Wölbungsrücklage

Wölbungsrücklage

Als Profil im Allgemeinen bezeichnet man in der Strömungslehre die Form des Querschnitts eines Körpers. Durch die spezifische Form und die Umströmung durch eine Flüssigkeit oder ein Gas (Fluidum) entstehen an diesen Körpern angreifende Kräfte. Die Berechnung dieser Kräfte ist sehr komplex und basiert, stark vereinfacht, auf dem Gesetz von Bernoulli und der Reibung.

Speziell geformte Profile werden für die Erzeugung von aerodynamischen oder hydrodynamischen Kräften, beispielsweise der Auftriebskraft an Flügeln von Vögeln und Flugzeugen, dem Schub an Schiffspropellern oder zur Bewegung von Windenergieanlagen, verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Tragflächenprofil

Schnittbild eines Tragflächenprofils

Ein Tragflächenprofil bezeichnet die Form des Querschnittes der Tragfläche eines Flugzeugs. Die Profilform lässt sich anhand bestimmter geometrischer und aerodynamischer Eigenschaften in verschiedene Kategorien einteilen. Diese werden je nach Verwendungszweck bei der Konstruktion von Flugzeugen eingesetzt:

Profilkategorien

  • Symmetrische Profile sind ihrer Längsachse entlang spiegelsymmetrisch. Die Skelettlinie ist gerade.
  • Halbsymmetrische Profile sind ihrer Längsachse (Skelettlinie) entlang ähnlich. Sie unterscheiden sich bei der Wölbungshöhe der Unter- und Oberseite.
  • Keulenprofile sind oben konvex gewölbt, wohingegen die untere Seite vorne einen konvexen und hinten einen konkaven Bereich aufweist. Den konkaven Bereich nennt man auch Hohlwölbung.
  • S-Schlagprofile: Der hintere Teil des Profiles ist nach oben gezogen, so dass die Skelettlinie am Profilaustritt leicht aufwärts gerichtet ist.

Geometrische Profildaten

  • Profilwölbung: Als Wölbung bezeichnet man die größte Abweichung der Skelettlinie von der Profilsehne. Sie wird relativ zur Profiltiefe angegeben (f/t). Bei S-Schlagprofilen wird die Differenz der vorderen zur hinteren Abweichung genommen. Wenn die untere Profilseite nach oben gekrümmt ist, spricht man von Hohlwölbung (fh/t).
  • Wölbungsrücklage bezeichnet den Punkt der größten Wölbung über der Profilsehne im Abstand von der Profilnase (xf/t).
  • Profildicke: Die Dicke ist der größtmögliche Kreisdurchmesser auf der Skelettlinie. Sie wird ebenfalls relativ zur Profiltiefe angegeben (d/t).
  • Dickenrücklage bezeichnet den Punkt der größten Dicke über der Profilsehne im Abstand von der Profilnase (xd/t).
  • Nasenradius bezeichnet den Radius des Nasenkreises der Profilnase.

Aerodynamische Kategorien

konventionelles Profil, superkritisches Profil (unten)
  • Low-Re-Profile werden vor allem bei Modellflugzeugen und sehr langsam fliegenden Gleitern eingesetzt. Sie kennzeichnen sich durch kleinere oder grössere Hohlwölbung. Die grösste Dicke befindet sich auf dem vorderen Viertel der Sehne.
  • Konventionelle Profile werden vor allem im Geschwindigkeitsbereich von Kleinflugzeugen eingesetzt. Sie haben an der Profilunterseite leicht konvexe Form und die grösste Profildicke befindet sich im vorderen Drittel der Flügeltiefe.
  • Laminar-Profile haben eine lange laminare Laufstrecke der Strömung und daher einen geringen Widerstand. Die dickste Stelle des Profils liegt knapp vor der Flügelmitte. Diese Profile sind empfindlicher auf Störungen in der Strömung und finden hauptsächlich bei Segelflugzeugen und schnellen Motorflugzeugen Anwendung.
  • Superkritische Profile weisen an der Oberseite eine geringere oder schwächere Zu- und Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit auf. Die Luft strömt dort vom sub- in den transsonischen (Überschall der höher liegt als die Fluggeschwindigkeit) und wieder in den subsonischen Bereich. Der Verdichtungsstoß der Rekompression fällt schwächer aus und die stoßinduzierte Ablösung unterbleibt. Solche Profile wurden vor allem durch CFD möglich und werden in jüngerer Zeit bei Verkehrsflugzeugen genutzt, wenn diese im schallnahen Geschwindigkeitsbereich eingesetzt werden.
  • Überschall-Profile: werden so dünn wie möglich konstruiert und haben praktisch keine Wölbung und weisen spitze Profilnasen auf. Im Überschallbereich gelten die Strömungsgesetze der inkompressiblen Fluide.

