Verwandtschaftsformel

Verwandtschaftsformel

Die Verwandtschaftsbeziehung drückt die Art der Verwandtschaft oder im weiteren Sinne auch der Schwägerschaft von Personen aus. In den verschiedenen Kulturen haben sich hierfür mehr oder weniger komplexe Schemata entwickelt, gekennzeichnet durch eigene sprachliche Bezeichnungen für den jeweiligen Verwandtschaftstyp.

Gewöhnliches europäisches Verwandtschaftssystem mit Verwandtschaftsgraden

Inhaltsverzeichnis

Bezeichnungen für familiäre Beziehungen

Die hier erläuterten deutschen Verwandtschaftstermini sind kulturell geprägt und entsprechen im Wesentlichen dem heute in den meisten westlichen Gesellschaften vorherrschenden „Eskimo-System“. Dieses ist eines der sechs Hauptsysteme der Verwandtschaft, die von Henry Lewis Morgan in Systems of Consanguinity and Affinity of the Human Family (1871) identifiziert wurden. Es unterscheidet nicht zwischen matrilateralen und patrilateralen Verwandten, d. h. zwischen Verwandten auf der mütterlichen und der väterlichen Seite. Zum Beispiel geht aus dem Begriff Tante nicht hervor, ob es sich um eine Schwester der Mutter oder eine Schwester des Vaters handelt. In anderen Systemen gibt es zwei unterschiedliche Bezeichnungen für Tante, die man mit Mutterschwester bzw. Vaterschwester übersetzen könnte und die genau diesen Unterschied deutlich machen. Das „Eskimo-System“ ist u. a. aus diesem Grund weniger differenziert als ein deskriptives System wie das im Alten Rom bzw. heute u. a. in der Türkei oder China verbreitete „Sudan-System“.

Weiterhin wird bei der Angabe der Verwandtschaftsgrade im Folgenden davon ausgegangen, dass es keine Zeugung oder Heirat zwischen bereits Verwandten gibt.

Eltern

Das Wort Eltern ist meist die Bezeichnung für die direkten Vorfahren einer Person. Im Falle einer Adoption wird auch von Adoptiveltern gesprochen. Allgemein wird unterschieden zwischen biologischer Elternschaft, juristischer Elternschaft und sozialer Elternschaft. Das Wort „Eltern“ ist nur im Plural gebräuchlich; es ist eine Lenition von „Älteren“, aber der Singular „Elter“ oder „Ältere(r)“ wird kaum verwendet: Der Singular ist daher meist „Elternteil“. Eltern sind dennoch immer zwei, und zwar Vater und Mutter; in der homosexuellen Regenbogenfamilie werden andere Lösungen versucht.

In Deutschland gilt der mit der Mutter verheiratete Mann als Vater, solange die Vaterschaft nicht erfolgreich angefochten wurde (§§ 1592 ff BGB). Eltern sind die gesetzlichen Vertreter und Sorgeberechtigte ihrer minderjährigen Kinder (§§ 1626 ff BGB); in Ausnahmefällen (beispielsweise beim Tod der Eltern, Erziehungsunfähigkeit usw.) kann das zuständige Gericht das Sorgerecht entziehen bzw. einen Vormund bestellen.

Ehepartner

Der Ehepartner ist die angeheiratete Person (siehe Ehe). Bei Monogamie hat eine Person maximal einen Ehepartner, bei Polygamie mehrere. Der männliche Ehepartner wird als Ehemann, der weibliche als Ehefrau bezeichnet. Die Eheschließung begründet keine Verwandtschaft der Ehepartner. Diese sind in der Regel auch nicht blutsverwandt. Der Ehepartner vermittelt aber die Schwägerschaft (siehe: Verwandtschaft (Recht)).

Etwas älter sind die Begriffe Ehegatte für Ehemann und Ehegattin für Ehefrau. Im Plural werden die Wörter Ehegatten und Eheleute verwendet.

Lebenspartner

Der Lebenspartner (in der Schweiz: eingetragener Partner) ist in der Rechtssprache die Person des gleichen Geschlechts, mit der man eine Lebenspartnerschaft geschlossen hat. Die weibliche Form ist Lebenspartnerin.

