- Václavské náměstí
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Der Wenzelsplatz (tschech. Václavské náměstí?/i) in der Mitte von Prag wurde 1848 nach dem Heiligen Wenzel von Böhmen benannt, nachdem er im Mittelalter und der Neuzeit als Rossmarkt (Koňský trh) den Mittelpunkt der Prager Neustadt bildete. Die Breite von gut 50 m entspricht zwar nur einer Prachtstraße, aber mit über 700 m Länge gehört der Boulevard zu den größten „Plätzen“ in Europa.
Inhaltsverzeichnis
Die Entstehung des Platzes im Mittelalter
Mit der Gründung der Prager Neustadt 1348 unter König Karl IV. wurde entlang eines bestehenden Weges genau rechtwinklig zum Markt der Gallusstadt als eigenständiger Teil der Prager Altstadt ein neuer Markt, der Rossmarkt, angelegt. Beide waren zunächst durch das St.-Gallus-Tor am Brückl (Na Můstku) verbunden. Das vermauerte Gallus-Tor wurde bei archäologischen Untersuchungen im Hintertrakt des Hauses des Altstädter Ortsvorstehers (Staroměstska rychta) in der Rytířská ul. Nr. 12 /CN 404 entdeckt. Es blieb als einziges der dreizehn Tore der Altstadt erhalten. Reste der vor dem Tor liegenden kleinen steinernen Brücke über den Stadtgraben wurden beim Bau der Metrostation Můstek angetroffen und im Eingangsbereich sichtbar gemacht.
Das St. Gallus-Tor wurde bei der Anlage der Neustadt oder wenig später geschlossen und durch einen neuen, breiteren Mauerdurchbruch ersetzt, der in der Achse des Rossmarktes lag. Mit rund 680 Metern Länge - durch Verfüllung der Grabenanlage am unteren Ende sind es heute fast 750 m - und 60 m Breite erstreckte sich der Markt in Nordwest-Südost-Richtung vom Tor der Altstadt bis zum Tor der Neustadt, dem Rosstor (Koňská brána) oder St.-Prokops-Tor, das bis zu seinem Abriss 1875 an der Stelle des heutigen Nationalmuseums stand. Neben dem Tor wurde auch ein kleiner Bach auf den Markt geführt, dessen Wasser für Pferdetränken und mindestens eine Pferdeschwemme benötigt wurde. Die außerordentliche Länge des Marktes steht in Verbindung mit seiner Funktion, denn sie ermöglichte, dass während des wöchentlich stattfindenden Pferdemarktes die Tiere in jeder Gangart vorgeführt werden konnten. Später wurden im oberen Teil des Marktes Korn und im unteren Tuche und Waffen gehandelt.
Im unteren Teil war bereits vor der Anlegung des Marktes das Karmelitenkloster St. Maria Schnee (Klášter Panny Marie Sněžné) gegründet worden, dessen Grundstein Karl IV. selbst im September 1347 zum Gedenken an seine Krönung zum König von Böhmen gelegt hatte.
Der Rossmarkt teilte die neu entstehende Stadt in die untere, nördlich in der Ebene gelegene, und die obere Neustadt, die vor allem auf Hügelland errichtet wurde. Vom dem Platz geht fast genau im rechten Winkel in beide Teile je eine rund 23 m breite Straße ab, die ihn mit den beiden anderen Märkten der Neustadt verbindet. In die untere Neustadt führt die Heinrichsgasse (Jindřišská ulice), in die obere die Vodičkagasse (Vodičkova ulice). Dadurch ergibt sich die Form eines Kreuzes mit dem Rossmarkt als Längsbalken und den beiden Straßen als Armen. Am Ende der beiden Straßen wurde mit dem Neustädter Rathaus und der Heinrichskirche in ungefähr gleicher Entfernung zum Rossmarkt je eine städtebauliche Dominante angelegt. Bei offiziellen Feierlichkeiten mussten die Ratsherren der Neustadt durch diese Straßen schreiten, um am Gottesdienst in der Hauptpfarrkirche teilnehmen zu können. Durch den Anbau des Turmes am Neustädter Rathaus in den Jahren 1452-1456 und der Errichtung des freistehenden Glockenturms der Heinrichskirche 1472-76 wurde diese Kreuzgestalt noch stärker betont.
Die links und rechts des Rossmarktes gelegenen Viertel gleichen sich durch ihre weitgehend rechtwinklige, auf den Markt ausgerichtete Anlage bis heute. Während aber die nördlichen Straßenzüge genau senkrecht beziehungsweise parallel zum Markt angelegt werden konnten, weichen die an der südlichen Seite etwas von diesem Schema ab, um den Anschluss an die um 45° gedrehte Straßenführung der oberen Neustadt zu erhalten.
Die Umgestaltung zum Boulevard im 19. und 20. Jahrhundert
Im 19. Jahrhundert erfuhr der Markt durch den Abriss der beiden Stadtmauern und der Verfüllung der Gräben an seinem oberen und unteren Ende eine wesentliche Veränderung und wurde durch das Pflanzen von Linden zu dem heutigen Boulevard umgestaltet. Von 1885-1890 wurde das Neorenaissancegebäude für das bereits 1818 gegründete Nationalmuseum errichtet.
Das Wenzelsdenkmal (Pomník svatého Václava) schuf 1912 der bekannte tschechische Künstler Josef V. Myslbek. Es zeigt den Heiligen Wenzel als Landespatron in Rüstung und mit Harnisch und Lanze sowie die vier Schutzheiligen Ludmilla und Prokop (vorn) und Anežka (Agnes) und Vojtěch (Adalbert) (hinten).
Der 16. Januar 1969
Am 16. Januar 1969 verbrannte sich der tschechoslowakische Student Jan Palach selbst und lief in Flammen stehend vom Nationalmuseum auf den Wenzelsplatz. Er protestierte damit gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei im Jahre 1968 und der daraus resultierenden Niederschlagung des Prager Frühlings. Heute erinnert ein Denkmal an der Stelle unterhalb der Wenzel-Statue, wo Palach zusammengebrochen sein soll, an die Geschehnisse.
Siehe auch
50.08214.427Koordinaten: 50° 4′ 55,2″ N, 14° 25′ 37,2″ O
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