William Shakespaer

William Shakespaer
Gemälde, welches vermutlich William Shakespeare zeigt (sog. Chandos-Portrait). Der Entstehungszeitpunkt ist unbekannt, der Maler war wahrscheinlich Joseph Taylor. Untersuchungen durch Kuratorin Tarnya Cooper (Farbanalysen, Röntgenaufnahmen u. a.) haben 2006 gezeigt, dass das Bild aus Shakespeares Zeit stammt und tatsächlich den Dichter zeigen könnte, dies aber nicht mit letzter Sicherheit zu beweisen ist[1].

William Shakespeare (* vermutlich 23. April 1564 in Stratford-upon-Avon; † 23. Apriljul./ 3. Mai 1616greg.[2] ebenda) war ein englischer Dichter und gehört zu den bedeutendsten Dramatikern der Weltliteratur.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Frühe Jahre

Shakespeares Geburtshaus

Shakespeares genaues Geburtsdatum ist nicht überliefert. Er wurde laut Kirchenregister der Holy Trinity Church in Stratford-upon-Avon, Warwickshire, am 26. April 1564 getauft. Seit dem 18. Jahrhundert wird der 23. April oft als sein Geburtstag genannt, doch ist diese Angabe nicht gesichert und geht letztlich wohl nur darauf zurück, dass Shakespeare am gleichen Tag des Jahres 1616 (23. April) verstorben ist.[3] Bisweilen wird der 23. April als Shakespeares angeblicher Geburtstag auch mit der Behauptung untermauert, dass man im elisabethanischen England Kinder drei Tage nach ihrer Geburt getauft habe; tatsächlich hat es jedoch einen solchen Dreitages-Taufbrauch damals nicht gegeben.[4]

William Shakespeares Eltern waren John Shakespeare und Mary Arden; seine Mutter entstammte einer wohlhabenden Familie.[5] Wahrscheinlich hat er die Lateinschule (Grammar school) in Stratford-upon-Avon besucht und dort Unterricht in Latein, Griechisch, Geschichte, Morallehre und Dichtkunst erhalten.[6]

1582, mit 18 Jahren, heiratete er die mit 26 Jahren acht Jahre ältere Bauerntochter Anne Hathaway. Das genaue Datum der Hochzeit ist nicht bekannt, das Aufgebot („marriage license report“) wurde am 27. November bestellt. Etwa sechs Monate nach der Eheschließung wurde seine Tochter Susanna geboren (Taufeintrag 26. Mai 1583). Knapp zwei Jahre später kamen Zwillinge, der Sohn Hamnet und die Tochter Judith, zur Welt (Taufeintrag 2. Februar 1585); Hamnet starb 1596 im Alter von nur elf Jahren (Begräbnis 11. August 1596). Aus dem Jahr 1598 ist ein Brief erhalten, in dem ein gewisser Richard Quiney bei Shakespeare um ein Darlehen von 30 Pfund bat.[7] 18 Jahre später, am 10. Februar 1616, heiratete William Shakespeares Tochter Judith dessen Sohn Thomas Quiney.

Die verlorenen Jahre

Über die etwa acht Jahre 1584/85 bis 1592, die in der anglistischen Literaturwissenschaft häufig als „verlorene Jahre“ [8] bezeichnet werden, weiß man wegen fehlender Quellenlage so gut wie nichts. Der Begriff „lost years“ ist insofern als irreführend („misnomer“) bezeichnet worden[9], als er impliziert, man wisse über die restliche Lebenszeit Shakespeares wesentlich mehr. Dies ist aber nicht der Fall. In Ermangelung fundierter Kenntnisse sind umso mehr Legenden entstanden, die sich zum Teil auf von Zeitgenossen überlieferte Anekdoten zurückführen lassen.

Das erste schriftliche Dokument, das belegt, dass Shakespeare sich in London aufhielt, stammt von dem Dichter Robert Greene, der ihn 1592 in einem Pamphlet als Emporkömmling diffamierte, der sich Dinge anmaßte, die ihm nicht zustünden, da er ja nicht wie die angesehenen Dichter seiner Zeit seine Kunst an der Universität gelernt habe: „There is an upstart crow, beautified with our feathers, that with his tygers heart wrapt in a Players hide supposes he is as well able to bombast out a blank verse as the best of you; and, being an absolute Johannes Factotum, is in his own conceit the only Shake-scene in a country“. (Denn es gibt eine emporgekommene Krähe, fein herausgeputzt mit unseren Federn, die mit ihrem Tigerherz, in einem Schauspielergewand versteckt, meint, Blankverse ausschütten zu können wie die Besten von euch; und als ein absoluter Hans-Dampf-in-allen-Gassen kommt er sich als der einzige Theater-Erschütterer im Land vor). Der Ausdruck Shake-Scene ist dabei offensichtlich ein Wortspiel mit dem Namen Shakespeare.

