Weinanbau in Südafrika

Weinanbau in Südafrika

Obwohl Südafrika auf eine mehr als dreihundertjährige Weinbautradition zurückblickt, ist der Weinbau in Südafrika in Mitteleuropa erst seit den 1980er Jahren international bekannt, da das Land vorher politisch weitgehend isoliert war. Südafrika produziert jährlich ca. 719 Millionen Liter Wein (Rang 9 weltweit stand 2002), was etwa 2,7 % der weltweiten Weinproduktion entspricht. 4406 Traubenanbauer beliefern die 561 Kellereien (2004). Schätzungen zufolge beschäftigt der Weinbau ca. 340.000 Arbeitnehmer. Die Weinbaugebiete liegen südlich, selten mehr als 50 km von der Küste gelegen. So profitieren diese Regionen von der kühlenden Wirkung des Benguelastroms.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Frühzeit

Weingut Boschendal

Der Weinbau in Südafrika beginnt 1652 mit der Ankunft von Jan van Riebeeck bei Kapstadt. Seine Mission im Auftrag der Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC) bestand im Errichten einer Proviantstation auf der Gewürzroute von Europa nach Indien. Bei seiner Ankunft bemerkte er das mediterrane Klima und beschloss, Rebsorten aus Europa zu importieren. Er wusste, dass Wein auf langen Seereisen haltbarer als Süßwasser in Fässern ist und ebenfalls positiv auf den Krankheitsverlauf von Skorbut wirkt. 1655 pflanzte er erste Weinreben, und am 2. Februar 1659 wurde in Südafrika der erste Wein gekeltert. Herr van Riebeeck forderte die Bauern der Region um Kapstadt auf, Reben anzupflanzen. Aufgrund der Unerfahrenheit der dortigen Menschen waren die Resultate in der Anfangsphase nicht immer als gelungen zu bezeichnen.

1679 wurde van Riebeeck durch Simon van der Stel ersetzt. Dieser war nicht nur Weinliebhaber, sondern hatte profunde Kenntnisse im Weinbau. Er legte auf seiner Farm das 750 ha große Weingut Groot Constantia an und gründete die Siedlung Stellenbosch. Constantia wurde in der Folgezeit von der Familie Cloete erworben, die auf ihrem Gut ein Produkt von Weltruf erzeugten. Die dortigen Dessertweine wurden in Europas Aristokratie als das Beste vom Besten geschätzt.

Die Ankunft von 150 französischen Hugenotten zwischen 1680 und 1690 belebte den Weinbau auf breiter Front. Heute existiert unter anderem noch das Weingut Boschendal sowie Annandale Wines aus jener Zeit.

Die Zeit von 1700 bis 1890

Das 18. Jahrhundert war noch eine Lernphase. Erste Exportversuche wurden in den etablierten europäischen Weinnationen nur ungern gesehen. Bestraft wurde Südafrika damit, dass aus Europa nicht genug Fässer importiert werden konnten. Dies führte zu einer Mangelsituation an Fässern. Manche Bauern verwendeten sogar Fässer, die vormals zur Lagerung von gepökeltem Fleisch gedient hatten. Andere Weinbauern nutzen jedoch diese Zeit, um ausreichende Erfahrungen mit verschiedenen Rebsorten und deren Eignung in unterschiedlichen Regionen zu machen.

Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte dem Weinbau eine erste Blütezeit. Die britische Besetzung sowie der Umstand des zu dieser Zeit ausgetragenen Konflikts zwischen England und Frankreich eröffneten dem südafrikanischen Wein völlig neue Märkte. In diesen 50 Jahren verzehnfachte sich die Produktion auf ca. 45.000 hl. Als England und Frankreich den Konflikt beilegten und die Regierung unter William Ewart Gladstone die Vorzugszölle für das Empire aufhob, brach der Markt 1861 zusammen. 1886 wurden die Rebgärten zu allem Überfluss von der Reblaus befallen. Unüberlegte Neuanpflanzungen führten in einer ersten Phase zu einer Überproduktion.

Der Weinbau Südafrikas im 20. Jahrhundert

Die Phase der Unsicherheit wurde von Charles Kohler 1918 durch die Gründung der Kooperative mit dem Namen Kooperative Wijnbouwers Vereiniging van Zuid-Afrika beperkt (abgekürzt KWV) beendet. Die Marketingbemühungen konnten gebündelt werden, den Weinbauern ein gesichertes Einkommen gewährt und die Produktion reglementiert werden.

