- Weitwinkel
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Als Weitwinkelobjektiv bezeichnet man in der Fotografie ein Objektiv mit einem Bildwinkel, der größer ist als es dem natürlichen Eindruck des menschlichen Auges entspricht. Es hat gegenüber einem Normalobjektiv eine kürzere Brennweite und einen größeren Bildwinkel. Damit kann ein größerer Bereich abgebildet werden; die Gegenstände werden jedoch kleiner abgebildet, da „mehr“ auf das Bild gelangt. Ein Weitwinkel verkleinert bei gleicher Motiventfernung also den Bildmaßstab. Daraus ergibt sich auch die für Weitwinkelobjektive charakteristische große Schärfentiefe.
Lichtstarke Weitwinkelobjektive erfordern einen sehr hohen konstruktiven Aufwand, weshalb preiswerte Weitwinkelobjektive meist eine gegenüber typischen Normalobjektiven relativ geringe Lichtstärke aufweisen.
Inhaltsverzeichnis
Winkel und Brennweiten
Kleinbildformat
Dem natürlichen menschlichen Blickfeld entsprechen Objektive mit etwa 40 bis 50° Bildwinkel, die sogenannten Normalobjektive. Das entspricht beim Kleinbildformat einem Objektiv mit einer Brennweite von 45 bis 60 mm, beim Mittelformat 6x6 cm entsprechend 75 bis 85 mm. Bei kleineren Filmformaten und insbesondere kleineren Sensorgrößen bei Digitalkameras verringert sich die Normalbrennweite entsprechend. Weitwinkelobjektive sind nicht zu verwechseln mit Teleobjektiven von längerer Brennweite und Zoomobjektiven, die eine Verstellung der Brennweite erlauben, jedoch nicht zwingend eine Weitwinkel-Brennweite erreichen müssen.
Andere Formate
Bei der Mittelformatfotografie und beim Großformat sind die Weitwinkelbrennweiten entsprechend dem größeren Filmformat größer als etwa beim regulärem und für den Vergleich herangezogenen 35-mm-Kleinbildformat. Gleiches gilt auch für entsprechende Normalbrennweiten und Telebrennweiten. Für kleinere Bildformate, etwa für die meist kleineren digitalen Sensoren, für die Halbformatkameras und bei kleineren Bildformaten, errechnet sich entsprechend eine kleinere Brennweite für den (gleichbleibenden!) Weitwinkel.
Varianten
Je nach Brennweite und dem typischen Verwendungszweck werden Weitwinkelobjektive in verschiedene Klassen eingeteilt:
Gemäßigte Weitwinkelobjektive (Reportageobjektive)
Reportageobjektive sind Weitwinkelobjektive mit einer sogenannten leichten bis mittleren Weitwinkelwirkung, die sich bei einem diagonalen Bildwinkel zwischen 60° und 75° und einer auf Kleinbild bezogenen Brennweite zwischen etwa 28 mm und 38 mm einstellt. Sie werden auf Grund der höheren Schärfentiefe und der noch relativ geringen Verzerrungen gerne für die Reportagefotografie verwendet. Typische Reportagebrennweiten werden auch von den meisten preiswerten Weitwinkelobjektiven und Universalzooms (oft als Kit-Objektiv bezeichnet) abgedeckt. In diesem Brennweitenbereich gibt es für analoge und digitale Spiegelreflexkameras auch Objektive mit sehr hohen Lichtstärken.
Als gemäßigte Weitwinkelbrennweiten (auf Kleinbildformat bezogen) gelten:
- 35 mm (diagonaler Bildwinkel 63°) und
- 28 mm (diagonaler Bildwinkel 75°).
Superweitwinkelobjektive
Als Superweitwinkelobjektive werden Weitwinkelobjektive mit diagonalen Bildwinkeln über 80° angesehen. Superweitwinkelobjektive werden auch als Ultraweitwinkelobjektive bezeichnet, gängige Abkürzungen sind SWW und UWW. Solche Objektive werden gezielt beispielsweise in der künstlerischen und Naturfotografie, aber gelegentlich auch in der Aktfotografie eingesetzt, um spektakuläre Effekte durch die für diese Brennweiten typischen Verzerrungen zu erzielen. Das Superweitwinkelobjektiv mit der kürzesten Brennweite, das noch relativ verzerrungsfrei und scharf abbildet, ist das Goerz-Hypergon, das einen Bildwinkel von 130° abbilden kann.
