- Waldtarpan
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Tarpan Systematik Überordnung: Laurasiatheria Ordnung: Unpaarhufer (Perissodactyla) Familie: Pferde (Equidae) Gattung: Pferde (Equus) Art: Wildpferd (Equus ferus) Unterart: Tarpan Wissenschaftlicher Name Equus ferus gmelini bzw. sylvaticus - Als Tarpan bezeichnet man eine ausgestorbene Form des Wildpferdes. Es handelt sich dabei um die westlich des Urals vorkommenden Formen des eurasischen Wildpferdes. Inwieweit bestimmte Lokalformen des Tarpans einen eigenen Unterartstatus verdienen, ist zurzeit nicht abzusehen. Traditionell unterscheidet man den Waldtarpan (Equus ferus sylvaticus) und den Steppentarpan (Equus ferus gmelini). Die östliche Unterart des eurasischen Wildpferdes ist das Przewalski-Pferd, auch Urwildpferd oder Takhi genannt, welches jenseits des Urals in Asien vorgekommen ist. Es konnte in Zoologischen Gärten vor dem Aussterben erhalten werden und ist heute u.a. in der Mongolei und China wieder angesiedelt worden.
Inhaltsverzeichnis
Waldtarpan
Der Waldtarpan war ein ursprüngliches Wildpferd Mitteleuropas. Er war möglicherweise von Frankreich bis ins Baltikum verbreitet. Jedoch tritt bei den (meist halbwild lebenden) Sorraia-Pferden, die hauptsächlich in Portugal und Spanien gehalten werden und offenbar von Wildpferden abstammen, häufig die für europäische Wildpferde typische Beinbestreifung auf, weshalb sein Verbreitungsgebiet möglicherweise mit einer weiteren Unterart auch die Iberische Halbinsel umfasste. Mit steigender menschlicher Bevölkerungsdichte verschwanden die wilden Pferde aus Mitteleuropa. In Polen hielten sich kleine Restbestände bis ins 18. Jahrhundert. Die letzten wurden kurz vor dem Wechsel zum 19. Jahrhundert eingefangen und zunächst in dem Tiergarten eines Landadeligen gehalten, ehe sie 1808 aus wirtschaftlichen Gründen an Bauern der Region verteilt werden mussten. Damit war die Form ausgestorben. Das Konik ist wahrscheinlich ein direkter Nachkomme dieser Waldtarpane, es wurde auch (siehe unten) zur Abbildzüchtung verwendet.
Steppentarpan
Der Steppentarpan (Equus ferus gmelini) lebte in den Steppen und Waldsteppen im Süden Russlands bis in die 80er Jahre des 19ten Jahrhunderts. Sein Verbreitungsgebiet erstreckte sich mindestens von der Pruth im Westen bis zum Fluss Ural. Wie weit sich ihr Vorkommensgebiet nach Westen erstreckte ist nicht mehr rekonstruierbar, da nicht klar ist, wo sich die beiden Tarpanformen geographisch ablösten und inwieweit die Übergänge fließend waren. Diese Pferde waren grau gefärbt und hatten bis zum Ende des ersten Lebensjahres blondes Fell. Kennzeichnend waren außerdem ein schwarzer Aalstrich, eine schwarze Fesselstreifung. Ob eine Steh- oder Hängemähne bei den Pferden typisch war, wird in historischen Quellen uneinheitlich beschrieben und ist bis heute umstritten. Das Winterfell war sehr dicht. Beschrieben wurde dieses Tier u.a. durch den Naturforscher Peter Simon Pallas, der es im 18. Jahrhundert in der Gegend des Schwarzen Meeres noch häufig vorfand und auch den Namen "Tarpan" prägte. Der Steppentarpan war etwas größer als der Waldtarpan.
Der Steppentarpan verschwand durch zwei Ursachen: Zum einen begegnete er bei zunehmender Besiedlung seines Lebensraums durch den Menschen immer öfter Hauspferden und paarte sich mit diesen, so dass die Nachkommen keine reinen Tarpane mehr waren. Zum anderen wurde er gezielt gejagt, um eben diese wilden Paarungen mit Hauspferden zu verhindern. Nachdem die Tiere während des 19. Jahrhunderts rapide seltener wurden, starb der letzte frei lebende Tarpan im Jahr 1879 in der südlichen Ukraine. Ein anderes Tier, das 1866 gefangen wurde, starb in den 80er Jahren des 19ten Jahrhunderts im Moskauer Zoo. Von diesem Tier liegt ein Originalfoto vor, welches nahezu keine der beschriebenen Tarpanmerkmale aufweist, so dass sein Status zweifelhaft ist.
