- Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaften
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Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Kurzname: „Verdi“, Wortmarke „ver.di“, Aussprache: /ˈvɛrdiː/) ist eine Mitgliedsgewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) mit Sitz in Berlin. Sie hat rund 2,2 Millionen Mitglieder (Stand: 31. Dezember 2008) und ist damit die zweitgrößte Gewerkschaft im DGB nach der IG Metall. Ver.di ist die Gewerkschaft der Dienstleistungsbranchen.
Gründungsgewerkschaften
Ver.di entstand 2001 durch Zusammenschluss von fünf Einzelgewerkschaften, die bis auf die DAG dem Deutschen Gewerkschaftsbund angehörten:
- Deutsche Postgewerkschaft (DPG)
- Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV)
- IG Medien – Druck und Papier, Publizistik und Kunst (IG Medien)
- Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV)
- Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG)
Damit wurde die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) in den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) integriert, was von manchen Gewerkschaftern als historischer Schritt gewertet wurde.
Die frühere Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED, heute Transnet), die an den Verhandlungen zur Bildung von Verdi teilgenommen hatte, schloss sich der neuen Gewerkschaft nicht an.
Am 18. März 2001 beschlossen die Verschmelzungskongresse der fünf Gewerkschaften in Berlin, gemeinsam die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft zu bilden. Mit dem Eintrag ins Vereinsregister (Registergericht Amtsgericht Charlottenburg, Registernummer VR 20229Nz) am 2. Juli 2001 trat ver.di die Nachfolge der fünf Gründungsorganisationen auch rechtlich an. Die Rechtsform e. V. wurde gewählt, um die Verschmelzung rechtlich möglich zu machen. Seit dem 1. Juli 2004 war ver.di wie alle anderen DGB-Gewerkschaften kein eingetragener Verein mehr.
Ver.di hatte bei der Gründung rund 2,9 Millionen Mitglieder aus mehr als tausend Berufen und war vor der IG Metall, die inzwischen wieder die größte DGB-Gewerkschaft ist, nach der Gründung die größte Gewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Jüngster Gründungsdelegierter war Florian Pollok (20 Jahre, Quellgewerkschaft DAG), älteste Delegierte Anni Gondro (81 Jahre, Quellgewerkschaft ÖTV).
Vorsitzender von ver.di ist seit Gründung der Gewerkschaft Frank Bsirske. Er war bis dahin Vorsitzender der ÖTV gewesen.
Interne Organisation
Ver.di ist als so genannte Matrixorganisation horizontal und vertikal gegliedert. Die horizontale Gliederung besteht aus den Ebenen Ort, Bezirk, Land und Bund. Die vertikale Gliederung umfasst Fachbereiche, die sich um berufliche und berufspolitische Themen kümmern. Daneben gibt es die Personengruppen wie Jugend, Frauen, Senioren, Erwerbslose und Selbstständige.
Fachbereiche
Die 13 Fachbereiche (FB) orientieren sich an den Branchen der Arbeit- und Auftraggeber:
- FB 01 – Finanzdienstleistungen
- FB 02 – Ver- und Entsorgung
- FB 03 – Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen
- FB 04 – Sozialversicherung
- FB 05 – Bildung, Wissenschaft und Forschung
- FB 06 – Bund und Länder
- FB 07 – Gemeinden
- FB 08 – Medien, Kunst und Industrie
- FB 09 – Telekommunikation, Informationstechnologie, Datenverarbeitung
- FB 10 – Postdienste, Speditionen und Logistik
- FB 11 – Verkehr
- FB 12 – Handel
- FB 13 – Besondere Dienstleistungen
Einzelne Fachbereiche
FB 03 – Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen
5,5 bis sechs Millionen Beschäftigte arbeiten im Gesundheits- oder Sozialwesen. Sie erarbeiten bereits im Gesundheitssektor rund 11 % des Bruttoinlandsprodukts. Für alle hier Beschäftigten bietet dieser Fachbereich seine gewerkschaftliche Vertretung an. Das Gesundheitswesen ist in viele einzelne Bereiche mit über 800 Berufen unterteilt. Gewerkschaften müssen diese Unterteilung für ihre Zielsetzungen überwinden. Dazu hat der Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen in ver.di (Fachbereich 03) auf Bundesebene einen Bundesfachbereichsvorstand mit 49 ehren- und vier hauptamtlichen Mitgliedern. Die regionale Unterteilung läuft über die 13 Landesbezirksfachbereichsvorstände und die (Unter-)Bezirke der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft.
