- Verrenkung
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Klassifikation nach ICD-10 T14.3 Luxation, Verstauchung und Zerrung an einer nicht näher bezeichneten Körperregion ICD-10 online (WHO-Version 2006) Eine Luxation (lat. luxare „verrenken“, engl: dislocation) oder Verrenkung (Verb verrenken, ausrenken oder auskugeln)[1] ist ein vollständiger oder unvollständiger (Subluxation) Kontaktverlust gelenkbildender Knochenenden. Als luxierter Knochen wird immer der körperfernere Knochen bezeichnet. Eine Luxation stellt grundsätzlich eine schwere Schädigung eines Gelenkes dar. Bei Kindern ist es möglich, dass das Gelenk weit über den normalen Bereich hinaus gedehnt wird. Außerdem sind beim wachsenden Skelett gelenknahe Knochenbrüche (Frakturen) wesentlich häufiger anzutreffen als Luxationen. Die Einteilung erfolgt in der Regel nach der Ursache der Luxation.
Eine Sonderform der traumatischen Luxation ist die Luxationsfraktur, bei der eine teilweise oder vollständige Luxation mit einer Fraktur eines der gelenkbildenden Knochenanteile verbunden ist.
Inhaltsverzeichnis
Traumatische Luxation
Die Ursache ist meist ein indirektes Trauma, beispielsweise ein Sturz auf den Arm. Am häufigsten ist die Schulterluxation, die mehr als 50 % aller traumatischen Luxationen ausmacht, gefolgt von der Ellenbogenluxation. Fast alle Gelenke können betroffen sein (auch Kieferluxation). An den Fingergelenken führen meist Überstreckverletzungen zur Luxation, häufiger beim Handball und Volleyball. Die Schultereckgelenk-Luxation entsteht am häufigsten beim Fahrradsturz (s. Bild). Selten kann auch direkter Zug eine Luxation auslösen, wie bei der kindlichen Radiusköpfchenluxation durch Zug am gestreckten pronierten Arm (Pronatio dolorosa Chassaignac).
Bei der Untersuchung bestehen eine Schonhaltung mit Funktionverlust und Schmerzen, gelegentlich eine Schwellung und ein Bluterguss. So genannte „sichere“ Luxationzeichen sind eine sichtbare Deformität, eine erkennbare leere Gelenkpfanne und abnorme Lage des Gelenkkopfes (an der Schulter oft sichtbar) und eine federnde Fixation. Aber auch bei einer scheinbar intakten Gelenkfunktion kann eine Luxation vorliegen.
Beweisend sind Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen, wobei seltene Formen (wie die hintere Schulterluxation) und kindliche Luxationen auch dabei schwer zu erkennen sind. Dann hilft eine Arthrografie (besondere Röntgentechnik mit Einbringen eines Kontrastmittels in das Gelenk) oder eine Computertomografie (CT).
Bei der traumatischen Luxation ist eine umgehende Reposition (Einrenkung) erforderlich. Diese sollte immer schonend und nicht brüsk oder mit großer Kraft erfolgen, da ansonsten die Gefahr von Nerven- und Gefäßschäden sowie Verletzungen des Gelenkes resultieren können. Ist eine Entspannung nicht möglich, erfolgt die Reposition in Analgosedierung oder Narkose. Anschließend muss die Reposition im Röntgen dokumentiert werden, danach erfolgt eine Ruhigstellung (an der Schulter z. B. im Gilchristverband) und ggf. weitergehende Untersuchungen zum Ausschluss von Verletzungen der Knochenanteile, der Gelenkkapsel, der Gelenklippe und der umgebenden Bänder.
Ist eine geschlossene Reposition nicht möglich oder liegt eine Kombination mit einem Knochenbruch (Luxationsfraktur) vor, erfolgt die Reposition operativ mit Eröffnung des Gelenkes (Arthrotomie, so genannte offene oder blutige Reposition). Operativ versorgt werden in der Regel auch verletzte Bandstrukturen (z. B. Seitenbänder) und begleitende Frakturen. Abbildung einer offenen Sprunggelenksluxationsfraktur.
Komplikationen sind vor allem Gelenkinstabilitäten durch Einriss der Gelenkkapsel und der umgebenden Bänder. Daraus können weitere Luxationen resultieren, bis hin zur habituellen Luxation (s. u.). Auch ein Ausriss der Gelenklippe (an der Schulter: Bankart-Läsion) kann zur Gelenkinstabilität führen, oft verbunden mit einem Gefühl der Unsicherheit und der Angst, das Gelenk wieder auszurenken. Instabilität und wiederholte Luxationen führen zu einer vorzeitigen Arthrose. Es können auch begleitende Frakturen auftreten, wie die Impressionsfraktur hinten am Oberarmkopf (Hill-Sachs-Läsion, oder Luxationsfrakturen. Durch eine gewalttätige Reposition können auch Schäden an Gefäßen und Nerven entstehen.
