1820 bis 1860 dominierte er ebenfalls den Markt der Porträts der Sumo-Ringer. Auf Genji-Drucke hatte er lange Zeit (1835-1850) ein „Monopol“, erst ab ca. 1850 haben andere Künstler ähnlich Drucke produziert. Beachtenswert ist auch die Zahl seiner Surimono, obwohl er diese fast ausschließlich vor 1844 entwarf, sind von kaum einem anderen Künstler mehr bekannt als von ihm. Relativ unbekannt sind Kunisadas Gemälde, die er im Privatauftrag fertigte und die den Vergleich mit anderen Meistern der ukiyo-e Malerei nicht zu scheuen brauchen. Weitgehend unerforscht ist seine Tätigkeit als Buchillustrator. Offenbar war er auf diesem Gebiet nicht weniger produktiv als auf dem der Farbholzschnitte; weitergehende Forschungsarbeiten fehlen bisher. Zur Buchproduktion zu zählen sind Kunisadas shunga Bilder, die zahlreich in Buchform erschienen und nur auf der Titelseite mit seinem Pseudonym „Matahei“ signiert sind.

Landschaftsdrucke und auch musha-e („Krieger“-Drucke) von Kunisada sind relativ selten, nur jeweils ca. 100 sind bekannt. Diese beiden Felder hat er seinen Zeitgenossen Hiroshige und Kuniyoshi zur Bearbeitung überlassen. Mit diesen beiden kam es Mitte der 1840er Jahre zur Zusammenarbeit bei drei größeren Serien und einigen weiteren kleineren Projekten. Es spricht viel dafür, dass diese Zusammenarbeit „politisch“ veranlasst war, um gemeinsam gegen die verschärften Zensurbestimmungen der Tenpo-Reformen vorzugehen. In der ersten Hälfte der 1850er Jahre gab es eine weitere Zusammenarbeit mit Hiroshige bei einigen Serien. Ab Mitte der 1850er erscheinen auch immer mehr Serien, bei denen verschiedene Schüler Kunisadas für einzelne Teile der Drucke oder auch vollständige Blätter signieren. Offensichtlich war dies auch mit der Absicht verbunden, den Absatz von deren eigenständigen Arbeiten zu fördern.

Literatur

  • Sebastian Izzard, Kunisada's World (Japan Society, New York, 1993)
  • Lars Berglund, Recapturing Utagawa Kunisada - 24 Prints from the Anders Rikardson Collection (p. 59ff, Vol 25, Issue 1, Jan-Feb 1995, Arts of Asia, Hong Kong)
  • Jan van Doesburg, What about Kunisada? (Huys den Esch, Dodewaard, 1990)
  • Ellis Tinios, Mirror of the Stage: The Actor Prints of Kunisada (University Gallery, Leeds, 1996)
  • Willibald Netto, Kunisada (1786-1865) Ausstellung im Kupferstich-Kabinett des Wallraf-Richartz-Museums [Katalog]" (Wallraf-Richartz-Museums, Köln, 1966)

Weblinks


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