Die Voraussetzungen für die Begründung einer Lebenspartnerschaft sind dieselben wie bei Ehepaaren. Sie müssen auch die gleichen Papiere dem Standesbeamten vorlegen, aus denen hervorgeht, dass sie in keiner ungesetzlichen Weise zum Zwecke der Partnerschaftsbegründung miteinander verwandt sind. Infolge der Lebenspartnerschaft bestehen unter den verpartnerten Familien die gleichen Schwägerschaften wie bei der durch die Ehe verbundene Familien (siehe: Verwandtschaft (Recht)).

Auch bei der Begründung der Lebenspartnerschaft sind bei der standesamtlichen Zeremonie zwei Trauzeugen zugelassen.

Die eingetragenen Lebenspartner dürfen genauso wie Ehepaare einen gemeinsamen Familiennamen wählen oder ihren Geburtsnamen behalten.

Die Begriffe Gatte und Gattin werden neuerdings manchmal auch bei Lebenspartnern verwendet, kommen aber in keinen gesetzlichen Regelungen vor. In Lebenspartnerschaften bezeichnen sich die Beteiligten auch als „mein Freund“ bzw. „meine Freundin“.

In anderen Ländern steht die eingetragene Lebenspartnerschaft teils auch nicht gleichgeschlechtlichen Paaren offen und bildet so eine alternatives Rechtsinstitut zur Ehe.

Die Bezeichnung Lebenspartner war vor Einführung der gesetzlichen, gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft und ist auch weiterhin für heterosexuelle Partner und Partnerinnen üblich, die in eheähnlicher Gemeinschaft leben, im Volksmund „wilde Ehe“ genannt. Juristen verwenden für diese nichtehelich verbundenen, aber nicht eingetragenen Personen den Begriff Lebensgefährte.

Kinder

Die Kinder sind die direkten Nachkommen einer Person. Ein männliches Kind wird als Sohn, ein weibliches als Tochter bezeichnet. Zu den Kindern besteht eine Verwandtschaft ersten Grades. Auch Adoptivkinder gelten als verwandt, während die rechtliche Verwandtschaft zu den leiblichen Eltern durch eine Adoption grundsätzlich aufgehoben wird (nur das Ehe- bzw. Lebenspartnerschaftsverbot bleibt bestehen).

Geschwister

Geschwister sind weitere gemeinsame Kinder der Eltern oder Kinder der Mutter oder des Vaters mit einem anderen Partner (Halbgeschwister) oder auch Kinder von neuen Ehepartnern oder eingetragenen Lebenspartnern (Stiefgeschwister) der Eltern. Die männliche Form ist Bruder, die weibliche Schwester.

In manchen Sprachen, etwa im Hochchinesischen, Türkischen oder im Ungarischen, wird nicht nur zwischen weiblichen und männlichen, sondern auch zwischen älteren und jüngeren Geschwistern unterschieden. „Ältere Schwester“ heißt im Hochchinesischen 姐姐 (jiějie), „jüngere Schwester“ 妹妹 (mèimei), „älterer Bruder“ 哥哥 (gēge) und „jüngerer Bruder“ 弟弟 (dìdi). „Ältere Schwester“ heißt im Türkischen (Abla), „jüngere Schwester“ (Kızkardeş), „älterer Bruder“ (Abi) und „jüngerer Bruder“ (Erkekkardeş). „Ältere Schwester“ heißt im Ungarischen (nővér), „jüngere Schwester“ (húg), „älterer Bruder“ (bátya) und „jüngerer Bruder“ (öcs).

Geschwister sind in rechtlichem Sinne Verwandte zweiten Grades (zwei vermittelnde Geburten). Vollbürtige Geschwister haben die identischen Vorfahren, halbbürtige Geschwister haben entweder Vater oder Mutter gemeinsam.

Das Wort Geschwister ist ausschließlich im Plural gebräuchlich (Pluraletantum). Für den Singular wird manchmal das Wort (das) Geschwist verwendet.

Zur Frage der Stellung eines Kindes im Verhältnis zu seinen Geschwistern und die Auswirkungen dieser Stellung siehe Geschwisterkonstellationen.

Siehe auch: Gebrüder und Milchgeschwister.

