Wingtip

Wingtip
Winglet (rot) bei einer Beechcraft 1900D

Winglets sind die an den Enden der Tragflächen von Flugzeugen angebrachten Anbauten, die die aerodynamische Qualität eines Flugzeugs steigern und den Treibstoffverbrauch bei Verkehrsflugzeugen senken.

Inhaltsverzeichnis

Funktion und Aufgabe

Drei C-17-Transporter mit Winglets im Flug

Winglets erhöhen die Streckung einer Tragfläche, ohne die Spannweite zu vergrößern. Dies bringt Verbesserungen beim Bodenhandling, bei der Stabilität um die Hochachse und weniger induzierten Widerstand bei hohen Auftriebswerten.

Entlang eines Tragflügelprofils bilden sich im Allgemeinen Wirbel, aus denen gefährliche Wirbelschleppen entstehen können, da Luft von der Unterseite der Tragflächen, wo Überdruck vorliegt, um die Tragflächenenden herum nach oben strömt, wo Unterdruck herrscht. Die Wirbel sind an der Flügelspitze am stärksten und rollen sich (je nach Flugzustand) zu einem Randwirbel auf. Die Wirbel induzieren am Ort des Flügels eine Abwärtsgeschwindigkeitskomponente, wodurch der induzierte Luftwiderstand entsteht. Winglets reduzieren nun den Einfluss dieser Wirbel, indem sie den Randwirbel zerteilen (ein Teil geht am Flügel-Winglet-Übergang ab, ein Teil an der Wingletspitze) und durch ihre Profilgebung nach außen ablenken. Die Gesamtstärke der Wirbel bleibt dabei gleich.

Zusätzlich senken Winglets die Abrissgeschwindigkeitsgrenze, also die Geschwindigkeit, die mindestens vorhanden sein muss, um einen für das Flugzeug nutzbaren Auftrieb an der Tragfläche zu erzeugen.

Winglets müssen für jedes Flugzeug unter Berücksichtigung der Flügelfläche und der voraussichtlichen Fluggeschwindigkeiten angepasst werden. Zum Beispiel entwickelt die zusätzliche umströmte Fläche bei hohen Geschwindigkeiten mehr zusätzlichen Reibungs- und Druckwiderstand, als sie an induziertem Luftwiderstand einspart.

Laut Boeing kann durch den Einsatz von Winglets der Kraftstoffverbrauch um drei bis fünf Prozent gesenkt werden.[1] Die bislang größten Winglets finden sich mit 2,40 Metern Höhe bei der Boeing 737-800. Die Wingtips des Airbus A380-800 sind 2,30 Meter hoch.

Normalerweise kann ein Flugzeug mit nur einem oder keinem Winglet weiterfliegen wenn eines oder beide nach einer Beschädigung abmontiert werden mussten.

Geschichte

„Natürliche Winglets“ beim Kondor
1979 erprobte die NASA Winglets an einer KC-135A

Obgleich von stark vereinfachter Geometrie, sind Winglets den Flügelspitzen der Vögel nachempfunden. Lange Schwungfedern, die fächerförming und in der Höhe gestaffelt gespreizt werden, sorgen bei Vögeln für bessere aerodynamische Eigenschaften.

Auch wenn der Eindruck entsteht, dass Winglets eine moderne Erfindung sind, so gab es bereits vor dem Zweiten Weltkrieg Fluggeräte mit ähnlichen Flügelendstücken. Die Grundidee der Winglets wurde sogar schon 1897 von Frederick W. Lanchester zum Patent angemeldet. Im Zweiten Weltkrieg fanden sie erstmals unter der Bezeichnung „Henschelohren“ in der Serie Verwendung (Heinkel He 162), wo sie entgegen der heutigen Bauweise nach unten abgeknickt waren.

