Varroa-Milbe

Varroa-Milbe
Varroa destructor
Varroa-Weibchen

Varroa-Weibchen

Systematik
Unterstamm: Kieferklauenträger (Chelicerata)
Klasse: Spinnentiere (Arachnida)
Ordnung: Milben (Acari)
Unterordnung: Mesostigmata
Familie: Varroidae
Art: Varroa destructor
Wissenschaftlicher Name
Varroa destructor
Anderson & Trueman, 2000

Die Varroamilbe (Varroa destructor) ist eine als Adulte ca. 1,6 Millimeter kleine Milbe, die sich bei der Honigbiene, ähnlich einem Blutegel beim Säugetier, festbeißt (um dies in eine Größenrelation zu setzen, entspräche dieser “Blutegel” beim Menschen einem blutsaugenden Kaninchen). Die eigentliche Entwicklung und Vermehrung der Milbe findet jedoch nicht auf der erwachsenen (adulten) Biene, sondern in der verdeckelten Bienenbrut statt. Deshalb handelt es sich bei der Varroose (zuvor: Varroatose) - wie dieser Parasiten-Befall genannt wird - im wesentlichen um eine Brutkrankheit.

Da im Winterhalbjahr keine Brut gepflegt wird, müssen die Varroamilben in dieser brutlosen Zeit vollständig auf die erwachsenen Bienen wechseln, um zu überleben.

In Österreich ist die Tierseuche anzeigepflichtig, in der Schweiz unter Gr. 4 Zu überwachende Seuchen (Meldepflicht) eingestuft.

Inhaltsverzeichnis

Die Varroamilbe

Varroamilbe auf einer Biene im Rasterelektronenmikroskop

Infektionsgeschichte

Ihren Weg nach Europa fand die Milbe im Jahr 1977 durch befallene asiatische Honigbienen, die von Wissenschaftlern des Bieneninstitutes Oberursel zu Forschungszwecken nach Deutschland geholt wurden.

Der Name Varroa destructor (zerstörerische Milbe) wurde im Jahr 2000 von Anderson und Trueman vergeben. Davor wurde die Milbe unter Bienenwissenschaftlern fälschlicherweise für die bereits bekannte Art Varroa jacobsonii (Oudemans 1984) gehalten, die jedoch nur in Südostasien anzutreffen ist.

Indikationen und Folgen

Kontrolle des Befalls durch Gemülluntersuchung

Die Varroamilbe steht auch im Verdacht, eine der möglichen Ursachen des seit einigen Jahren immer wieder auftretenden seuchenartigen Bienensterbens zu sein. Es wird vermutet, dass die Milben dabei Viren übertragen, bzw. durch die zugefügten Verletzungen entsprechende Sekundärinfektionen ermöglichen. So wird zum Beispiel die Varroa destructor als eine der Hauptursachen für das große Bienensterben im Winter 2002/2003 angesehen, bei dem ca. 30% aller Bienenvölker in Deutschland verendeten[1]. Das Bienensterben im Winter 2006/2007 in den USA prägte dann den Begriff des Colony Collapse Disorder. Allerdings ist das besagte Massensterben in den USA nicht eindeutig auf Varroabefall zurückzuführen. Gleiches gilt für das Bienensterben im Mai/Juni 2008 im Rheintal zwischen Lörrach und Rastatt, das zweifelsfrei auf eine Vergiftung durch ein Insektizid aus der Gruppe der Neonicotinoide zurückgeführt werden konnte. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Varroamilbe häufig im Herbst-/Winterhalbjahr für das Sterben von Bienenvölkern verantwortlich ist. Meist kommen jedoch Faktoren hinzu, die diese Gefahr potenzieren. Einige Wissenschaftler sprechen deshalb von der "Formel: Bienensterben = Varroa + x".

Die asiatischen Bienen kommen mit der Milbe zurecht, sie verlassen ihren Stock, falls der Parasitenbefall übermäßig zunimmt. Ebenso haben sie die Fähigkeit, befallene Brutzellen zu erkennen und zu entfernen, um so der Vermehrung Einhalt zu gebieten. Zudem ist bei der Östlichen Honigbiene nur bei der Drohnenbrut eine ausreichend lange Verdeckelungszeit gegeben, die auch die ausreichende Entwicklung (Generationenfolge) der Milbe zulässt. Ganz anders die europäischen Rassen der Westlichen Honigbiene, die wesentlich "sesshafter" sind, Milben nicht erkennen können und längere Verdeckelungszeiten, auch der in der ganzen Vegetationszeit vorkommenden Arbeiterinnenbrut, haben.

