- Varikosis
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Klassifikation nach ICD-10 I83 Varizen der unteren Extremitäten ICD-10 online (WHO-Version 2006) Krampfadern (von althochteusch krimpfan „krümmen“, lateinisch varix, Plural Varizen) sind knotig-erweiterte (oberflächliche) Venen. Die Krankheit beim Vorliegen von Varizen heißt in der Fachsprache Varikose oder auch Varikosis.
Betroffen sind die oberflächlichen Venen der Beine inklusive deren Hauptstämmen, der Vena saphena magna und Vena saphena parva.
Inhaltsverzeichnis
Einteilung
Je nach Entstehung unterteilt man folgende Krankheitsbilder:
- Primäre (idiopathische) Varikosis, verursacht durch die Gravitation (Erdanziehungskraft) und durch genetische Disposition für eine Venenwandschwäche
- Sekundäre Varikosis infolge anderer Venenerkrankungen wie zum Beispiel der tiefen Beinvenenthrombose, mit Entstehung eines Umgehungskreislaufs über das oberflächliche Venensystem
Ursachen
Faktoren, die die Entwicklung von Krampfadern fördern, sind Sitzen auf Stühlen mit herabhängenden Beinen oder langes Stehen und allgemeiner Bewegungsmangel, sowie die Schwangerschaft. Die Ursachen der primären Entstehung von Krampfadern sind allerdings nicht genau evaluiert. Man nimmt an, dass eine angeborene oder altersbedingte Schwäche der Venenwände unter der lebenslangen Einwirkung der Schwerkraft zu Krampfadern führt (primäre Varikose). Keine Rolle spielen Sonne, Wärme, Übereinanderschlagen (Verschränken) der Beine.
Die Überdehnung der Venen nimmt unter dem Einfluss der Erdanziehungskraft (aufgerichtete Körperhaltung) ihren Ursprung an den Übergängen vom tiefen in das oberflächliche Venensystem (Einmündung der Stammvenen, Perforansvenen), wodurch die mündungsnahen Klappen nicht mehr vollständig schließen und eine Strömungsumkehr (Blow out) verursacht wird. Die Venen weiten sich in der Folge segmental fortschreitend von einer Venenklappe zur nächsten aus, wodurch zunächst ein Pendelfluss und letztlich ein verkehrt gerichteterer Blutstrom (in Richtung Schwerkraft) im betroffenen Venenabschnitt resultiert. Dieser als extrafascialer Rezirkulationskreislauf bezeichneter Umkehrfluss des Blutes bewirkt eine Mehrbelastung der gesunden tief innerhalb der Beinmuskulatur liegenden Leitvenen. Über Jahre folgt auch hier eine partielle Klappeninsuffizienz mit dem Bild der chronisch venösen Insuffizienz.
Ein sekundäre Varikose entsteht, wenn das Blut über die tiefen Beinvenen nicht mehr ungehindert abfließen kann. Dies wird durch einen Thrombus (Blutgerinnsel) oder einen raumfordernden Tumor im Ausstrombereich einer tiefen Leitvene hervorgerufen. Um den gestörten Blutfluss auszugleichen, entwickelt sich ein Umgehungskreislauf über die oberflächlichen Venen, die dadurch erweitert werden.
Komplikationen der Varikose
Krampfadern sind nicht nur ein „Schönheitsfehler“, sondern haben bedeutsamen Krankheitswert. Mit fortschreitender Erkrankung kommt es in Folge der Abflussstörung des Blutes und dem damit erhöhten peripher-venösen Druck zu schweren Schäden im Bein, insbesondere im Bereich des distalen Unterschenkels. Die krankhafte Veränderung manifestiert sich anfänglich meist nur in diskreten und unspezifischen Symptomen, wie (einseitig verstärkte) Beinschwellung, Schweregefühl, Juckreiz oder nächtlichen Wadenkrämpfen. Die Vernarbung von Haut, Subkutis und Faszie (Dermato-Lipo-Fascio-Sklerose) sowie die Ablagerung von Hämosiderin im Rahmen einer Stauungsdermatitis (Stauungsekzem), Entzündung der oberflächlichen Venen (Thrombophlebitis) bis hin zum Ulcus cruris varicosum („offenes Bein“) stellen dann bereits schwere, zum Teil nicht mehr reparable Krankheitsbilder dar. Die Gefahr einer Thrombose mit konsekutiver Lungenembolie ist vergleichsweise gering und zu oft diskutiert. Im hohen Alter führt die fortgeschrittene Schädigung der Haut nicht selten zur lebensbedrohlichen Varizenblutung nach Bagatellverletzung.
Symptome
Krampfadern machen sich anfangs häufig nur diskret mit einem Spannungs- oder Schweregefühl in den Beinen bemerkbar – Beinflachlagerung hilft dann gleich. Auch Juckreiz der Haut über einer größeren Krampfader sowie nächtliche Wadenkrämpfe können auftreten. Bei warmem Wetter sind wegen des verstärkten arteriellen Bluteinstroms bei vergleichsweise schlechterem Ausstrom in aufrechter Körperhaltung die Beschwerden in der Regel schlimmer (typischerweise nicht im Badeurlaub!). Frauen beklagen unterschiedliche Beschwerdebilder im Verlauf ihres Monatszyklus. In fortgeschrittenem Stadium zeichnen sich die verdickten Venen in ihrer typischen geschlängelten und verästelten Form durch die Haut hindurch ab. Wasser wird im Gewebe eingelagert und es entstehen Ödeme. Die Haut kann sich bräunlich verfärben und pergamentartig verhärten, gelegentlich findet sich eine Mykose der Haut (Tinea pedis) oder der Zehennägel (Onychomykose), deren Zusammenhang mit der Varikose vielfach verkannt wird. Selten bereiten Krampfadern umschriebene Schmerzen, obwohl sie bereits sehr fortgeschritten sind und zu Komplikationen neigen können – viele Patienten kommen deshalb zu spät in die ärztliche Sprechstunde.
