Weisswurst

Weisswurst
Münchner Weißwürste mit „Brezn“ (Brezel) und süßem Senf

Weißwurst ist eine helle Brühwurst aus feingemahlenem Kalbfleisch, Schweinerückenspeck und Gewürzen. Weil die Wurst nicht gepökelt wird, hat sie eine helle grau-weiße Farbe. Eng verwandt mit der Weißwurst sind Wollwurst und Stockwurst.

Inhaltsverzeichnis

Die Münchner Weißwurst

Die bekannteste Münchner Spezialität ist die Weißwurst. Sie wird traditionell frühmorgens hergestellt und vormittags als Imbiss auf Märkten und in Wirtshäusern mit süßem Senf, Breze und Weißbier verzehrt.

Entstehung

Vergleichbare Würste, die ebenfalls im heißen Wasser serviert wurden, gab es bereits im 14. Jahrhundert in Frankreich. In französischen Kochbüchern werden sie schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts „Boudin Blanc“ (Weißwurst) genannt.[1]

Viele Münchner schreiben ihre Entstehung aber auch gerne einer Zufallserfindung des Wirts vom Gasthaus „Zum ewigen Licht“ am Münchner Marienplatz, Sepp Moser, zu: Am Rosenmontag, dem 22. Februar 1857, sollen ihm die Schafsdärme für die Kalbsbratwürstchen ausgegangen sein, während schon die Gäste warteten. Der losgeschickte Lehrling kam aber mit Schweinedärmen zurück, die zu zäh und zu groß für Bratwürste sind. In der Not füllte Moser sie trotzdem mit der fertigen Masse, briet die Würste jedoch nicht, sondern brühte sie in heißem Wasser, weil er Bedenken hatte, dass die Schweinedärme beim Braten platzen könnten.

Seltene Zutaten machten die Weißwurst zu einem teuren Essen, denn neben dem Kalbfleisch waren im 19. Jahrhundert auch Zitronen noch nicht leicht zu beschaffen. Außerdem muss der Wurstmasse gestoßenes Eis beigemengt werden, was das Ergebnis besonders zart und locker werden lässt, die Herstellung aber einstmals aufwändig machte.

Herstellung und Zubereitung

Münchner Weißwürste werden aus Kalbfleisch, Schweinerückenspeck und gekochter Schweineschwarte hergestellt und je nach Rezept mit Petersilie, Zitronenschale, Macis und Zwiebeln, auch Ingwer und Kardamom gewürzt. Die fertige Wurstmasse wird in Schweinedärme gefüllt, zu etwa 12–15 cm langen Würsten von 80–90 Gramm Gewicht abgedreht und möglichst frisch gebrüht, also in heißem, aber nicht kochendem Wasser gegart.

Zubereitet werden Weißwürste, indem man sie zehn Minuten in ca. 65 °C heißem, leicht gesalzenem Wasser erwärmt. Man kann auch Wasser zum Kochen bringen, den Topf vom Feuer nehmen und die Weißwürste in das sich abkühlende Wasser geben. In kochendem Wasser platzen sie, verlieren an Geschmack und man läuft Gefahr, dass sich der Darm nicht mehr ordentlich abpellen lässt.

Aus der Zeit vor der Erfindung der Kühltechnik stammt die Empfehlung, Weißwürste dürften das Mittagsläuten um 12 Uhr nicht hören. Nach einer anderen Erklärung wurden sie vormittags in den Gaststätten an Handwerker verkauft, die zum Mittagstisch Platz für zahlungskräftigere Kundschaft machen sollten. Heute werden Weißwürste den ganzen Tag über angeboten.

Mittlerweile werden „Münchner Weißwürste“ auch industriell und außerhalb Münchens hergestellt und vorgebrüht in Dosen oder eingeschweißt weltweit vertrieben.

Verzehr

Weißwürste werden traditionellerweise mit süßem Senf, Brezel und Weißbier verzehrt.

Bei Weißwürsten wird der Darm üblicherweise nicht mitgegessen. Sie wird entweder „gezuzelt“, d. h. der Inhalt wird mit den Zähnen aus dem Darm gezogen, oder man isst sie, indem man sie zuerst auf dem Teller längs halbiert, so dass der Darm auf der Unterseite intakt bleibt und der Inhalt mit dem Besteck quer heruntergewälzt werden kann. Es besteht auch die Möglichkeit, die Wurst seitlich ein wenig einzuschneiden und den Darm daraufhin in einem Stück von der Wurst zu lösen, was den darauf folgenden Verzehr erleichtert.

