- Wladimir Schuchow
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Wladimir Grigorjewitsch Schuchow (russisch Владимир Григорьевич Шухов, wiss. Transliteration Vladimir Grigor'evič Šuchov; * 16. Augustjul./ 28. August 1853greg. in Graiworon nahe Belgorod; † 2. Februar 1939 in Moskau) war einer der herausragenden Konstrukteure des 19. und des angehenden 20. Jahrhunderts und gilt bis heute als einer der bedeutendsten Ingenieure Russlands.
Inhaltsverzeichnis
Werk
Schuchow war ein Meister der Kunst, sparsam, mit geringstem Aufwand an Material und Kosten zu konstruieren. Seine Hängedächer, Bogenkonstruktionen, Seilnetzen, Gitterschalen und Gittertürme in Form von Hyperboloiden waren neuartige Lösungen, die durch eine bis dahin unerreichbare Einfachheit und Eleganz der Konstruktion und durch die ungewohnte, kühne Formgebung seinerzeit Bewunderung hervorriefen. In seinen wichtigsten Arbeiten widmete er sich so verschiedenen Gebieten wie der Erdölindustrie, der thermischen Technik und dem Bauwesen. Wladimir Schuchow war innovativer Konstrukteur im Schatten des Revolutionsarchitekten und der Kunstgeschichte, Erfinder der patentierten Stahlnetztürme und Pionier an der Schwelle des russisch Umbruchs. Er zählt neben Frei Otto, Richard Buckminster Fuller und Santiago Calatrava zu den führenden Vertretern einer biomorphen Architektur.
Schuchow war Chefingenieur und Autor des ersten russischen Pipelineprojektes (1878). Er entwickelte eine industrielle Anlage zum thermischen Cracken von Erdöl (Russisches Reichspatent Nr. 12926 von 1891) und ein Verfahren zur Förderung von Erdöl durch Einpumpen von Luft oder Wasser (Russisches Reichspatent Nr. 11531 von 1889). Er war Konstrukteur eines speziellen Dampfkesseltyps („Schuchow-Kessel“, 1880) und entwarf Tankschiffe für eine Ladekapazität bis zu 12.000 Tonnen. Die von ihm entwickelten zylindrischen Erdöltanks wurden bis zur Oktoberrevolution etwa 20.000 Mal gebaut.
Wladimir Schuchow war der Erste, der beim Bauen die Form des einschaligen Hyperboloids einsetzten (Russische Reichspatente Nr. 1894, 1895, 1896 vom 12. März 1899). Erstmals zum Einsatz kamen eine solche Konstruktion und dünnwandige Schalenkonstruktionen 1896 in Nischni Nowgorod.[1] Nach Schuchows Entwürfen wurden etwa 200 hyperbolische Türme, Antennenmasten und Stützen und mehr als 180 Stahlbrücken gebaut.
Hyperbolische Konstruktionen finden sich heute in vielen Städten der Welt. Am berühmtesten sind wohl der Schuchow-Radioturm (russisch Шуховская башня) — ein 160 Meter hoher Stahlfachwerkturm in Moskau, der hyperbolische Turm im japanischen Hafen Kōbe [2] und die Hyperbolkonstruktion des Architekten Frei Otto im Münchener Olympiapark. Aufgrund ihrer besonderen Eleganz haben hyperbolische Türme in den Städten, in denen sie gebaut wurden, meist den Rang einer Sehenswürdigkeit.
Schuchow fand immer Zeit für ein leidenschaftliches Hobby - die Fotografie. Die fotografischen Arbeiten von Schuchow setzten Maßstäbe für die Kunstfotografie. Er machte Fotos in verschiedenen Genres: Bericht, Stadtlandschaft, Bildnis, Konstruktivismus. Ungefähr zweitausend der von Schuchow gemachten Fotos und Negative sind heute noch erhalten.
Bauprojekte
- Schuchow-Radioturm in Moskau
- Dach des Warenhauses GUM in Moskau
- Dach des Puschkin-Museums in Moskau
- Halle des Kiewer Bahnhofs in Moskau
- Seilnetz-Konstruktion für die Allrussische Ausstellung 1896 in Nischni Nowgorod
- Dachkonstruktion einer Zeche in Wyksa
- NIGRES-Stromleitungsmast an der Oka bei Dserschinsk
- Adziogol-Leuchtturm bei Cherson
- Hyperboloider Wasserturm in Krasnodar
- Hyperboloider Wasserturm in Lobnja
- Hyperboloider Wasserturm in Petuschki
Literatur
- Rainer Graefe:[3] Die Kunst der sparsamen Konstruktion, DVA, Stuttgart 1990, 192 S., ISBN 3-421-02984-9, online-Ausschnitt
- Jesberg, Paulgerd: "Die Geschichte der Ingenieurbaukunst", Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart (Germany) , ISBN 3-421-03078-2, 1996; pp. 198-9.
- Ricken, Herbert: "Der Bauingenieur", Verlag für Bauwesen, Berlin (Germany) , ISBN 3-345-00266-3, 1994; pp. 230.
- Picon, Antoine: "L'art de l'ingénieur", Éditions du Centre Georges Pompidou, Paris (France) , ISBN 2-85850-911-5, 1997; pp. 123-4.
- William Craft Brumfield: "The Origins of Modernism in Russian Architecture", University of California Press, 1991, ISBN 0-520-06929-3.
- Karl-Eugen Kurrer, "The History of the Theory of Structures: From Arch Analysis to Computational Mechanics", 2008, ISBN 978-3-433-01838-5
- Elizabeth Cooper English:[4] “Arkhitektura i mnimosti”: The origins of Soviet avant-garde rationalist architecture in the Russian mystical-philosophical and mathematical intellectual tradition”, a dissertation in architecture, 264 p., University of Pennsylvania, 2000.
- Fausto Giovannardi: "Vladimir G. Shukhov e la leggerezza dell’acciaio", Borgo San Lorenzo, 2007.
Quellen und Anmerkungen
- ↑ Rotonda der Panrussischen Ausstellung, structurae.de
- ↑ Hyperbolischer Turm im japanischen Hafen Kōbe
- ↑ Homepage von Rainer Graefe
- ↑ Homepage von Elizabeth Cooper English
Weblinks
- Literatur von und über Wladimir Grigorjewitsch Schuchow im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Vladimir G. Suchov. Ingenieurporträt, Ingenieurbüro APT
- Eintrag über Wladimir Grigorjewitsch Schuchow bei Structurae
- Die sparsame Konstruktion, tec 21, Nr. 41, 8. Oktober 2004, (deutsch, PDF-Datei, 9 S.)
- Schuchow und Gaudí
- "Vladimir Grigor'evic Suchov", Aufsatz von G. M. Kovel'man, (deutsch, PDF-Datei, 30 S.)
- Schuchow-Turm
- Bilder von Bauten
- Schuchow-Turm im Architekturmuseum der TU München
- Konstruktionform. Nigres-Stromleitungsmast
- Stählerne Grazie
- Schuchow-Turm in der Pinakothek der Moderne
- Shukov Tower Foundation (deutsch)
- Adziogol-Leuchtturm am Schwarzen Meer
- Fotografisches Werk Schuchows
- Webseite über Wladimir Grigorjewitsch Schuchow bei archINFORM (Projektliste)
Personendaten NAME Schuchow, Wladimir Grigorjewitsch KURZBESCHREIBUNG russischer Ingenieur, Erfinder und Universalgelehrter GEBURTSDATUM 28. August 1853 GEBURTSORT Belgorod STERBEDATUM 2. Februar 1939 STERBEORT Moskau
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