Dieses Pamphlet wurde nach dem Tode Greenes veröffentlicht, und der Herausgeber fügte gleich eine Entschuldigung bei, woraus man schließen kann, dass Shakespeare bereits bekannt, vielleicht sogar populär war und einflussreiche Gönner hatte. Er war zu dieser Zeit bereits Mitglied der Truppe Lord Strange’s Men, die sich ab 1594 Lord Chamberlain's Men nannte; Shakespeares Schauspieltruppe war eine der führenden des elisabethanischen London. Kurz nach seiner Thronbesteigung machte Jakob I. sie als King’s Men zu seiner eigenen.

Stückeschreiber und Schauspieler

Erstes unter dem Namen William Shakespeare erschienenes Werk,1593

Shakespeare arbeitete als Schauspieler in kleineren Rollen und schrieb Schauspiele für seine Theatertruppe, an der er Teilhaber war. Seine Stücke waren offensichtlich sehr erfolgreich, wie die Tagebuchaufzeichnungen des Theaterunternehmers Philip Henslowe belegen.

Shakespeare war allerdings nur einer von etlichen elisabethanischen Stückeschreibern; sein größter Konkurrent war zunächst Christopher Marlowe, später Ben Jonson. Es war durchaus üblich, ältere Stücke umzuschreiben und wieder neu aufzuführen; Shakespeares Hamlet ist vermutlich eine Adaption eines älteren Stückes, des so genannten Ur-Hamlet. Oder man verarbeitete Sagen und Märchen zu Dramen, wie etwa König Lear. Stücke entstanden auch nach gedruckten Quellen, etwa italienischen Novellensammlungen oder Chroniken. Eine ebenfalls gängige Methode war, von erfolgreichen Stücken Fortsetzungen zu schreiben. So war die Figur des Falstaff in Heinrich IV. so populär, dass ihn Shakespeare in Die lustigen Weiber von Windsor wieder aufleben ließ.

Dichter und Geschäftsmann

Shakespeare war mehr als nur ein Stückeschreiber. Er versuchte sich (vermutlich als die Theater Londons wegen der Pest-Epidemien zeitweise schließen mussten) auch im eigentlichen Medium der Dichter jener Zeit, im epischen Gedicht und in der Lyrik, was seinen Ruhm bei seinen Zeitgenossen begründete. Er schrieb 1593 die zwei Verserzählungen Venus and Adonis und Lucrece, die er seinem adeligen Gönner Henry Wriothesley, Earl of Southampton, zueignete. Auch ein Zyklus von 154 Sonetten erschien 1609. Diese Arbeit umgeben zahlreiche Geheimnisse schon außerhalb des Textes, weil nicht klar ist, wer in einem kurzen Verleger-Vorspann, der meist als „Widmung“ gelesen wird, mit „the only begetter“ und „Mr. W.H.“ gemeint ist. Vielleicht handelt es sich bei dieser Sonetten-Publikation auch um einen Raubdruck.

London, Shakespeares Globe (Rekonstruktion)
Shakespeares Unterschrift unter dem Testament („Last Will“), 1616

Ab 1599 war Shakespeare Mitbesitzer des Londoner Globe Theatre, das seine Truppe als Nachfolger für das Theatre baute, als der Pachtvertrag ausgelaufen war. Die Lord Chamberlain’s Men benannten sich nach ihrem Mäzen und Sponsor, dem Lord Chamberlain, und sie waren auch am Hof der Königin Elisabeth gern gesehen. Später, unter Elisabeths Nachfolger Jakob I., durften sie sich sogar nach dem königlichen Gönner King’s Men nennen.

Als Schauspieler, Stückeschreiber, vor allem aber als kaufmännischer Teilhaber des Globe erwarb sich Shakespeare Vermögen und Einfluss. 1596 wurde seinem Vater John Shakespeare ein Familienwappen gewährt,[10][11] das er schon 1576 erfolglos beantragt hatte. 1597 kaufte Shakespeare sich das zweitgrößte Haus in seiner Geburtsstadt Stratford, New Place.

1596 erwarb der Theaterunternehmer James Burbage das Blackfriars Theatre, an dem sich später auch Shakespeare beteiligte, ein im Gegensatz zum Globe überdachtes Theater, in dem seine Truppe von nun an während der Wintermonate spielte. Das Publikum dort war exklusiver als in den großen Freiluftbühnen.

Die letzten Jahre

Mit 46 Jahren kehrte Shakespeare als reicher Mann nach Stratford zurück, und verbrachte dort seine letzten Lebensjahre, wobei er die Verbindungen zu seinen ehemaligen Kollegen nicht ganz abreißen ließ und bei einigen Theaterproduktionen als Mitautor beteiligt war. So sind für die Folgejahre mehrere Besuche in London dokumentiert, die meist familiäre und freundschaftliche Anlässen haten.