1925 wurde die autochthone Rebsorte Pinotage entwickelt; der erste Wein dieser Sorte wurde 1961 auf den Markt gebracht.

In der Folgezeit machte die KWV die Herstellung von Brandy und aufgespriteten Weinen im Portwein-Stil zu ihrem Hauptanliegen. Die Märkte waren sehr beschränkt, da Südafrika aufgrund seiner Apartheidspolitik politisch isoliert war. Dies änderte sich erst Mitte der 1980er Jahre, als die Einfuhrbeschränkungen für Rebenstecklinge gelockert wurden. Mit dieser Lockerung wurde der Weinbau in Südafrika neu definiert, da jetzt international bekannte Rebsorten wie Chardonnay oder die Rotweinreben nach dem Vorbild von Bordeaux angepflanzt werden konnten. In der Folge wurde die Rebfläche zwar kaum verändert, aber die bestehenden Rebanlagen wurden zu Teilen durch qualitativ hochwertige Sorten neu bestockt. 1992 wurde die KWV von ihrer Befugnis zur Reglementierung der Produktion entbunden; begabte Winzer konnten sich nun frei entfalten. Seit 1998 nimmt die Rebfläche im Mittel um ca. 3.300 ha / Jahr zu.

Klima und Geographie

Lage der Provinz Westkap in Südafrika

Die Weinbaugebiete Südafrikas liegen zwischen dem 31. und 34. südlichen Breitengrad, in der Nähe des südlichen Wendekreises. Eigentlich ist diese geographische Zone für den Weinbau schon viel zu warm. In südwestlicher Küstennähe wird der Einfluss einer kühlen Meeresströmung, die von der Antarktis kommt, deutlich spürbar. Dieser Meeresstrom heißt Benguelastrom.

Durch seine Wirkung entsteht in den Weinbaugebieten, die sich überwiegend in der Provinz Westkap befinden, ein gemäßigtes maritimes Klima, das hervorragend für den Anbau von Qualitätsweinen geeignet ist. Der Zeitpunkt der Weinlese liegt zwischen Februar und April.

Qualitätsweinpolitik

Südafrika hat ein auf Appellationen aufgebautes Qualitätsweinsystem aufgebaut; das Wine of Origin (WO)-System, das 1973 eingeführt wurde. Bei diesem System geht man davon aus, dass die Qualität des Weins sowohl durch den Standort des Weinbergs als durch den Winzer (Wahl der Rebsorte, Weinbautechnik, Arbeit im Weinberg) bestimmt wird. Das Regelwerk des Wine of Origin greift daher in diese Parameter ein und das Siegel oben auf der Flasche garantiert die Angaben zu Herkunft, Rebsorte(n) und Jahrgang. Die Überwachung des Regelwerks sowie die Zertifizierung der Weine obliegt dem Wine and Spirit Board.

Ein anderer regionaler Begriff ist Estate Wine. Diese Bezeichnung garantiert, dass der Wein auf einem registrierten Weingut angebaut und hergestellt wurde – was im Allgemeinen ein Zeichen von Qualität ist.

Der Begriff Cap Classique oder auch Methode Cap Classique wurde 1992 in Südafrika zur Bezeichnung des nach Champagnermethode (Methode Champenoise) hergestellten lokalen Schaumweins eingeführt.

Herkunftsgebiet

Geographisch wurde die Weinbaufläche in fünf Einheiten unterschiedlicher Größe aufgeteilt:

  1. Die Einzellage, die nicht größer als fünf Hektar sein darf
  2. Der Verbund mehrerer aneinander grenzender Weinbaubetriebe
  3. Der Bezirk, hier ward genannt. Die im ward zusammengefassten Lagen weisen einen gemeinsamen Nenner in Bezug auf den Boden sowie mikroklimatische Bedingungen auf, sodass die Weine einen regionalspezifischen Geschmack aufweisen.
  4. Der Distrikt
  5. Die Weinbauregion