Daneben gibt es die fachliche Unterteilung in sieben Bundesfachgruppen (Kirchen, Diakonie und Caritas, Krankenhäuser, psychiatrische Einrichtungen, Einrichtungen der ambulanten, teilstationären und stationären Pflege, Fachgruppen für Einrichtungen der Rehabilitation, des Rettungsdienstes, für einzelne Berufsgruppen und die Fachgruppe Wohlfahrtsverbände, Soziale Dienste). Gleichzeitig können die Gewerkschaftsmitglieder sich auch noch in den Gliederungen der Personengruppen beteiligen, also etwa für Frauen oder Jugend. Eine Vereinfachung der Strukturen, insbesondere der Fachgruppen, befindet sich in Vorbereitung.
Ein besonderes Ereignis bei der gewerkschaftlichen Vertretung im öffentlichen Dienst und bei den Wohlfahrtsverbänden und Kirchen waren die Streiks 2005/2006. Der TVöD stellt den Leittarifvertrag für die gesamte Branche dar und ist mit dem TV-L fast überall in den Ländern gültig (Tarifbindung).
FB 04 – Sozialversicherung
Der Fachbereich Sozialversicherung vertritt rund 144.000 Mitarbeiter der gesetzlichen Krankenkassen, die 90.000 Beschäftigten der Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitsagenturen, die etwa 80.000 Beschäftigten der Rentenversicherungsträger (Deutsche Rentenversicherung Bund, Deutsche Rentenversicherung (frühere LVAen) und der Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (früher Bundesknappschaft u. a.)) sowie die gesetzliche Unfallversicherung, die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen und die Landwirtschaftliche Sozialversicherung. Der Fachbereich Sozialversicherung ist zwar einer der kleinen Fachbereiche in ver.di, steht jedoch seit seiner Bildung aus allen politischen Richtungen unter Feuer: Der Umbau der Bundesagentur, Hartz-Gesetze I-IV, Gesundheitsreformen, Bemühungen des BVA, die Tarifautonomie auszuhebeln, die Organisationsreform der Rentenversicherung. In der aktuellen Gesundheitsreformdebatte bis zu 30.000 Arbeitszplätze in der GKV bedroht, weil die Politik den Krankenkassen die Zuständigkeit für den Einzug der Gesamtsozialversicherungsbeiträge entziehen wollte, um diese Aufgabe einer neuen Mammutbehörde (dem Gesundheitsfonds) mit 16 Einzugsstellen in den Ländern zuzuordnen. Gegen diese Absichten wehrten sich die GKV-Beschäftigten öffentlich und mit Erfolg im Juli 2006 mit Demonstration gegen die Politik der großen Koalition. Gegen die geplante Verlagerung des Beitragseinzuges unterschrieben über 50.000 GKV-Beschäftigte einen Protestbrief an die Bundeskanzlerin, der mit den Unterschriften im Juli 2006 öffentlich überreicht wurde. Bundesfachbereichsleiterin Sozialversicherung ist Isolde Kunkel-Weber.
Tarifpolitisch engagiert ist der Fachbereich bei den Ersatzkassen. Im Jahre 2004 wurde ein Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen für ver.di-Mitglieder vereinbart. Nach einem Warnstreik im Mai 2005 wurde die Ende 2005 eigentlich auslaufende Beschäftigungssicherung bis 31. Dezember 2007 im Rahmen von aktuellen Tarifverhandlungen verlängert. Im September 2006 wurde der Kündigungsschutz für ver.di-Mitglieder bis zum 31. Dezember 2009 verlängert.
FB 05 – Bildung, Wissenschaft und Forschung
Bildung ist eine wesentliche Grundlage für die gesellschaftliche, politische und ökonomische Teilhabe jedes Einzelnen. Der Fachbereich Bildung, Wissenschaft und Forschung organisiert den Arbeits- und Lernort Hochschule, die außeruniversitäre Forschung, die Weiterbildung und Archive, Bibliotheken und Dokumentationseinrichtungen. Schwerpunkt sind die Hochschulen mit ihren Studierenden, den wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Beschäftigten und den Kollegen der Studentenwerke.
