- Villeroy und Boch
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Villeroy & Boch Unternehmensform Aktiengesellschaft ISIN DE0007657231 Gründung 1748 [1] Unternehmenssitz Mettlach, Deutschland Unternehmensleitung - Frank Göring (Vorstandssprecher)
- Manfred Finger (Vorstand Finanzen und Personal)
- Volker Pruschke (Vorstand Unternehmensentwicklung)[2]
Mitarbeiter rund 10.200 [3] (2008) Umsatz rund 841 Mio. Euro [3] (2008) Branche Keramik Website Die Villeroy & Boch AG (dt. [ˌvɪlərɔɪʊntˈbɔx], frz. [vilʀwaeˈbɔk]), kurz V&B, ist ein Hersteller von Keramikwaren, der seine Hauptniederlassung in Mettlach (Saarland) hat. Er ist nach seinen Begründern François Boch und Nicolas Villeroy benannt. Das Unternehmen ist seit über 250 Jahren immer noch größtenteils in Familienbesitz.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Anfänge
1748 begann François Boch, dessen eigentlicher Beruf Eisengießer war, mit Hilfe seiner drei Söhne in Lothringen mit der Herstellung von Keramikwaren, insbesondere Geschirr. Durch die hohe Nachfrage nach diesen Waren konnte das Unternehmen 1767 expandieren und begann nahe der Festung Luxemburg unter dem Namen Jean-François Boch et Frères mit der Serienproduktion von Keramik. Drei Jahre später, 1770, entstand das Brindille-Dekor, das mit Unterbrechung bis heute verkauft wird, im 20. Jh. unter dem Namen „Vieux Luxembourg“.
1791, als das Unternehmen mittlerweile über Lothringen hinaus (u. a. im Saargebiet und in Luxemburg) erfolgreich war, gründete Nicolas Villeroy in Vaudrevange eine Steingutfabrik. Beide Unternehmer arbeiteten zunächst gegeneinander, da es Nicolas Villeroy gelang, das Porzellan mit Kupferstichen zu bedrucken, was einen enormen Fortschritt in der Serienproduktion bedeutete und somit auch Konkurrenzfähigkeit mit dem Unternehmen Boch.
1801 kaufte Jean-François Boch eine ehemalige Abtei der Benediktinermönche in Mettlach an der Saar. In ihr wurde eine für die damalige Zeit hochmoderne, mechanisierte Geschirrfabrik eröffnet. Mit ihr verwirklichte Boch einige seiner Ideen von Maschinen zur Fertigung seiner Waren, womit er Anfänge einer Massenproduktion erreichen konnte. Die Abtei wird heute (2007) immer noch als Konzernzentrale von Villeroy & Boch genutzt. Das Unternehmen von Boch begann nun überregionale Bekanntheit zu erreichen.
Dieses wurde auch von seinen Söhnen weitergeführt: Pierre-Joseph Boch gründete 1812 in Septfontaines (nahe Luxemburg-Stadt) die Antonius-Brüderschaft, die den Arbeitern fortschrittliche Sozialleistungen bot, die noch über die erst 70 Jahre später von Otto von Bismarck geschaffenen Sozialgesetze hinausgingen. Durch diese Maßnahme wuchs in den Augen der Arbeiter das Ansehen des Unternehmens. Auch wurde in Boch (einem Arbeiterort, der nach François Boch benannt wurde) ab 1829 ein weißes, sehr hartes Steingut entwickelt und produziert, wodurch sich die Keramikwaren vermehrt auf dem überregionalen Markt absetzen ließen.
Gründung und Expansion
Um jedoch auf dem Markt weiterhin bestehen zu können, schlossen sich Jean-François Boch und Nicolas Villeroy 1836 mit ihren drei Werken zum Unternehmen 'Villeroy und Boch' zusammen. Dies ermöglichte ihnen einen weiteren Aufstieg im überregionalen und später europaweiten Markt. 1843 eröffneten Villeroy und Boch ihr erstes gemeinsames Werk in Wadgassen (Saarland), die Cristallerie, in der bis heute Glas hergestellt wird. Drei Jahre später wurde in Septfontaines die Trockenpressung zur Fliesenherstellung eingeführt. Dieses Verfahren wird bis heute verwendet. Villeroy und Boch erweiterten ihren Markt und exportierten nach Frankreich, in die Schweiz, nach Polen (damals deutsches Staatsgebiet) und nach England.