Shakespeare starb im Alter von 52 Jahren im Jahr 1616 in Stratford und wurde in der Holy Trinity Church beigesetzt. Auf der Steinplatte, die sein Grab markiert, steht folgende Inschrift:

GOOD FREND FOR JESUS SAKE FORBEARE,
TO DIGG THE DVST ENCLOASED HEARE.
BLESTE BE Ye MAN Yt SPARES THES STONES,
AND CVRST BE HE Yt MOVES MY BONES

Guter Freund, im Namen Jesu grabe nicht
den Staub auf, der hier eingeschlossen ist.
Gesegnet sei derjenige, der diese Steine achtet,
und verflucht der, der meine Gebeine bewegt.
Shakespeares Gedenkbüste in der Holy Trinity Church

Vermutlich kurz nach Shakespeares Tod wurde in der Seitenwand der Kirche eine Gedenkbüste mit einer lateinischen Inschrift von bis heute unbekannten Personen errichtet.

Shakespeares ehemalige Theaterkollegen John Heminges und Henry Condell veröffentlichten seine Werke unter dem Titel Mr William Shakespeare’s Comedies, Histories and Tragedies in einem großformatigen Buch, First Folio, der erste Versuch einer Gesamtausgabe, in der allerdings nur Shakespeares Theaterwerke veröffentlicht wurden. Die Folio-Edition enthält 36 Dramen, darunter 18 zuvor unpublizierte, ein Vorwort sowie ein Lobgedicht Ben Jonsons, in dem es heißt:

Triumph my Britain, thou hast one to show
To whom all scenes of Europe homage owe.
He was not of an age, but for all time! …

Triumphiere, mein Britannien, du hast einen (Menschen) vorzuzeigen,
dem alle Bühnen Europas huldigen,
er war nicht für eine Ära, sondern für alle Zeiten! …

Das Porträt Shakespeares, das die Titelseite der Folio-Edition schmückt, wurde vermutlich nach einer heute verlorenen Vorlage gestochen. Dass der Künstler Martin Droeshout Shakespeare persönlich gekannt hat, wird als eher unwahrscheinlich betrachtet, da er zum Zeitpunkt von Shakespeares Tod (1616) erst fünfzehn Jahre alt war.

Shakespeares Todesursache ist nicht unmittelbar bekannt. Etwa 50 Jahre nach Shakespeares Tod notierte jedoch John Ward, Vikar der Holy Trinity Church in Stratford, in seinem Tagebuch: „Shakespeare, Drayton und Ben Jonson hatten ein fröhliches Zusammentreffen und tranken dabei anscheinend zu viel; denn Shakespeare starb an einem Fieber, das er sich dabei zugezogen hatte.“ Diese Nachricht wird heute meist als unverbürgte Anekdote eingeschätzt; ihr wahrer Kern könnte jedoch darin liegen, dass in Shakespeares Todesjahr eine Typhus-Epidemie grassierte, so dass der Dichter dieser Krankheit zum Opfer gefallen sein könnte.

Shakespeare-Portraits

Das bekannte Droeshout-Porträt Shakespeares der ersten Folio-Ausgabe

Von Shakespeare sind einige Darstellungen und Portraits bekannt, die als authentisch angesehen werden. Diese Bilder wurden mit dem zunehmenden Ansehen des Dramatikers vielfach kopiert und dabei mehr oder minder stark abgewandelt. Auch wurden mehrere ungesicherte Werke bereits früh ohne ausreichende Indizien als Shakespeare-Porträts identifiziert.

Als authentisch gilt das möglicherweise zu Lebzeiten des Sichters entstandene

  • Chandos-Porträt (von ca. 1594-1599)

Als postum erstellte, aber wahrscheinlich authentische Shakespeare-Porträts gelten:

  • der Droeshout-Stich (1623)
  • das Grabmonument in der Holy Trinity Church, Stratford-upon-Avon (vor 1623)

Kandidaten, über deren Authentizität kein breiterer Konsens vorliegt und die zum Teil sehr umstritten sind, sind:

  • das Sanders-Porträt (2001 in Kanada als Entdeckung verkündet)
  • das Cobbe-Porträt (2006 erstmals bekannt geworden, 2009 der Öffentlichkeit vorgestellt; von Stanley Wells als authentisch akzeptiert)
  • das Janssen-Porträt (vom selben Maler wie das Cobbe-Porträt; seit 1770 bekannt, restauriert 1988)
  • die Darmstädter Totenmaske (von 1616, Authentizität wird nur von Hildegard Hammerschmidt-Hummel behauptet)
  • die Davenant-Büste (von ca. 1613, aus Terrakotta; Authentizität wird nur von Hammerschmidt-Hummel behauptet)