Rückzüchtung
In den 1930er Jahren wurden von Heinz Heck im Tierpark Hellabrunn Versuche zur Rückzüchtung (oder korrekter "Abbildzüchtung") des Tarpans gemacht. Dies geschah durch Kreuzung von Przewalski-Pferd-Hengsten mit Dülmener Pferden, Koniks, grauen isländischen und gotländischen Ponystuten.
In Polen hat Prof. T. Vetulani an der polnischen Akademie der Wissenschaften ab 1920 sehr ursprüngliche Landpferde aus der Nähe von Bilgoraj (Konik, polnisch: Pferdchen), die wahrscheinlich aus Kreuzungen mit den 1808 an Bauern verteilten Waldtarpane hervorgegangen sind, mit dem Ziel weitergezüchtet, die Ähnlichkeit mit dem Tarpan zu erhalten oder zu erhöhen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Hälfte dieser Koniks nach Deutschland verschleppt und für die Weiterzucht der "Heckpferde" verwandt. Ein Teil dieser Tiere gelangte dann nach dem Krieg nach Polen zurück. Auch später sind zum Teil beide Ansätze zur Rückzüchtung zusammengeflossen, so dass es heute viele Tiere gibt, die sowohl Anteile aus den polnischen Anstrengungen als auch aus den deutschen Versuchen haben. Die Übergänge zwischen Koniks und Tarpanrückzüchtungen sind also oft fließend.
Auch die Dülmener Pferde aus der Wildbahn des Merfelder Bruches in Nordrhein-Westfalen sind in den letzten Jahrzehnten fast ausschließlich mit polnischen Konikhengsten gedeckt worden. Somit haben Koniks, Heckpferde und Dülmener Pferde zunehmende genetische und äußerliche Gemeinsamkeiten entwickelt und weisen das gleiche Zuchtziel auf - eine möglichst große Ähnlichkeit mit dem Tarpan.
Das seltene Sorraia-Pferd, welches im Grenzgebiet zwischen Portugal und Spanien halbwild vorkommt, weist ebenfalls eine sehr große Ähnlichkeit zum Tarpan auf, ist allerdings feingliedriger, hat einen Ramskopf und ein dünneres Winterfell. Den Resultaten der mitochondrialen DNA-Analyse zufolge handelt es sich beim Sorraia-Pferd ebenfalls um eine sehr ursprüngliche Pferderasse, die entgegen bisheriger Lehrmeinung keine engeren Verwandtschaftsbeziehungen zu Andalusier oder Lipizzaner hat.
In den Niederlanden sind mittlerweile über 1500 Koniks in großen Naturentwicklungsgebieten (Neue Wildnis) und Nationalparken angesiedelt worden und führen ein halbwildes, selbstbestimmtes Leben. Diese Koniks leben wieder fast so wie die ursprünglichen Tarpane. Auch auf der Geltinger Birk (S-H) sowie in der Lippe- und Ems-Aue (NRW) wurden Koniks in naturnahen Weidelandschaften angesiedelt.
Der NABU Ostfriesland hat auf 120 ha Marschlandschaft sowohl Koniks von der Stiftung Groninger Landschap als auch Heckpferde des Schlages Wisentgehege Hardehausen (echte Stehmähne) angesiedelt. Sie leben dort in Gesellschaft von Abbildzüchtungen des Auerochsen (Heckrinder), um den Multispeziesansatz in den Weidelandschaften zu realisieren. Informationen hierzu sind über den NABU Bundesfachausschuss "Weidelandschaften und Neue Wildnis" oder über den NABU Schul- und Landschaftspflegehof Woldenhof in Wiegboldsbur zu erhalten.
Einen anderen Rückzüchtungsversuch hat Herr Dr. Georg Gaede aus Wiesmoor durchgeführt. Hier sind die Pferde im Gegensatz zum Konik zierlich und klein. Zu sehen ist eine Herde im Naturschutzgebiet Wacholderhain in Haselünne/Niedersachsen.
Siehe auch
Literatur
- Ronald M. Nowak: Walker’s mammals of the world. 6. Auflage. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, ISBN 0-8018-5789-9.
- V. G. Heptner: Mammals of the Sowjetunion Vol. I Ungulates. Leiden, New York, 1989 ISBN 9004088741
- M. Bunzel-Drüke, C. Böhm, P. Finck, G. Kämmer, R. Luick, E. Reisinger, U. Riecken, J. Riedl, M. Scharf & O. Zimball: Wilde Weiden (Praxisleitfaden für Ganzjahresbeweidung in Naturschutz und Landschaftsentwicklung) ABU e.V., 2008 ISBN 978-3-00-024385-1
Weblinks
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