In den Fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts brachte das Unternehmen weitere Innovationen auf den Markt, so zum Beispiel hochwertigeres Porzellan, Bodenfliesen mit eingelegtem Muster („Mettlacher Platten“) und später den „Feuerton“. Villeroy und Boch wurde dadurch auch weltweit populärer: Man verkaufte die Waren in ganz Europa, exportierte nach Nordamerika und zum Teil nach Südamerika.
1879 wurde ein weiteres Keramikwerk in Merzig, ebenfalls im Saarland, eröffnet. Dieses entwickelte sich zur seinerzeit weltweit größten Fabrik für Bodenfliesen. Auch die im 20. Jahrhundert entwickelten „Terracotta-Baukeramiken“ wurden von dort weltweit vertrieben. Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts vor allem im Sanitärbereich Keramik- und Porzellanprodukte die älteren Blechausstattungen immer weiter verdrängten, begann das Unternehmen ab 1899 mit einer Großserienproduktion von Sanitärkeramik, Toiletten, Spülbecken und Badewannen. Durch die erhöhte Produktion wurden modern ausgestattete Badezimmer nun auch für ärmere Bevölkerungsschichten erschwinglich.
Anfang des 20. Jahrhunderts
Während des Ersten Weltkrieges wurde die Produktion vorübergehend eingestellt. 1920 erwarb Villeroy und Boch Fabriken in Bonn und in der Nähe von Breslau, da die Versorgung des Deutschen Reiches nicht mehr aus dem abgetrennten Saargebiet erfolgen konnte. In der Zeit zwischen den Weltkriegen nahm das Unternehmen die Produktion wieder auf: Im Saargebiet wurden die Waren für den französischen Markt hergestellt; in Bonn wurden die künstlerischen Ideen der Bauhaus-Bewegung aufgegriffen.
Das Unternehmen hatte jedoch durch den Zweiten Weltkrieg schwere Probleme zu bewältigen: Die deutschen Fabriken wurden zerstört, in Frankreich wurden zum Teil Tellerminen aus Porzellan hergestellt. Nach dem Krieg wurden die Fabriken in Breslau, Dresden und Torgau enteignet und die saarländischen Fabriken zu Frankreich eingegliedert. Der Anschluss des Saarlandes an die Bundesrepublik Deutschland 1957 ermöglichte jedoch die komplette Wiederaufnahme aller Unternehmenszweige. So konnte 1959 das Werk in Septfontaines die Absätze mit weiteren Erfindungen, vor allem bei der Porzellanherstellung, wieder steigern. Das Unternehmen wuchs in den folgenden Jahren weiter an, exportierte ab 1971 bis nach Japan und beauftragte bekannte Designer, z. B. Luigi Colani mit den Entwürfen von Keramikprodukten.
Ende des 20. Jahrhunderts und heute
1982 wurde das Unternehmen neu strukturiert; die Entwicklung wurde nun zentralisiert koordiniert. Die Produkte wurden in den Sparten „Fliesen“, „Sanitär“ und „Geschirr/Kristall“ verkauft. Auch in den 1980er Jahren expandierte das Unternehmen weiter, das Produktsortiment erweiterte sich um Wannen und Duschen.
1990 verkündete Villeroy und Boch den Gang an die Börse. In den 1990er Jahren kaufte das Unternehmen einige kleinere Hersteller auf. Bei der Jubiläumsfeier zum 250-jährigen Bestehen von Villeroy und Boch 1998 in Mettlach sprachen sich führende Politiker aus Luxemburg, Deutschland und Frankreich für das Unternehmen und den „Europäer der ersten Stunde“ aus. Das Produktsortiment wird bis heute (2005) ständig erweitert. V&B verkauft seine Waren nur an ausgesuchte Händler (weltweit), Privatpersonen können nur in den firmeneigenen Outlet-Shops an den Standorten Mettlach, Wadgassen, Lübeck und Torgau vergünstigte Tischkulturwaren zweiter Wahl kaufen, das heißt Porzellan, Glas, Bestecke und Dekorationsartikel mit kleinen Schönheitsfehlern. Es gibt inzwischen einen Online-Shop des Unternehmens für Privatpersonen mit dem regulären Angebot des Geschäftsbereichs Tischkultur.
