Vladimir Vladimirovich Nabokov

Vladimir Vladimirovich Nabokov

Vladimir Nabokov (vor allem in englischer Schreibweise bekannt, eigentlich russisch Владимир Владимирович Набоков/ Wladimir Wladimirowitsch Nabokow; * 10.jul./ 22. April 1899greg. in Sankt Petersburg; † 2. Juli 1977 in Montreux) war ein russisch-amerikanischer Schriftsteller, Literaturwissenschaftler und Schmetterlingsforscher.

Nabokov-Denkmal in Montreux

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit

Geburtshaus Nabokovs in Sankt Petersburg

Nabokov entstammt einer einflussreichen und wohlhabenden Aristokratenfamilie. Sein Großvater war russischer Justizminister, sein Vater Wladimir Dmitrijewitsch Nabokow ist als Politiker an der republikanischen Regierung nach dem Sturz des Zaren beteiligt, der die Oktoberrevolution ein Ende setzt. Seine Mutter Jelena Iwanowna Rukawischnikowa ist Tochter eines reichen Landbesitzers. Die Familie gehört jener kosmopolitischen russischen Oberschicht an, die nach der Revolution zu existieren aufhört. Nabokovs Vater ist deutlich westlich orientiert, es gibt englische Kindermädchen und Literatur. Schon als Kind beherrscht Nabokov Französisch und Englisch; der Unterricht kommt von Privatlehrern. Er liest viel. Ein kränkliches, aber behütetes Kind mit einer starken Mutterbindung. Man unternimmt Reisen in halb Europa, der Sommersitz liegt nahe Sankt Petersburg. Eine frühe Leidenschaft ist die Jagd nach Schmetterlingen; eine andere das Schreiben von Gedichten. Bereits mit 17 Jahren veröffentlicht er seinen ersten Gedichtband. Seine erste große Liebe Walentina Schulgina, die er 1915 kennenlernt, erscheint als Hauptfigur in seinem Roman Maschenka; die zweite Liebe Eva Lubrzynska findet sich als Figur in Die Mutprobe wieder. Um der Oktoberrevolution zu entgehen, flieht die Familie Nabokov 1917 nach Jalta auf die Halbinsel Krim.

Erstes Exil

Während seine Familie von dort nach London und später wie zahlreiche andere russische Exilanten nach Berlin geht, wo sie über zehn Jahre verbringt, schreibt Vladimir sich im Trinity College im englischen Cambridge ein. Dort studiert er von 1919 bis 1922 Naturwissenschaften, russische und französische Literatur. Der junge Nabokov ist kein sonderlich engagierter Student, widmet sich stattdessen oft eigenen Übersetzungen, neuen Liebschaften und Fahrten nach London. Er veröffentlicht einen ersten Artikel über Schmetterlinge. Die Eltern führen einen beliebten Salon, der zum Anlaufpunkt vieler Künstler und Politiker wird – das Berlin jener Tage zählt mehr als 350 000 russische Emigranten. Die Familie wohnt zunächst in Grunewald, später im unter Russen beliebten Wilmersdorf. Sein Vater gründet mit Slovo (Das Wort) einen der ersten russischen Exilverlage. Im März 1922 stirbt sein Vater in der Philharmonie beim Versuch, einen monarchistischen Attentäter zu entwaffnen. Für Nabokov ist es eines der einschneidendsten Ereignisse seines Lebens; der Geburtstag des Vaters wird später als Tag des gewaltsamen Todes eines Protagonisten in dem Roman Fahles Feuer erscheinen.[1] Er schließt sein Studium ab und folgt seiner Familie nach Deutschland.

Berlin

Gedenktafel am Haus Nestorstraße 22 in Berlin-Halensee

Dort arbeitet er als Privatlehrer, Übersetzer, Gelegenheitsschauspieler und veröffentlicht unter dem Pseudonym W. Sirin erste Prosa. Er schottet sich gegen deutsche Einflüsse ab; nach der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur neuen Sowjetunion ist den Exilanten aber jede Hoffnung auf Rückkehr in die Heimat genommen. Er übersetzt Alice im Wunderland. Im Mai 1923 trifft er auf einem Maskenball Vera Jewsejewna Slonim, die seine große Muse und Begleiterin werden wird. Zwei Jahre später sind sie verheiratet. Mit Maschenka und König, Dame, Bube gelingen ihm erste Achtungserfolge, die Bücher werden auch auf deutsch bei Ullstein verlegt. Weitere sieben russische Romane sollen folgen. Trotz der Machtübernahme der Nationalsozialisten und obwohl Vera Jüdin ist, bleiben die Nabokovs zunächst in Berlin. 1934 wird der Sohn Dmitri geboren. Nabokov bemüht sich um eine Anstellung im Ausland, und 1936 entschließt sich die Familie endlich zur Ausreise. Vladimir fährt nach Paris, Vera reist mit Dmitri zunächst nach Prag zu ihrer Schwiegermutter.

