A. H. Francke

A. H. Francke
August Hermann Francke

August Hermann Francke (* 22. März 1663 in Lübeck; † 8. Juni 1727 in Halle an der Saale) war ein deutscher evangelischer Theologe, Pädagoge und Kirchenlieddichter. Er war einer der Hauptvertreter des Pietismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Franckes Geburtshaus in Lübeck

Francke lernte früh in Gotha die sozialen Reformmaßnahmen kennen, die Ernst der Fromme betrieb. In Erfurt begann er das Studium der Theologie, welches er nach Kiel und Hamburg in Leipzig fortsetzte. Maßgeblichen Einfluss übte auf ihn Philipp Jacob Spener aus.

Bekehrung

1687 erlebte er seine mit Glaubenskrise und Neuanfang verbundene Bekehrung. Nachdem er als Wegbereiter des Pietismus, zunächst in Leipzig, dann in Erfurt jeweils von Unruhen und Ausweisungen begleitet für Aufsehen gesorgt hatte, wurde er an der Theologischen Fakultät der Universität Halle Professor für Griechisch und Orientalische Sprachen, später für Theologie. Auch hier sorgte sein Auftreten für heftige Auseinandersetzungen mit der lutherischen Orthodoxie. 1692 bis 1715 war Francke Pfarrer der St. Georgen-Kirche in Halles Vorstadt Glaucha. Kontakte zu maßgeblichen Persönlichkeiten (Carl Hildebrand von Canstein, dem Militär, bis hin zum preußischen Herrscherhaus) ermöglichten ihm schließlich 1715 eine Berufung in die Stadt, wo er 1715 bis 1727 Pfarrer der St. Ulrich-Kirche war.

Stiftungen

Franckesche Stiftungen in Halle, 1749

Die Begründung der Franckeschen Stiftungen in Halle stellt sein eigentliches Lebenswerk dar. 1695 begann Francke Kinder in seiner Gemeinde Glaucha zu unterrichten und zu versorgen. Am 18. September 1698 wurde der Grundstein für ein neues Waisenhaus gelegt und innerhalb von 30 Jahren entstanden Schul- und Wohngebäude, Werkstätten, Gärten und eine Apotheke. In insgesamt 50-jähriger Bautätigkeit wuchs eine Schulstadt heran, in der bis zu 2.500 Menschen lebten und an der Konzeption einer christlich inspirierten Gesellschaftsreform arbeiteten.

Francke war zunächst auf direkte Spenden für sein Unternehmen angewiesen, vermochte aber durch schriftstellerische Tätigkeit, anstaltseigene Betriebe, fiskalische Privilegien etc. die Einkünfte zu steigern. In seinem Halleschen Unternehmen sah Francke einen Anfang für eine weltweite „Generalreformation“, die er insbesondere durch die Dänisch-Hallesche Mission und die Cansteinsche Bibelanstalt zu fördern suchte. Am Portal des Haupthauses seiner Stiftungen ließ er Jesaja 40,31 ((Jes 40,31 EU)) aufmeißeln: „Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit Flügeln wie Adler“. Darüber findet sich eine Abbildung von zwei zur Sonne auffliegenden Adlern, die zum bildlichen Symbol der Franckeschen Stiftungen wurden.

Ableben und Wirkung

Grab in Halle
Francke-Denkmal im Hof der Franckeschen Stiftungen in Glaucha1829 von Bildhauer Rauch
Westdeutsche Briefmarke (1953) der Serie Helfer der Menschheit

August Hermann Francke starb am 8. Juni 1727 im Alter von 64 Jahren in Halle. Sein Grab und das seiner Familie befinden sich auf dem Stadtgottesacker in Halle.

Der Francke-Schüler Johann Julius Hecker gründete 1747 in Berlin die erste praxisorientierte Realschule, war 1748 Begründer des ersten preußischen Lehrerseminars und hat das Generallandschulreglement vom 12. August 1763 maßgeblich vorbereitet. Das Reglement bildete die Grundlage für die Entwicklung des preußischen Volksschulwesens.

August Hermann Niemeyer wird bis heute zweiter Gründer der Franckeschen Stiftungen genannt.

Privatbibliothek

August Hermann Francke war nicht nur Benutzer der „Bibliothek des Waisenhauses“, die den Hauptteil der heutigen Bibliothek der Franckeschen Stiftungen ausmacht, sondern besaß selbst eine umfangreiche Privatbibliothek, über die erst seit 2001 Näheres bekannt geworden ist. Ein großer Teil von ihr ging als Erbe an Franckes Sohn Gotthilf August Francke und wurde zusammen mit dessen Privatbibliothek 1770 in Halle an der Saale versteigert.

Quellen

Franckes Reform- und Programmschrift des Halleschen Pietismus:

  • Francke, August Hermann (1704): August Hermann Franckes Schrift über eine Reform des Erziehungs- und Bildungswesens als Ausgangspunkt einer geistlichen und sozialen Neuordnung der Evangelischen Kirche des 18. Jahrhunderts: der Grosse Aufsatz. Mit einer quellenkundlichen Einführung. Hrsg. v. Otto Podczeck. Berlin. Akademie 1962.

Literatur

  • Juliane Dittrich-Jacobi: Pietismus und Pädagogik im Konstitutionsprozess der bürgerlichen Gesellschaft. Historisch-systematische Untersuchung der Pädagogik August Hermann Franckes (1663–1727). Dissertation, Universität Bielefeld 1976 (Volltext)
  • Gustav Kramer: Francke, August Hermann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 7, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 219–231.
  • Siegfried Wibbing: August Hermann Francke (1663-1727). In: Henning Schröer / Dietrich Zilleßen (Hrsg.): Klassiker der Religionspädagogik. Frankfurt/M. 1989, S. 74ff. ISBN 3425077112
  • Peter Menck: Die Erziehung der Jugend zur Ehre Gottes und zum Nutzen des Nächsten. Die Pädagogik August Hermann Franckes. Halle / Tübingen 2001, ISBN 3-931479-19-6
  • Erhard Peschke: Studien zur Theologie August Hermann Franckes. 2 Bände. Berlin 1964–1966
  • Reinhard Breymayer: Zum Schicksal der Privatbibliothek August Hermann Franckes. Über den wiedergefundenen Auktionskatalog der Privatbibliothek seines Sohnes Gotthilf August Francke. 3., verbesserte Auflage. Tübingen 2002. – 32 S. – ISBN 3-924249-42-3.
  • Helmut Obst: August Hermann Francke und die ökumenischen Dimensionen des Hallischen Pietismus in Arno Sames (Hg.): 500 Jahre Theologie in Wittenberg und Halle 1502 bis 2002, Leipzig 2003 ISBN 3374021158
  • Hermann Goltz: Das Collegium Orientale Theologicum August Hermann Franckes oder: Was aus der Utopie vom freyen campus zur Ehre Gottes in Halle werden kann in Arno Sames (Hg.): 500 Jahre Theologie in Wittenberg und Halle 1502 bis 2002, Leipzig 2003 ISBN 3374021158
  • Erhard Peschke Die Theologie August Hermann Franckes, Bad Wildbad Verlag Linea, 2007 ISBN 978-3-939075-14-1.

Weblinks


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