Velcade

Velcade
Strukturformel
Allgemeines
Freiname Bortezomib
Andere Namen

(1R)-3-Methyl-1-[((2R)-3-phenyl-
2-[(2-pyrazinylcarbonyl)-amino]
propanoyl)amino]butylborsäure

Summenformel C19H25BN4O4
CAS-Nummer 179324-69-7
PubChem 93860
ATC-Code

L01XX32

DrugBank APRD00828
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Proteasom Inhibitor

Fertigpräparate

Velcade®

Verschreibungspflichtig: Ja
Eigenschaften
Molare Masse 384,24 g·mol-1
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung

unbekannt
R- und S-Sätze R: ?
S: ?
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Illustration der Bindung von Bortezomib an den Kern eines Proteasoms. Das Bortezomib-Molekül im Zentrum ist nach den Atomtypen coloriert (Kohlenstoff = cyan, Stickstoff = blue, Sauerstoff = rot). Es ist umgeben von der lokalen Proteinoberfläche. Der blaue Fleck ist katalytischer Threonin Rückstand, dessen Aktivität durch Bortezomib blockiert ist.

Bortezomib, die ursprüngliche Bezeichnung ist PS-341, ist ein Arzneimittel, das zur Therapie des Multiplen Myelom (Plasmozytom) zugelassen ist. Es ist der erste zugelassene Proteasom-Inhibitor auf dem Markt und wird unter dem Markennamen Velcade® in den USA von Millennium Pharmaceuticals vertrieben. In Deutschland von Janssen Cilag, einem Tochterunternehmen von Johnson & Johnson.

Inhaltsverzeichnis

Indikation

In der EU ist Bortezomib seit dem 26. April 2004)[1] zur Monotherapie für die Behandlung von progressivem multiplem Myelom bei Patienten zugelassen, die mindestens eine vorangehende Therapie durchlaufen haben und die sich bereits einer Knochenmarktransplantation unterzogen haben oder die für eine Knochenmarktransplantation nicht geeignet sind (sog. „Third-Line-Therapie").[2]

Die Zulassung zur „Second-Line-Therapie" steht bevor.

Bortezomib wird in klinischen Studien für weitere Indikationen, wie zum Beispiel für andere hämatologische Krebsformen und festen Tumoren erprobt. Parallel dazu wird die Wirksamkeit bei Kolon-, Lungen-, Pankreas-, Brust-, Prostata- und Ovarialkrebs und Non-Hodgkin-Lymphomen geprüft.[3]

Applizierung und Dosierung

Der Wirkstoff wird als gefriergetrocknetes Pulver in Form eines dipeptidischen Mannitol-Boresters angeboten. Nach der Zubereitung steht der Mannitolester im Gleichgewicht mit seinem Hydrolyseprodukt.[4]

Bortezomib wird intravenös injiziert, nachdem der Wirkstoff in einer Injektionslösung (Kochsalzlösung) aufgelöst wurde. Die empfohlene Dosis liegt bei 1,3 mg pro m2 Körperoberfläche. Zur Vorbeugung kann ein Mittel gegen Übelkeit verabreicht und anschließend noch mit Kochsalzlösung (etwa 50 ml) nachgespült werden. Eine Kontrolle des Blutbildes vor jeder Injektion ist empfohlen. Dabei sollte beispielsweise die Thrombozytenzahl, die Leukozytenzahl und der Hämoglobin-Wert überwacht werden. Alle drei Werte können sich während der Therapie erniedrigen. Die Dauer der Behandlung ist abhängig vom Ansprechen der Erkrankung, mehr als 8 Zyklen werden in der Regel nicht gegeben. In der SUMMIT-Studie wurden alle Patienten, bei denen die Krankheit nicht fortschritt und die keine schwerwiegenden Nebenwirkungen aufwiesen, mit 8 Zyklen behandelt.[1]

Wirkungsmechanismus

Proteasome spielen eine wichtige Rolle bei dem Abbau von Proteinen, die den Zellzyklus und somit Zellwachstum regulieren. Die Wirkung von Bortezomib basiert auf einer Blockierung der Stoffwechselwege der Krebszellen, die sich durch unkontrolliertes Wachstum kennzeichnen. Kommt es zu einer Proteasom-Blockade, werden vitale Proteolyse-Prozesse unterdrückt.[3]
Dies führt dazu, dass sich viele Signale in der Krebszelle gegenseitig aufheben oder verhindert werden. Im Ergebnis führt dies zur

  1. Hemmung des Tumorwachstums
  2. Hemmung der Angiogenese (Ausbildung neuer Blutgefäße zur Versorgung des Tumors)
  3. Apoptose der Krebszellen (programmierter Zelltod der vorher „unsterblichen“ Krebszellen)
  4. Hemmung der Interaktion mit Bindegewebszellen des Knochenmarks.[1]

Auch gesunde Zellen sind von der Therapie betroffen. Allerdings wurde festgestellt, dass sich diese Zellen – im Gegensatz zu den Krebszellen – wieder regenerieren, wenn die Behandlung turnusgemäß nach 4 Injektionen an den Tagen 1, 4, 8 und 11 für zehn Tage unterbrochen wird. Offensichtlich sind Krebszellen besonders auf die Funktion der Proteasomen angewiesen und reagieren daher empfindlicher auf deren Hemmung, als normale Zellen.[1] Das Boratom des Bortezomib bindet mit einer hohen Affinität und Selektivität als Ligand an die katalytische Funktion des 26S Proteasoms.