Herkunftsbezeichnung

Die Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst will die „Original Münchner Weißwurst“ bei der EU-Kommission in Brüssel als Herkunftsbezeichnung schützen lassen und hat dazu 2004 einen Antrag beim Patent- und Markenamt gestellt. Dann dürften sich nur noch in München hergestellte Weißwürste „Münchner Weißwürste“ nennen. Der Fleischerverband Bayern hat einen zweiten Antrag gestellt mit dem Ziel, das Herstellungsgebiet von München auf Altbayern und Schwaben auszudehnen. (Quelle: Süddeutsche Zeitung) Nach vorläufiger Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Februar 2005 erfüllt nur der Antrag der Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst die Voraussetzungen für die Eintragung einer geschützten geografischen Angabe.[2] Am 17. Februar 2009 lehnte das Bundespatentgericht in letzter Instanz diesen Antrag ab.[3]

Die Schlesische Weißwurst

Die schlesische Weißwurst wird traditionell im Dezember gefertigt, und zu Heiligabend und Neujahr mit einer typisch schlesischen Tunke (zum Beispiel Fischtunke oder Lebkuchensauce) verzehrt. Die Wurst selbst besteht vor allem aus Kalbfleisch (heutzutage oft durch Schweinefleisch ersetzt oder ergänzt) und Schweinespeck, welche beide extrem fein (noch stärker als die Nürnberger Bratwurst) unter der Beigabe von Eis gekuttert, und mit Zitronengewürz und Weißwein verfeinert werden. Diese Masse wird in Schweinedünndarm abgefüllt und kann zur besseren Haltbarkeit abgebrüht werden. Diese Wurst wird langsam in Wasser erhitzt oder auch in Butter gebraten. Als typisch schlesisches Weihnachtsessen wurden diese dann zusammen mit Kartoffelbrei und Sauerkraut serviert.

Die Hamburger Weißwurst

Entstehung

In der Hamburger Franzosenzeit (1806 bis 1814) entwickelte der Leibkoch des Marschall Davout, ausgehend von der aus feinstem Kalbfleisch bereiteten „Boudin blanc“, eine Luxusvariante, die hohen Gästen bei ihren Besuchen oder Hamburger Bürgern zum zweiten Frühstück vorgesetzt wurden. Das Besondere an dieser Wurst war nicht nur das hochwertige Fleisch, die feine Würze und die sorgfältige Zubereitung, sondern auch der beigefügte Kaviar. Diesen gab es in jener Zeit in Hamburg genug, denn in der Elbe wurden massenhaft Störe (Sterlet) gefangen.

Wertungen

Karl Friedrich von Rumohr notierte diese Weißwurst während eines Hamburg-Besuchs für sein 1822 erschienenes Werk „Geist der Kochkunst“, nachdem er sich über den Knoblauchgeschmack italienischer Würste beklagt hatte: „Eine überaus feine Variante der französischen weißen Boudins sind die Kalbswürstchen, die ich in einer Hamburger Restauration kennenlernte. Auch wenn ich es im Allgemeinen für einen Fehler halte, das Fleisch von Land- und Meeresgetier zu vermengen, darf ich behaupten, dass diese scheinbar geckenhafte Veredelung des Wurstbräts einen Gaumenschmaus besonderer Güte darstellt.“

Auch in einer frühen Ausgabe des „Appetitlexikons“ von Habs und Rosner wird unter dem Stichwort Wurst nach Grütz-, Blut-, Zervelat-, Erbs- und Knoblauchwurst die Weißwurst erwähnt, „deren bayerische Variante recht sättigend ist, während die Hamburgische Weiße von ungewöhnlicher Feinheit und Delikatesse“ sei.

Alexandre Dumas weist in seinem Wörterbuch der Kochkunst, nachdem er den heldenhaften Charakter des Marschall Davout gelobt hat, auf den „Boudin hambourgeois“ hin und forderte: „Mögen meine hochgeschätzten Gourmets aus der Normandie auch darauf bestehen, ihren Boudin blanc mit Bier zu verzehren, ich verlange zu diesem feingestopften Darm ein Glas weißen Burgunders!“

Verbleib

Im Laufe des 19. Jahrhunderts geriet die Hamburger Weißwurst in Vergessenheit, nicht zuletzt, weil all jene Bürger, die sich den französischen Sitten geöffnet hatten, nun lieber schwiegen und alle Erinnerungen an ihre Kollaboration, und seien es auch nur kulinarische, zu tilgen versuchten.

Verwandte Themen

  • Als Weißwurstäquator bezeichnet man die nördliche Grenze des bayerischen Kulturraums.

Literatur

  • Peter M. Lill, Ludwig Markgraf: Mythos Weißwurst. Knürr, München 1999, ISBN 3-928432-23-0
  • Gerhard, F.: Kulinarische Streifzüge durch Bayern. Künzelsau 1997

Einzelnachweise

  1. Münchner-Stadtarchiv
  2. http://www.dpma.de/veroeffentlichungen/mitteilungen/pm050228.html
  3. http://www.faz.net/s/RubCD175863466D41BB9A6A93D460B81174/Doc~E415629E601EF43108AC60AD9E23D7880~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_googlefeed

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