Der Fachbereich setzt sich für gesellschaftliche Teilhabe durch Bildung und gute Arbeitsbedingungen in Bildungseinrichtungen ein.
FB 13 – Besondere Dienstleistungen
Unter dem Fachbereich 13 „Besondere Dienstleistungen“ werden alle weiteren Branchen zusammengefasst. Hierzu gehören u. a.:
- branchenunabhängige Call-Center,
- Personalserviceagenturen, Leih- und Zeitarbeit,
- Inkasso-Unternehmen, Anlagenberatung, Insolvenzverwaltung, Nachlassverwaltung, Lizenzvergabe,
- Markt- und Meinungsforschung,
- Meteorologen,
- Politische Parteien,
- Rechts-, Steuer- und Unternehmensberatung,
- technischer, physikalischer und chemische Untersuchung,
- Verbraucherorganisationen,
- Wirtschaftsprüfer,
- Hotels, Pensionen und sonstiges Gaststättengewerbe
und
Fachgruppen
Unterhalb der Ebene der Fachbereiche gibt es die Fachgruppen. So gibt es im Fachbereich 06 – Bund und Länder acht Fachgruppen
- Bundeswehr
- Stationierungsstreitkräfe
- Bundes- und Landesverwaltungen
- Bundes- und Landesfinanz- und Steuerverwaltung
- Justiz
- Bundesverkehrs- und Straßenbauverwaltung
- Flugsicherung
- Staatliche Bauverwaltung
- Statistische Ämter
Einzelne Fachgruppen
Innerhalb der großen Fachbereiche können Fachgruppen gebildet werden, die die berufsspezifischen Interessen besonders fördern sollen. Beispielsweise im Fachbereich Medien, Kunst und Industrie sind dies:
Fachgruppe Medien
Die neben den Industriefachgruppen (Druck und Papierverarbeitung) größte Fachgruppe im Fachbereich Medien, Kunst und Industrie der Verdi (Fachbereich 8) ist die Fachgruppe Medien. Sie entstand aus der „Rundfunk Film AV Medien“ und der „Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju)“, die sich im Frühjahr Jahr 2007 zu der neuen Fachgruppe zusammenschlossen. In der Fachgruppe erscheint die medienpolitische Fachzeitschrift M – Menschen Machen Medien, die unter zwei früheren Titeln seit 1952 veröffentlicht wird.
Fachgruppe Musik
Die Fachgruppe Musik im Fachbereich Medien, Kunst und Industrie von Verdi vereint 6.000 in Musikberufen Tätige: Lehrkräfte an Musikschulen, selbständige Musiklehrer, Musikwissenschaftler, Komponisten, Solisten, Ensemblemitglieder von Orchestern, Kapellen, Kurkapellen und Bands.
Fachgruppe Bildende Kunst
In der Fachgruppe Bildende Kunst des Fachbereich Medien, Kunst und Industrie der Verdi vereint professionelle Künstler, die auf den Gebieten Malerei und Grafik, Bildhauerei, Design, Objektkunst, Foto-, Film- und Videoinstallation, Textilkunst, Aktionskunst und Performance und der Kulturarbeit tätig sind.
Zu den Schwerpunkten der Fachgruppe gehören, Ausstellungshonorare als Standard durchzusetzen und das Recht auf Ausstellungsvergütung im Urheberrechtsgesetz zu verankern.
Fachgruppe Verlage und Agenturen
In der Fachgruppe Verlage und Agenturen im Fachbereich Medien, Kunst und Industrie von Verdi sind Mitglieder aus Zeitschriften- und Buchverlagen, Zeitungsverlagen sowie der Kommunikationswirtschaft (Media- und Werbeagenturen) zusammengefasst. Die Fachgruppe veröffentlicht regelmäßig umfangreiche Brancheninformationen über Verlage sowie Quartalsberichte zur Medienwirtschaft in Deutschland.
