- Werkstoffkunde
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Unter Materialwissenschaft versteht man eine interdisziplinäre Wissenschaft, die sich auf die Disziplinen Chemie, Physik, Ingenieurwesen, Mineralogie, Kristallographie und Petrologie stützt und sich mit der Erforschung, das heißt Entwurf, Herstellung, Charakterisierung und Verarbeitung von Materialien beschäftigt.
Lange Zeit beschränkte sich das Interesse der Materialwissenschaften fast ausschließlich auf die metallischen Werkstoffe, insbesondere Stahl und Buntmetalle (=Kupferlegierungen), ab Ende des 19. Jahrhunderts auch Aluminium. Erst wesentlich später entwickelte sich ein Interesse an Polymerwerkstoffen (=Kunststoffen) und anderen Metallen (zum Beispiel Titan), heute werden die Eigenschaften aller Feststoffe einbezogen, die technische Bedeutung haben.
In jüngster Zeit spielen auch biologische und medizinische Aspekte eine wichtige Rolle in der Materialwissenschaft. Ein wesentliches Ziel der Materialwissenschaft ist die Aufklärung der Beziehungen zwischen der Struktur (Kristallstruktur und Gefüge) und den Eigenschaften der Werkstoffe herzustellen. Darauf aufbauend werden durch gezielte Strukturveränderungen gewünschte Eigenschaftsprofile eingestellt.
Der Begriff "Werkstoffwissenschaft" (auch "Werkstoffkunde") betont die anwendungsorientierten Aspekte von Materialien, ist jedoch letztlich gleichbedeutend mit Materialwissenschaft. Die Werkstoffkunde im engeren Sinn ist eine Ingenieurwissenschaft. Sie befasst sich mit Werkstoffen, die in Maschinen, Anlagen und Apparaten verwendet werden. Die vorwiegend empirisch gewonnenen Erkenntnisse der Werkstoffkunde ermöglichen die Entwicklungen von Werkstoffen entsprechend den von der Industrie geforderten chemischen und physikalischen Eigenschaften, zum Beispiel Zugfestigkeit, Korrosionsbeständigkeit, Härte oder Duktilität bzw. Sprödigkeit von Stählen, anderen Metallen, ihren Legierungen, Keramiken und Polymeren sowie Verbundwerkstoffen.
Ein wesentlicher Teilbereich der Werkstoffkunde ist die Werkstoffprüfung. Für die praktische Durchführung von Werkstoffprüfungen werden Werkstoffprüfer ausgebildet. Analog dazu existiert der Beruf des Baustoffprüfers in der Baustoffkunde. Es handelt sich dabei jeweils um staatlich anerkannte Ausbildungsberufe mit einer regulären Ausbildungsdauer von 3 1/2 Jahren.
Inhaltsverzeichnis
Geschichtliche Entwicklung
Der Übergang von natürlichen Werkstoffen wie Knochen, Stein, Ton, Holz, Rinde, Elfenbein, Hanf oder Leder zu gezielt gewonnenen Werkstoffen erfolgte zum Ende der Jungsteinzeit mit dem Beginn der Kupferzeit um 4300 v. Chr., in der Kupfer, Gold und Silber, später auch Blei und Zinn gewonnen und bearbeitet wurden. Im Anschluss daran erfolgte der Übergang in die Bronzezeit ca. 2000 v. Chr., die von der Eisenzeit abgelöst wurde. Werkstofftechnisch gesehen wurde diese erst 1886 mit dem Hall-Héroult-Prozess beendet, der die großtechnische Herstellung von Aluminium möglich machte. Um 1930 wurden die ersten Polymerwerkstoffe (Kunststoffe) in Massenfertigung produziert.