Je nachdem, welche Venen in den Beinen betroffen sind, unterscheidet man unterschiedliche Formen:
- Stammvarikose: Funktionsstörung der großen und der kleinen oberflächlichen Stammvene (Vena saphena magna, Vena saphena parva)
- Seitenastvarikose: funktionsgestörte Seitenäste der großen Stammvenen
- Perforansvarikose: funktionsgestörte Verbindungsvenen zwischen dem oberflächlichen und tiefen Venensystem
- Retikuläre Varikose: funktionsgestörte kleine Venen unmittelbar unter der Haut (1–3 mm Durchmesser)
- Besenreiser Varikose: funktionsgestörte kleinste Venen in der Haut
Diagnostik
Die nichtinvasive farbkodierte Duplexsonographie wird der Phlebographie im Rahmen bildgebender Verfahren vorgezogen, sie ist heute der Goldstandard. Weitere angewendete Untersuchungsmethoden bilden hämodynamische Verfahren wie
- Photoplethysmographie (PPG) und Lichtreflexionsrheographie (LRR)
- Venenverschlussplethysmographie (VVP)
- Phlebodynamometrie (PD)
Hauptvoraussetzung der chirurgischen Sanierung der Varikose ist die nachgewiesene Durchgängigkeit und Funktionalität des tiefen Venensystems.
Therapie
Im Vordergrund der Therapie stehen heute minimal-invasive operative Verfahren, wobei zwischen Methoden der Unterbindung, der Entfernung und der Sklerosierung (Verklebung) von Venen unterschieden werden kann.
Operative Therapien wie „Stripping“ – das „Ziehen“ der Krampfader - inklusive Crossektomie sind die weltweit noch am meisten angewandten Therapieformen. Allerdings gibt es heute deutlich schonenderes Instrumentarium dazu als noch vor wenigen Jahren. Die betroffenen Venen werden dabei operativ entfernt. Beim Kryostripping erfolgt die Entfernung mit Hilfe einer Kältesonde. Dieses Verfahren ist allerdings sehr wenig verbreitet.
Bei der endovenösen Lasertherapie, der endovenösen Radiofrequenztherapie und der Sklerotherapie wird die Innenauskleidung der betroffenen Venen (Endothel) thermisch oder chemisch zerstört, so dass der Blutstrom unterbunden ist. Die Venen selbst werden nicht entfernt. Dabei gibt es im wesentlichen drei grundlegende Verfahren. Einmal die endoluminalen Verfahren mit Laser (hier gibt es mehrer Anbieter, die alle mit einem ähnlichen System arbeiten) und dann das sogenannte VNUS Closure Fast Verfahren, bei dem ein schlauchartiger Heizdraht in der Vene mit Strom erhitzt wird und so im direkten Kontakt die Venenwände thermisch schädigt. Das dritte, modernste, sicherste und schonendste Verfahren ist die Celon RFITT Radiofrequenzmethode (RFITT= Radiofrequenz induzierte Thermo Therapie). Dabei wird Radiofrequenz Energie in die Venenwände eingekoppelt, was direkt dort zur Verödung, dem Verschweißen und dem dauerhaften Verschluss der krankhaften Vene, sprich Krampfader führt.
Bei der wenig verbreiteten CHIVA-Methode werden Venen gezielt an einzelnen Stellen abgebunden, so dass die für die Krampfadern verantwortlichen krankhaften Rückflüsse vermieden werden. Bereits bestehende Krampfadern können sich so innerhalb einiger Wochen wieder zurückbilden.
Idealerweise werden in spezialisierten Einrichtungen mehrere oder alle der oben angeführten Verfahren angeboten, um dem Patienten eine möglichst auf seine Form der Varikose zugeschnittene ideale Therapie zukommen zu lassen, denn nicht jedes Verfahren kann bei jedem Patienten in gleicher Weise angewendet werden.
Mit Ausnahme der operativen Technik (dem Strippen) ist bei sämtlichen Behandlungsverfahren heute das Tragen von Kompressionsstrümpfen nur mehr über wenige Tage bis wenige Wochen notwendig. Hauptsächlich dafür verantwortlich ist die minimale Verletzlichkeit und die Selektivität der einzelnen Techniken. Wobei hier die kürzesten Zeiten von 2–3 Tagen bei dem RFITT Radiofrequenzverfahren bis wenige Wochen bei der endovenösen Lasertherapie erreicht werden.
Vorbeugend und lindernd wirkt der Einsatz von Kompressions- oder Stützstrümpfen sowie medikamentöse Behandlung. Aus der Naturheilkunde sind beispielsweise kalte Wassergüsse nach Kneipp, verschiedene Salben, Tees und Umschläge bekannt. Die Blutegelbehandlung kann eingesetzt werden, wenn sich Gerinnsel in oberflächlichen Venen gebildet haben, die Ursachen von Krampfadern können dadurch jedoch nicht beseitigt werden.
Siehe auch
- Besenreiser, Teleangiektasie
- Ulcus cruris, Ulcus venosum, chronisch venöse Insuffizienz
- Ösophagusvarizen, portale Hypertension
- Thrombophlebitis, Thrombose, Lungenembolie
- Varikozele
- Hämorrhoiden
Weblinks
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