Zugelassene Rebsorten

Im Rahmen der Qualitätspolitik sind nur die folgenden Rebsorten zugelassen: Alicante Bouschet, Auxerrois, Barbera, Bukettraube, Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Carignan, Chardonnay, Chenel, Chenin Blanc (Steen), Cinsault, Clairette Blanche, Colombard, Cornifesto Tinto, Fernão Pires, Furmint, Gamay, Gewürztraminer, Grachen, Grenache, Grenache Blanc, Harslevelü, Kerner, Malbec, Merlot, Meunier (Pinot Meunier), Morio-Muskat, Mourvèdre (Mataro), Müller-Thurgau, Muscat d'Alexandrie (hier Hanepoot genannt), Muscat blanc à petits grains (hier noch oft fälschlich Muscat de Frontignan genannt), Muscat de Hambourg, Muskat-Ottonel, Nebbiolo, Palomino (White French/Fransdruif), Petit Verdot (Verdot), Pinotage, Pinot Blanc (Weissburgunder), Pinot Gris (Pinot Grigio), Pinot Noir, Pontac (Teinturier male), Riesling (Cape Riesling/Kaapse Riesling/Crouchen), Roobernet, Roussanne, Ruby Cabernet, Sangiovese, Sauvignon Blanc (Blanc Fumé), Schönburger, Semillon (Groendruif), Shiraz (Syrah), Souzão, Sultana (Sultanina/Thompson Seedless), Sylvaner, Tannat, Tempranillo (Tinta Roriz), Therona Riesling, Tinta Barroca, Tinta Francisca, Touriga Francesca, Touriga Nacional, Ugni blanc (Trebbiano), Verdelho, Viognier, Zinfandel (Primitivo).

Wenn auf dem Etikett des Weins der Name der Rebsorte als sortenreiner Wein erwähnt ist, muss der Wein zumindest aus 75 % die Rebsorte gekeltert sein. Dieser Prozentsatz steigt ab dem 1. Januar 2006 auf 85 %.

Jahrgangsangaben

Nur vom Wine and Spirit Board (Wyn en Spiritusraad) zertifizierte Weine dürfen eine Jahrgangsangabe auf dem Etikett machen. Bei Angabe des Jahrgangs muss mindestens 75 % des in der Flasche enthaltenen Weines aus dem besagten Jahr stammen. Am 1. Januar 2006 wurde der Anteil auf 85 % angehoben.

Rebsortenspiegel

Auf weiße Rebsorten entfallen ca. 55,8 Prozent (Stand 2007) des Rebbestands in Südafrika. Seit vielen Jahren besteht ein eindeutiger Trend weg vom Weißwein und hin zum Rotwein. In den letzten 15 Jahren stieg der Rotweinanteil von 16 Prozent auf jetzt 44,2 Prozent, wenngleich das jetzige Verhältnis von Rot/Weiß bereits seit 5 Jahren Bestand hat.

Weiße Rebsorten:

  • Chenin Blanc (19.161 ha bestockte Fläche; Stand 2007), Tendenz fallend obwohl seit dem Jahr 2005 eine Stagnation festegestellt wird
  • Sultana (= Thompson Seedless) (9.958 ha). Sultana wird sowohl als Tafeltraube sowie als Keltertraube verwendet.
  • Colombard (11.849 ha)
  • Sauvignon Blanc (8.872 ha), Tendenz stark steigend
  • Chardonnay (8.230 ha), Tendenz steigend
  • Hanepoot (2.427 ha), so heißt hier die Muscat d'Alexandrie. Tendenz stark fallend
  • Cape Riesling (982 ha), Tendenz stark fallend
  • Sémillon (1.129 ha), Tendenz steigend
  • Riesling (240 ha), Tendenz fallend
  • Andere weiße Rebsorten (4.028 ha)

Rote Rebsorten:

Alle Zahlen stammen von der Organisation SA Wine Industry Information & Systems [1]

Weinbauregionen

Am Ende der Apartheid im Jahr 1994 mussten die ehemaligen unabhängigen und quasi-unabhängigen Homelands in die politische Struktur Südafrikas integriert werden. Dies führte zur Auflösung der bisherigen vier Provinzen (Kapprovinz, Natal, Oranje-Freistaat und Transvaal), die durch neun neue Provinzen ersetzt wurden und die nun das gesamte Staatsgebiet Südafrikas umfassen. Die Provinzen sind wieder in insgesamt 52 Distrikte unterteilt. Die Provinzen Südafrikas sind:

Die neun Provinzen Südafrikas
Distrikte Südafrikas
Nr. Provinz Ehemalige Homelands und Provinzen Hauptstadt Fläche (km²)
1 Western Cape (Westkap) Kapprovinz Kapstadt 129.370
2 Northern Cape (Nordkap) Kapprovinz Kimberley 361.830
3 Eastern Cape (Ostkap) Kapprovinz, Transkei, Ciskei Bisho 169.580
4 KwaZulu-Natal Natal, KwaZulu Pietermaritzburg 92.100
5 Free State (Freistaat) Oranje-Freistaat, QwaQwa Bloemfontein 129.480
6 North West (Nordwest) Transvaal, Kapprovinz, Bophuthatswana Mafikeng 116.320
7 Gauteng Transvaal Johannesburg 17.010
8 Mpumalanga Transvaal, KwaNdebele, KaNgwane, Bophuthatswana, Lebowa Nelspruit 79.490
9 Limpopo Transvaal, Venda, Lebowa, Gazankulu Polokwane 123.900

Südafrika ist aus Sicht des Weinbaus in fünf Regionen aufgeteilt. Diese Regionen teilen sich in zwölf Distrikte, die Distrikte in insgesamt 43 Bezirke (hier wards genannt) auf.