Onkel und Tante

Als Onkel (männlich) beziehungsweise Tante (weiblich) bezeichnet man folgende Personen:

  • Geschwister der Eltern: Diese sind Verwandte dritten Grades (deren Verwandtschaft durch die Großeltern vermittelt wird). Der Onkel zweiten Grades ist der Cousin ersten Grades des Vaters/der Mutter. Von Onkeln/Tanten dritten Grades spricht man im Allgemeinen nicht mehr. Dieses wären die Cousins zweiten Grades des Vaters bzw. der Mutter. In Großfamilien werden weiter entfernte Verwandte ohne Angabe eines Grades als Cousins oder Cousinen bezeichnet.
  • Umgangssprachlich auch: Ehe- und Lebenspartner der Geschwister der Eltern: Diese sind im dritten Grad verschwägert.

Eine veraltete Bezeichnung für Onkel ist Oheim, Ohm oder Öhm. Während aber Onkel sowohl den Bruder des Vaters als auch den der Mutter bezeichnet, bedeutet Oheim ursprünglich nur den Bruder der Mutter bzw. den Ehemann der Schwester der Mutter. Dem Oheim entsprach früher die Muhme oder auch Base für die Schwester der Mutter, bzw. die Frau des Bruders der Mutter. Bevor Onkel und Tante aus dem französischen in den deutschen Sprachgebrauch kamen, wurden für Bruder und Schwester des Vaters die Bezeichnungen Vetter und Base verwendet, welche später für deren Kinder benutzt wurden. Vetter und Base wurde und wird noch (regional) für entferntere Verwandte verwendet. „Der Vetter aus Dingsda“ ist der entfernte Verwandte von Irgendwo. Bekannt geworden ist der Begriff durch die erfolgreiche gleichnamige Operette von Eduard Künneke.

Kinder werden bisweilen dazu angeleitet, auch nicht verwandte Personen wie beispielsweise Freunde der Eltern/Nachbarn oder Erzieherinnen Onkel beziehungsweise Tante zu nennen. Häufig werden dabei aber die nicht Verwandten nur mit Onkel und Tante Name angesprochen. Diese Onkel werden häufig auch als Nennonkel bezeichnet.

(Tauf-)Paten werden, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad, häufig als Onkel bzw. Tante („Patenonkel“, „Patentante“) bezeichnet und angesprochen. Nach kanonischem Recht bestand bis 1983 zwischen dem Täufling und den Taufpaten ein Eheverbot. Seit Inkrafttreten des CIC 1983 besteht dieses Eheverbot nicht mehr. Dieses Beispiel macht deutlich, dass Verwandtschaft nicht nur etwas mit einer reinen sexualisierten und blutsmäßigen Verbindung zwischen Menschen gemein hat, sondern vielmehr eine vielschichtige, von unterschiedlichen Interpretationen gerichtete Gemeinschaft unter Menschen definiert und bezeichnet.

Neffe und Nichte

Als Neffen (männlich) bzw. Nichten (weiblich) bezeichnet man die Kinder der Geschwister. Als Neffen und Nichten werden darüber hinaus auch die Kinder des Schwagers oder der Schwägerin bezeichnet, mit denen man also nicht verwandt, sondern verschwägert ist.

Das französische Wort Neveu für Neffe, bis ins 20. Jahrhundert nicht ungewöhnlich, ist im Deutschen seither abgekommen (vgl. Nepos), in der Schweiz jedoch noch immer gebräuchlich.

Allgemeiner bezeichnet man mit Neffe bzw. Nichte Verwandte in der Seitenlinie der nächstfolgenden Generation:

  • Neffe 1. Grades = Sohn von Schwester oder Bruder
  • Neffe 2. Grades = Sohn von Cousine 1. Grades oder Cousin 1. Grades. (die eigenen Großeltern sind die Urgroßeltern des Neffen 2. Grades)
  • Neffe 3. Grades = Sohn von Cousine 2. Grades oder Cousin 2. Grades. (die eigenen Urgroßeltern sind die Ururgroßeltern des Neffen 3. Grades)

Diese Beispiele gelten analog für die weiblichen Formen (Nichte).