Die Fliesensparte von Villeroy & Boch wurde zum 1. Januar 2006 in eine eigenständige GmbH (V&B Fliesen GmbH) ausgegliedert. Zum 1. Juli 2007 verkaufte die Villeroy & Boch AG 51% der V&B Fliesen GmbH an den türkischen Keramikhersteller VitrA (Eczacıbaşı Holding).
Im Anschluss an eine lange Tradition der Zusammenarbeit mit Künstlern entwickelte sich eine intensive Zusammenarbeit mit dem Maler Stefan Szczesny der zahlreiche große Projekte mit dem Unternehmen entwickelte.
Seit Anfang 2009 befindet sich V&B sowie die gesamte Keramikbranche (Wedgewood, Rosenthal, etc.) in einer dramatischen Krise, die den V&B Aktienkurs von 16 Euro in 2008 auf 3 Euro in 2009 fallen ließ. V&B reagiert mit Stellenabbau (International sollen 900 Stellen abgebaut werden, in Deutschland sind rund 400 Jobs betroffen. Besonders hart trifft es den Norden der Republik, wo das Werk Dänischburg geschlossen werden soll sowie das luxemburger Tischkulturwerk). (Quelle http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,614623,00.html sowie www.comdirect.de).
Moderne Erfindungen
- wasserabweisendes Porzellan/Keramik (CeramicPlus)
- antibakteriell wirkende Keramikbeschichtungen (ActiveCare)
- Toilette ohne Gerüche (PurAir)
- Fliesen mit LED Technik (LightTile)
Literatur
- Villeroy & Boch – Tradition, Qualität, Fortschritt. Paris: Draeger Freres, 1960.
- Thomas Therese: Die Rollen der beiden Familien Boch und Villeroy im 18. Und 19. Jahrhundert. Die Entstehung des Unternehmens Villeroy & Boch. [Dissertation]. Saarbrücken: Saarbr. Druckerei & Verlag, 1974.
- Jacobs, Werner u. Hans Krajewski: Wohnen mit Keramik. Köln: R. Müller, 1976. 123 S., Abb. ISBN 3481142013
- Villeroy & Boch – Keramik vom Barock bis zur Neuen Sachlichkeit. Bearb.: Therese Thomas. [Katalog zur Ausstellung in der Landesvertretung des Saarlandes Bonn 1976]. Bonn: Selbstverlag, 1976.
- Karl-Heinz Gorges: Der christlich geführte Industriebetrieb im 19. Jahrhundert und das Modell Villeroy & Boch. [Dissertation]. Stuttgart: Steiner, 1989. (Zeitschrift für Unternehmensgeschichte; Beiheft 60).
- H. J. Reiter: Die Handelsgesellschaft Villeroy & Boch. Von der Gründung 1836 bis zum Jahr 1878. Frankfurt: Lang, 1992. 372 S. (Rechtshistorische Reihe; 96)
- Villeroy & Boch Dresden – Zur Geschichte der Steingutfabrik von 1856 bis 1945. [Katalog der Gemeinschaftsausstellung von Stadtmuseum Dresden, Keramikmuseum Mettlach, Staatl. Kunstsammlung Dresden, Kunstgewerbemuseum 1992] Bearb.:Jörg Knorr u. Ester Schneider. Merzig: Merziger Druckerei & Verlag, 1992.
- Andrea Buddensieg: Künstlerentwurf und Firmenprodukt. Zur Geschichte der Gebrauchskeramik von Villeroy & Boch in Mettlach und Dresden zwischen 1900 und 1940. Weimar, 1995.
- The House of Villeroy & Boch. Eine Philosophie und ihr Ambiente. Mettlach: Selbstverlag Villeroy & Boch, 1996.
- Rainer Desens: Villeroy & Boch. Ein Vierteljahrtausend europäische Industriegeschichte 1748–1998. Konzeption und Text: Rainer Desens. Mettlach, Villeroy & Boch, 1998.
- Gary Kirsner: The Mettlach Book – das Mettlach Buch. Illustrated Catalog. Coral Springs, 2005.
Einzelnachweise
Weblinks
Siehe auch
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