Eine Sonderform der traumatischen Hüftluxation ist die zentrale Hüftluxation. Bei starker, axialer Gewalteinwirkung auf den Oberschenkel, etwa bei Autounfällen mit hoher Geschwindigkeit und Stürzen aus großer Höhe wird der Hüftkopf durch die zerborstene Pfanne hindurch in das kleine Becken getrieben. Wie bei den Luxationsfrakturen ist eine operative Versorgung notwendig.
Habituelle Luxation
Meist durch eine traumatische Erstluxation ausgelöst, kommt es bei verbliebener Instabilität mit geringerer Gewalteinwirkung und schließlich ohne weiteren Unfallmechanismus zu wiederholten Luxationen, einer so genannten habituellen Luxation. Am häufigsten ist dies nach einer Schulterluxation und nach einer Luxation der Kniescheibe. Gelegentlich kann das Gelenk auf Aufforderung luxiert und selbständig reponiert (eingerenkt) werden (sog. willkürliche Luxation).
Angeborene Luxation
Hierbei liegt die Luxation bereits bei der Geburt vor oder entwickelt sich aus einer angeborenen Gelenkdysplasie. Am häufigsten ist die Hüftdysplasie bei etwa 1-2 % aller Neugeborenen und die angeborene Hüftluxation bei etwa 0,1 % aller Neugeborenen. Wesentlich seltener ist die angeborene Kniegelenkluxation. Alle Gelenke können betroffen sein, dies ist jedoch sehr selten.
Chronische Luxation
Bedingt durch chronische Erkrankungen oder Fehlstellungen entsteht eine zunehmende Gelenkdestruktion (Zerstörung), die schleichend über eine Subluxation zur vollständigen Luxation führt (Destruktionsluxation). Diese ist nicht schmerzhafter als die eigentlich zu Grunde liegende Erkrankung oder Fehlstellung. Eine alleinige Reposition ist meist nicht möglich und nicht sinnvoll, da es bei fehlender Stabilität umgehend zur erneuten Luxation kommt. Alle Gelenke können betroffen sein. Typische Beispiele sind:
- Fußfehlstellung mit Hallux valgus und Kontrakturen der kleinen Zehen (Hammerzehe, Krallenzehe).
- Durch einen Gelenkinfekt (septische Arthritis) ausgelöste Zerstörung des Gelenk-Band-Apparates.
- Rheumatisch bedingte Arthritis mit Zerstörung der Seitenbänder, des Halteapparates und der Gelenkkapsel (typisch an den Händen und Füßen).
- Bei schlaffen und spastischen Lähmungen schrittweise zunehmende Fehlstellung bis zur Luxation. Bei Spastik der Adduktorenmuskeln oft progrediente Hüftsubluxation.
- In Folge eines Gelenk nahen Tumors.
- Bei Osteonekrose mit konsekutiver Deformierung des benachbarten Gelenks, v. a. bei Hüftkopfnekrose. Meist kommt es nur zur Subluxation. Das schwerwiegendere Problem ist meist die Arthrose.
- Veraltete traumatische, nicht reponierte Luxation (am häufigsten Radiusköpfchenluxation bei Kindern).
Linsenluxation
Die Linsenluxation ist eine vollständige (Linsenektopie; ektopos = verlagert) oder teilweise (Linsensubluxation) Verlagerung der Linse (z. B. in die vordere Augenkammer). Sie kann angeboren (z. B. beim Marfan-Syndrom) oder durch einen Unfall erworben sein.
Zahnluxationen
In der Zahnmedizin wird als Luxation auch eine traumatisch bedingte abnorme Stellungsänderung eines Zahnes bezeichnet (Totalluxation, Subluxation, laterale Luxation...).
Auch werden die Bewegungen, mit deren Hilfe der Zahnarzt einen Zahn entfernt, als „Luxationsbewegungen“ bezeichnet.
Quellen
- K. L. Krämer, M. Stock. M. Winter: Klinikleitfaden Orthopädie. Gustav-Fischer-Verlag, Ulm 1997 (3. Aufl.)
- A. M. Debrunner: Orthopädie - Orthopädische Chirurgie. Verlag Hans Huber, Bern 1994 (3. Aufl.)
Siehe auch
Einzelnachweise
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