- Whigs
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Die Whigs waren lange Zeit zusammen mit den konservativen Tories die beiden einzigen Parteien des britischen Parlamentarismus. 1859 wurde der Name in Liberal Party geändert.
Bereits in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kann im englischen Parlament die Bildung parlamentarischer Gruppierungen beobachtet werden, die jedoch noch nicht den Charakter einer Partei hatten. Bis zur Glorious Revolution verfestigen sich die Strukturen aber zusehends: Die Whigs waren strikte Gegner der Rekatholisierungsversuche Jakob II. und folgerichtig maßgeblich an der Einleitung der Glorious Revolution und der Absetzung Jakobs beteiligt, die allerdings auch führende Tories mit betrieben.
Die Bezeichnung Whig wurde ursprünglich beleidigend von den politischen Gegnern gebraucht und bedeutet ‚Viehtreiber‘ (Whiggamore). Erstmals wurde der Begriff für eine Parlamentsgruppe während der Krise um den Popish Plot und die Exclusion Bill in den Jahren 1679-1681 verwendet. Diese versuchte erfolglos, mit einer großen antikatholischen Verschwörungstheorie Jakob, Herzog von York als Thronfolger seines Bruders zu verhindern. Der offizielle Name der Whigs war anfangs Country Party (Landpartei), als Gegensatz zu den Tories, der Court Party (Hofpartei).
Mit dem Regierungsantritt des ersten Hannoveraners auf dem englischen Thron, Georg I., im Jahre 1714 begann eine fünfzig Jahre dauernde Periode der Regierungsverantwortung der Whigs, in der die Tories auf dem politischen Parkett fast keine Rolle mehr spielten. Unter Georg III. änderte sich dies, da der König hoffte, seine Macht vergrößern zu können, wenn er sich der Whigs entledigte. William Pitt der Jüngere leitete eine dreißigjährige Dominierung der Regierung durch die Tories ein, bis die Whigs mit Earl Grey 1830 wieder den Premierminister stellten. Es entwickelte sich aus einer breiten Allianz von aristokratischen Grundbesitzern eine einheitlichere Gruppe unter der Führung von Charles James Fox, deren einigender Faktor die Opposition zu William Pitt dem Jüngeren war.
Generell stand die Partei für politischen und wirtschaftlichen Liberalismus, vor allem für den Freihandel, ein starkes Parlament mit Widerstandsrecht im Sinne John Lockes, die Abschaffung der Sklaverei und religiöse Toleranz gegenüber den so genannten dissenters (protestantischen Denominationen, die das episkopale System der Church of England ablehnten), 1832 setzte die liberale Regierung von Earl Grey die erste Parlamentsreform durch, die eine Ausweitung des Wahlrechts auf breitere Schichten der Bevölkerung und eine Neueinteilung der Wahlkreise anhand der Bevölkerungszahl vorsah, im Jahr darauf wurde die Sklaverei im gesamten Britischen Empire abgeschafft. Die Anhänger der Whigs fanden sich vornehmlich in fortschrittlichen und handelsorientierten Schichten des aufstrebenden Bürgertums. Die Führungsspitze traf sich informell insbesondere im Brooks’s Club und später im Reform Club.
Aus dem Zusammenschluss der Whigs und gemäßigten Tories entstand am 6. Juni 1859 die Liberal Party, die bis in die 1920er Jahre, als sie in dieser Position von der sozialdemokratischen Labour Party abgelöst wurde, die zweite Säule des britischen Zweiparteiensystems bildete und deren Nachfolgeorganisation (seit 1988), die linksliberalen Liberal Democrats, noch heute als drittstärkste Fraktion im britischen Parlament vertreten sind.
Bekannte Whigs
- Edmund Burke
- John Churchill, 1. Duke of Marlborough
- William Congreve
- Charles Darwin
- Godfrey Kneller
- Henry de Labouchère, Lord Taunton
- John Milton
- Sir Isaac Newton
- William Pitt, 1. Earl of Chatham
- Charles Seymour
- John Vanbrugh
- Robert Walpole
- John Locke
- Charles Grey, 2. Earl Grey
- Robert Walpole sen. (1676 -1745)
Literatur
- Paul Rapin de Thoyras: A Dissertation on the Rise, Progress, Views, Strength, Interest, and Characters of the tow Parties of the Whigs and Torys. First published in the year 1717, in: Paul Rapin de Thoyras: The history of England. Übersetzt von Nicholas Tindal. 3. Auflage. London 1743-1747 – die Erklärung der Herkunft der Bezeichnungen Whig und Tory in Rapin de Thoyras’ Originaltext Dissertation sur les Whigs et les Torys wird in Tindals Übersetzung anhand von Gilbert Burnet korrigiert
- Jörn Leonhard: „True English Guelphs and Gibelines“. Zum historischen Bedeutungs- und Funktionswandel von „whig“ und „tory“ im englischen Politikdiskurs seit dem 17. Jahrhundert. In: Archiv für Kulturgeschichte 84 (2002), S. 175–213 (Volltext)
- Leslie Mitchell: The Whig World Hambledon & London, London 2005 ISBN 1-85285-456-1
- Edward Palmer Thompson: Whigs and Hunters. The Origin of the "Black Act" Allen Lane/Penguin, London 1975 ISBN 0713909919 (auch: Pantheon Books, N. Y. 1975 ISBN 0394400119) sowie TB-Ausgaben (über die Zeit um 1720 und die Bauern-Unterdrückung)
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