Vetter und Base

Definitionen

Ein Vetter oder Cousin ersten Grades ist das männliche, eine Base, Cousine oder Kusine (eingedeutscht) ersten Grades das weibliche Kind eines verwandten, also nicht nur angeheirateten Onkels oder einer ebensolchen Tante. Anders ausgedrückt handelt es sich um die Neffen und Nichten der eigenen Eltern. Mit Vettern und Basen ersten Grades ist man juristisch im vierten Grad verwandt (vgl. § 1589 S. 3 BGB); „erster Grad“ bedeutet hier, dass es sich um ein Kind eines Onkels oder einer Tante handelt und nicht um einen weiter entfernten Verwandten in der Seitenlinie.

In der römisch-katholischen Kirche stellt die Verwandtschaft zwischen Vettern und Basen ersten Grades ein Ehehindernis (Verwandtenheirat) dar, von welchem aber dispensiert werden kann. Im Zivilrecht der meisten Länder (Ausnahmen: einige US-Bundesstaaten, Korea, die Philippinen und viele Balkan-Länder) ist die Ehe zwischen Vetter und Base erlaubt. In einigen Kulturen ist die Kreuzkusinenheirat sogar die bevorzugte Eheform.

Angabe eines Grades

Verwandtschaftsgrad: Die Angabe eines Grades bei Vettern und Basen ist zwar relativ üblich, aber selten korrekt, da der richtige Gebrauch solcher Bezeichnungen weitgehend unbekannt ist. Oft wird pauschal – und falsch – die Bezeichnung „Großcousin“ für alle etwas weiter entfernten Verwandtschaftsgrade – auch beispielsweise Nichten und Neffen verschiedener Grade – verwendet. Jeder Grad über eins hinaus erhöht dabei die älteste in der Verwandtschaftsbeziehung enthaltene Generation um eins, ohne die Generationen der verglichenen Personen zu ändern. Das heißt, dass Vettern eines gewissen Grades immer in derselben Generation (einer bestimmten Ahnenlinie) stehen. Die folgenden, die Seitenlinie betreffenden Gradangaben sind nicht identisch mit der juristischen Definition des Verwandtschaftsgrads.

Probanden Elternteile Erste, gemeinsame Vorfahren Generation Verwandtschaftsgrad
Geschwister identisch Eltern 0 2
Vetter/Base (1. Grades) Geschwister Großeltern 1 4
Vetter/Base 2. Grades Vetter/Base Urgroßeltern 2 6
Vetter/Base 3. Grades Vetter/Base 2. Grades Ururgroß-/Alteltern 3 8
Vetter/Base n. Grades Vetter/Base (n−1). Grades Urn−1-Großeltern n 2·(n+1)
Vetter/Base (n+1). Grades Vetter/Base n. Grades Urn-Großeltern n+1 2·(n+2)

Beispiele:

  • Eine Base zweiten Grades ist die Tochter des Vetter eines Elternteils. Für eine derartige Verwandtschaftsbeziehung sind regional auch die Bezeichnungen „Großcousin(e)“ und „Kleincousin(e)“ gebräuchlich. Die gemeinsamen Vorfahren sind die Urgroßeltern.
  • Ein Vetter dritten Grades: Mit diesem hat man einen gemeinsamen Ur-Urgroßvater. Zum besseren Verständnis: Der Ur-Urgroßvater hat zwei Kinder, diese sind Geschwister, die Kinder der Geschwister sind Vettern und Basen ersten Grades, die Kinder dieser Vettern und Basen sind Vettern und Basen zweiten Grades verwandt, deren Kinder Vettern und Basen dritten Grades. Gezählt werden also die Generationen.
  • Geschwister könnten nach der Systematik als Vettern und Basen „nullten Grades“ bezeichnet werden.

Mit zunehmender Generationenzahl wird eine Gradangabe bei Vettern und Basen nicht mehr verwendet; man spricht dann nur noch von Ahnengemeinschaften.

Schwager, Schwägerin

Als Schwager oder Schwägerin bezeichnet man

  1. den Ehepartner eines Bruders oder einer Schwester,
  2. die Geschwister eines Ehepartners.

Schwäger und Schwägerinnen sind nicht im eigentlichen Sinne verwandt, sondern verschwägert. Ungebräuchlich wurden die Bezeichnung für die Geschwister von Schwagern und Schwägerinnen: Schwagersbruder und Schwagersschwester....

Genaueres findet sich im Artikel Schwägerschaft.