Als nicht authentisch gelten:

  • das Ashbourne-Portrait (aufbewahrt in der Folger Shakespeare Library in Washington D.C. - falsch zugeordnet)
  • das Flower-Porträt (von 1609; gilt seit einer Untersuchung der National Portrait Gallery im Jahr 2004 als Fälschung des 19.Jahrhunderts)

Shakespeares Sprache

Titelblatt der Erstausgabe 1609

Shakespeares Dramen waren keine „Schau“spiele im modernen Sinn, sondern Sprach-Spiele. Man ging im elisabethanischen England nicht ins Theater, um ein Drama zu „sehen“, sondern zu „hören“ („hear a play“), und vieles wird in Shakespeares Stücken allein durch Worte dargestellt. „Word scenery“ bedeutet soviel wie „Kulissen aus Worten“.

Eine Aufführung im Globe fand am Nachmittag unter freiem Himmel statt, und so konnten beispielsweise Szenen, die in der Nacht spielen, nicht durch Abschalten der Beleuchtung erschaffen werden, sondern mussten durch Worte umschrieben werden. „There’s husbandry in heaven, their candles are all out“ (Es ist Sparsamkeit am Himmel, ihre Kerzen sind alle aus), sagt Banquo in „Macbeth“ und malt damit in der Vorstellung der Zuhörer die für den Mord am König so geeignete dunkle sternlose Nacht.

Shakespeare war vor allem ein Virtuose seiner Sprache. 34.000 verschiedene Wörter zählt man in seinen Werken – der geschätzte aktive Wortschatz eines gebildeten Engländers heutzutage ist nur etwa halb so groß.

Es gab zu Shakespeares Zeit eine große Freiheit der Sprache, was man schon an der Tatsache erkennt, dass er seinen eigenen Namen nicht immer gleich schrieb. Und es war viel eher als heute möglich, neue Wörter zu erfinden, wenn sich die Notwendigkeit dazu ergab. Shakespeare erschuf mehr neue Wörter als jeder andere englische Dichter und bereicherte so seine Sprache in überwältigender Weise. Viele Wörter, die heute ganz alltäglich sind, wurden zum ersten Mal in einem seiner Stücke verwendet (zum Beispiel multitudinous, accommodation, premeditated, assassination, submerged, obscene).

Urheberschaft seiner Werke

(Hauptartikel: William-Shakespeare-Urheberschaft)

In der wissenschaftlichen Shakespeareforschung herrscht allgemein die Auffassung, dass Zweifel an Shakespeares Autorschaft als grundlos anzusehen sind. Der Kern einer Urheberschaftsdebatte um William Shakespeare rührt daher, dass seit mehr als 150 Jahren immer wieder Laienforscher auftreten, die die Zuschreibung der unter Shakespeares Namen überlieferten Werke anzweifeln. Innerhalb der internationalen akademischen Shakespeare-Forschung wird diese Autorschaftsfrage dagegen nicht als legitimes Forschungsthema angesehen. Mit den neueren, an Michel Foucault anschließenden diskursanalytischen Theorien der Funktion des Autorbegriffs ist auch die „Shakespearefrage“ auf einer neuen Ebene wieder diskutabel geworden (Margreta de Grazia, Leah S. Marcus): Gefragt wird dann nicht nach der konkreten Identifikation einer bestimmten Person als Verfasser der Shakespeareschen Werke, sondern nach der Bedeutung, die eine Zuschreibung dieses Textkorpus an die Autorinstanz Shakespeare für das Verständnis der Texte hat.

Vermutliches Porträt Christopher Marlowes, 1585

Hintergrund der Autorschaftsdebatten bei vielen der sog. „Antistratfordianer“ ist die Auffassung, der Dichter der Shakespeare’schen Werke könne kein einfacher Mann von geringer Bildung aus der Provinz gewesen sein. Dabei war die Grammar School in Stratford, von der man annimmt, Shakespeare habe sie besucht, keineswegs eine zweitklassige Ausbildungsstätte: Die Schüler lernten die klassischen Sprachen und schrieben schon während der Schulzeit kleine Dramen nach dem Muster der klassischen Stücke, die übersetzt und analysiert wurden; eine bessere Schulausbildung für einen Autor gab es gar nicht. Ein weiteres Argument ist, dass es – bei Autoren des sechzehnten Jahrhunderts allerdings keine Ausnahme – keine Original-Handschriften von Shakespeare gibt, sieht man von ein paar Unterschriften und dem umstrittenen Manuskript des Stücks Sir Thomas More ab.

