Wenningstedt-Braderup

Wenningstedt-Braderup
Wappen Deutschlandkarte
Wappen der Gemeinde Wenningstedt-Braderup (Sylt)
Wenningstedt-Braderup (Sylt)
Deutschlandkarte, Position der Gemeinde Wenningstedt-Braderup (Sylt) hervorgehoben
54.9347122284268.336669780879818Koordinaten: 54° 56′ N, 8° 20′ O
Basisdaten
Bundesland: Schleswig-Holstein
Kreis: Nordfriesland
Amt: Landschaft Sylt
Höhe: 18 m ü. NN
Fläche: 6,27 km²
Einwohner: 1548 (31. Dez. 2007)
Bevölkerungsdichte: 247 Einwohner je km²
Postleitzahl: 25996
Vorwahlen: 0 46 51
Kfz-Kennzeichen: NF
Gemeindeschlüssel: 01 0 54 149
Adresse der Amtsverwaltung: Andreas-Nielsen-Str. 1
25980 Sylt/ OT Westerland
Webpräsenz:
Bürgermeister: Katrin Fifeik (Aktive Bürger)
Lage der Gemeinde Wenningstedt-Braderup (Sylt) im Kreis Nordfriesland
Karte

Die Gemeinde Wenningstedt-Braderup (Sylt) (dänisch: Venningsted-Brarup, friesisch: Woningstair-Brääderep) liegt im Kreis Nordfriesland und erstreckt sich von der Westküste der Insel Sylt bis an die Ostküste. Die nördlich von Westerland und südlich der Gemeinde Kampen gelegene Gemeinde gehört dem Amt Landschaft Sylt an.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Sage nach befand sich einige 100 Meter vor der heutigen Küste der alte Ort „Wendingstedt“ mit einem alten Friesenhafen zur Westküste. Ob dieser Hafen jemals bestand oder es sich nur um eine Legende handelt, ist jedoch unter Wissenschaftlern umstritten. Dagegen spricht, dass die geografische Lage an der rauen Westküste der Insel keinen bevorzugten Ankerplatz geboten haben dürfte.

Die Stammesführer der Angeln, Horsa und Hengist, sollen nach alter Überlieferung von diesem Hafen aus mit ihrem Heer nach England aufgebrochen sein. Heute erinnert die Straße Horsatal an diese Begebenheit.

Bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestand der Ort über viele Jahrhunderte nahezu unverändert aus nur acht Stavenplätzen (= Höfen). Seine Einwohner lebten von der Landwirtschaft und dem Fischfang. Nicht wenige Männer fuhren auf Walfangschiffen ins Nordmeer oder gingen auf Schiffen Hamburger Reedereien auf Heringsfang. Das Wachstum des Ortes begann jedoch erst mit dem Einsetzen des Fremdenverkehrs Mitte des 19. Jahrhunderts. Seit 1859 ist Wenningstedt Seebad, seit 1960 Nordseeheilbad. Wenningstedt bildete mit Kampen und Braderup die so genannten „Norddörfer“ - ein früher interkommunaler Zweckverband auf der Insel. Der Begriff „Norddörfer“ entstand zu der Zeit als List, die nördlichste Gemeinde/Siedlung der Insel, zum Dänischen Königreich gehörte. Somit waren Wenningstedt, Kampen und Braderup die deutschen „Norddörfer“. 1914 wurde die protestantische Friesenkapelle am Dorfteich errichtet. Von 1907 bis 1970 lag Wenningstedt an der Kleinbahnstrecke der „Inselbahn“, die Westerland mit List verband.

In der Zeit der NS-Diktatur besaß der nationalsozialistische Reichsmarschall Hermann Göring ein Sommerhaus in Wenningstedt. Während des Zweiten Weltkriegs war in den Dünen nordwestlich von Wenningstedt, in etwa in Höhe des heutigen Campingplatzes, eine schwere Seezielbatterie stationiert. Zu unmittelbaren Kriegshandlungen kam es jedoch nicht; die Anlagen wurden nach der deutschen Kapitulation von den englischen Besatzungstruppen in den 1950er Jahren gesprengt und später von deutschen Pionieren vollständig abgetragen und mit Dünensand bedeckt.