Siehe auch: Schwippschwager (die Beziehung zwischen einem Geschwisterteil des einen Ehepartners zu einem Geschwisterteil des anderen Ehepartners oder die Beziehung zwischen Ehepartnern von Geschwistern).

Wortbildung

Groß-

Durch Verwendung der Vorsilbe Groß- wird in der Regel eine Verwandtschaftsbeziehung im Abstand von zwei Generationen bezeichnet.

Gebräuchlich ist Groß-Verwandter um einen entsprechenden Verwandten der eigenen Eltern zu bezeichnen:

  • Großeltern = Die Eltern der Eltern,
  • Großmutter = Die Mutter eines Elternteils, umgangssprachlich auch Oma oder Omi, Großmama, Omama (Süddeutschland), Ahnl bzw. Ahna, Nahni (Alpen), Gromu, Grosi (Schweiz),
  • Großvater = Der Vater eines Elternteils, umgangssprachlich auch Opa oder Opi, Opapa (Süddeutschland), Ähnl bzw. Ehni, Nehni (Alpen),
  • Großtante = Eine Tante eines Elternteils,
  • Großonkel = Ein Onkel eines Elternteils,
  • Großcousin = Cousin eines Elternteils

Gebräuchlich ist Groß-Verwandter, ebenfalls um das Kind eines entsprechenden Verwandten zu bezeichnen:

  • Großkind = Kind des Kindes = Enkele (schweizerisch)
  • Großneffe/Großnichte = Sohn/Tochter eines Neffen oder einer Nichte
  • Großcousin = Sohn von Cousin oder Cousine

Die Begriffe Großcousin und Großcousine werden uneinheitlich benutzt und weichen von obigem Schema (2-Generationen-Abstand) ab. Sie bezeichnen Verwandte aus der nächst älteren, der gleichen oder der nächst jüngeren Generation. Dabei handelt es sich entweder um

  • einen Sohn oder eine Tochter von Großtante und Großonkel, also einen Cousin oder eine Cousine eines Elternteils (ein Onkel bzw. eine Tante 2. Grades) [1] oder um
  • einen Sohn oder eine Tochter von einer Tante/einem Onkel 2. Grades (ein Cousin bzw. eine Cousine 2. Grades) [2] oder um
  • einen Sohn oder eine Tochter eines Cousins bzw. einer Cousine (Neffe/Nichte 2. Grades)[3]

Der Begriff wird auch gerne verwendet, wenn der Verwandtschaftsgrad im Bereich von Cousin- und Nichten/Neffengraden nicht genau bekannt ist. Wirklich nötig wäre er nicht, denn die o. g. Verwandtschaftsgrade zum Großcousin werden, wie dargestellt, durch andere Verwandtschaftsbeziehungen abgedeckt.

Enkel-

Der Wortbestandteil Enkel- bezeichnete ursprünglich die Verwandtschaftsbeziehung von den Kindern ausgehend:

  • Enkelkinder = Die Kinder eines Kindes, in der Schweiz auch Großkind,
  • Enkelsohn = Der Sohn eines Kindes, auch Großsohn.
  • Enkeltochter = Die Tochter eines Kindes, auch Großtochter.

Heutzutage benutzt man auch einfach die selbstständigen Begriffe

  • Enkel = Enkelkinder/Enkelsohn,
  • Enkelin = Enkeltochter.

Enkel stammt aus dem Althochdeutschen Wort eninchili, was übersetzt „der kleine Ahn“ bedeutet. Dies weist auf einen früheren Glauben an eine sippengebundene Wiedergeburt hin.

Schwieger-

Der Wortbestandteil Schwieger- bezeichnet keine Verwandtschaft, sondern eine Schwägerschaft. Es handelt sich um die Verwandten des Ehe- oder Lebenspartners.

  • Schwiegermutter = die Mutter des Ehepartners.
  • Schwiegervater = der Vater des Ehepartners.
  • Schwager = entweder der Bruder des Ehepartners oder der Mann der Schwester (Bruders).
  • Schwägerin = entweder die Schwester des Ehepartners oder die Frau des Bruders (Schwester).
  • Schwiegeronkel/-tante = Onkel oder Tante des Gatten

Ur-

Die Vorsilbe Ur- wird nur vor Groß- oder Enkel- verwendet, kann aber mehrfach vorgesetzt werden. Jedes Ur- verschiebt den Ausgangspunkt der Verwandtschaftsangabe um einen Schritt in die entsprechende Richtung.

