Bayerisch-württembergischer Zollverein

Bayerisch-württembergischer Zollverein
Entwicklung des Deutschen Zollvereins.[1] Im oberen Bild ist der Süddeutsche Zollverein dunkelblau mit blauem Rand verzeichnet.

Der Süddeutsche Zollverein war das Projekt eines einheitlichen Zollgebiets verschiedener Staaten des Deutschen Bundes. Nach mehreren vergeblichen Anläufen resultierte aus den Verhandlungen ein Zollvertrag zwischen dem Königreich Bayern und dem Königreich Württemberg. Der Süddeutsche Zollverein wird daher auch als bayerisch-württembergischer Zollverband bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Erste Verhandlungen ab 1820

Am 19. Mai 1820 unterzeichneten die süddeutschen Staaten Baden, Bayern, Hessen-Darmstadt, Württemberg und einige mitteldeutsche Kleinstaaten mit der Wiener Punktation eine Absichtserklärung, in der sie sich verpflichteten, über eine Zollunion zu verhandeln. Diese Gespräche wurden im September desselben Jahres in der hessischen Residenzstadt Darmstadt aufgenommen. Bei den Darmstädter Zollverhandlungen zeigte sich jedoch recht bald, wie unterschiedlich die Interessen der einzelnen Staaten waren. So drängten Bayern und Württemberg auf einen protektionistischen Zollverein mit hohen Außenzöllen, während Baden, Nassau und Hessen-Darmstadt einen freihändlerischen Kurs steuerten. Geeint wurden die Staaten nur durch die gemeinsame Furcht vor einer politischen und wirtschaftlichen Übermacht Preußens.

Ende November 1820 legte der badische Verhandlungsführer Karl Friedrich Nebenius einen Zollunionsentwurf als Verhandlungsgrundlage vor. Aufgrund der unterschiedlichen geographischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten konnte jedoch keine Einigung erzielt werden. So sah Nebenius' Entwurf vor, dass die gemeinsamen Zolleinnahmen nach Einwohnerzahl und Grenzlänge aufgeteilt werden sollten, was klar Baden bevorzugte, Bayern als flächengrößter Staat drängte dagegen auf eine Verteilung nach Einwohnerzahl und Fläche. Ein weiterer Streitpunkt war der Ort der Zollerhebung.[2] Das größte Hindernis bildeten jedoch die divergierenden wirtschaftlichen Interessen der beteiligten Staaten. Die Rheinanliegerstaaten waren aufgrund ihrer natürlichen Gegebenheiten an Freihandelspolitik interessiert, während aus den gleichen Gründen die abseits der wichtigen innerdeutschen Handelsrouten liegenden Staaten ein Interesse an hohen Schutzzöllen hatten, um ihre einheimische Produktion, die bisher problemlos den eigenen Markt beliefert hatte, nicht zu gefährden. Hinzu kam, dass der Streit um die zwischen Bayern und Baden aufgeteilten Besitzungen der Pfalz, die Sponheimer Frage, die Beziehungen zwischen diesen beiden Staaten ständig belastete. Nachdem sich die Verhandlungen immer mehr festgefahren hatten, beendete der Gastgeber Hessen-Darmstadt am 3. Juli 1823 seine Teilnahme an der Konferenz, um sein veraltetes Zollsystem selbst zu modernisieren, da auf eine baldige Gemeinschaftsregelung nicht mehr zu hoffen war.

Damit waren die Darmstädter Zollverhandlungen endgültig gescheitert, nachdem die thüringischen Kleinstaaten mit dem Vertrag von Arnstadt schon im Dezember 1822 aus der gemeinsamen Linie ausgeschert waren und sich zuerst untereinander um eine Einigung bemühen wollten.[3] In der darauffolgenden Zeit kam es zu mehreren bilateralen Kontakten. So mündeten Verhandlungen zwischen Hessen-Darmstadt und Baden am 10. September 1824 in einen Handelsvertrag, der allerdings keinen langen Bestand hatte. Er regelte die Zollfreiheit und Tarifermäßigung bestimmter Produkte im gegenseitigen Handel und sollte darauf zielen, dass sich die gegenseitigen Zollgesetze nach und nach angleichen.[4] Diese Bemühungen führten dazu, dass sich die meisten Staaten zu einem erneuten Verhandlungsversuch bereitfanden.