Politik

Gemeindevertretung

Wegen eines Formfehlers war das Ergebnis der Gemeindewahl vom Mai 2008 ungültig. Seit der Nachwahl im September 2008 hat die Wählergemeinschaft Aktive Bürger zehn Sitze in der Gemeindevertetung, die CDU, die SPD und die FDP haben je einen Sitz.

Wappen

Blasonierung: „Schräglinks durch Wellenschnitt geteilt. Rechts in Rot ein goldenes, aus der Teilungslinie hervorkommendes Wikingerboot, dessen Vordersteven in einem Drachenkopf mit schwarzer, herausgeschlagener, pfeilförmiger Zunge endet, links in Silber zwei blaue, schräglinke Wellenbalken.“[1]

Ortsteile

Strandübergang zur Promenade von Wenningstedt.

Wenningstedt-Braderup besteht aus dem Ortsteil Wenningstedt, an der Westküste gelegen und dem östlich am Wattenmeer gelegenen Ortsteil Braderup.

Wenningstedt bildet aufgrund seiner erheblich höheren Einwohner- und Gästebettenzahl das Zentrum der Gemeinde mit Gemeindebüro, Kurverwaltung und Einzelhandel.

Der Ortsteil Braderup weist keinen eigentlichen alten Ortskern auf, sondern war bis Mitte des 19. Jahrhunderts lediglich eine Bauernschaft mit wenigen Höfen. Dort finden sich auch bis heute keine großen Hotels oder Tourismuseinrichtungen.

Sehenswürdigkeiten

Das Hünengrab Denghoog in Wenningstedt

Nordöstlich des Ortes befindet sich die Braderuper Heide. Diese urwüchsige Heidelandschaft wurde bereits in den 1920er Jahren zum Naturschutzgebiet erklärt und zählt heute zu den natürlichen Sehenswürdigkeiten der Insel. Dieses Naturschutzgebiet grenzt unmittelbar an den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, durch den geführte Wattwanderungen angeboten werden.

Das Ganggrab Denghoog, das vor über 5000 Jahren in der Jungsteinzeit errichtet wurde, liegt am nördlichen Rand des Ortsteils Wenningstedt. Der Name bedeutet Thinghügel. Es besteht aus zwölf Tragsteinen, die eine Decke aus drei Steinplatten stützen. Es wurde 1868 geöffnet und ist seit 1928 für Besucher zugänglich.

Der Dorfteich

Weiterer Anziehungspunkt ist der Dorfteich im Zentrum des Ortsteils Wenningstedt. Dieser Teich wurde der Gemeinde Wenningstedt in den 1950er Jahren von den Eigentümerfamilien geschenkt mit der Maßgabe, ihn für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen und als Kureinrichtung zu erhalten. Heute bildet dieser Bereich zwischen Hauptstraße und Friesenkapelle einen Ruhepol mitten im Ort. Eine Satzung regelt, dass angrenzende Bebauung mit Reetdächern zu versehen ist, um den dörflichen Charme zu erhalten.

Wenningstedt liegt am Rande der Dünenlandschaft auf dem Roten Kliff, unterhalb des Kliffs liegt über die gesamte Länge des Ortes ein Sandstrand, der insbesondere im Sommer als bewachter Badestrand die Haupt-Touristenattraktion ist.

Tourismus

Wenningstedt bezeichnet sich selbst heute als „Familienbad“ und ist mit ca. einer Million Übernachtungen der fünftgrößte Urlaubsort in Schleswig-Holstein. Diese Übernachtungen verteilen sich auf 7000 Gästebetten, 2000 davon werden dem Wenningstedter Campingplatz zugeordnet, ca. 4000 den Ferienwohnungen und die verbleibenden entfallen auf die Wenningstedter Hotels und Pensionen.