Beispiele:

  • Ur-Großmutter = Die Mutter einer Großmutter oder eines Großvaters.
  • Ur-Ur-Großmutter = Die Mutter einer Urgroßmutter oder eines Urgroßvaters. Ein Ururgroßvater wird auch Altvater genannt.
  • Urenkel = Entweder die Kinder eines Enkels (Plural) oder auch der Sohn eines Enkels (Singular; auch: „Ur-Enkelsohn“). Ur-Enkel wird zuweilen auch für beliebige Nachfahren der Enkel benutzt.
  • Ur-Enkelin = Die Tochter eines Enkels (oder auch „Ur-Enkeltochter“).
  • Ur-Ur-Enkel(sohn) = Enkel(sohn) eines Enkelkindes.

Als Urahn bezeichnet man einen beliebigen Vorfahren der Großeltern. Darüber hinaus gibt es in der Genealogie spezielle Bezeichnungen für die Generationen, um die Verwendung von Urur-, Ururur-, Urururur- usw. zu umgehen.

Halb-

Die Vorsilbe Halb- bezeichnet, dass eine Verwandtschaftsbeziehung nur über einen Vorfahren der ältesten enthaltenen Generation läuft anstatt über beide. Gebräuchlich ist diese Vorsilbe allerdings nur bei direkten Geschwistern und wird dann gebraucht, wenn diese Besonderheit der Beziehung hervorgehoben werden soll.

Ein Halbbruder ist damit ein Bruder, mit dem die betrachtete Person lediglich einen Elternteil gemeinsam hat. Entsprechendes gilt für eine Halbschwester. Um ihre Verwandtschaftsbeziehung von (vollbürtigen) Geschwistern abzuheben, werden Halbgeschwister auch als halbbürtige Geschwister bezeichnet. Die mitunter vorkommende Bezeichnung „Stiefgeschwister“ ist hier hingegen falsch.

Halbgeschwister dürfen in Deutschland in keinem Fall heiraten und die Begründung einer Lebenspartnerschaft zwischen ihnen ist nicht zulässig, im Gegensatz zu Stiefgeschwistern, da diese kein gemeinsames Elternteil haben.

Die Vorsilbe ist jedoch auch im allgemeineren Zusammenhang verwendbar. Ein Halbonkel ist beispielsweise gemäß obiger Definition der Halbbruder eines Elternteils, ein Halbcousin dessen Sohn. Weibliche Bezeichnungen gelten entsprechend.

Stief-

Die Vorsilbe Stief- bezeichnet eine nicht verwandte Person, mit der man durch die Ehe oder Lebenspartnerschaft eines Elternteils verschwägert ist. Eine Stiefmutter ist eine spätere Ehefrau des Vaters. Desgleichen ist ein Stiefvater ein späterer Ehemann der Mutter. Stiefelternverhältnisse können auch für nichteheliche Kinder entstehen. Der Begriff „Stiefeltern“ gilt jedoch nicht für Adoptiveltern.

Adoptiv-

Der Wortbestandteil Adoptiv- bezeichnet eine durch Adoption begründete Verwandtschaft. Man kann sowohl leiblich verwandte als auch leiblich nicht verwandte Personen adoptieren. Letzteres ist der Regelfall. Nicht leiblich verwandte Adoptivkinder nehmen rechtlich den Platz einer verwandten Person in einer Adoptivfamilie ein. So ist ein Adoptivkind zwar nicht leiblicher Verwandter seiner Adoptivfamilie, aber einem leiblichen Kind der Adoptivfamilie gleichgestellt, das bedeutet beispielsweise mit den Verwandten der Adoptiveltern – genau wie ein leibliches Kind – erbrechtlich verwandt. Gleichzeitig wird es auch durch die Adoption mit anderen (leiblichen oder ebenfalls adoptierten) Kindern verwandt, was u. U. gerade bei älteren Kindern zu Problemen führen kann (Eheverbot, Lebenspartnerschaftsverbot).

