Verschlusssiegel

Verschlusssiegel
Siegel Johanns III. von Straubing-Holland (1422)
Zweiseitiges Siegel des englischen Königs Edward I. (1239–1307)

Das Siegel (von lat. sigillum, Bildchen) ist eine Form der Beglaubigung von Urkunden oder Sicherstellung (Verschluss) der Unversehrtheit von Gegenständen oder Behältnissen (Briefumschlag, Tür) mithilfe eines Siegelstempels oder, sphragistisch (siegelkundlich) korrekt, eines Typars, der in eine weiche, erhärtende Masse (Siegelklumpen aus Siegellack, Wachs, früher Ton etc.) gedrückt wird. Oft wird zwischen „Siegel“ als Abdruck und „Siegelstempel“ als Prägewerkzeug begrifflich nicht unterschieden. Für "Siegelstempel" kann auch der aus dem Slawischen stammende Begriff Petschaft (n. oder f.) benutzt werden.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliches

Rechtlich ist jedes dienstliche „Siegel“ einzigartig (gegenüber beliebig herstellbaren „Stempeln“ – es verhält sich hier ähnlich wie bei dem Unterschied zwischen Fahne und Flagge). Wer es führen darf, ist eigens geregelt. Der Siegelbruch, das unberechtigte Zerstören eines Siegels, das durch eine Behörde, einen Amtsträger oder sonst dienstlich angebracht wurde, ist in Deutschland strafbar (§ 136 Abs. 2 StGB). Ein unbrauchbar gewordener Siegelstempel einer Behörde darf nur unter Hinzuziehung eines Zeugen und mit einem entsprechenden Protokoll vernichtet werden.

Historisches

Die Briefsieglerin, Jean Siméon Chardin, um 1732

Die frühesten Stempelsiegel sind im Vorderen Orient seit der Djemdet-Nasr-Zeit belegt. Seit der Uruk-Zeit kamen Rollsiegel auf, die auch bei den Sumerern, Akkadern, Assyrern und Babyloniern üblich waren. Dies sind kleine Steinzylinder aus Onyx, Lapislazuli, Achat oder anderen Stoffen, in die Figuren und Inschriften eingraviert wurden. Die Größe schwankt zwischen 0,15 cm und 10 cm. Durch das Abrollen des Zylinders in eine weiche Masse (z.B. Ton) entsteht der charakteristische Siegelabdruck. Seit der Perser-Zeit werden wieder Stempelsiegel üblich.

Solche Siegelabdrücke (in Ton) finden sich außer bei den Sumerern, Assyrern und Babyloniern (Rollsiegel), später auch bei Griechen und Römern, von denen sie die Herrscher des Frühmittelalters übernahmen. Siegelführend waren zunächst Einzelpersönlichkeiten, später auch Körperschaften. Kaisersiegel finden sich in Byzanz seit dem 6. Jahrhundert, Papstsiegel seit dem 9. Jahrhundert. Im frühen und hohen Mittelalter siegelten Kaiser und Könige sowie Angehörige des Adels und der hohen Geistlichkeit, denen die Bürger seit dem 13. Jahrhundert folgten. Siegel geistlicher Korporationen finden sich seit dem 11. Jahrhundert, Städtesiegel seit dem Anfang des 12. Jahrhunderts (Trier 1113, Köln 1149).
Später gebrauchte man Metallsiegel („Bullen“) (aus Gold und Silber bei byzantinischen Kaisern, aus Blei bei Päpsten). Später siegelte man

  • mit rotem Wachs: (Kaiser, Könige), die das Recht hierzu auch anderen Fürsten verliehen, grundsätzlich nur bei (staatsrechtlichen) "Souveränen";
  • mit grünem Wachs: geistliche Stifter und Klöster;
  • mit weißem Wachs: Freie Reichsstädte;
  • mit schwarzem Wachs: der Patriarch von Jerusalem und die Großmeister der geistlichen Ritterorden; heute noch gel. bei Trauerbriefen.

Später traten die Oblaten (runde weiße Papierflächen) an die Stelle des Wachses und im 16. Jahrhundert der bekannte Siegellack, der hitzefester als Wachs ist. Seit dem 11. Jahrhundert wurde es üblich, bildliche Darstellungen (wie Wappen) in die Siegel einzubeziehen.

Siegellack, Siegel, Siegelstempel

Um Siegelmissbrauch zu verhüten, wurden die Siegelstempel im Mittelalter sorgfältig aufbewahrt. Die großen Siegel der Herrscher waren hohen Beamten anvertraut. Später wurde das Amt des Siegelbewahrers zum bloßen Titel (z.B. Lordsiegelbewahrer in England).

