Verwirklichungstendenz

Verwirklichungstendenz

Propensität, Inklination, Neigung oder Verwirklichungstendenz ist eine ursprünglich von Karl Popper vorgeschlagene objektive Interpretation von Wahrscheinlichkeit. Popper entwickelte sie zur Lösung des Problems der Interpretation der Quantenphysik. In der Propensitätsintepretation ist Wahrscheinlichkeit ein Maß für die Tendenz einer Versuchsanordnung, ein bestimmtes Ergebnis zu produzieren.

Der Propensitätsinterpretation gegenüber steht die subjektive Theorie des Bayesianismus, die Wahrscheinlichkeiten als Grade des Glaubens interpretiert, und die objektive Häufigkeitstheorie, bei der sich Wahrscheinlichkeiten auf die relative Häufigkeit des Auftretens eines Ereignisses in einer Folge von Wiederholungen bezieht. Der Vorteil der Propensitätsinterpretation gegenüber dem Bayesianismus ist ihre Objektivität (d.h. sie macht eine Aussage über die reale Welt selbst, keine Aussage über den Glauben einer Person über ihre Beschaffenheit). Im Gegensatz zur Häufigkeitsinterpretation macht sie die Existenz von Wahrscheinlichkeiten für Einzelfälle sinnvoll verständlich.

Propensitäten sind für Popper verallgemeinerte Kräfte und somit reale Eigenschaften von physikalischen Systemen. Sie können nicht einzelnen Objekten zugeschrieben werden: Wenn zwei Würfel betrachtet werden, von denen einer eine Unwucht hat, dann unterscheiden sich auf der Erde die Propensitäten beider Würfel, nach einem Wurf mit 6 oben zu landen. Bei einem Versuch in der Schwerelosigkeit sind die Propensitäten für dieselben beiden Würfel hingegen gleich.

Literatur

  • Karl Popper: Eine Welt der Propensitäten (Mohr Siebeck, 1995), ISBN 3-16-146208-4.
  • David Miller: Objective probabilities. Critical Rationalism (Open Court, 1994), ISBN 0-8126-9198-9.
  • Karl Popper: Die Quantentheorie und das Schisma der Physik (Mohr Siebeck, 2001), ISBN 3-16-147568-2
  • Antony Eagle: 21 Arguments Against Propensity Analyses of Probability. Erkenntnis 60 (2004).

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Messproblem — Eine Konsequenz der Quantenmechanik: Dichten der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons im Wasserstoffatom in verschiedenen Zuständen. Die Quantenmechanik, auch unscharf (neue) Quantentheorie oder „Quantenphysik“ genannt, ist eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Meßproblem — Eine Konsequenz der Quantenmechanik: Dichten der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons im Wasserstoffatom in verschiedenen Zuständen. Die Quantenmechanik, auch unscharf (neue) Quantentheorie oder „Quantenphysik“ genannt, ist eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Quantentheorie — Eine Konsequenz der Quantenmechanik: Dichten der Aufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons im Wasserstoffatom in verschiedenen Zuständen. Die Quantenmechanik, auch unscharf (neue) Quantentheorie oder „Quantenphysik“ genannt, ist eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Interpretationen der Quantenmechanik — beschreiben die physikalische und metaphysische Bedeutung der Postulate und Begriffe, aus welchen die Quantenmechanik aufgebaut ist. Neben der ersten – und bis heute (2011) dominierenden – Kopenhagener Interpretation wurden seit… …   Deutsch Wikipedia

  • Propensität — Propensität, Inklination, Neigung oder Verwirklichungstendenz ist eine von Karl Popper vorgeschlagene objektivistische Interpretation von Wahrscheinlichkeit, zu der sich bereits bei Peirce Skizzen finden lassen. Popper entwickelte sie, um das… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”