Die Wirkungsweise von Bortezomib ist noch nicht in allen Einzelheiten geklärt.[1]

Das Multiple Myelom (Plasmozytom) gilt bisher als behandelbar, aber unheilbar. Bortezomib kann zwar auch keine Heilung bewirken, ist aber eine weitere Alternative für die Patienten, bei denen mindestens eine Therapie bereits fehlgeschlagen ist.

Metabolismus

Nach einmaliger intravenöser Gabe nehmen die Plasmakonzentrationen von Bortezomib biphasisch ab. Die Abnahme wird durch eine schnelle Verteilungsphase, gefolgt von einer langsameren terminalen Eliminationsphase charakterisiert. Beim Menschen beträgt die Halbwertzeit geschätzte 5 bis 15 Stunden. In vitro wurden die Cytochrom Enzyme CYP3A4 und CYP2C19 als Hauptenzyme der Metabolisierung identifiziert. Im Urin wurde nur ein kleiner Anteil der nicht-metabolisierten Ausgangssubstanz nachgewiesen, während kein intaktes Bortezomib in der Galle oder den Fäzes gefunden wurde.[4]

Nebenwirkungen

Die wichtigste Nebenwirkung, welche die Behandlung mit Bortezomib auch im Wesentlichen begrenzt, ist die periphere Neuropathie, eine Nervenstörung mit Schmerzen und Taubheitsgefühlen, vor allem an Händen oder Füßen. Diese Nebenwirkung ist therapeutisch nur schwer beeinflussbar und kann den Patienten sehr stark beeinträchtigen. In der Regel bildet sich die Neuropathie wieder zurück (Richardson et al., 2006). Weitere Nebenwirkungen, wie z.B. Erniedrigung der Blutzellwerte (s.o.), Übelkeit, Durchfall und Fatigue (schwere Erschöpfung) können auftreten, aber beeinträchtigen die Patienten in der Regel nicht sehr stark bzw. bilden sich spontan zurück.[1]

Therapiekosten

In Großbritannien verursacht Bortezomib Therapiekosten von 18.000 GBP pro Jahr und Patienten. Obwohl das Medikament in klinischen Studien die Lebenszeit um mehrere Monate verlängerte, lehnte der staatliche britische Gesundheitsdienst (NHS) in einem ersten Entwurf eine Kostenübernahme ab. Das National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) prüft für den NHS die Kosten-Effektivität neuer Therapien. Ein Maßstab sind dabei die Kosten, die für den Gewinn eines Lebensjahres in guter Lebensqualität (Quality-adjusted life years QALY) aufgewendet werden müssen. Gefordert wird häufig ein Wert von unter 30.000 GBP pro QALY.

Nach mehrmonatigen Verhandlungen mit dem Hersteller einigte sich das NHS nun wie folgt: Auf eine Anregung des Herstellers hin sollen alle Patienten, für die Bortezomib indiziert ist, das Medikament zunächst über maximal vier Zyklen erhalten. Wird während dieser Zeit eine Remission des multiplen Myeloms erzielt, wird die Therapie auf Kosten des NHS fortgesetzt. Wird keine Remission erzielt, wird die Therapie abgebrochen und das NHS muss die eingesetzten Medikamente nicht bezahlen.[5]
Faktisch bedeutet dies, dass das NHS nur dann für die Therapie bezahlen muss, wenn das Medikament auch wirksam ist.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f myelom.at, Velcade® - Wirkstoff Bortezomib, abgerufen am 27. Juni 2007
  2. Medknowledge.de, Bortezomib (Velcade®) für Multiples Myelom (Plasmozytom) zugelassen, abgerufen am 27. Juni 2007
  3. a b ÖAZ aktuell,Bortezomib, abgerufen am 27. Juni 2007
  4. a b Pharmazeutische Zeitung, NEUE ARZNEISTOFFE, abgerufen am 27. Juni 2007
  5. NICE: Krebsmedikament soll nur bezahlt werden, wenn es wirkt, Veröffentlichung vom 5. Juni 2007, abgerufen am 27. Juni 2007

Literatur

  • Richardson PG et al (2005): Bortezomib or High-Dose Dexamethasone for Relapsed Multiple Myeloma., in NEJM, 352; 2546–2549.
  • Richardson PG et al. (2006): Frequency, Characteristics, and Reversibility of PeripheralNeuropathy During Treatment of Advanced Multiple Myeloma With Bortezomib. Journal of Clinical Oncology 24, 3113–3120.

Weblinks

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