Fachkommissionen
Innerhalb einer Fachgruppe können sich Fachkommissionen bilden. So gibt es in der Fachgruppe Bund und Länder 4 Fachkommissionen:
- Bund
- Land
- Landessozialverwaltung
- Vermessung Kartographie
Personengruppen
So genannte Personengruppen können laut Verdi-Satzung gebildet werden. Diese sind antragsberechtigt an alle Gliederungen. Zu den Personengruppen zählen:
- Frauen
- Senioren
- Jugend
- Selbstständige
- Erwerbslose
- Arbeiter
- Beamte
- Meister, Techniker und Ingenieure
Jugend
Ver.di Jugend ist die Jugendorganisation von ver.di, in ihr sind alle Mitglieder bis zum vollendeten 27. Lebensjahr automatisch organisiert.
In der "Richtlinie zur Jugendpolitik" regelt ver.di die Struktur der Jugendorganisation. Sie ist ähnlich der Gesamtorganisation: Neben den Ebenen Bund, Landesbezirk und Bezirk werdem, sofern möglich auch die 13 Fachbereiche der Matrixorganisation der Gewerkschaft verwendet. Alle vier Jahre finden "Organisationswahlen" der ver.di Jugend statt. Alle Gliederungen wählen dann ihre jeweiligen Gremien und besetzen Mandate von ver.di Jugend in den Gremien der Gesamtorganisation von ver.di. In diesen ist ver.di Jugend entsprechend ihres Mitgliederanteiles, jedoch mit mindestens zwei Mandaten vertreten.
Ver.di Jugend ist nach der IG-Metall-Jugend die größte Gruppe in der DGB-Jugend. Außerdem ist sie Mitglied bei Uni Youth, der Jugendorganisation des Gewerkschaftsweltdachverbandes Union Network International.
Personengruppe Selbstständige
Für Selbstständige wurden – in der Bundesrepublik einmalig – eigene Strukturen der ehrenamtlichen Vertretung und ein Referat auf Bundesvorstandsebene geschaffen. Das Referat Selbstständige und Freie verantwortet unter anderem das Beratungsangebot mediafon.net, das gegen Gebühr auch Nicht-Mitgliedern von Verdi zugänglich ist.
Für Selbstständige und Angestellte im privaten Rundfunk, Film, AV-Produktion und den Neuen Medien gibt es außerdem das Projekt connexx-av, das vor allem zwischen Gewerkschaft und Medienszene vermittelt.
Landesbezirke
In den 16 Bundesländern gibt es elf Landesbezirke.
- Nord, bestehend aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern
- Berlin-Brandenburg
- Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen als vorläufiger Name
- Hamburg
- Niedersachsen/Bremen
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz
- Hessen
- Saar
- Baden-Württemberg
- Bayern
Diese Landesbezirke werden hauptamtlich von Landesbezirksleitern/Landesbezirksleiterinnen geführt, die für eine je vier Jahre dauernde Amtsperiode gewählt werden. Die Landesbezirke haben eine Klammerfunktion um die 13 Fachbereiche und sind für die Landespolitik, wie etwa die Zusammenarbeit mit Landesregierungen und Landesparlamenten, verantwortlich.
Die vormals selbstständigen Landesbezirke Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen beschlossen in einer gemeinsamen Landesbezirkskonferenz am 17. März 2007 in Leipzig ihren Zusammenschluss. Der neu gebildete Landesbezirk hat zehn Bezirke und 59 ehrenamtliche Vorstandsmitglieder und ein Präsidium von sechs Mitgliedern. [1]
Bezirke
Die Organisation gliedert sich horizontal unter den elf Landesbezirken in insgesamt 85 Bezirke. [2] Die Bezirke werden hauptamtlich von Bezirksgeschäftsführern geleitet, die vom Bezirksvorstand gewählt und vom Bundesvorstand ernannt werden. Die Bezirksgeschäftsführer koordinieren und leiten die Arbeit der Bezirke und der Fachbereiche. In den Bezirken wird ein wesentlicher Teil der Leistungen für die Mitglieder organisiert, so der gewerkschaftliche Rechtsschutz. Die Bezirksgeschäftsführer sind auch für die Zusammenarbeit mit dem DGB in der Region, der Kommunalpolitik (Kommunale Hauptverwaltungsbeamte – Landrat, Oberbürgermeister, Bürgermeister) und anderen gesellschaftspolitischen Interessengruppen wie Arbeitslosenverbänden oder Attac verantwortlich. In Tarifkämpfen (Streik) fungieren sie (fachbereichsübergreifend) als Arbeitskampfleiter.