Zweites Exil

In Frankreich intensiviert Nabokov seine Suche nach Arbeit und die Kontakte zu einheimischen Intellektuellen. Flüchtig trifft er auch James Joyce. Während der Trennungszeit hat Nabokov eine Affäre, die seine Ehe nachhaltig belastet. Im Mai 1939 stirbt seine Mutter in Prag. 1940, in dem Jahr, in dem auch Nabokovs erster englischsprachiger Roman The Real Life of Sebastian Knight entsteht, zieht die Familie in die USA, wo Nabokov zunächst am American Museum of Natural History in New York als Schmetterlingsexperte arbeitet. Bald beginnt er seine akademische Karriere, die ihn an die Stanford-Universität, an das Wellesley College, an die Harvard-Universität und schließlich 1948 an die Cornell-Universität führt, die ihm eine Professur für europäische und russische Literatur anbietet. Ab 1945 ist Nabokov US-Staatsbürger. Mit den Tantiemen, die ihm sein Roman Lolita (1955) einbringt, kann Nabokov sich 1959 von seiner Professur zurückziehen und sich allein aufs Schreiben konzentrieren. Die skandalöse Geschichte einer amour fou zwischen einem alternden Mann und der minderjährigen Tochter seiner Vermieterin durfte erst 1958 in den USA erscheinen. Der Roman ist Nabokovs größter Erfolg.

Zuflucht Schweiz

1961 zieht er mit seiner Frau in die Schweiz, nach Montreux am Genfersee. Er stirbt dort am 2. Juli 1977 und liegt in Clarens begraben.[2] [3]

Schachkomposition

Vladimir Nabokov
1969
a b c d e f g h
8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
a b c d e f g h
Matt in 2 Zügen



Nabokov beschäftigte sich ausgiebig mit Schachkompositionen. In seiner Autobiographie Erinnerung, sprich schildert er, dass ihn diese Tätigkeit sehr fasziniert, aber auch sehr viel Zeit gekostet habe. Er war der Meinung, dass an Schachkomponisten die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an Schöpfer anderer Kunstwerke. 1970 veröffentlichte er das Buch Poems and problems (ISBN 0-07-045724-7), das 53 Gedichte und 18 Schachprobleme von ihm enthält.

In diesem Zweizüger, dessen Komposition Nabokov nach eigener Aussage in eine „Ohnmacht konzentrierter Schachgrübelei“ versetzte, liegt eine starke Verführung in der Bauernumwandlung 1.b7-b8S, die in den Varianten 1. ... d7-d6+ 2.Sb8-d7#, 1. ... d7xe6+ 2.Sd8-f7#, 1. ... d7-d5+ 2.Db6-c7#, 1. ... Ke5-d6 2.Db6-c5# und 1. ... Se2xf4 2.Db6-d4# zum Matt führt. Schwarz hat darauf jedoch die Parade 1. ... c3-c2. Diese muss Weiß durch den Schlüsselzug 1.Le4-c2 verhindern, um das Matt im nächsten Zug zu erreichen. (1. ... d7-d6 2.Tf4-f5#, 1. ... d7xe6 2.Db6-c5#, Rest wie gehabt.)