Wenningstedt gilt ferner als Kurort, jedoch sind die klassischen Kuranwendungen auf Grund der veränderten Krankenkassenregelungen nahezu ausgestorben. So sind zur Zeit nur noch weniger als 2% aller Gäste echte Kurgäste, die gezielt eine verschriebene Kur nutzen. Dennoch ist der Kurwert Wenningstedts nach wie vor unbestritten, die Nordsee mit dem rauen Reizklima fördert die Gesundheit und stärkt das Abwehrsystem auch ohne spezielle Anwendungen. Das Kurhaus des Ortes, in dem früher neben Trinkkuren und Massagen auch Schlick- und Heilbäder angeboten wurden, ist im Zuge dieser Entwicklung aufgegeben und abgerissen worden.

Der Tourismus in Wenningstedt profitiert auch von den beiden in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen 18 Loch Golfplätzen, die seit Mitte der 1980er Jahre entstanden sind.

Bereits zu Beginn des letzten Jahrhunderts zog Wenningstedt auch prominente Gäste an. So machte zum Beispiel der Maler Wassily Kandinsky im August 1924 mit seiner Frau Nina Urlaub in Wenningstedt.

Religion

Die "Friesenkapelle"

Von jeher waren die Friesen aus christlicher Sicht ein heidnisches Volk. Mit der Christianisierung wurden die Friesen zwar offiziell protestantisch, behielten jedoch einige ihrer heidnischen Rituale bei, wie z. B. das Biikebrennen. Die erste Kirche für das Dorf Wenningstedt lag im damaligen Hauptort der Insel in Keitum, es war die heute noch erhaltene Kirche St. Severin. Erst 1914 wurde in unmittelbarer Nähe zu einer heidnischen Kultstätte die so genannte "Friesenkapelle" errichtet, nachdem zuvor in den Wintermonaten sich die Wenningstedter auf den beschwerlichen Weg zur Keitumer St.-Severins-Kirche machen mussten, denn nur in den Sommermonaten fand für die Kurgäste wöchentlich ein Gottesdienst im Saal des Gasthofes „Friesenhof“ statt. Die nächste römisch-katholische Kirche ist St. Christopherus in Westerland.

Zum Erhalt der Eigenständigkeit der Friesenkapelle und der Pastorenstelle wurde im September 2005 eine Stiftung ins Leben gerufen: Mit der Stiftung „Üüs Serk – Unsere Kirche“ will die Norddörfer-Kirchengemeinde ihre Arbeit in den Dörfern Kampen, Wenningstedt und Braderup sichern. Dazu sind bisher knapp 800.000 Euro Gründungskapital zusammengekommen. Langfristig wird ein Kapital von etwa einer Million Euro benötigt. Die Gemeinde hofft, mittelfristig allein aus den Zinsen des gespendeten Geldes rund 50 000 Euro pro Jahr für ihre Arbeit zu erzielen.

Buddhismus

Durch den Arzt und Schriftsteller Paul Dahlke erreichte Anfang der 1920er Jahre der Buddhismus die Insel. Dahlke errichtete um 1914 in Wenningstedt ein „Buddhistisches Heim“, das als Treffpunkt und Tempel für Buddhisten auf der Insel dienen sollte. Von dem geplanten Bau eines Buddhistischen Klosters in der Braderuper Heide, es wäre das erste auf europäischem Boden gewesen, nahm er jedoch Abstand, da ihm die Insel nicht abgeschieden genug erschien. Im Jahr 1920 errichtete er jedoch in der Braderuper Heide, an jener Stelle, wo er für das geplante Kloster bereits Land erworben hatte, ein „Buddha-Denkmal“, das jedoch nach dem Tode Dahlkes zusehends verfiel und Anfang der 1940er Jahre wieder abgetragen wurde. Heute spielt der Buddhismus auf Sylt keine bedeutende Rolle mehr.

