William Howell Masters

William Howell Masters

Der Gynäkologe William Howell Masters (* 27. Dezember 1915 in Cleveland, Ohio; † 16. Februar 2001 in Tucson, Arizona) und die Psychologin Virginia Johnson, geborene Eshelman (* 11. Februar 1925 in Springfield, Missouri) leisteten in den 1950er und 1960er Jahren Pionierarbeit mit Untersuchungen über das menschliche Sexualverhalten. Sie zeichneten die ersten Labordaten über sexuelle Reaktionen des Menschen auf und beseitigten mit ihrer Arbeit viele überkommen falsche Vorstellungen über die Sexualität.

Gemeinsam publizierten sie zahlreiche Bücher und Aufsätze zum Thema „menschliche Sexualität“. Am bekanntesten ist das Buch „Die sexuelle Reaktion“, das seit seiner Erstveröffentlichung 1967 mehrfach neu aufgelegt wurde. Mit ihrer Scheidung 1993 beendeten Masters und Johnson auch ihre gemeinsamen Forschungen.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft und Ausbildung

Virginia Eshelman Johnson war in erster Ehe mit dem Bandleader George Johnson verheiratet, trat mit ihm unter dem Namen "Gini" als Sängerin auf und hatte aus dieser Ehe zwei Kinder. Sie studierte an der Universität von Missouri und schloss als Psychologin ab.

Masters war der Sohn wohlhabender Eltern, absolvierte ein Medizinstudium an der Universität Rochester und spezialisierte sich dann auf Gynäkologie. Er war dreimal verheiratet, in zweiter Ehe von 1971 bis 1993 mit Virginia Johnson.

Forschungsarbeiten

Masters und Johnson begegneten sich 1957, als William Masters Virginia Johnson als Forschungsassistentin anstellte, um eine umfassende Studie über die menschliche Sexualität durchzuführen.

Schon vorher hatte Alfred Kinsey zwei Werke (die Kinsey-Reports) über das Sexualverhalten von Männern und Frauen veröffentlicht. Sie waren in ihrer Zeit sowohl revolutionär als auch umstritten. Kinsey hatte durch Befragungen zu erfassen versucht, wie häufig bestimmte Sexualpraktiken in der Bevölkerung auftraten. Im Gegensatz dazu wollten Masters und Johnson die Struktur, Psychologie und Physiologie des Sexualverhaltens untersuchen, indem sie Masturbation und Geschlechtsverkehr im Labor beobachteten und Messungen vornahmen.

Masters und Johnson zeichneten die ersten physiologischen Daten des menschlichen Körpers und der Geschlechtsorgane während sexueller Erregung auf. Außerdem brachten sie mit ihren Ergebnissen und Schlussfolgerungen zum Ausdruck, dass Sex eine gesunde und natürliche Aktivität ist und als Quelle der Freude und Vertrautheit genossen werden kann.

Vier-Stufen-Modell der sexuellen Reaktion

Eins der beständigsten und wichtigsten Ergebnisse ihrer Forschungen ist das Vier-Stufen-Modell der sexuellen Reaktion, das sie den 'menschlichen Reaktionszyklus' nannten (vergl. Sexueller Reaktionszyklus), welchen sie in vier Stufen unterteilten:

Sexuelle Fehlfunktionen

Mit ihrem Versuch, Struktur, Psychologie und Mechanismen der Sexualität zu verstehen, legten Masters und Johnson gleichzeitig den Grundstein für einen theoretischen Ansatz in der Behandlung von sexuellen Fehlfunktionen und -verhalten.
Sie eröffneten in St. Louis eine Klinik zur Behandlung sexueller Probleme wie z. B. Impotenz und die Unfähigkeit, einen Orgasmus zu haben. Ihre Behandlungsmethoden basierten auf den Erkenntnissen aus ihren Laboruntersuchungen. Auch machten sie Angebote zur Therapie Homosexueller mittels sogenannter Konversionstherapien[1].

Kritik

Einige Sexualforscher – insbesondere Shere Hite – haben sich darauf konzentriert zu verstehen, wie einzelne Menschen sexuelle Erfahrungen bewerten und was sie für sie bedeuten. Hite hat Masters' und Johnsons Arbeit kritisiert, weil jene unkritisch kulturelle Einstellungen zum Sexualverhalten in ihre Forschungen einbezogen hatten.

Hites Arbeiten zeigten zum Beispiel, dass 70 % der Frauen, die beim Geschlechtsverkehr keinen Orgasmus haben, diesen leicht durch Masturbation erreichen können. Sie kritisierte Masters' und Johnsons Meinung, dass durch die Stösse beim Geschlechtsverkehr die Klitoris ausreichend gereizt würde, um einen Orgasmus zu erreichen und ihre Folgerung daraus, dass das Versagen hierbei Zeichen einer 'sexuellen Fehlfunktion' der Frau sei. Während sie nicht abstreitet, dass sowohl Kinsey als auch Masters und Johnson äußerst wichtige Schritte in der Sexualforschung taten, ist sie der Meinung, dass wir den kulturellen und persönlichen Aufbau der sexuellen Erfahrung verstehen müssen, wenn wir Forschungsergebnisse erzielen wollen, die auch außerhalb des Labors gültig sind.

Weblinks

Quellen

  1. uni-jena.de (PDF): Melanie Caroline Steffens & Erin Marie Thompson: Verruchte – Perverse – Kranke – Unsichtbare: Der historische Blick - Dokumentation des VLSP-Kongresses 2003, PDF vom 3. November 2005

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