Weinbauregion Breede Rivier Valley

  1. Distrikt Robertson mit den Bezirken Agterkliphoogte, Bonnievale, Boesmansriver, Eilandia, Hoopsriver, Klaasvoogds, Le Chasseur, McGregor, Vink River.
  2. Distrikt Worcester mit den Bezirken Aan-de-Doorns, Goudini, Nuy, Scherpenheuvel, Slanghoek
  3. Distrikt Swellendam mit den Bezirken Buffeljags, Stormsvlei

Weinbauregion Klein Karoo (oder Little Karoo)

  1. mit den Bezirken Montagu, Tradouw, Upper Langkloof und Outeniqua. Diese Bezirke sind keinem Distrikt zugeordnet.
  2. Distrikt Carlitzdorp

Weinbauregion Coastal Region

Franschhoek Valley
  1. mit dem Bezirk Constantia. Dieser Bezirk ist keinem Distrikt zugeordnet.
  2. Distrikt Cape Point
  3. Distrikt Tygerberg mit dem Bezirk Durbanville und Philadelphia
  4. Distrikt Paarl mit den Bezirken Franschhoek Valley, Wellington, Simonsberg-Paarl und Voor Paardeberg
  5. Distrikt Stellenbosch mit den Bezirken Jonkershoek Valley, Papegaaiberg, Simonsberg-Stellenbosch, Bottelary, Devon Valley
  6. Distrikt Swartland mit den Bezirken Riebeekberg, Malmesbury
  7. District Darling mit dem Bezirk Groenekloof

Weinbauregion Boberg

  1. Distrikt Tulbagh

Daneben dürfen unter dem Namen Boberg auch Dessertweine von Paarl vermarktet werden.

Weinbauregion Olifants River

  1. mit den Bezirken Spruitdrift, Vredendal, Bamboes Bay
  2. mit dem Distrikt Citrusdal Mountain und dem Bezirk Piekenierskloof,
  3. mit dem Distrikt Citrusdal Valley
  4. mit dem Distrikt Lutzville Valley und dem Bezirk Koekenaap

Distrikte und Bezirke, die keiner Region zugeordnet sind

  1. Distrikt Overberg mit den Bezirken Klein River und Elgin
  2. Distrikt Douglas
  3. Distrikt Walker Bay
  4. Distrikt Cape Agulhas mit dem Bezirk Elim
  5. Die Bezirke Hartswater, Lower Orange, Cederberg, Ceres, Herbertsdale, Rietrivier FS, Ruiterbosch, Swartberg, Prince Albert Valley

Wirtschaftliche Faktoren

Da international Südafrikanischer Wein immer mehr an Bedeutung gewinnt, wachsen auch die Exportzahlen. Die beliebtesten Exportsorten sind der Chenin Blanc, der Chardonnay und der Cabernet Sauvignon. Im Jahr 2007 wurden insgesamt 312 Millionen Liter Wein exportiert. Dies entsprach 42,8% der produzierten Menge!

Im Jahr 2007 beliefen sich die geschätzten Staatseinnahmen von Südafrika, die über die Mehrwertsteuer sowie Akzisensteuern von Wein und Branntwein eingetrieben wurden, auf 3,27 Milliarden Rand (1 EUR = 9,13 ZAR (Stand Juli 2006)). Die Einkommenssteuern der ca. 340.000 im Weinbau tätigen Arbeitnehmer sind dabei nicht berücksichtigt.

Einzelnachweise

  1. http://www.suedafrika-wein.de/Book_2008_web.pdf Southafrican Wine Industry Statistics, Veröffentlicht im Juni 2008

Weblinks

Südafrika Weininformation [1]

Literatur

  • Jancis Robinson: Das Oxford Weinlexikon. 2. Auflage. Gräfe & Unzer, München, 2003, ISBN 3-7742-0914-6. 

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