Typische Superweitwinkelbrennweiten für das Kleinbildformat sind:
- 24 mm (diagonaler Bildwinkel 84°),
- 20 mm (diagonaler Bildwinkel 94°),
- 17 mm (diagonaler Bildwinkel 104°) und
- 14 mm (diagonaler Bildwinkel 114°).
Zoom-Objektive mit Weitwinkelbereich
Zoom-Objektive (nach altem Sprachgebrauch „Gummilinsen“) haben einen veränderlichen Bildwinkel, der teils auch Weitwinkel-Abbildung mit umfassen kann. Dann spricht man von einem „Tele-Weitwinkel-Zoom“ oder einem „Übergangszoom“. Die besonderen optischen Gegebenheiten sorgten in der Vergangenheit dafür, dass Zoomobjektive für den Weitwinkelbereich sehr viel zögerlicher auf den Markt kamen als Telezooms – die Abbildungsfehler waren und sind erheblich schwieriger zu beherrschen als bei langen Brennweiten. Rechnergestützte Konstruktion und neuartige Spezialgläser erlauben heute jedoch auch brauchbare Weitwinkel-Zoomobjektive. Übergangs-Zooms begannen in den 1970er Jahren mit Bereichen 35-70 mm, also vom leichten Weitwinkel bis zu Portrait-Brennweiten über die Normalbrennweiten hinaus, haben sich hieraus jedoch enorm weiterentwickelt. Beispiele heutzutage sind die sogenannten „Reisezooms“ mit Brennweiten 28 bis 200 mm, also vom starken Weitwinkel bis zu Tele-Brennweiten.
In kritischen Aufnahmesituationen, beispielsweise in der Architekturfotografie, haben Festbrennweiten aber immer noch Vorteile. Insbesondere die sogenannten Superzoomobjektive, die einen sehr großen Brennweitenbereich abdecken, zeigen am kurzen Ende oft drastische Abbildungsfehler, insbesondere Verzeichnung und Randunschärfen.
Im anderen Fall umfassen die variablen Bildwinkel eines Zooms nur Weitwinkel-Brennweiten: dann spricht man von einem Weitwinkel-Zoom.
Typische Weitwinkel-Zoomobjektive für das Kleinbildformat sind:
- 24–70 mm (diagonaler Bildwinkel 34°...83°),
- 17–40 mm (diagonaler Bildwinkel 57°...104°),
- 16–35 mm (diagonaler Bildwinkel 63°...107°) und
- 12–24 mm (diagonaler Bildwinkel 83°...122°).
Fischaugen-Objektive
Von Fischaugenobjektiv spricht man bei Brennweiten unter 20 mm dann, wenn sie rund verzeichnen, also gerade Linien biegen (siehe Bild). Ein Fischauge, das die diagonalen Ecken in einem Bildwinkel von 180 Grad erfasst, hat eine Brennweite von 16 mm. Ein Fischauge, das in jeder Diagonale rundum mindestens 180 Grad abbildet, hat nur eine Brennweite von 8 mm. Das Bild ist dann mittig kreisrund mit schwarzen Restflächen. Ein Fischaugen-Objektiv (engl. Fisheye) weist also im Gegensatz zu Superweitwinkelobjektiven eine andere Art der Projektion auf:
- Gerade Linien, die nicht durch den Bildmittelpunkt gehen, werden nach außen gebogen.
- Raumwinkel werden weniger als bei Superweitwinkelobjektiven verzerrt dargestellt.
- Es sind Bildwinkel von bis zu 180°, teilweise auch darüber hinaus möglich, die bei normalen Objektiven prinzipiell nicht möglich sind.
Ein Fischaugenobjektiv hat zwei wesentliche Eigenschaften:
- Die Brennweite: Die Brennweite legt den Abbildungsmaßstab fest. In der Bildmitte haben Fischaugen-Objektiv und Superweitwinkelobjektiv bei gleicher Brennweite auch den gleichen Abbildungsmaßstab.
- der von der Optik abgebildete Winkelbereich (typisch sind 150° bis 180°, Ausnahmen bis 220°)
Je nach verwendetem Sensor bzw. lichtempfindliche Filmfläche können folgende Fälle der Abdeckung zwischen Optik und Aufnahmefläche auftreten:
- Der Sensor wird vollständig vom Objektiv belichtet (normales rechteckiges Bild).
- Bei Sensoren in Kleinbildgröße und 180° Bildwinkel ist das ab 14 mm Brennweite der Fall.
- Der Sensor wird teilweise vom Objektiv belichtet, es geht gleichzeitig auch Licht am Sensor vorbei.
