Wer angibt – hat mehr vom Leben

Wer angibt – hat mehr vom Leben
Filmdaten
Deutscher Titel: Wer angibt, hat mehr vom Leben
Originaltitel: Wer angibt, hat mehr vom Leben
Produktionsland: Deutschland
Erscheinungsjahr: 1999
Länge: 90 Minuten
Originalsprache: Deutsch
Stab
Regie: Hannelore Conradsen
Dieter Köster
Drehbuch: Hannelore Conradsen
Dieter Köster
Produktion: Hannelore Conradsen für ARD
Kamera: Hans Evert Vennegeerts
Schnitt: Matthias Remski, Dieter Köster
Besetzung

Vier sogenannte Aufschneider - Jana, Alina, Sandra und Rainer

Wer angibt, hat mehr vom Leben ist ein Dokumentarfilm von Hannelore Conradsen und Dieter Köster aus dem Jahre 1999. Schein ist hier alles, das Sein eher ein Fremdwort im Leben der sogenannten Angeber Jana und Alina, die mit ihren Eltern aus Russland nach Berlin gekommen sind, Sandra, die es schon zur Miss Arabella gebracht hat und auch beim älteren Krankenpfleger Rainer, der seine Leidenszeit im Stasi-Gefängnis zum Zwecke der Selbstüberhöhung nutzt, spielt das Angeben eine große Rolle.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Sie wollen gefallen um jeden Preis, jene vier Protagonisten, die der Film an ihrem Wochenende in Berlin begleitet. Sandra färbt ihre Haare extrem hellblond, damit sie auch in der Masse immer heraussticht. Blond sein, ist für sie eine Lebenshaltung. Sie kleidet sich immer ladylike und trotz ihrer beträchtlichen Größe trägt sie Schuhe mit sehr hohen Absätzen- auch beim Abwasch. Das richtige Images ist für Sandra alles, ob wirklich etwas dahinter steckt, bleibt für sie zweitrangig. Mit ihrem Freund jagt sie von einem Casting zum anderen und kommt dabei unvermittelt mit Professorinnen und den Studentinnen einer Modehochschule zusammen. Auf einmal spielt die Realität in ihre Träume hinein und sie schafft es mit deren futuristischen Abendroben ins wirkliche Blitzlichtgewitter.

Die Schülerinnen Jana und Alina wollen um jeden Preis gefallen. Sie glauben zu wissen, dass Mitschüler mit reichen Eltern es automatisch schaffen werden, ob klug oder dumm. Ihnen jedoch helfe keiner. Mit ganz eigenen Mitteln schaffen sie es selbst - bis in Fernseh-Talk-Shows und erzählen dort unwahre Geschichten über ihre wahre Freundschaft. Sie wundern sich, dass alle es ihnen zu glauben scheinen.

Hauptsache dazugehören und wahrgenommen werden! Rainer führt als Zeitzeuge Besuchergruppen durch das ehemalige Stasi-Gefängnis. Der Buchautor, Gelegenheitsschauspieler und Krankenpfleger nutzt auch hier sein schauspielerisches Talent, um Bestätigung zu erfahren. Gerade er will nun Sandra sein Know-how vermitteln, wie sie es noch weiter nach oben schaffen könnte.

Machart

In der Presseinformation der HCK-Filmproduktion (4/2002), schreibt die Cutterin Babette Rodin zu den Filmen von Conradsen und Köster (hier im speziellen (ein Auszug) zu Wer angibt, hat mehr vom Leben):

…Der Film benutzt nur den Stil des Cinema direct und arrangiert die gestalteten Szenen auf einem passenden, die Sequenzen nicht nur untermalenden oder begleitenden philharmonischen Klangteppich. Er berichtet nüchtern aus den Untiefen der Spaßgesellschaft, über das oft saure Dasein der Angeber, drückt aber durch die Bild- und Musikkomposition auch ihre Lebensfreude aus, die aus dem Angeben resultuert. Er stellt seine Protagonisten nicht schulmeisternd aus, dokumentiert sie nicht als zeittypische Phänomene, sondern lässt den wahren Menschen hinter der gespielten Fassade zum Vorschein kommen…

Kritik

Benjamin Henrichs schrieb in der Süddeutschen Zeitung über den Film (Auszug):

…Sandra ist ein schönes Kind - und sie weiß es, und die Freude darüber ist einstweilen größer als der Gram über die ersten Niederlagen. Miss Arabella ist sie schon gewesen und Miss Germany, und nun müsste eigentlich die große Karriere als Model so richtig beginnen., Aber es hakt', sagt ihr arbeitsloser Vater, und er weiß nicht, warum es hakt, nur eines weiß er ganz gewiss: An Sandra liegt es nicht. Aber er nimmt die ganze Sache eher sportlich. Während Sandras Mutter, viel kleiner als die Tochter und viel runder, schon von den ersten Panikwellen überspült wird. Schwer atmend und von der mütterlichen Sorge gewürgt, sitzt sie in der erdrückend gemütlichen Wohnstube. Erzählt, wieviel Glaube, Liebe, Hoffnung (und auch Geld) man in Sandras Aufstieg schon investiert hat: Ein Jahr Laufschule zum Beispiel - weshalb sich Sandra nun noch schöner bewegt als die anderen schönen Frauen dieser Welt. Wenn die Welt das doch endlich auch sehen würde! … Ein ganz lieber Film ist dies, über ganz liebe Menschen. Das kann der Zuschauer rührend finden oder zum Fürchten. Und wie er es findet, das hängt gewiss auch davon ab, ob er selber gerade dem Glück nachrennt. Oder eher nicht. Denn natürlich sind die vier braven Glücksritter und -ritterinnen auch komische Figuren. Doch immerhin sind sie zum Glück unerschrocken unterwegs - statt es sich mit ihrem Unglück daheim im Winkel gemütlich zu machen… Und sie haben, ohne es zu merken, die Zauberformel für das TV-Zeitalter entdeckt. In den längst verflossenen Zeiten, als noch das Staatstheater über die Kultur regierte, hörten wir die Hexen in Macbeth:, Schön ist hässlich, hässlich ist schön'. Und so klingt heute der Gesang aus den Fernsehkästen:, Geil ist peinlich, peinlich geil'. Und das ist wohl der Grund dafür, dass Sandra, Alina, Yana und Rainer die ganz großen Sieger wohl nicht werden können. Sie sind einfach zu lieb, zu arglos, zu unschuldsvoll, um wirklich peinlich, wirklich geil zu sein…

Weblinks


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