Vorstandsmitglieder
Seit dem Bundeskongress 2007 in Leipzig gehören dem Bundesvorstand an:[3]
- Frank Bsirske, Vorsitzender
- Gerd Herzberg, stellvertretender Vorsitzender
- Andrea Kocsis, stellvertretende Vorsitzende
- Margret Mönig-Raane, stellvertretende Vorsitzende
- Frank Werneke, stellvertretender Vorsitzender
- Uwe Foullong
- Erhard Ott
- Ellen Paschke
- Isolde Kunkel-Weber
- Petra Gerstenkorn
- Achim Meerkamp
- Lothar Schröder
- Elke Hannack
- Dina Bösch
2007 kandidierten Christian Zahn, Kurt Martin, Jan Kahmann und Dorothea Müller nicht wieder für den Bundesvorstand.
Entwicklung und Lage
Verdi leidet wie viele andere Gewerkschaften unter Verlusten an Mitgliedern und Finanzmitteln; so wurde im Jahr 2003 ein Personalkostendefizit von rund 59 Millionen Euro verzeichnet.[4]. Seit Januar 2004 sollen bis 2010 die derzeit 5000 Arbeitsplätze auf etwa 4200 reduziert werden.
Mitgliederentwicklung am Jahresende Jahr Mitglieder (Mio.) 2001 2,80 2002 2,74 2003 2,61 2004 2,46 2005 2,36 2006 2,27 2007 2,21 2008 2,18 Verdi hat seit der Gründung eine negative Mitgliederentwicklung. Grund für diesen Rückgang ist laut Verdi vor allem der Arbeitsplatzabbau in vielen Branchen wie dem Öffentlichen Dienst, der Druckindustrie und im Bankgewerbe. Die Gesamtbeiträge der Verdi-Mitglieder lagen Ende 2003 bei rund 430 Millionen Euro.
Verdi zählte bisher zu den eher kämpferischen, gern auch als „links“, „unpragmatisch“ oder „traditionalistisch“ bezeichneten Gewerkschaften, die auch die rot-grüne Regierung unter Bundeskanzler Schröder besonders intensiv kritisierten. Auch unterstützte sie die Rosa-Luxemburg-Konferenz 2007 der marxistischen Tageszeitung Junge Welt. Verdi ist Mitglied im globalisierungskritischen Netzwerk attac.
Die Massenarbeitslosigkeit bringt für Verdi – wie auch die meisten anderen Gewerkschaften – erhebliche Legitimationsprobleme in einer Gesellschaft mit sich, die in ihrer Mehrheit die Marktwirtschaft nicht anzweifelt und davon auszugehen scheint, dass ein Abwehren des Sinken der Reallöhne und des weiteren massiven Abbaus der Sozialsysteme aufgrund der weltwirtschaftlichen Konkurrenzsituation weder durchsetzbar noch im gesamtgesellschaftlichen Interesse wäre. Da viele Verdi-Mitglieder im Öffentlichen Dienst beschäftigt sind, wirkt sich die angespannte finanzielle Situation und hohe Verschuldung der öffentlichen Haushalte zusätzlich negativ auf die Gestaltungsmöglichkeiten der Gewerkschaft aus. Arbeitnehmer zweifeln deshalb an den Möglichkeiten der Gewerkschaften, noch zur Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensverhältnisse beitragen zu können. Arbeitslos gewordene Arbeitnehmer treten häufig aus ihrer Gewerkschaft aus.
Die Gewerkschaftsbindung ist auch bei Arbeitnehmern gering , die in neuen Beschäftigungsbereichen wie im IT-Bereich, in Teilzeit, oder im Niedriglohnsektor tätig sind, so dass selbst eine Wende auf dem Arbeitsmarkt die Abnahme der Mitgliederzahlen wohl nicht bremsen wird. Verdi organisiert allerdings über 31.000 Selbständige (meist Freiberufler, von denen es in Deutschland etwa eine Million gibt), die in neuen Arbeitsformen ihre Existenz sichern. Dazu wurde das Projekt mediafon eingerichtet, eine bundesweite Hotline für sogenannte Solo-Selbstständige, also einzeln arbeitende Selbstständige ohne Angestellte.