Erst die Ölkrise zu Beginn der 1970er Jahre bewegte die NASA, sich dieser alten Patente wieder anzunehmen und zu verbessern. Eingeführt wurden die Winglets allerdings im Passagierflugzeugbau von Airbus bei der A310-300 in Form kleiner Flügelendscheiben (so genannter „Wingtip Fences“). [2] Im Gegensatz zu diesen ursprünglichen Endscheiben an den Flügeln besitzen heutige Winglets häufig spezielle Profile, was den Effekt deutlich verbessern kann. Bei den Flügelspitzen der A380 wurde jedoch wiederum auf Wingtip Fences ähnlich denen der A310-300 zurückgegriffen, da neuere Winglet-Entwürfe die Spannweite auf ein für Verkehrsflughäfen nicht geeignetes Maß vergrößert hätten. Louis B.Gratzer nannte diese nach oben gebogenen Enden dann Winglets.Er war Aerodynamik-Chef bei Boeing. Er untersuchte die Aerodynamik der Flügel bei Vögeln und bemerkte die Ähnlichkeiten.

Ausführungen

Boeing 737-800 Tragfläche mit Blended Winglet
Tragfläche einer Boeing 747 mit „klassischem“ (eckigem) Winglet
Wingtip einer Airbus A319

Es gibt verschiedene Winglet-Ausführungen und -Konstruktionen, die im Folgenden in einer Übersicht mit Beispielen dargestellt werden.

  • Wingtip Fences (meist etwas kleinere Winglets, senkrecht nach oben und unten ausgerichtet). Beispiele:
    • Airbus A300-600R, A310-300, A320-Familie, A380; Airbus führt diese Wingtip Fences in etwa symmetrisch aus, d.h. sie sind zu gleichen Teilen nach oben und nach unten ausgerichtet. Für die A320-Familie wurden im Jahr 2006 auch normale und blended Winglets im Flugversuch erprobt, jedoch wegen eines im Verhältnis zum zusätzlichen Gewicht der Winglets zu geringen Effizienzgewinns nicht in die Serienproduktion übernommen.
  • Spiroids (schlaufenförmige Tragflächenenden). Bisher wurde diese Winglet-Form auf einigen Versuchsträgern untersucht. Spiroids sollen eine weitere Kraftstoffeinsparung um 10 % bewirken können.
  • Mischformen
    • Airbus A350XWB; dieser Typ soll nach aktuellen Planungen eine Mischform aus blended Winglets und raked Wingtips erhalten, d.h. speziell geformte, hochgestellte Flügelspitzen, die jedoch gegenüber dem Rest des Flügels nicht so stark angewinkelt sind wie andere Winglet-Formen
    • McDonnell Douglas MD-11; dieser Typ verfügt über ein großes, nach oben ausgerichtetes Winglet, das durch ein kleines, nach unten ausgerichtetes Winglet ergänzt wird

Andere Anwendungen

Im Jahr 2005 fanden Winglets erstmals beim Team McLaren-Mercedes auch Einzug in die Formel 1, da diese den Luftstrom besser zum Heckflügel leiten. Aktuell verwenden McLaren-Mercedes und BMW-Sauber diese Winglets und bei vielen anderen Teams sind Abwandlungen zu erkennen.

Darüber hinaus finden sich auch an Rotorflügeln mancher Windkraftanlagen Winglets.

Unterschallmilitärflugzeuge können wie Passagierflugzeuge von Winglets profitieren, weshalb manche neuere Typen mit ihnen ab Werk ausgerüstet wurden. Überschallschnelle Flugzeuge, wie Düsenjäger verwenden allerdings keine Winglets.

Literatur

  • Hermann Schlichting, Erich Truckenbrodt: Aerodynamik des Flugzeugs 1 (Klassiker der Technik). Springer Verlag, Berlin 2001, ISBN 3540673741. 
  • Hermann Schlichting, Erich Truckenbrodt: Aerodynamik des Flugzeugs 2 (Klassiker der Technik). Springer Verlag, Berlin 2001, ISBN 354067375X. 

Einzelnachweise

  1. NEUE WINGLETS FÜR BOEING 737-800: 3 - 5 % WENIGER KRAFTSTOFF BEDEUTEN ENTLASTUNG FÜR DIE UMWELT
  2. Helmut Kreuzer: Jettliner, von der Comet zum Airbus A 321. Air Gallery Verlag, Ratingen 1991, ISBN 3-9802101-4-6. 

Weblinks


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