Zweite Verhandlungsrunde ab 1825

Preußisches Gesetzblatt mit Abdruck des Zollvereinigungsvertrags zwischen dem hessisch-preußischen und dem süddeutschen Zollverein vom 22. März 1833

Bayern und Württemberg einigten sich im Oktober 1824 auf einen gemeinsamen Entwurf, Hessen-Darmstadt und Baden vereinbarten im November desselben Jahres im Heidelberger Protokoll ein gemeinsames Vorgehen.[5] Allgemein wurde davon ausgegangen, dass die Staaten von den Darmstädter Vorgängen gelernt hatten und kompromissbereiter verhandeln würden. So begannen im Februar 1825 in Stuttgart erneute Gespräche über eine süddeutsche Zollunion zwischen Baden, Bayern, Hessen-Darmstadt, Nassau und Württemberg. Wieder war jedoch über die Tarifpolitik keine Einigung zu erzielen. Auch war das Verhältnis zwischen Baden und Bayern durch die Sponheimer Frage so zerrüttet, dass an eine Einigung zwischen diesen Kontrahenten nicht zu denken war. Baden verließ am 6. August 1825 die Stuttgarter Konferenzen, Nassau schloss sich diesem Schritt an, kurz darauf auch Hessen-Darmstadt. Die aufgrund des schon früh voraussehbaren Scheitern der Stuttgarter Verhandlungen durchgeführten Veränderungen im badischen Zollsystem führten dazu, dass die hessische Regierung den bestehenden Handelsvertrag zum Jahresbeginn 1826 kündigte und 1828 mit Preußen den Preußisch-Hessischen Zollverein gründete.[6] Als Ergebnis dieser Konferenzen blieb, dass Bayern und Württemberg sich mit ihren Standpunkten näher gekommen waren. So wurde im April 1827 zwischen diesen Staaten ein Vorvertrag geschlossen. Als sich diesem kein weiterer Staat anschloss, unterzeichneten am 18. Januar 1828 Bayern und Württemberg den Vertrag über die Gründung des Süddeutschen Zollvereins.

Der Süddeutsche Zollverein hatte allerdings erhebliche Probleme. So wurden 44% der Einnahmen durch Verwaltungskosten aufgezehrt. Die Einnahmen pro Kopf der Bevölkerung lagen nur bei 9 1/2 Groschen, während der preußisch-hessische Zollverbund auf 24 Groschen pro Kopf kam. Insgesamt war das Gebiet der beiden beteiligten Staaten für einen eigenen Verbund zu klein. Als sich abzeichnete, dass es zu keinem Zollverein mit Österreich und Preußen kommen würde, mussten sich Bayern und Württemberg für einen Partner entscheiden. Da Österreich sein eigenes Schutzsystem nicht aufgeben konnte, blieb nur ein Zusammengehen mit Preußen übrig.[7] Mit Vertrag vom 22. März 1833 schlossen Bayern und Württemberg daher den Zollvereinigungsvertrag mit Preußen und Hessen-Darmstadt ab.[8] Zum 1. Januar 1834 ging der Süddeutsche Zollverein damit im Deutschen Zollverein auf.

Anmerkungen

  1. Abbildung aus William R. Shepherd: The Historical Atlas, 1926, in der Online-Sammlung der University of Texas Libraries.
  2. vgl. Treitschke, S. 73f.
  3. vgl. Hahn, S. 38
  4. vgl. Ludwig Kirsch: Die Zoll- und Reichssteuerverwaltung im Großherzogthum Baden, Karlsruhe 1885, S. 38.
  5. vgl. Hahn, S. 38f.
  6. vgl. Ludwig Kirsch: Die Zoll- und Reichssteuerverwaltung im Großherzogthum Baden, Karlsruhe 1885, S. 39.
  7. Wolfram Fischer: Der deutsche Zollverein. Fallstudie einer Zollunion. In: Ders.: Wirtschaft und Gesellschaft im Zeitalter der Industrialisierung. Göttingen 1972, ISBN 3-525-35951-9 S.120
  8. Zollvereinigungsvertrag vom 22. März 1833 bei verfassungen.de

Literatur

  • Hans-Werner Hahn: Geschichte des Deutschen Zollvereins. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1984, ISBN 3-525-33500-8.
  • Heinrich von Treitschke: Die Gründung des Deutschen Zollvereins, Leipzig 1913 (= Auszüge aus Heinrich von Treitschke: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert, Bände II - IV, Leipzig 1879 - 1894).
  • Hans Peter Müller: Das Großherzogtum Baden und die deutsche Zolleinigung 1819 - 1835/36, Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-8204-5447-0.
  • Karl Friedrich Nebenius: Denkschrift für den Beitritt Badens zu dem zwischen Preußen, Bayern, Würtemberg, den beiden Hessen und mehren andern deutschen Staaten abgeschlossenen Zollverein, Karlsruhe 1833.
  • Hans-Peter Ullmann: Restaurationspolitik und Reformblockade, in: Hansmartin Schwarzmaier, Meinrad Schaab (Hrsg.): Handbuch der baden-württembergischen Geschichte, Band III, S. 63–78, Klett-Cotta, Stuttgart 1992, ISBN 3-608-91467-6.

Weblinks


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