Zunehmend gibt es auch Kritik, verdi-Funktionäre machten eine Tarifpolitik vorbei an der Basis. So wurden bei einer verdi-Demo Ende Februar 2008 in München Plakate geschwenkt mit der Aufschrift „Kontrolle der Verhandlungsführer“.[5]
Gewerkschaftspolitik und Tarifpolitik
Streit um die richtige Gewerkschaftspolitik
Kritiker halten ver.di vor, sie widersetze sich mehr als andere Gewerkschaften den Forderungen von Wirtschaftsexperten, Reformmaßnahmen zu Lasten der Arbeitnehmer in Deutschland schnell voranzutreiben. Sie setzte trotz der internationalen Konkurrenz aus Osteuropa oder Asien weiterhin auf Maßnahmen, die höhere Löhne und weniger Flexibilisierung bewirken sollten. Vor dem Hintergrund der These, dass für Arbeitnehmer negative Reformen wie Verlängerung der Arbeitszeit, Einfrieren des Lohnniveaus oder Erleichterung von Entlassungen positiv auf den Arbeitsmarkt wirken sollen, wird Verdi häufig vorgeworfen, die Arbeitnehmerinteressen über die der Arbeitslosen zu stellen. ver.di müsse, um wieder mehr Mitglieder zu gewinnen, einer Politik der Deregulierung zustimmen. Dass Deregulierung dauerhaft Arbeitsplätze schafft, ist allerdings nicht bewiesen.
Ver.di hält dieser Kritik entgegen, dass die ökonomischen Probleme der letzten Jahre nicht durch mangelnde Konkurrenzfähigkeit auf den Weltmärkten, sondern vor allem durch eine schwache Binnenkonjunktur entstanden sind, während die Exportquote Bestmarken erreiche. Die Exportwirtschaft sei jedoch zu sehr vom Weltmarkt abhängig und ihre Erlöse könnten die mangelnde Binnennachfrage nicht ausgleichen. Gemessen am Volkseinkommen sinke der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen (Lohnquote), während die Löhne durch Steuern, Abgaben und Eigenvorsorge noch zusätzlich belastet würden. Daher sollten, so eine Verdi-Forderung, im Rahmen der Steuergerechtigkeit hohe Einkommen stärker belastet werden.
Die Gewerkschaft setzt also auf eine ökonomische Gesundung durch höhere Löhne, die die Massenkaufkraft stärken sollen. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit soll durch eine Verkürzung der Arbeitszeit erreicht werden. Durch Haus- und Firmentarifverträge, die die besondere Situation einzelner Unternehmen berücksichtigen, habe Verdi im Übrigen ausreichend Flexibilität bewiesen. Der Verdi-Bundesvorstand hat einen Bereich Wirtschaftspolitik, dessen Chefvolkswirt Michael Schlecht am Samstag, 14. Januar 2005 in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau forderte, die große Koalition solle ihr geplantes Investitionsprogramm von „pro Jahr netto vier Milliarden Euro“ auf 40 Milliarden Euro erweitern und somit eine Million neuer Arbeitsplätze schaffen. Zur Finanzierung müsste, so Schlecht, „der Finanzminister nur die Milliarden-Steuergeschenke seiner Vorgänger an die Reichen wieder einsammeln.“
Kontroverse mit dem Marburger Bund
Der Marburger Bund als Verband der angestellten und beamteten Ärzte fühlte sich nicht mehr von Verdi vertreten und beschloss am 10. September 2005 die Trennung des Marburger Bundes von Verdi als Tarifpartner. Die bisherige Tarifführerschaft durch ver.di sollte für künftige Verhandlungen nicht mehr gelten, vielmehr beabsichtigte der Marburger Bund, künftig selbst für die Ärzte zu verhandeln.