Forschungsthemen in der Materialwissenschaft
- Klassifikation von Materialien
- Synthese und Herstellung von Materialien
- physikalische, chemische und biologische Eigenschaften von Materialien
- Entwicklung neuer Materialien sowie deren Anwendungen
Fachgebiete
- Allgemeine Grundlagen der Materialwissenschaft
- Metallische Werkstoffe: Eisen, Stahl, Nichteisenmetalle, Metallurgie
- Nichtmetallisch anorganische Werkstoffe (NA): Keramik, Glas, anorg. Bindemittel, anorg. Naturstoffe, Baustofftechnik
- Organische Werkstoffe, Hochpolymere: Holz (Holztechnik), Kunststoffe (Kunststofftechnik)
- Halbleiter
- Verbundwerkstoffe
- Nanowerkstoffe
- Wärmebehandlungstechnik
Wichtige Personen
- Adolf Martens
- William Chandler Roberts-Austen
- Hermann Schuhmann
- Wilhelm Domke
- L. J. Troost
- H. C. Sorby
- Ewald Werner
- Paul Héroult
- Charles Martin Hall
- August Wöhler
- Konrad Samwer
- Fornol Martin
Forschungseinrichtungen
Namhafte Forschungsinstitute, die sich mit Materialwissenschaft beschäftigen:
- In Deutschland
- Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung
- Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
- Forschungszentrum Dresden-Rossendorf
- Forschungszentrum Karlsruhe
- Fraunhofer-Gesellschaft
- Friedrich-Schiller-Universität Jena
- Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg
- GKSS-Forschungszentrum
- Max-Planck-Gesellschaft
- Ruhr-Universität Bochum
- RWTH Aachen
- Technische Universität Bergakademie Freiberg
- Technische Universität Berlin
- Technische Universität Braunschweig
- Technische Universität Chemnitz
- Technische Universität Clausthal
- Technische Universität Darmstadt
- Technische Universität Dresden
- Technische Universität Ilmenau
- Technische Universität Kaiserslautern
- Technische Universität München
- Universität Augsburg
- Universität Bayreuth
- Universität des Saarlandes
- Universität Erlangen
- Universität Gießen
- Universität Karlsruhe (TH)
- In Österreich
- In der Schweiz
- Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich
- École polytechnique fédérale (EPF), Lausanne
- Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA)
Siehe auch
Literatur
- Werner Schatt, Hartmut Worch: "Werkstoffwissenschaft" Verlag: Wiley-VCH; Auflage: 9. A. (Juli 2003) Gebundene Ausgabe: 500 Seiten
- Hornbogen, Erhard, Eggeler, Gunther, Werner, Ewald: Werkstoffe Aufbau und Eigenschaften von Keramik-, Metall-, Polymer- und Verbundwerkstoffen Reihe: Springer-Lehrbuch Bandwerk Werkstoffe 9., vollst. neu bearb. Aufl., 2008, XIV, 594 S. 357 Abb., Softcover ISBN 978-3-540-71857-4
- Wolfgang Bergmann: Werkstofftechnik 1 Grundlagen Sprache: Deutsch, 6., aktualis. Aufl. (REV)Hanser Fachbuchverlag Februar 2008 - kartoniert / broschiert - 474 Seiten EAN: 9783446413382 ISBN 3-446-41338-3
- O. Jacobs, Werkstoffkunde, Vogel Buchverlag, Würzburg, 2005
- Markus J. Buehler, Huajan Gao: Computersimulationen in der Materialforschung. Naturwissenschaftliche Rundschau 57(11), S. 593 - 601 (2004), ISSN 0028-1050
- James F. Shackelford: Werkstofftechnologie für Ingenieure, Grundlagen - Prozesse - Anwendungen, Pearson Studium, ISBN 3-8273-7159-7
Weblinks
- Vorlesungsskript Werkstoffkunde von Karl-Otto Edel (FH Brandenburg)
- Umfangreicher Vorlesungsskript zur Einführung in die Materialwissenschaft
- Zusammenfassungen zu einigen Experimenten der Werkstoffkunde
- European White Book on Materials Science, 2001, engl.
- Schmitz-Werkstofftechnik
Institute und wissenschaftliche Einrichtungen
- Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)
- AG Materialforschung, Justus-Liebig-Universität Gießen
- Fachgruppe Metallurgie und Werkstofftechnik Aachen
- Institut für Materialforschung (IMF), Forschungszentrum Karlsruhe
- Freiburger Materialforschungszentrum (FMF)
- Institut für Werkstoffkunde (IW), Leibniz Universität Hannover
- Max-Planck-Institut für Eisenforschung GmbH, Düsseldorf
- Max-Planck-Institut für Metallforschung, Stuttgart
- Stiftung Institut für Werkstofftechnik (IWT), Bremen
- Institut für Werkstoffe, Ruhr-Universität Bochum
- Institut für Werkstoffkunde 1, Universität Karlsruhe (TH)
- Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie, TU Wien
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