Die Urheberschaftsdiskussion um die „wahre“ Verfasserschaft begann bereits im 18. Jahrhundert, als Rev. James Wilmot 1780 nach Feldforschungen im Umkreis von Stratford zu der Überzeugung gelangte, dass Shakespeare aus Stratford die Werke nicht geschrieben haben könne; er entwickelte die Theorie, dass es Francis Bacon gewesen sein müsste. 1856 erhob erneut William Henry Smith für Francis Bacon eine Anwartschaft auf die Autorschaft der Shakespeare’schen Werke. Smith wurde ein Jahr später von der zu Francis Bacon zufällig namensgleichen Delia Bacon in ihrem Buch The Philosophy of Shakespeare’s Plays (1857) unterstützt, der wohl frühesten Anti-Stratford-Monographie, in der sie die Hypothese entwickelte, dass sich hinter den Shakespearestücken eine Gruppe von Dichtern/Schriftstellern mit Francis Bacon, Sir Walter Raleigh und Edmund Spenser verbarg (sog. Gruppentheorie). Ihre Publikation löste eine ganze Welle von Spekulationen aus, bei denen bis heute immer neue mögliche Kandidaten ins Spiel gebracht werden.

Die meistgenannten Kandidaten neben Francis Bacon sind William Stanley (6th Earl of Derby), Edward De Vere (17th Earl of Oxford) und Christopher Marlowe (siehe auch Marlowe-Theorie). Im neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert haben sich bekannte und angesehene Personen, unter den deutschsprachigen etwa Sigmund Freud und Georg Cantor, an der Debatte beteiligt.

Rezeption in Deutschland

Shakespeare-Denkmal in Weimar
Denkmal in Weimar vor einer Ruinenkulisse als Zeichen für die Vergänglichkeit

In Deutschland hat die Shakespeare-Rezeption eine wechselvolle Geschichte, in der der Dichter für die verschiedensten Interessen in Dienst genommen wurde.

Von großer Bedeutung war Shakespeare für die Literaturtheorie der Aufklärung bei Gotthold Ephraim Lessing (im 17. Literaturbrief 1759), für die Dramatiker des Sturm und Drang etwa bei Heinrich Wilhelm von Gerstenberg (Briefe über Merckwürdigkeiten der Litteratur, 1766/67), bei Johann Gottfried Herder (Von deutscher Art und Kunst, 1773) und Johann Wolfgang von Goethe (Rede zum Shäkespears Tag, 1771); jedoch ebenso für die deutsche Romantik und die Dramentheorie des 19. Jahrhunderts. Der im frühen 18. Jahrhundert einflussreiche Theoretiker Johann Christoph Gottsched, der dem französischen Klassizismus des 17. Jahrhunderts verpflichtet war und der sich so an der den drei Aristotelischen Einheiten entsprechenden französischen Dramatik orientierte, äußerte sich noch, wie Voltaire vor ihm, recht abfällig über Shakespeare. In der zweiten Jahrhunderthälfte aber wurde Shakespeare für die Dramentheoretiker der Spätaufklärung und des Sturm und Drang zum Prototyp des Genies.

Es gehört zu den Topoi der deutschen Shakespeare-Rezeption seit der Romantik, dass die Deutschen eine besondere Affinität zu Shakespeare hätten. Im Zuge des deutschen Chauvinismus des neunzehnten Jahrhunderts wurde Shakespeare sogar als der „dritte deutsche Klassiker“ neben Goethe und Schiller beansprucht (Wilhelm Jordan). Die Beschäftigung mit Shakespeare und die Popularisierung seines Werkes fand in der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft, die im Jahr 1864 gegründet wurde, ihre institutionelle Verankerung.

Unübersehbar ist die Zahl der (oft eigens für einzelne Inszenierungen angefertigter) Eindeutschungen Shakespeares seit über 250 Jahren. Bekannte Übertragungen der Dramen sind die Ausgaben Christoph Martin Wielands, Eduard Wilhelm Sievers', diejenige von Johann Heinrich Voß und seiner Söhne Heinrich Voß und Abraham Voß, die Schlegel-Tieck-Ausgabe (August Wilhelm Schlegel, Wolf von Baudissin, Ludwig Tieck und Dorothea Tieck) sowie in neuerer Zeit die Übersetzungen von Erich Fried und Frank Günther. Neuere Übersetzungen, die Aufsehen erregten, waren z. B. die Übertragungen einiger Schauspiele durch Thomas Brasch und Peter Handke.

In den letzten Jahren hat sich die Übersetzertätigkeit besonders auf die Sonette konzentriert, an denen sich bereits seit dem neunzehnten Jahrhundert viele Schriftsteller versucht haben und von denen in kurzen zeitlichen Abständen immer neue Versionen erscheinen.