Im Sommer 2006 schlossen ver.di und die dbb tarifunion mit dem Verband der Kommunalen Arbeitgeber einen Tarifvertrag sowohl für das nichtärztliche als auch das ärztliche Personal ab, obwohl Verdi unter den Ärzten einen geringen Organisationsgrad hat. Diesem Abschluss mit Verdi war ein vom Marburger Bund organisierter Arbeitskampf vorausgegangen. Der zwischenzeitlich mit Verdi erreichte Abschluss ist freilich nur für diejenigen Ärzte verbindlich, die in Verdi organisiert sind. Für die im Marburger Bund organisierten Ärzte erreichte deren Verhandlungsführer Lutz Hammerschlag am 17. August 2006 einen Abschluss in annähernd der Höhe, die zuvor auch schon für in Universitätskliniken und Landeskrankenhäusern erreicht wurde.
Von Seiten der DGB-Gewerkschaften, insbesondere von der Gewerkschaft ver.di, wurde das Verhalten des Marburger Bundes heftig kritisiert. Ihm wurde unterstellt, dass die herausgehobene Position der Ärzteschaft in den Kliniken dazu benutzt wurde, überhöhte Gehaltsforderungen zu Lasten der anderen Berufsgruppen in den Krankenhäusern zu stellen. Eine Vermischung von Gehaltsforderungen mit der Klärung von realen Arbeitsbedingungen sei unzulässig gewesen, zudem habe der Marburger Bund mit falschen Zahlen argumentiert. [6] Im Ergebnis einigten sich der Verband der kommunalen Arbeitgeber und der Marburger Bund auf einen Abschluss, der höhere Gehälter beinhaltete als der von Verdi erreichte. Der Versuch der Arbeitgeber, den Arbeitskampf des Marburger Bundes allein durch den Abschluss mit Verdi und DBB zu beenden, führte damit nicht zum Erfolg.
Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst 2006
Nach über 14-wöchigen Streiks im öffentlichen Dienst der Länder einigten sich die Gewerkschaften ver.di und dbb tarifunion und die Tarifgemeinschaft deutscher Länder am 19. Mai 2006 in Potsdam auf einen neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Dieser sieht bei einer einheitlichen Entgelttabelle jedoch unterschiedliche Arbeitszeiten von 38,70 bis 39,73 Wochenstunden in den Ländern West vor.
Tarifkonflikt bei der Deutschen Telekom 2007
Einen weiteren Höhepunkt stellte der Tarifkonflikt bei der Deutschen Telekom 2007 mit Streiks vom 14. Mai bis 20. Juni 2007 dar, in deren Folge über 50.000 Mitarbeiter ab 1. Juli 2007 in die neue Tochtergesellschaft T-Service ausgegliedert wurden.
Die Tarifrunde 2008 im Öffentlichen Dienst
Um einen besseren Verhandlungstand in der Tarifrunde 2008 im Öffentlichen Dienst gegenüber Bund und Ländern zu haben, startete ver.di 2007 zusammen mit dem dbb tarifunion eine Öffentlichkeitskampagne mit einer Plakataktion und der Internetpräsenz genug-gespart.[7] Dort wurde die Öffentlichkeit über den Mehrwert der Dienstleistungen von Behörden informiert und an Beispielen aufgezeigt, welche Konsequenzen Einsparungen bei den Behörden für die Bürger haben.
Auf Grund der Unterschiede zwischen der Tarifforderung von ver.di und den Angeboten der Arbeitgeber von Bund und Kommunen führte ver.di im Februar und März im gesamten Bundesgebiet zahlreiche – teilweise ganztägige – Warnstreiks mit insgesamt mehreren Hunderttausend Streikenden durch. Die Verhandlungen im März führte zu keinem befriedigendem Ergebnis, so dass unter Vorsitz von Lothar Späth für die Arbeitgeberseite und Herbert Schmalstieg für die Arbeitnehmerseite eine Schlichtung versucht wurde. Diese war für ver.di unbefriedigend und wurde abgelehnt. Die Verhandlungen waren damit gescheitert. Ein unbefristeter Arbeitskampf wurde dennoch abgewendet, weil es am 30./31. März 2008 zu einer Einigung kam. Für 2008 gab es ab 1. Januar rückwirkend für alle Entgeltgruppen einen Sockelbetrag von 50 Euro mehr. Auf diesen wurden die Tabellenentgelte um weitere 3,1 Prozent erhöht. Im Tarifgebiet West erhöhten sich die Gehälter somit im Durchschnitt um rund fünf Prozent. Im Tarifgebiet Ost galt diese Erhöhung ab 1. April 2008. Am 1. Januar 2009 gibt es eine weitere Erhöhung aller Tabellengehälter um 2,8 Prozent in Ost und West und eine Einmalzahlung von 225 Euro. In vier der alten Bundesländer wurde dafür die Arbeitszeit geringfügig erhöht. Die Vergütungen für Auszubildende und Praktikanten wurden um einen Festbetrag von 70 Euro monatlich, also etwa zwölf Prozent, erhöht.