Ausbreitungsmechanismen

Varroamilben auf einer Bienenpuppe
Varroamilbe auf einer fliegenden Honigbiene

Es liegt in der Natur der Bienen, dass stärkere Völker schwächere ausrauben. Ist ein Bienenvolk von der Varroamilbe befallen, ist es zu schwach, sich zu verteidigen. Beim Ausräubern der schwachen Völker wechseln auch Milben auf die räuberischen Bienen. Diese bringen die Milben sozusagen "im Gepäck" mit und infizieren damit ihre eigene Brut. Hinzu kommt, dass die Imker in Europa aufgrund der industrialisierten Landwirtschaft mit ihren großflächigen Monokulturen zum "Wandern" mit den Völkern gezwungen sind. Dieser Umstand trägt zusätzlich zu einer weiträumigen Verbreitung des Parasiten bei.

Bekämpfungsmöglichkeiten

In den ersten Jahren nach dem Auftreten der Milbe wurden verschiedene, meist schon bekannte (klassische) Behandlungsmittel gegen Parasiten als Medikamente verwendet, die zwar die Milbe als Spinnentier, aber nicht die Bienen abtöten. Hierbei ergaben sich aber mit der Zeit Nebenwirkungen in Form von Rückständen, hauptsächlich im Wachs, aber auch im Honig und auch Resistenzbildungen. Deshalb wurde früh begonnen sogenannte alternative Behandlungsmethoden zu entwickeln, die diese Nachteile nicht aufweisen.

Alternative Bekämpfungmethoden

Bedenkt man, dass die Drohnenbrut etwa 8,6 mal häufiger als jene der Arbeiterbiene befallen wird, lassen sich so auf ganz natürlicher Basis so genannte Varroa-Fallen einsetzen. Hierzu muss die Drohnenbrut kurz vor dem Schlüpfen entfernt werden. Die Gefahr besteht, dabei die Milben auf Drohnenbrut zu selektieren. Viele Imker setzen heute zusätzlich auf den Einsatz von organischen Säuren wie Milch-, Oxal- oder Ameisensäure. Diese Säuren oder deren Salze kommen natürlicherweise im Stoffwechsel von Pflanzen und Tieren, oder sogar direkt in manchen Honigsorten vor. Ebenso wird das ätherische Öl Thymol gegen die Milbe eingesetzt.

Fazit

Die Variante der Drohnenbrutentnahme ersetzt zwar nicht völlig andere Bekämpfungsmethoden, doch bietet sie eine schonende Behandlung gerade in der Trachtzeit und vermindert somit das Ansteigen der Milbenzahl im Bienenvolk. Der Einsatz der organischen Säuren oder des Thymols kann dann ergänzend nach der letzten Honigernte im Herbst und im Winter erfolgen und verhindert kritische Rückstände, die sich sonst vor allem im Bienenwachs anreichern könnten. Bei einer entsprechenden Konzentration im Wachs würde schließlich auch der Honig belastet werden. Die Säuren sind im Gegensatz zu den konventionellen Behandlungsmitteln nicht fettlöslich, so dass eine Anreicherung im Wachs nicht möglich ist. Diese Vorgehensweise wird von einzelnen Bieneninstituten empfohlen.

Wichtig ist in jedem Fall, durch laufende Kontrolle die Befallstärke abzuschätzen. Dies kann durch Gemülldiagnose geschehen, indem die pro Tag auf den Boden der Bienenbeute abgefallenen toten Milben gezählt werden. Fallen im Juli 5 bis 10 Milben pro Tag, kann der Befall bereits kritisch werden.

Züchtung varroaresistenter Bienen

Resistenzbildung bei Milben

Da bei einer Varroabekämpfungsmaßnahme selten alle Milben getötet werden, findet zu einem gewissen Grad auch eine Auslese der Milben statt. Um zu vermeiden, auf diese Art und Weise einen resistenten Milbenstamm zu züchten, empfiehlt es sich, nicht immer dieselben Bekämpfungsmaßnahmen zu verwenden, bzw. die Bekämpfungsmittel zu variieren. Dieser Druck wirkt sich entsprechend auf die Hersteller aus, da mit der Zeit immer neue Wirkstoffe gefordert werden, um sowohl eine Resistenzbildung zu vermeiden als auch - bei bereits eingetretener Resistenzbildung - einen hohen Wirkungsgrad beizubehalten.

Züchtung resistenter Bienenrassen

Einen anderen Weg der Varroabekämpfung verfolgt der Ansatz, die angeborenen, varroabekämpfenden Eigenschaften und Verhaltensmuster der asiatischen Honigbiene bei den europäischen Bienen nachzuzüchten. Diese Verhaltensmuster bestehen im wesentlichen in der Eigenschaft, die Parasiten zu identifizieren und zu töten, indem den Milben die Beine abgebissen werden. Die Idee der Züchtung ist nun, dieses Verhaltensmuster stärker auszuprägen um die Bienenvölker weniger oft von außen behandeln zu müssen.

Ergebnisse

Nach heutigem Wissensstand ist ein wissenschaftlich bewiesener Durchbruch allerdings noch nicht zustande gekommen.

Siehe auch

Literatur

  • Jürgen Schwenkel: Varroa unter Kontrolle: wie wird's gemacht? Eine Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft der Institute für Bienenforschung e.V. Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin 2001.

Quellen

  1. DER SPIEGEL 25/2008, S. 143

Weblinks


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