Wagenradeffekt

Wagenradeffekt
Wenn das rechte Aufblitzen mit der Bewegung synchronisiert ist, erscheint das Objekt bewegungslos

Als Stroboskopischen Effekt (im filmischen Kontext auch als Wagenradeffekt) bezeichnet man den scheinbar verlangsamten oder umgekehrten Ablauf von periodischen Prozessen, die nur zu bestimmten, regelmäßig aufeinanderfolgenden Zeitintervallen beobachtet werden, zum Beispiel mittels Lichtblitzen (Stroboskop) oder durch eine rotierende Scheibe mit Fenstern, die den Blick nur zeitweise freigeben.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Wenn die Frequenz, mit der die Zeitintervalle aufeinanderfolgen, mindestens etwa 16 Hz beträgt, dann verschmelzen die beobachteten Phasen des Prozesses wegen der Nachbildwirkung bzw. des Phi-Effekts zu einem scheinbar kontinuierlichen Ablauf.

Wenn der Abstand der Zeitintervalle gleich der Periodendauer des Prozesses (oder ein Vielfaches davon) ist, dann wird der Prozess immer in derselben Phase des periodischen Ablaufs beobachtet und er scheint still zu stehen. Ist der Abstand der Zeitintervalle ein wenig größer, dann wird der Prozess immer in einer etwas späteren Phase beobachtet als im vorhergehenden Zeitintervall und der Prozess scheint langsam vorwärts abzulaufen. Ist hingegen der Abstand der Zeitintervalle ein wenig kleiner als die Periodendauer, dann ist die Phase immer etwas früher und der Prozess läuft scheinbar langsam rückwärts.

Geschichte

Die Entdeckung des stroboskopischen Effekts geht auf eine Beobachtung des englischen Arztes Peter Marc Roget (1779–1869) zurück. Dieser sah durch die Spalten eines dunklen Zauns eine vorbeifahrende Kutsche auf der sonnenbeschienenen Straße und bemerkte, dass die Radspeichen merkwürdig gekrümmte und unbewegliche Formen annahmen. Er versuchte daraufhin, sich diese optische Täuschung zu erklären und baute ein Versuchsmodell, in dem er den Zaun durch ein mit Spalten versehenes Band und das Rad durch eine sektorenartige Öffnungen aufweisende Scheibe ersetzte. Beim Blick durch die Spalten des Bandes auf die sich drehende Scheibe sah er seine Beobachtung bestätigt. Er erklärte dieses Phänomen zeichnerisch und rechnerisch und veröffentlichte seine Erkenntnisse 1825.[1]

Der Belgier Joseph Plateau machte sich diese Erkenntnisse als erster zur Imitation von Bewegungsabläufen zu Nutze und konstruierte das Phenakistiskop, das auf der sich drehenden Kreisscheibe 16 Zeichnungen beinhaltete, die einen Bewegungsablauf imitierten. Der Österreicher Simon Ritter von Stampfer wiederum brachte die ähnlich funktionierenden Zauberscheiben, auch „optische Zauberscheiben“ oder „stroboskopische Zauberscheiben“ genannt, auf den Markt. Da sich seine Kreation weiter verbreitete, setzte sich letztendlich auch seine Bezeichnung der „stroboskopischen Scheibe“, die später zu „Stroboskop“ vereinfacht wurde, durch.[1]

Anwendung des stroboskopischen Effekts

Im Maschinenwesen

Der stroboskopische Effekt wird in vielen Bereichen der Technik angewandt, um schnell ablaufende Prozesse verlangsamt oder als "Standbild" sichtbar zu machen. Beispielsweise können Schwingungen von Bauteilen dadurch beobachtet werden, oder man beobachtet rotierende Teile (Wellen, Zahnräder) im Betrieb.

In der Nachrichtentechnik

In der Nachrichtentechnik ist der Stroboskopeffekt ein unerwünschter Effekt, der oft auftritt, wenn beim Abtasten eines Signals (Sampling) das Nyquist-Shannon-Abtasttheorem nicht eingehalten wurde (undersampling).

Wird nun versucht, das Originalsignal aus den zeitdiskreten Sampling-Werten zu rekonstruieren, kann es vorkommen, dass dies durch Aliasing-Effekte z.B. mit der doppelten Periodendauer rekonstruiert wird.

Im Film

Erst durch den Stroboskopeffekt wird Bewegungswahrnehmung im Film möglich. Er löst einen psychischen Effekt im menschlichen Gehirn aus, der eine Reihe von Bildern, die in ihren räumlichen Bestimmungen wenig voneinander abweichen, um auf einen einzigen Gegenstand bezogen zu werden, nicht einzeln, sondern als bewegtes Ganzes wahr nimmt. Dazu Zglinicki: „Erscheinungen, die auf Nachbildwirkungen beruhen, haben mit der Kinematographie im Grunde nichts zu tun. Nur stroboskopische Erscheinungen - allerdings in Verbindung mit der Nachbildwirkung - dürfen als unmittelbare Vorläufer des Films angesprochen werden“[2] Diese Bildwahrnehmungen müssen in rascher Folge geschehen (etwa 12 Einzelbilder pro Sekunde), damit sie nicht als Reihe verschiedener Bilder identifiziert werden. Im Film wird der stroboskopische Effekt durch die Dunkelphasen zwischen zwei Einzelbildern erzeugt. Fälschlicherweise wird oftmals der Nachbild- oder Phi-Effekt des menschlichen Auges für Bewegung im Film verantwortlich gemacht (so auch in aktueller Literatur [3]). Der Phi-Effekt bewirkt jedoch lediglich eine Überlagerung von Einzelbildern, was das Filmempfinden - vereinfacht gesprochen - „glättet“.

Literatur

  • Manfred Horst: Elektronische Hilfsmittel für Film und Foto. 1. Auflage, Franzis-Verlag, München, 1974, ISBN 3-7723-3371-0
  • Wilhelm Gerster: Moderne Beleuchtungssysteme für drinnen und draussen. 1. Auflage, Compact Verlag, München, 1997, ISBN 3-8174-2395-0
  • Hans R. Ris: Beleuchtungstechnik für Praktiker. 2. Auflage, VDE-Verlag GmbH, Berlin-Offenbach, 1997, ISBN 3-8007-2163-5

Einzelnachweise

  1. a b Wilhelm Formann: Österreichische Pioniere der Kinematographie. Bergland Verlag, Wien 1966, S. 9
  2. Zglinicki, Friedrich von: Der Weg des Films. Olm-Verlag, 1979
  3. Monaco, James: Film verstehen. 2000. S. 88

Siehe auch

Weblinks


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