Vom unfreien Willen

Vom unfreien Willen

De servo arbitrio (dt. "Über den geknechteten Willen") ist eine Schrift Martin Luthers vom Dezember 1525. Sie wurde als Reaktion auf die humanistische Lehrmeinung des Niederländers Erasmus von Rotterdam vom September 1524 verfasst und gilt als einer der bedeutendsten theologischen Texte Martin Luthers.

Arbitrium ist das lateinische Wort für "Wahlvermögen", im Unterschied zu voluntas, das den Willen als kraftvolle Gemütsregung meint.

Thema der Schrift Luthers ist die uralte Fragestellung christlichen Denkens, ob der Mensch nach dem Sündenfall die Freiheit behalten habe, sich aus eigener Kraft für die göttliche Gnade zu entscheiden, oder ob diese Entscheidung selbst bereits Geschenk der Gnade sei. Mit Paulus und Augustinus und gegen die optimistische Anthropologie des Humanismus betont Luther vehement die Alleinwirksamkeit der Gnade, ohne dabei jedoch zu einer abstrakten Prädestinationslehre zu gelangen. Er bestritt ganz entschieden, dass der Mensch einen freien Willen habe bezüglich dem Willen Gottes, also gegenüber dem, was Heil bewirkt. Über ewiges Heil oder ewige Verdammnis entscheidet allein der souveräne Wille Gottes. Da hat der Mensch keinen freien Willen. Dies führte zum Missverständnis, Luther habe alle Willensfreiheit geleugnet und damit einen Fatalismus gelehrt und ethische Entscheidungen verneint. Das Gegenteil ist der Fall. Luther spricht dem Menschen einen freien Willen sehr wohl zu gegenüber allem was ihm gleich oder unter ihm ist. Gegenüber allem, was nicht seinen Zustand bei Gott, d.h. seine Erwählung betrifft, hat der Mensch einen freien Willen.

Literatur

  • Martin Luther: De servo arbitrio, in D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe, Weimar 1883ff., Bd. 18,600-787.
  • Martin Luther: De servo arbitrio, in Lateinisch-Deutsche Studienausgabe 1. Der Mensch vor Gott, hrsg. von Wilfried Härle, Leipzig 2006.
  • Martin Luther: Vom unfreien Willen, in Kurt Aland (Hrsg.): Luther Deutsch. Die Werke des Reformators in neuer Auswahl für die Gegenwart, Stuttgart und Göttingen 1961ff., Bd. 3,151-334.
  • Heinrich Weinstock: Die Tragödie des Humanismus. Wahrheit und Trug im abendländischen Menschenbild, Sammlung Aula, Wiesbaden, 1989

Siehe auch


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