Wilhelm Ostermann

Wilhelm Ostermann
Grabstein von Willi Ostermann auf dem Kölner Melaten-Friedhof

Wilhelm „Willi“ Ostermann (* 1. Oktober 1876 in Mülheim am Rhein (heute Köln); † 6. August 1936 in Köln) war einer der populärsten und erfolgreichsten Kölner Liedermacher und Karnevalsschlager-Komponisten, der zahlreiche Texte, Lieder, Krätzchen und Couplets in hochdeutscher Sprache und vor allem in Kölscher Mundart verfasst hat.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und Jugend

Ostermann wurde in der elterlichen Wohnung in Mülheim am Rhein als Sohn des Eisenbahners Peter Ostermann und seiner Frau Gertrud, geb. Paas, geboren. 1878 zog die Familie nach Deutz, wo man dem Vater, der bei der Bergisch-Märkischen Eisenbahn beschäftigt war, eine bessere Stelle angeboten hatte. Da Deutz in dieser Zeit Garnisonsstadt war, kam Willi Ostermann in frühester Kindheit in Kontakt mit den durchziehenden Militärmusikkapellen, die den Jungen faszinierten.

Ostermann besuchte von 1883 bis 1891 die katholische Volksschule in Deutz. Zu dieser Zeit erhielt er aufgrund seiner roten Haare den Spitznamen „Ostermanns-Fuss“ bzw. „dä jlöhndije Fuss“ (jlöhndije = „glühende“, Fuss vermutlich von Fuchs, Kölsch für „der Rothaarige“). Mitschüler berichteten später, er habe bereits in der Schule mundartliche Parodien auf im Unterricht gelernte Gedichte angefertigt und stets die neuesten Karnevalslieder auswendig gewusst.

Nach seiner Schulzeit begann Willi Ostermann, nachdem sein Vater keine Lehrstelle als Schlosser für ihn bekommen konnte, eine Lehre im Elektrohandwerk, ein damals hochmoderner Beruf. Nach einigen Monaten wurde er jedoch wegen Konflikten mit seinem Lehrherrn entlassen, woraufhin er in einer Druckerei in Deutz den eher seinen eigenen Wünschen entsprechenden Beruf eines Stereotypeurs und Galvanoplastikers erlernte. Bis 1900 war er vermutlich in seinem erlernten Beruf tätig, genaueres hierüber ist nicht bekannt.

Karriere

1895 wurde Ostermann Mitglied in einer Laientheaterspielgruppe, außerdem hatte er bereits Erfahrungen mit einem eigenen Puppentheater gesammelt und trug seine eigenen Gedichte und Lieder bei Familienfeiern und in Gasthäusern in Deutz vor. Auf diese Art hatte er auch einen Nebenverdienst; er bemühte sich jedoch seit Abschluss seiner Lehrzeit um feste Engagements in Varietés oder Theatern.

Erste lokale Bekanntheit erlangte 1899 Ostermann durch sein Lied Et Düxer Schötzefeß (Das Deutzer Schützenfest), das er erstmals während eines Auftritt beim Deutzer Schützenverein vortrug:

Jo nom Düxer Schötzefeß, do loß mer gonn,
wenn de Lappe vun de Stivvele fleute gonn,
jo om Düxer Schötzefeß, do eß et schön,
do mäht Freud un Spaß sich selvs die älteste Möhn!

1903 heiratete Ostermann Katharina Maria Striebeck. Diese Ehe wurde jedoch wieder geschieden. In den Jahren darauf wurde Ostermann vom Vorsitzenden der Kölner Karnevalsgesellschaft „entdeckt“; dieser regte ihn an, einen Karnevalsschlager für die Session 1906/1907 zu schreiben. Das Ergebnis war das Lied Däm Schmitz sing Frau eß durchgebrannt (Die Frau vom Schmitz ist durchgebrannt), zu dem Ostermann Text und Melodie schuf, und das der Rosenmontagshit 1907 werden sollte. 1908 folgte eine Auszeichnung für das beste Kölner Mundartlied für den Titel Wä hätt dat vun d'r Tant gedaach! (Wer hätte das von der Tante gedacht), zu dem der Schlagerkomponist und Kapellmeister Emil Palm die Musik beigesteuert hatte.

1911 heiratete Ostermann dessen Schwester, die Revuetänzerin Käthe Palm. In den Folgejahren setzte Ostermann den begonnenen Erfolg fort; er schrieb und komponierte Lieder und Karnevalsschlager und verlegte sie selbst, womit er seinen Lebensunterhalt bestreiten konnte. Die meisten Lieder trug er selbst vor, einige Lieder entstanden jedoch auch im Auftrag für andere Vortragskünstler. Inzwischen wurde er von einer Agentur in ganz Deutschland für Auftritte gebucht. Er beschränkte sich also nicht nur auf rein kölsche Mundartlieder, sondern schrieb auch hochdeutsche Schlager, insbesondere Walzer- und Marschlieder mit den gängigen Themen „Rhein“, „Wein“, „Weib“ und „Gesang“. Mehrere Schallplatten wurden für die damalige Zeit außergewöhnliche Verkaufserfolge; außerdem schrieb er Lieder für Revuefilme.

Gegen Ende der 20er Jahre wurde die wirtschaftliche Lage in Deutschland schlechter; Ostermann musste sich mit weniger Auftritten für weniger Gage begnügen, verlegte auch Noten und Liedtexte anderer Komponisten und Autoren in seinem Verlag und schrieb Werbetexte. Außerdem gab er seit Ende 1930 das humoristische Wochenblatt Tünnes und Schäl heraus, dem jedoch keine lange Lebensdauer beschert war, es wurde 1931 wieder eingestellt.