Werke

Historiendramen

The Globe
  • König Johann (King John, um 1595/96)
  • Eduard III. (Edward III, (gedruckt 1596); Shakespeares Verfasserschaft ist nicht allgemein anerkannt)
  • Heinrich VIII. (King Henry VIII or All Is True, ca. 1612/13)

York-Tetralogie

  • Heinrich VI.
    • Teil 1 (King Henry VI, Part 1; ca. 1598–99)
    • Teil 2 (King Henry VI, Part 2; ca. 1590–92)
    • Teil 3 (King Henry VI, Part 3; ca. 1590–92)
  • Richard III. (King Richard III; um 1593, gedruckt 1597)

Lancaster-Tetralogie

  • Richard II. (King Richard II; zwischen 1590 und 1599, gedruckt 1597)
  • Heinrich IV.
    • Teil 1 (King Henry IV, Part 1; um 1595/96, gedruckt 1598)
    • Teil 2 (King Henry IV, Part 2; um 1597, gedruckt 1600)
  • Heinrich V. (King Henry V; 1599, gedruckt 1600 (Raubdruck))

Komödien

Heitere Komödien

Problemstücke

Romanzen

Tragödien

Frühe Tragödien

Römerdramen

Spätere Tragödien

Lyrik

Filmografie (Auswahl)

Seit Beginn der Filmgeschichte taucht William Shakespeare auch als Drehbuchautor im Abspann von Filmen auf. Mittlerweile sind weit über 500 Filme nach seinen Stücken entstanden. [12] Die erste Verfilmung geht auf das Jahr 1899 zurück und zeigt in einem dreiminütigen Film die Todesszene aus King John mit dem großen britischen Theaterschauspieler des 19. Jahrhunderts Sir Herbert Beerbohm Tree. In diese Liste können natürlich nur einige Filme aufgenommen werden.