Formen von Siegeln

Mit einem Griff versehen, wird ein Siegel Petschaft genannt, gebräuchlicher und älter sind Siegelringe. Das Siegel kann auf die Urkunde gedrückt sein oder an einer Schnur oder einem Pergamentstreifen befestigt sein.

Andere Ausführungsformen mit Siegel-Funktion sind Aufkleber wie das Pfandsiegel (umgangssprachlich auch Kuckuck genannt), die an Kfz-Kennzeichenschildern angebrachte Zulassung-Prüfplakette, Plomben an Verschlüssen und Geräten, Sicherungsstempel an Meßgeräten.

Beispiele verschiedenartiger Siegel

Siegel im ostasiatischen Kulturkreis

Die chinesische Bezeichnung für Siegel lautet yín (印) oder túzhāng (图章). Die japanische Bezeichnung für Siegel ist Inkan (印鑑) oder Hanko (判子). Diese Siegel werden geschäftlich und privat eingesetzt und sind oft wichtiger als die eigenhändige Unterschrift. In manchen Fällen wird gar nur das Siegel als Beglaubigung akzeptiert.

Spezielle Siegel

Verwandte Themen

Literatur

1. Handbücher

  • Andrea Stieldorf: Siegelkunde. In: Hahnsche Historischen Hilfswissenschaften. 1, Hannover 2004, ISBN 3-7752-6132-X. 
  • Erich Kittel: Siegel. In: Bibliothek für Kunst- und Antiquitätenfreunde. 11, Braunschweig 1970 (mit umfangreicher Bibliographie S. 468–509). 
  • Wilhelm Ewald: Siegelkunde. In: Handbuch der mittelalterlichen und neueren Geschichte. 4, München-Berlin 1914 (Nachdruck München 1978). 
  • Egon von Berchem: Siegel. In: Bibliothek für Kunst- und Antiquitätensammler. 11, Berlin 1923. 
  • Michel Pastoureau: Les sceaux. In: Typologie des sources du moyen âge occidental. 36, Turnhout 1981, ISSN 0775-3381. 
  • Toni Diederich: Rheinische Städtesiegel. In: Jahrbuch Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e. V.. 1984/1985, Neuss 1984/1985, ISBN 3-88094-481-4, S. 25–149. 

2. Tafelwerke

  • Otto Posse: 751–1347. In: Die Siegel der deutschen Könige und Kaiser von 751–1806: 5 Bände. 1, Dresden 1909. 
  • Otto Posse: 1347–1493, und Fälschungen 752–1493. In: Die Siegel der deutschen Könige und Kaiser von 751–1806: 5 Bände. 2, Dresden 1910. 
  • Otto Posse: Text. In: Die Siegel der deutschen Könige und Kaiser von 751–1806. 5 Bände. 5, Dresden 1910 (auf Wikisource). 
  • Friedrich Philippi: Siegel. In: Urkunden und Siegel in Nachbildungen. 4, Berlin 1914. 
  • Wilhelm Ewald: Rheinische Siegel. In: Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. 27, Bonn 1906–1941 (6 Bände). 
  • Aldo Martini: Die Goldsiegelsammlung aus dem Geheimarchiv des Vatikans: Katalog der Ausstellung in der Bayerischen Landesbank München. 1989 (ohne Jahr und Ort). 
  • Pietro Sella: I sigilli dell'Archivio Segreto Vaticano. In: Inventari dell'Archivio Segreto Vaticano: Bände 1–3. 1, Vatikan 1937. 
  • Pietro Sella: I sigilli dell'Archivio Segreto Vaticano. In: Inventari dell'Archivio Segreto Vaticano: Bände 1–3. 2, Vatikan 1946. 
  • Pietro Sella: I sigilli dell'Archivio Segreto Vaticano. In: Inventari dell'Archivio Segreto Vaticano: Bände 1–3. 3, Vatikan 1964. 

3. Hilfsmittel

  • Vocabulaire international de la sigillographie. In: Pubblicazioni degli Archivi di Stato, Sussidi. 3, Rom 1990. 

4. Bibliographie

  • Eckart Henning, Gabriele Jochums: Bibliographie zur Sphragistik. Schrifttum Deutschlands, Österreichs und der Schweiz bis 1990. In: Bibliographie der Historischen Hilfswissenschaften. 2, Köln 1995, ISBN 3-412-08695-9. 

Weblinks


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