Wilhelm Ernst Tentzel

Wilhelm Ernst Tentzel
„Epistola de sceleto elephantino“ (Titelseite), Tentzel 1696

Wilhelm Ernst Tentzel (* 11. Juli 1659 in Greußen an der Helbe; † 17. November 1707 in Dresden) war ein deutscher Polyhistor, Historiograph und Numismatiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wilhelm Ernst Tentzel kam am 11. Juli 1659 in Greußen als Sohn des Diakons Jacob Tentzel zur Welt, wuchs aber in Arnstadt auf. Nach umfassenden Unterricht bezog er 1677 die Universität Wittenberg und studierte dort Theologie, Philologie und Geschichte. Von 1673 an war er dort auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Philosophischen Fakultät beschäftigt, veröffentlichte schon erste Schriften und stand mit hochrangigen Gelehrten wie Johann Samuel Adami in ständigem Briefwechsel.

1689 brach er die Tätigkeit in Wittenberg ab, um in Arnstadt den Nachlass seines Vaters zu regeln. Von dort folgte er einem Ruf als Lehrer an das Gymnasium in Gotha und wurde im Jahre 1692 von Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg mit der Ordnung der fürstlichen Münzsammlung betraut. Im Jahre 1694 wurde er auch zum Nachfolger des Caspar Sagittarius im Amt des Hofhistoriographen der ernestinischen Herzöge in Gotha berufen.

Als 1695 Bauern in Tonna beim Sandschürfen Knochen eines vor hunderttausend Jahren verstorbenen Waldelefanten fanden, beurteilten herzogliche Leibarzt Raab und später auch das „Gelehrte Collegium Medicum“ in Gotha die Ansicht, es handele sich um ein mineralisches Gebilde. Wilhelm Ernst Tentzel wies dagegen in seiner 1696 erschienen Schrift „Epistola de sceleto elephantino“ nach, dass sie von einem Elefanten abstammten. Die Vorstellung von einem drastischen Klimawechsel war aber noch nicht öffentlich konsensfähig, auch der Briefwechsel, den Tentzel mit Gottfried Wilhelm Leibniz in dieser Angelegenheit führte, brachte nicht die ersehnte wissenschaftliche Anerkennung. Erst 1699, mit einem zweiten Fund, setzte sich Tentzels Erklärung endgültig durch.

Eine Anstellung als Hofarchivar am kaiserlichen Hof in Wien lehnte er um 1700 ab, weil diese einen Übertritt zum katholischen Glauben gefordert hätte. Im Jahr 1702 folgte er schließlich dem Ruf an den Hof Augusts des Starken in Dresden, der ihm den Titel eines Rates verlieh und ihn zum Königlichen und Kurfürstlichen Historiograph und Archivar ernannte. Aber bereits ein Jahr später, 1703, verlor Tentzel auf Grund von Intrigen am Hof dieses Amt und lebte bis zu seinem Lebensende in Armut. Nichtsdestoweniger gab er 1705 den ersten Teil seiner Saxonia Numismatica heraus. Er starb am 17. November 1707 im Alter von 48 Jahren. Sein numismatisches Werk wurde von Christian Wermuth fortgesetzt und bis 1714 veröffentlicht.

Bedeutung

Tentzel gehört zu den ergiebigsten und fleißigsten Gelehrten seiner Zeit, der verschiedenste Fachbereiche bearbeitete. Ihm gebührt das große Verdienst, auf den engen Zusammenhang zwischen Medaillenkunst und Geschichtsschreibung hingewiesen zu haben. Medaillen und Gedenkmünzen waren für ihn wichtige Ergänzungen zu den archivalischen Quellen. Die sächsischen Fürsten ermunterte er, Münzkabinette in enger Anlehnung an die staatlichen Archive anzulegen. Er befaßte sich auch selbst intensiv mit der sächsischen Medaillengeschichte. Seine „Saxonia Numismatica Lineae Ernestinae et Lineae Albertinae“ (Sächsische Medaillengeschichte der ernestinischen und albertinischen Linie) verfasste er auf deutsch und lateinisch, damit sie auch außerhalb Deutschlands gelesen werden konnte. 1285 Medaillen und Gedenkmünzen wurden darin abgebildet und beschrieben, die Anlässe der Ausgaben erklärt sowie die historischen und genealogischen Zusammenhänge ausführlich erläutert. Sie ist eine der umfangreichsten historischen Materialsammlungen aus dieser Zeit.

Werke

Literatur

  • Franz Xaver von Wegele: Wilhelm Ernst Tentzel. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 37, Duncker & Humblot, Leipzig 1894, S. 571 f.
  • Tentzel, Wilhelm Ernst. In: Zedlers Universal-Lexicon, Band 42, Leipzig 1744, Spalte 901–906.
  • Wolfgang Steguweit: Wilhelm Ernst Tentzel. Nachwort zum unveränderten fotomechanischen Nachdruck der Saxonia Numismatica, 1713–1714. Berlin 1981–82. Dasselbe, angereichert durch Abbildungen, in: Numismatische Hefte 1, Kulturbund der DDR, VI. Bezirksmünzausstellung, Römhild 1981, S. 18–38
  • Christian E. Dekesel: Europäische numismatische Literatur im 17. Jahrhundert, Harrassowitz, Wiesbaden 2005
  • Tyll. Kroha: Grosses Lexikon der Numismatik, Gütersloh 1997
  • Walther Killy: Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache, Gütersloh 1988–1991

Weblinks


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