Ver.di verbuchte im Öffentlichen Dienst damit das beste Tarifergebnis seit 1993. In einer geheimen Mitgliederbefragung votierten 76,5 Prozent der ver.di-Mitglieder für den Tarifabschluss. Die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst brachte ver.di etwa 55.000 neue Mitglieder. [8]
Tochterunternehmen
ver.di Bildung + Beratung
ver.di Bildung + Beratung[9] (Kurzname: ver.di b+b) ist der bundesweit agierende Bildungsträger der ver.di zur Durchführung von Seminaren für die gesetzlichen Interessenvertretungen, d.h. für Betriebsratsmitglieder, Personalratsmitglieder, JAV-Mitglieder, Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung und Mitarbeitervertretungsmitglieder. Er wurde von einem unabhängigen Institut geprüft und zertifiziert.
Als Buchverlag veröffentlicht verdi b+b Ratgeber, Arbeitshilfen und Gesetzeskommentare.
Der Hauptsitz ist in Düsseldorf, in verschiedenen Bundesländern ist verdi b+b an insgesamt 15 Orten mit Büros in Regional- und Bezirksvertretungen vertreten.
Internationales
Verdi ist Mitglied in vielen internationalen Gewerkschaftszusammenschlüssen, etwa der UNI Global Union, der Internationalen Transportarbeiterföderation (ITF), der Internationalen Grafischen Föderation, der Europäischen und Internationalen Journalistenföderation. Außerdem ist Verdi Mitglied im Netzwerk Europäische Bewegung.
Siehe auch
- Deutsche Journalistinnen- und Journalisten Union (DJU)
- Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD)
- Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L)
- Bundesangestelltentarifvertrag (BAT)
Weblinks
- www.verdi.de Offizielle Seite
- Alle Geschäftsstellen der ver.di
- ver.di Jugend – Die offizielle Seite der ver.di Jugend
- verdi-bildungsportal.de Gewerkschaftliche Bildung
- verdi-bub.de Seminare, Bildung für gesetzliche Interessenvertreter/-innen
- ver.di-Geschichte
- Beratungsangebot mediafon für Selbstständige
- Interessenvertretung von Medienschaffenden
- Verdi-NEWS – der Infoservice für Aktive
- Verdi-Sommercamp – für Jugendliche der Bundesrepublik
- Mindestlohn09 – Kampagne für einen gesetzlichen Mindestlohn
Quellen und Einzelnachweise
- ↑ ver.di Bericht über Landesbezirkskonferenz vom 17. März 2007
- ↑ Alle ver.di-Bezirke und Geschäftsstellen. Abgerufen am 4. Januar 2009.
- ↑ Wahlergebnisse des Bundeskongresses 2007. 4. Oktober 2007. Abgerufen am 11. März 2008.
- ↑ Christoph B. Schiltz, Gernot Uhl: Verdi fehlen 59 Millionen Euro. In: WELT Online. 15. Oktober 2003. Abgerufen am 11. März 2008.
- ↑ Max Hägler: Mehr Geld und mehr Kontrolle der Funktionäre. In: taz. 22. Februar 2008. Abgerufen am 11. März 2008.
- ↑ Schwestern zahlen für Chefärzte. In: taz. 26. Juli 2006. Abgerufen am 11. März 2008.
- ↑ Impressum der gemeinsamen Website. Abgerufen am 1. September 2008.
- ↑ Tarifergebnis Öffentlicher Dienst 2008
- ↑ ver.di Bildung + Beratung
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