Werke

Romane

  • 1926 Maschenka (auch: Sie kommt, kommt sie) (Mashenka; engl. Mary)
  • 1928 König Dame Bube (Korol-dama-valet; King, Queen, Knave, 1968)
  • 1930 Lushins Verteidigung (Zaščita Lužina; The Defense, 1964)
  • 1930 Der Späher (engl. The Eye)
  • 1932 Die Mutprobe (Podvig; engl. Glory (1971))
  • 1933 Gelächter im Dunkel (Camera obscura; engl. Laughter in the Dark 1936)
  • 1934 Verzweiflung (Otčajanie; engl. Despair, 1937, 1966 von Nabokov verändert und erweitert)
  • 1937-1952 Die Gabe (Dar (unvollendet 1937-1938, vollendet 1952; engl. The Gift, 1963)
  • 1938 Einladung zur Enthauptung (Priglašenie na kazn; engl. Invitation to a Beheading 1959)
  • 1938 Der Späher (Sogliadatai; engl. The Eye 1978)
  • 1941 Das wahre Leben des Sebastian Knight (The Real Life of Sebastian Knight)
  • 1947 Das Bastardzeichen (Bend Sinister)
  • 1955 Lolita
  • 1957 Pnin
  • 1962 Fahles Feuer (Pale Fire)
  • 1969 Ada oder Das Verlangen. Aus den Annalen einer Familie. (Ada; or Ardor: A Family Chronicle)
  • 1972 Durchsichtige Dinge (Transparent Things)
  • 1974 Sieh doch die Harlekins! (Look at the Harlequins!)
  • The Original of Laura (Romanfragment aus dem Nachlass, die Veröffentlichung wurde im April von Nabokovs Sohn Dmitri angekündigt[4]). Am 12. August kündigte die Wochenzeitung DIE ZEIT an, in ihrer aktuellen Ausgabe bisher unbekannte Auszüge aus dem Manuskript im Original abzudrucken [5]

Erzählungen

  • 1939 Der Zauberer (Volšebnik, Erzählung; engl. The Enchanter 1986)

Anthologien

  • 1962 Frühling in Fialta (später als Gesammelte Erzählungen)
  • 1989 Erzählungen I - 1921-1934, ISBN 3-498-04651-9
  • 1989 Erzählungen II - 1925-1951, ISBN 3-498-04652-7
  • 1993 Deutliche Worte (Interviews, Leserbriefe, Essays), ISBN 3-498-04658-6
  • 1995 Briefwechsel 1940-1971, ISBN 3-498-04660-8
  • 2000 Dramen, ISBN 3-498-04653-5
  • 2004 Eigensinnige Ansichten, ISBN 3-498-04662-4

Autobiographisches

  • 1951 Andere Ufer. Ein Buch der Erinnerung. (Conclusive Evidence)
  • 1967 Erinnerung, sprich. Wiedersehen mit einer Autobiographie (Speak, Memory)

Übersetzungen

Vom Russischen ins Englische:

Vom Englischen ins Russische:

  • Alice In Wonderland (Алиса в стране чудес) (von Lewis Carroll)

Literaturwissenschaft

  • 1984 Die Kunst des Lesens: Meisterwerke der russischen Literatur', ISBN 3-10-051503-X
  • 1984 Die Kunst des Lesens: Meisterwerke der europäischen Literatur, ISBN 3-596-10495-5
  • 1985 Die Kunst des Lesens: Cervantes Don Quijote, ISBN 3-10-051504-8

Literatur

  • Maria R. Kecht: Das Groteske im Prosawerk von Vladimir Nabokov. 1983, ISBN 3-416-01739-0
  • Boris Nossik: Nabokov. 1999, ISBN 3-7466-1560-7
  • Brian Boyd: Vladimir Nabokov - die russischen Jahre. 1999, ISBN 3-498-00564-2
  • Sabine Baumann: Vladimir Nabokov: Haus der Erinnerung. 1999, ISBN 3-86109-148-8
  • Donald E. Morton: Vladimir Nabokov. rororo Bildmonographien, 2001, ISBN 3-499-50328-X
  • Dieter E. Zimmer: Nabokovs Berlin. 2001, ISBN 3-87584-095-X
  • Tilo Richter (Hg.), Horst Tappe: Nabokov. Christoph Merian Verlag, Basel 2001, ISBN 3-85616-152-X (Fotografien Nabokovs von Horst Tappe mit Zitaten (e/d/f) von Nabokov)
  • Brian Boyd: Vladimir Nabokov - die amerikanischen Jahre. 2005, ISBN 3-498-00565-0
  • Michael Maar: Solus Rex. Die schöne böse Welt des Vladimir Nabokov. 2007, ISBN 978-3-8270-0512-0
  • Dieter E. Zimmer: Wirbelsturm Lolita : Auskünfte zu einem epochalen Roman, Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 2008, ISBN 978-3-498-07666-5

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Deutschlandfunk zu Fahles Feuer: „Der Kommentar als Erzählung“, 22. Juni 2008
  2. Daniela Rippl (Hg.), Vladimir Nabokov, Alexander Fest Verlag, Berlin 1998
  3. Boris Nossik, Nabokov - Eine Biographie, Aufbau Taschenbuch Verlag, Berlin 1999
  4. http://www.welt.de/kultur/article1923527/Nabokovs_Laura_wird_doch_nicht_verbrannt.html
  5. http://www.zeit.de/2008/34/Nabokov

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