Filmtitel (Jahr) Regisseur Produktionsland Darsteller (Auswahl)
Hamlet (1921) Svend Gade, Hans Schall Deutschland Asta Nielsen (Hamlet)
Othello (1922) Dimitri Buchowetzki Deutschland Emil Jannings (Othello), Werner Krauß (Jago)
Der Kaufmann von Venedig (1923) Peter Paul Felner Deutschland Werner Krauß (Shylock)
Ein Sommernachtstraum (1935) William Dieterle, Max Reinhardt USA James Cagney (Zettel), Mickey Rooney (Puck), Dick Powell (Lysander), Olivia de Havilland (Hermia)
Romeo und Julia (1936) George Cukor USA Norma Shearer (Julia), Leslie Howard (Romeo), John Barrymore (Mercutio)
Henry V. (1944) Laurence Olivier Großbritannien Laurence Olivier (Henry V.)
Hamlet (1948) Laurence Olivier Großbritannien Laurence Olivier (Hamlet), Jean Simmons (Ophelia)
Macbeth (1948) Orson Welles USA Orson Welles (Macbeth), Jeanette Nolan (Lady Macbeth)
Julius Caesar (1950) David Bradley USA Harold Tasker (Julius Caesar), Charlton Heston (Antonius)
Othello (1952) Orson Welles USA Orson Welles (Othello), Micheál MacLiammóir (Jago), Suzanne Cloutier (Desdemona)
Julius Caesar (1953) Joseph L. Mankiewicz USA Louis Calhern (Julius Caesar), Marlon Brando (Antonius), James Mason (Brutus), John Gielgud (Cassius)
Richard III. (1955) Laurence Olivier Großbritannien Laurence Olivier (Richard III.), Cedric Hardwicke (Edward IV.), Ralph Richardson (Buckingham)
Das Schloss im Spinnwebwald (1957) Akira Kurosawa Japan Toshirō MifuneMacbeth-Adaption
Die Bösen schlafen gut (1960) Akira Kurosawa Japan Toshirō MifuneHamlet-Adaption
Hamlet (1964) John Gielgud USA Richard Burton (Hamlet)
Hamlet (1964) Philip Saville Großbritannien Christopher Plummer (Hamlet), Robert Shaw (Claudius), Michael Caine (Horatio)
Othello (1965) Stuart Burge Großbritannien Laurence Olivier (Othello), Maggie Smith (Desdemona), Frank Finlay (Jago)
Romeo und Julia (1968) Franco Zeffirelli Großbritannien, Italien Leonard Whiting (Romeo), Olivia Hussey (Julia), Michael York (Tybalt)
Hamlet (1969) Tony Richardson Großbritannien Nicol Williamson (Hamlet), Anthony Hopkins (Claudius), Marianne Faithfull (Ophelia)
König Lear (1971) Peter Brook Großbritannien, Dänemark Paul Scofield (King Lear)
Macbeth (1971) Roman Polański Großbritannien, USA Jon Finch (Macbeth)
Der Sturm (1979) Derek Jarman Großbritannien Heathcote Williams (Prospero)
Ran (1985) Akira Kurosawa Japan König Lear-Adaption
Hamlet macht Geschäfte (1989) Aki Kaurismäki Finnland Pirkka-Pekka Petelius (Hamlet)
Henry V. (1989) Kenneth Branagh Großbritannien Kenneth Branagh (Henry V.)
Hamlet (1990) Franco Zeffirelli USA, Großbritannien Mel Gibson (Hamlet), Glenn Close (Gertrud), Alan Bates (Claudius), Helena Bonham Carter (Ophelia)
Rosenkrantz und Güldenstern (1990) Tom Stoppard Großbritannien, USA Gary Oldman (Rosenkrantz), Tim Roth (Güldenstern), Iain Glen (Hamlet)
My Own Private Idaho (1991) Gus van Sant USA Verwendung von Falstaff-Dialogen
Prosperos Bücher (1991) Peter Greenaway Großbritannien John Gielgud (Prospero) – Sturm-Adaption
Viel Lärm um Nichts (1993) Kenneth Branagh Großbritannien Kenneth Branagh (Benedick), Emma Thompson (Beatrice), Keanu Reeves (Don John), Denzel Washington (Don Pedro of Aragon)
Richard III. (1995) Richard Loncraine Großbritannien, USA Ian McKellen (Richard III.), Annette Bening (Königin Elizabeth), Jim Broadbent (Buckingham)
Othello (1995) Oliver Parker Großbritannien, USA Laurence Fishburne (Othello), Irene Jacob (Desdemona), Kenneth Branagh (Jago)
Was ihr wollt (1996) Trevor Nunn Großbritannien, Irland Helena Bonham Carter (Olivia), Nigel Hawthorne (Malvolio)
Romeo und Julia (1996) Baz Luhrmann USA Leonardo DiCaprio (Romeo), Claire Danes (Julia)
Hamlet (1996) Kenneth Branagh Großbritannien, USA Kenneth Branagh (Hamlet), Kate Winslet (Ophelia), Julie Christie (Gertrud), Derek Jacobi (Claudius)
Al Pacino’s Looking for Richard (1996) Al Pacino USA Al Pacino (Richard III.), Kevin Spacey (Buckingham), Alec Baldwin (Clarence)
Shakespeare in Love (1998) John Madden USA, Großbritannien
Titus (1999) Julie Taymor USA, Italien Anthony Hopkins (Titus Andronicus), Jessica Lange (Tamora)
Ein Sommernachtstraum (1999) Michael Hoffman USA, Italien Kevin Kline (Zettel), Michelle Pfeiffer (Titania), Stanley Tucci (Puck), Rupert Everett (Oberon)
Verlorene Liebesmüh' (1999) Kenneth Branagh USA, Großbritannien Alessandro Nivola (Ferdinand von Navarra), Kenneth Branagh (Berowne), Alicia Silverstone (Prinzessin von Frankreich), Natasha McElhone (Rosaline)
Hamlet (2000) Michael Almereyda USA Ethan Hawke (Hamlet), Kyle MacLachlan (Claudius), Bill Murray (Polonius), Julia Stiles (Ophelia)
O – Vertrauen, Verführung, Verrat (2001) Tim Blake Nelson USA Mekhi Phifer (Odin-Othello), Josh Hartnett (Hugo-Jago), Julia Stiles (Desi-Desdemona)
Richard II. (2003) Großbritannien Mark Rylance (Richard II.) – Live-Fernsehaufführung aus dem Globe Theatre
Der Kaufmann von Venedig (2004) Michael Radford USA, Italien Al Pacino (Shylock), Jeremy Irons (Antonio), Joseph Fiennes (Bassanio)
Wie es euch gefällt (2006) Kenneth Branagh USA, Großbritannien Bryce Dallas Howard (Rosalind), Alfred Molina (Touchstone), Kevin Kline (Jaques)

