Villard-Vervielfacherschaltung

Villard-Vervielfacherschaltung
Hochspannungskaskade nach Heinrich Greinacher
Hochspannungs-Kaskade in einem älteren Fernsehempfänger

Eine Hochspannungskaskade (andere Bezeichnung: Cockcroft-Walton-Generator oder Villard-Vervielfacherschaltung) ist eine Schaltung, die durch Vervielfachung und Gleichrichtung einer Wechselspannung eine hohe Gleichspannung - bis zu einigen Megavolt - erzeugt. Sie beruht auf der Villard-Schaltung, welche hierzu mehrfach hintereinander geschaltet (kaskadiert) wird.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Schaltung einer Hochspannungskaskade

Den Konstrukteuren John Cockcroft und Ernest Walton gelang es mit einer solchen Kaskade, Ionen auf hohe Energien zu beschleunigen und so kernphysikalische Experimente durchzuführen.

Die Kaskade liefert, je nach Anzahl der Dioden und Kondensatoren, eine theoretisch beliebig hohe Ausgangsspannung (Merkregel: Ausgangsspannung = Scheitelspannung U0 des Transformators mal Anzahl n der Dioden). Praktisch ist jedoch dadurch eine Grenze gesetzt, dass die Kondensatoren in Reihe geschaltet sind, wodurch mit wachsender Zahl von Kondensatoren die Kapazität immer kleiner wird. Hierdurch bricht die Ausgangsspannung schließlich bereits bei minimaler Stromentnahme zusammen. Ein Vorteil besteht darin, dass trotz der hohen Ausgangsspannung jeder Kondensator nur eine Spannungsfestigkeit von 2U0 aufzuweisen braucht.

Funktion und Aufbau

Die Funktionsweise wird nachfolgend an einer zweistufigen Kaskade erläutert. Die Farben symbolisieren die Polarität (rot=plus, blau=minus). Die Kondensatoren mit ungerader Nummer bilden die so genannte Schubsäule, die mit gerader Nummer die Glättungssäule.

bild:Hochspannungskaskade_Funktion.PNG
Simulation der einstufigen Villardkaskade‎

Die Spannungen sind auf den unteren Anschluss des Transformators bezogen, der also immer 0 V darstellt. Am Ausgang des Transformators wird eine Scheitelspannung Us von 100 V angenommen. Die folgende Erklärung stellt eine Vereinfachung des Vorgangs zum besseren Verständnis dar:

1. Die erste (negative) Halbwelle lädt C1 auf 100V auf. Dabei ist das obere Ende von C1 positiv gegenüber dem unteren, welches demnach auf -100 V liegt.

2. In der zweiten Halbwelle polt die Ausgangsspannung des Transformators um, sein oberes Ende hat nun 100 V. Zusammen mit den 100 V des Kondensators ergeben sich nun 200 V am oberen Ende von C1, dh. die Spannung dieses Punktes wurde auf 200 V hoch geschoben. Diese 200 V laden C2 auf.

3. In der folgenden Halbwelle geht das obere Ende von C1 wieder auf 0 V, daher kann nun C3 von C2 auf 200 V geladen werden.

4. In der nächsten Halbwelle werden die 200 V von C3 nun auf 400 V hoch geschoben, damit liegen 200 V zwischen dem oberen und unteren Ende von C4 und laden diesen auf 200 V. Da das untere Ende von C4 bereits auf 200 V liegt, erscheinen jetzt am Ausgang 400 V.

In der Praxis werden die Kondensatoren natürlich beim Aufladen anderer Kondensatoren entladen, außerdem treten Verluste durch die Dioden auf. Somit wird nach vier Halbwellen noch lange nicht die volle Ausgangsspannung erreicht.

Häufig werden die Dioden auch schräg gezeichnet und ebenso eingebaut.

Hochspannungs-Kaskaden verwenden Stufen, die jeweils nur die Spitzenwerte der positiven Halbwelle nach oben weitergeben. Daher ist die Frequenz der Restwelligkeit der Gleichspannung gleich der speisenden Wechselspannung. Die Wechselspannungsquelle muss jedoch Strom während beider Halbwellen liefern.

Hochspannungskaskaden funktionieren auch mit stark unsymmetrischen, rechteckigen Wechselspannungen. Ein Beispiel sind die in Fernsehern eingesetzten Kaskaden zur Erzeugung der Anodenspannung der Bildröhre (ca. 27 kV). Hier nutzt man den sehr hohen Spannungsimpuls des Zeilentransformators aus, der während des Zeilenrücklaufes auftritt, um das Magnetfeld der Horizontalablenkspule abzubauen. Dadurch kann die Kaskade mit relativ wenigen Spulenwindungen gespeist werden.

Bauweise und Varianten

In heutigen Fernsehern mit Bildröhre finden sich etwas abgewandelte Hochspannungskaskaden - die Hochspannungswicklung des zur Erzeugung der Beschleunigungsspannung verwendeten Zeilentransformators ist in mehrere Teilwicklungen unterteilt, von denen jede eine einzelne Gleichrichterschaltung versorgt. Diese einzelnen Gleichspannungsquellen befinden sich hintereinandergeschaltet gemeinsam mit dem Transformator in einem vergossenen Gehäuse. Das komplette Bauteil nennt man diode split transformer (DST). Der Vorteil eines DST gegenüber einer konventionellen Kaskade besteht in den geringeren Eigenkapazitäten innerhalb der Teilwicklungen, der Kurzschlussfestigkeit[1] sowie in einer geringeren Isolierstoffbelastung und Baugröße der Wicklung. Das Verfahren setzt jedoch hin zur Hochspannungsseite zunehmend besser gegen den Ferritkern isolierte Teilwicklungen voraus. Dies wird durch einen Vakuumverguss mit Kunstharz erreicht.

Problematischer sind Kaskaden mit Luftisolation. Hier richtet sich die Anordnung der Bauteile nach den Schlagweiten und Kriechstrecken zwischen den Anschlüssen. Häufig werden scheibenförmige Kondensatoren übereinandergestapelt und die Dioden befinden sich in Zickzackform dazwischen. Diese Bauform kann auch räumlich (3 Schubsäulen) zum Betrieb an einem Drehstromtransformator gestaltet werden.

Schaltet man zwei Kaskaden am Hochspannungsende parallel, die jeweils mit um 180° zueinander gedrehter Phasenlage aus zwei Wicklungen gespeist werden, erzielt man eine geringere Restwelligkeit der doppelten Speisefrequenz.

Luftisolierte Kaskaden benötigen etwa ab 40 kV abgerundete Kanten im Bereich der oberen Spannungsebenen und ab etwa 100 kV weitere Maßnahmen zur Feldsteuerung wie abgerundete Hohlkörper am Hochspannungsende.

Anwendung

Hochspannungskaskaden werden überall dort eingesetzt, wo sehr hohe Spannungen bei relativ geringem Strom benötigt werden:

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Bei Kurzschluss einer HV-Kaskade entlädt sich ein Teil der C´s über die Dioden und kann diese zerstören

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