- Bei Sensoren in Kleinbildgröße und 180° Bildwinkel ist das zwischen 8 mm und 13,5 mm Brennweite der Fall.
- Das gesamte von der Optik kommende Licht landet auf dem Sensor (rundes, zirkulares Bild).
- Bei Sensoren in Kleinbildgröße und 180° Bildwinkel ist das bis 7,5 mm Brennweite der Fall.
- 16 mm (diagonaler Bildwinkel 180°, Vollformat)
- 7,5 mm oder 8 mm (rundes Bild)
- Ein Exot ist das Nikkor mit 6 mm Brennweite und 220° Bildwinkel, seit den 1960er Jahren in unterschiedlichen Versionen auf dem Markt, das ebenfalls ein rundes Bild erzeugt, aber dabei gewissermaßen ein Stück weit „nach hinten“ schauen kann.
Fischaugen-Zoom-Objektive
1995 brachte Pentax ein Fisheye-Objektiv mit variabler Brennweite von 17 bis 28 mm für das Kleinbildformat auf den Markt, das bis 2004 produziert wurde. In Kooperation mit Tokina hat dieses Objektiv 2006 mit dem 10–17mm/f 1:3,5-4,5 einen Nachfolger für digitale Spiegelreflexkameras mit Cropsensor gefunden.
Das Weitwinkelobjektiv an der Kamera
Generelle Konstruktionsprobleme
Weitwinkelobjektive können als Wechselobjektiv an geeignete Systemkameras angesetzt werden oder sind in diese fest integriert. Wegen der großen Schärfentiefe haben preiswerte Kameras oft ein Fixfokus-Objektiv im (gemäßigten) Weitwinkelbereich.
Der Bau von Weitwinkel-Brennweiten für Spiegelreflex-Kameras ist nicht einfach, da vor dem Film der Schwingbereich für den Spiegel auf einer Tiefe von ca. 40 mm freigehalten werden muss, und aus diesem Grunde sogenannte „Retrofokus“-Konstruktionen nötig werden. Diese verlegen den Brennpunkt künstlich zurück, ohne zu verzerren und zu vignettieren. Durch diese Bauart wird die Konstruktion aufwendiger, die Objektive werden größer, schwerer und teurer.
Einige Spezialkonstruktionen, die nicht in Retrofokusbauweise hergestellt wurden, konnten nur an Spiegelreflexkameras verwendet werden, deren Spiegel sich manuell arretieren ließ. Es wurde dann ein aufsteckbaren Sucher verwendet, da der Sucherspiegel nicht verwendbar war.
Weitwinkel-Vorsatzlinsen und -Konverter
Es werden auch Weitwinkelkonverter angeboten, die, vor ein Objektiv geschraubt, den Bildwinkel des Objektivs vergrößern. Übliche Multiplikatoren der Brennweite liegen zwischen 0,3 und 0,8, teilweise mit Fischaugeneffekt. Ein solcher Vorsatzkonverter mit dem Faktor 0,8 verkürzt also beispielsweise ein 28-mm-Weitwinkelobjektiv für Kleinbildkameras auf eine Brennweite von etwa 22 mm und vergrößert den diagonalen Bildwinkel von 75° auf etwa 90°.
Während speziell auf ein Kameramodell angepasste Vorsätze abgesehen von stärkerer tonnenförmiger Verzeichnung meist durchaus brauchbare Bildergebnisse liefern, verursachen universelle Weitwinkelvorsätze, die nicht speziell für eine bestimmte Kamera oder für ein bestimmtes Objektiv berechnet sind, gelegentlich starke Verzeichnungen, Randabschattungen oder Farbsäume durch chromatische Aberrationen.
Wie die meisten Objektivvorsätze werden auch Weitwinkelkonverter mit typischen Einschraubgewinden geliefert, für digitale Kompaktkameras ohne Filtergewinde sind zu Montage oft recht aufwendige Adapterhalterungen („Filteradapter“) erforderlich.
Bildkreis größer als Filmformat
Mitunter werden bei der Fotografie mit Fachkameras als Weitwinkel alle jene Objektive bezeichnet, die einen möglichst großen Bildkreis aufweisen, über den Bedarf des Filmformates hinaus. Dieser größere Bildkreis ermöglicht weitgehende Verstellungen des Objektivs an der Kamera, z.B. Achsverschiebungen („Shift-Objektive“ zur verzerrungsfreien Darstellung von Gebäuden) oder Verwinkelungen der optischen Achsen („Tilt-Objektive“). Siehe auch: Tilt-und-Shift-Objektiv, Formatfaktor
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