Literatur

  • Edmund K. Chambers: William Shakespeare. A study of facts and problems. Clarendon Press, Oxford 1930. (Hauptwerk der positivistischen Shakespeareforschung)
  • Katherine Duncan-Jones: Ungentle Shakespeare. Scenes from His Life. Arden, London 2001.
  • Stephen Greenblatt: Will in der Welt. Wie Shakespeare zu Shakespeare wurde. Berlin-Verlag, Berlin 2004. (Biografie, mit vielen Spekulationen)
  • Stephen Greenblatt: Verhandlungen mit Shakespeare. Innenansichten der englischen Renaissance. Wagenbach, Berlin 1990. (einflussreichstes Werk der modernen Shakespeare-Forschung)
  • Hildegard Hammerschmidt-Hummel: William Shakespeare – Seine Zeit – Sein Leben – Sein Werk. Philipp von Zabern, Mainz 2003, ISBN 3-8053-2958-X. (mit vielen Spekulationen)
  • Park Honan: Shakespeare. Sein Leben. Haffmans Verlag, Zürich 2002. (Darstellung von Shakespeares Leben und Werk vor dem Hintergrund seiner Zeit)
  • Ernst A. J. Honigmann: The Lost Years. Manchester University Press, 1985, 2. Aufl. 1998, ISBN 0-7190-1743-2. (biografische Studie; erörtert die Frage von Shakespeares Konfessionszugehörigkeit)
  • John Michell: Wer schrieb Shakespeare? Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-86150-368-9. (populäre, aber sachliche Darstellung der Autorschaftsfrage)
  • Ina Schabert (Hrsg.): Shakespeare-Handbuch. Die Zeit – der Mensch – das Werk – die Nachwelt. 4. Auflage, Kröner-Verlag, Stuttgart 2000, ISBN 3-520-38604-6. (Standardwerk der deutschsprachigen Shakespeareforschung)
  • Samuel Schoenbaum: William Shakespeare. A Compact Documentary Life. Revised edition with a new postscript. Oxford University Press, New York, Oxford 1987, ISBN 0-19-505161-0. (zuerst 1977; gilt als die maßgebliche Biografie). Dt. Übersetzung 1981 im Insel-Verlag unter dem Titel William Shakespeare. Eine Dokumentation seines Lebens, ISBN 3-458-04787-5
  • Samuel Schoenbaum: Shakespeare’s Lives. New edition. Clarendon Press, Oxford 1991, ISBN 0-19-818618-5. (Geschichte der Deutungen von Shakespeares Biografie; Standardwerk)
  • Ulrich Suerbaum: Shakespeares Dramen. UTB, Stuttgart 2001, ISBN 3-8252-1907-0.
  • Ian Wilson: Shakespeare – The Evidence. Unlocking the Mysteries of the Man and his Work. London 1993, ISBN 0-7472-0582-5.

Einzelnachweise

  1. Charlotte Higgins: The only true painting of Shakespeare – probably; Hildegard Hammerschmidt-Hummel: Echt oder nicht echt?
  2. Daten nach dem damals in England noch geltenden julianischen Kalender; nach dem in den katholischen Ländern 1584, später auch in England eingeführten gregorianischen Kalender
  3. E. K. Chambers: William Shakespeare – A Study of Facts and Problems. At the Clarendon Press, Oxford 1930. Band 2, S. 1f.
  4. Shakespeare's Birthday (basierend auf Anthony Holden: William Shakespeare, The man behind the genius, 2000): „The tradition is based on a false assumption, that Elizabethan baptisms invariably took place three days after the birth“.
  5. Nach Robert Detobel war Shakespeares Familie nicht von Adel, auch nicht von niederem. Selbst einen „gent“, „gentleman“ oder „esquire“ zählte man nicht zum niederen Adel. Der niedere Adel beginnt beim „knight“, der als „Sir“ angeredet wurde. Doch die soziale Kategorie „adelig“ des 16. Jahrhunderts ist komplizierter. Sie richtete sich nicht nur nach dem formalen Titel, sondern in erster Linie nach der Lebensführung. Wer seinen Unterhalt als Handarbeiter oder als Händler bestritt, zählte nicht zum Adel. Shakespeare hätte damals, trotz Wappen und „Gentleman“-Titel, nie als zum niederen Adelsstand gehörig gegolten.
  6. T.W. Baldwin: William Shakspere's Small Latine and Lesse Greeke. Urbana: Univ. of Illinois Press 1944, 2 Bde.
  7. Loving countryman; I am bold of you as of a friend, craving your help with £30… You shall neither lose credit nor money by me… so I commit this to your care and hope of your help.
  8. A. Acheson: Shakespeare’s Lost Years in London. Brentano’s, New York 1920)
  9. R. E. Burkhart: Finding Shakespeare’s „Lost years”. Shakespeare Quarterly 1978
  10. Aus dem Dokument (abgedruckt in Chambers, Shakespeare, Band II, S. 19–20:„Wherefore being solicited and by credible report <info>rmed, That John Shakespeare of Stratford uppon Avon… that it shalbe lawful for the said John Shakespeare gentilman and for his children… to beare and make demonstracon of the same Blazon…
  11. R. C. Sutherland: Grants of Arms to Shakespeare’s Father. In: Shakespeare Quarterly, 1963:
    „…the still often-made statement that William secured arms to show the fact that he had „arrived“ is pure assumption with no basis in fact and may seriously misrepresent not on his attitude toward heraldry and society but also his relationship with the other members of his family.“
  12. Shakespeare in Film and Television Database, British Universities Film & Video Council (BUFVC)

Siehe auch

Weblinks


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