In Familien, die in den Deutschen Adelsverbänden organisiert sind, ist dies anders: Das (ehemalige) Adelsrecht, das noch auf Vereinsebene Anwendung findet, unterscheidet streng zwischen leiblichen und adoptierten Mitgliedern einer Familie, diese Unterscheidungen sind aber nur im Rahmen der Vereinsregelungen verbindlich. So heißt beispielsweise rechtlich die Adoptivtochter von Heinrich Graf Wasserstein mit Nachnamen „Gräfin Wasserstein“ (wenn sie nicht den Namen der [Adoptiv-]Mutter führt), ob dies nun vom Adelsverband gebilligt wird oder nicht.

Im umgekehrten Fall ist ein Adoptivkind in rechtlicher Hinsicht nicht mehr mit seinen leiblichen Verwandten, der Herkunftsfamilie, verwandt (nur die Ehe- und Lebenspartnerschaftsverbote bleiben bestehen). Die Adoptivfamilie nimmt rechtlich den Platz der Herkunftsfamilie ein. Wenn ein Adoptivkind von seiner (leiblichen) „Mutter“ spricht ist dies zwar biologisch korrekt, aber aus rechtlicher Sicht streng genommen inkorrekt.

Bei Volljährigenadoptionen und bei Adoptionen naher Verwandter gelten jedoch teilweise abweichende Regeln.

Wenn keine Adoption stattgefunden hat, sondern ein dauerhaftes Pflegeverhältnis besteht, wird die Vorsilbe Pflege- verwendet, also Pflegeeltern und Pflegekind.

Grade der Verwandtschaft

Verwandtschaftsbezeichnungen und -grade für Männer nach altem Kirchenrecht (links unten) und neuem Kirchenrecht bzw. nach bürgerlichem Recht (rechts unten)

Der Verwandtschaftsgrad definiert die Nähe der Verwandtschaft einer Person zu einer anderen.

Gemäß der Legaldefinition des § 1589 Abs. 1 Satz 3 BGB bestimmt sich der Grad der Verwandtschaft nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten, was der medizinischen Verwandtschaftsformel sehr nahe kommt. Gleiches gilt für die Bestimmung des Grades der Schwägerschaft, da die Definition des § 1590 Abs. 1 Satz 2 BGB auf der des § 1589 Abs. 1 Satz 3 BGB aufbaut.

Anders als konkrete Verwandtschaftsbezeichnungen (Vater, Mutter, Schwester, Bruder, Onkel, Urgroßtante usw.) gibt die Bezeichnung nach Graden aus sich heraus Auskunft über die Verwandtschaftsnähe. Die eigenen Kinder und Eltern sind Verwandte ersten Grades (eine vermittelnde Geburt), Großeltern, Enkelkinder und Geschwister solche zweiten Grades (zwei vermittelnde Geburten), Onkel, Tanten, Neffen und Nichten (drei vermittelnde Geburten) sind im dritten Grad verwandt und so weiter.

Im kanonischen Recht der katholischen Kirche verwendete man bis 1983 eine andere Art der Bestimmung des Verwandtschaftsgrades: In direkter Linie entsprach der Verwandtschaftsgrad dem bürgerlichen Recht, in der Seitenlinie wurden die Generationen bis zum gemeinsamen Vorfahr gezählt. Der Verwandtschaftsgrad war dann die größere der beiden Zahlen. Onkel und Nichte sind somit ebenso wie Cousin und Cousine im zweiten Grade verwandt.

Der Begriff des Verwandtschaftsgrades dient insbesondere in der Genealogie, der Medizin (etwa bei der Erforschung von Erbkrankheiten) und der Jurisprudenz (beispielsweise bei den Regeln über das Zeugnisverweigerungsrecht oder den Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes) der abstrakten Bezeichnung von Verwandtschaftsbeziehungen einzelner Personen. Im Erbrecht hingegen wird die Verwandtschaftsbeziehung nach Ordnungen gegliedert.

Allgemeine Verwandtschaftstafel

Allgemeine Verwandtschaftstafel


Literatur

  • Ernst Erhard Müller: Großvater, Enkel, Schwiegersohn – Untersuchungen zur Geschichte der Verwandtschaftsbeziehungen im Deutschen. Carl Winter Universitätsverlag, Heidelberg 1979, ISBN 3533027287. 

Siehe auch

AhnentafelFamilieMater semper certa estStieffamilieRegenbogenfamilieWitweStammbaumMittelkindSpitzenahnErbenordnung

Weblinks


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