Architektur, Siedlungsentwicklung

Schullandheim in Wenningstedt

Die Bebauung Wenningstedts war bis Mitte des 19. Jahrhunderts geprägt vom uthlandfriesischen Baustil der Bauerhäuser. Ortsmittelpunkt war der Dorfteich (Kiar). Mit Einsetzen des Tourismus entstanden in den Jahren vor 1900 zahlreiche Logierhäuser und Villen für Sommergäste. Bis dahin gab es im Ort kein planmäßiges Straßensystem, auf dem Reißbrett entstanden nun in dieser Zeit Straßen und Grundstücksparzellen. Die heutige Straßenführung beruht im Wesentlichen auf den damaligen Reißbrettentwürfen. Da die Gästehäuser sich immer weiter vom alten Ortskern entfernten, verlagerte sich das neue Zentrum nach Westen hin zum Strand. Nun war die prägende Bebauung des Ortsbildes der Bäderstil – zweigeschossige Bauten mit hohen Räumen und weißen Holzveranden, als Umfriedung diente nun ein weiß lackierter Staketenzaun. In den 1950er und 1960er Jahren erfasste der Bauboom auch Wenningstedt, und das Ortsbild veränderte sich erneut gravierend: Es entstanden die schlichten klassischen Ziegelbauten - oft als kleine Pensionen oder Gästehäuser, auch die ersten reinen Sommerhäuser entstanden in der Nachkriegszeit. In den 1980er und 1990er Jahren waren nahezu alle bebaubaren Grundstücke in Ortslage bebaut, so dass Neubauten in der Regel den Abriss alter Bausubstanz voraussetzten. Seit den 1980er Jahren entstehen nahezu ausschließlich Appartementhäuser – einige im friesisch-angelehnten Baustil - in der Regel in zweieinhalbgeschossiger Bauweise mit bis zu sechs Appartements. Verdrängt wurden dadurch nicht nur die klassischen Familienpensionen, auch der Wohnraum für Wenningstedter (Dauer)Einwohner ist seit Jahren stark rückläufig. Seit Mitte der 1980er Jahre entsteht somit eine neue Art der Bebauung: Gebäude mit (öffentlich geförderten) Mietwohnungen. Hochhäuser oder Wohnblocks wie in der Nachbargemeinde Westerland sind in Wenningstedt nicht gebaut worden, lediglich entlang der Haupt- und Dünenstraße wurden in den frühen 1980er Jahren einige größere Appartementanlagen errichtet.

Neue Straßennamen

In Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und dem Amt Landschaft-Sylt ist eine Überarbeitung der Straßennamen und Hausnummern vorgenommen worden, die zum 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist. Diese Überarbeitung war notwendig geworden, da in den letzten 50 Jahren durch erhebliche Bautätigkeit und Wachstum der Gemeinde ein gewisser „Wildwuchs“ entstanden ist, der insbesondere Rettungskräften, Postzustellern und nicht zuletzt den Gästen einige Orientierungsschwierigkeiten bereitete. Augenscheinlichste Änderung für Einwohner und Gäste ist die Umbenennung einiger Straßenzüge. So wurde etwa aus dem Sachsenring der Friesenring, Am Ring wurde zu Westerheide und der neue Gaadt hieß früher Dolingsön. Dass die Haupt- und die Westerlandstraße nicht zusammengefasst und in Dorfstraße umbenannt wurden, scheiterte am erheblichen Widerstand der Anwohner.

Wirtschaft

Die Wirtschaft Wenningstedts ist – wie auf der gesamten Insel Sylt – stark vom Tourismus geprägt. Kaum ein Wirtschaftszweig lebt nicht wenigstens mittelbar vom Fremdenverkehr. Neben dem direkten Gast- und Gastronomiegewerbe, wie Hotels, Pensionen, Appartementvermietungen und Restaurants, sind sowohl der Einzelhandel als auch diverse Dienstleister auf die Kaufkraft der Gäste angewiesen.

Ehrenbürger

  • Berthin Bleeg, der erste Kurdirektor der Gemeinde

Quellen

  1. Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein

Weblinks


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