1934 trat Ostermann der NSDAP bei, der er bis zu seinem Tode 1936 angehörte. Durch die Gleichschaltung der Unterhaltungsindustrie im Rahmen der nationalsozialistischen Organisation KdF konnte er sich mit seinem Parteibeitritt eine sichere Arbeitsgrundlage im Rahmen der Freizeit- und Vergnügungsreisen dieser Organisation sichern. So soll er als Unterhaltungskünstler auf den KdF-Urlaubsfahrten mit dem Schiff Wilhelm Gustloff nach Madeira engagiert worden sein (zweifelhaft, da die Wilhelm Gustloff erst im Mai 1937 ihren Stapellauf hatte) – worüber er auch Gedichte und ein Lied verfasst haben soll. Der Anekdote nach kommentierte er seine Parteizugehörigkeit gegenüber einem mit ihm befreundeten jüdischen Kölner Bürger, der ihn auf sein Parteiabzeichen ansprach: „Wat? Do jetz och?“ („Wie? Du [trägst dieses Zeichen] jetzt auch?“) mit den Worten „Jo, sull ich mer dann wäje dir do ene Matzen ahnsteche?“ („Ja, soll ich mir denn deinetwegen dort einen Matzen anstecken?“)

Krankheit und Tod

In den 30er Jahren war Willi Ostermann wieder zu zahlreichen Gastspielen unterwegs; sein letztes Gastspiel gab er 1936 in Bad Neuenahr, wo er den Auftritt verkürzen musste und im direkten Anschluss nach Köln in eine Klinik eingeliefert wurde. Nach einer schweren Magenoperation lag er noch zwei Monate im Krankenhaus und schrieb in einer Phase der Besserung sein letztes Lied Heimweh nach Köln, besser bekannt unter der Liedzeile Ich mööch zo Foß noh Kölle gonn (Ich möchte zu Fuß nach Köln gehen).

Feierstunde der „Willi Ostermann Gesellschaft Köln 1967 e.V.“ zum 70. Todestag auf dem Melaten-Friedhof

Am 6. August 1936 starb Ostermann im Krankenhaus. Bei seiner Beisetzung am 10. August säumten Zehntausende von Kölner Bürgern den Trauerzug vom Neumarkt bis zum Melaten-Friedhof auf der Aachener Straße. In einem der Nachrufe am offenen Grab trug sein Freund, der Karnevalist Thomas Liessem zum ersten Mal den Refrain des letzten Ostermann-Liedes vor, das nach seinem Tod zu einem seiner bekanntesten, typisch kölschen melancholischen Stimmungsliedern werden sollte:

„Heimweh nach Köln“

Wenn ich su an ming Heimat denke
un sin d'r Dom su vör mir ston,
mööch ich direk op Heim an schwenke,
ich mööch zo Foß no Kölle gon.[1]

Dieses Lied mit dem Titel Heimweh nach Köln gilt als inoffizielle Kölner Stadthymne. Weniger bekannt ist allerdings, dass die Melodie dieses „letzten Liedes“ bereits einige Jahre zuvor in dem Film Sehnsucht nach dem Rhein als gleichnamiges Titellied verwendet wurde. Der Text Ich ben vun Köln am Rhing zohus wurde nach Ostermanns Tod von seinem Musikerkollegen August Batzem vertont und aufgeführt.

Nachlass

Der textliche und musikalische Nachlass Ostermanns wurde in seinem eigenen Verlag verwaltet, der nach seinem Tod zunächst von seiner Frau Käthe fortgeführt wurde, später dann in die Musikverlage Hans Gerig bzw. die Gerig Music Group überging. Seit 2007 sind die Werke Ostermanns gemeinfrei und werden von der Kölner Musikgruppe De Kallendresser nach und nach der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Aus dem gleichen Anlass hat die Willi Ostermann Gesellschaft Köln 1967 e.V. im selben Jahr die CD „Ostermann op classic“ mit den Kölner Musikern Ferdinand Hoffmann und Thomas Forschbach veröffentlicht.

Willi-Ostermann-Medaille

Zu Ehren von Willi Ostermann wurde 1967 die Willi-Ostermann-Medaille gestiftet. Sie ist die höchste Auszeichnung des Kölner Karnevals und wird seitdem in unregelmäßigen Abständen für besondere Verdienste um das Kölner Lied verliehen. Geehrt werden Persönlichkeiten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, das kölsche Brauchtum und Liedgut zu pflegen. Die Verleihung findet in der Regel anlässlich der Prinzenproklamation des Kölner Dreigestirns statt.

Preisträger (Auszug)

Quellen

  1. Willi Ostermann. Ein Leben für den Frohgesang am Rhein. Gesamtausgabe. Hrsg. von Thomas Liessem. Köln: Willi Ostermann Verlag 1958.

Literatur

  • Thomas Liessem, Willi Ostermann. Leben und Wirken des rheinischen Volkslieddichters. Josef Höfer Köln, 1936. 2., veränderte Auflage 1951. Neuausgabe (um Noten erweitert) als: Willi Ostermann - Ein Leben für den Frohgesang am Rhein. Willi Ostermann Verlag Köln, 1958. ISBN 3-87252-232-9
  • Wilhelm Staffel, Willi Ostermann. Greven Verlag Köln, 1976. ISBN 3-7743-0137-9
  • Hans W. Krupp, Willi Ostermann. Mundartdichter und Liedersänger. Stadt Köln [1986]. Neuausgabe als: Willi Ostermann. 'En Kölle am Rhing...'. Eine Biographie von Hans W. Krupp, neu herausgegeben von Anne Krupp. Wienand Verlag Köln, 1995. ISBN 3-87909-432-2

Weblinks


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