Profilpolare

Die Kräfte, welche an einem Profil auftreten, lassen sich in Auftrieb (A) und Widerstand (W) aufteilen. Das Drehmoment um die Flügelachse wird als M bezeichnet. Diese Eigenschaften sowie der Anstellwinkel lassen sich in den Profilpolaren gegeneinander als Diagramm aufführen. Es ist aber üblich, statt mit diesen Kräften und Momenten mit den dimensionslosen Beiwerten Ca, Cw und Cm zu arbeiten. Das bedeutet, man bezieht alle Kräfte auf den Staudruck q und die Flügelfläche S (nicht auf die Spantfläche in Strömungsrichtung) und kann so mit Werten rechnen, die unabhängig von Fluggeschwindigkeit und Größe des Flügels sind.

Bei einem Viertel der Flügeltiefe auf der Profilsehne ist Cm für alle Profilformen und Anstellwinkel etwa konstant und nur noch abhängig von der Wölbung. Die aerodynamische wirksame Wölbung (Wö) setzt sich zusammen aus den geometrischen Wölbungen f und fh.

Cm0 ist das Nullauftriebsmoment (das Drehmoment des Flügels ohne Auftrieb). Dieses war früher noch von Bedeutung, weil sich das Drehmoment nicht unbedingt auf den Neutralpunkt bezog. Cm0 und Cm kann man heute gleichsetzen.

α0 ist der Nullauftriebswinkel (der Anstellwinkel wo der Auftrieb null ist).

Ca0 ist der Nullwinkelauftrieb (der Auftrieb bei Anstellwinkel null)

Das Drehmoment um den Neutralpunkt (NP) und der Nullauftriebswinkel und der Nullwinkelauftrieb sind proportional zur aerodynamisch wirksamen Wölbung (Wö=f+fh).

Für Tragflügel hoher Streckung, wie es Segelflugzeuge aufweisen, gilt etwa folgender Zusammenhang: -1° α0 entspricht -0,025 Cm entspricht 0,1 Ca entspricht 1,2 Wö     (Wö ist f und fh in %). Bei kleinen Reynoldszahlen, also Modellfliegern und extrem langsamen Gleitern ändern diese Faktoren ein wenig. Zum Beispiel: Ein Flügelprofil hat eine Wölbung von 4% und eine Hohlwölbung von 0% (konvexes Normalprofil). Wie hoch ist Cm, Ca0, α0?

Cm=Wö/1.2*-0.025=-0,08      Ca0=Wö/1,2*0,1=0,33     α0=Wö/1,2*-1=-3,3°

Dieses Beispiel zeigt eindrücklich den Zusammenhang der geometrischen Profildaten (eigentlich nur der Wölbung) mit den aerodynamischen Grundwerten von Flügelprofilen.

Siehe auch

Entwicklung von Profilen

Profile sollen mehrere Anforderungen erfüllen, die teilweise unvereinbar sind. Real existierende Profile sind daher immer ein Kompromiss.

Bei Segelflugzeugen werden zum Beispiel folgende Eigenschaften angestrebt:

  • maximaler Wirkungsgrad, d.h. maximales Verhältnis von Auftrieb zu Widerstand (ergibt die maximale Gleitzahl)
  • flache Polare, d.h. ein guter Wirkungsgrad auch bei hohen Geschwindigkeiten (ermöglicht hohe Vorfluggeschwindigkeiten)
  • hoher absoluter Maximalauftrieb bei möglichst tiefer Geschwindigkeit (ergibt gutes Steigen in Thermik)
  • gutmütiges Verhalten bei hohen Anstellwinkeln, gutmütiges Abreißverhalten (ermöglicht den sicheren Langsamflug)
  • guter Wirkungsgrad auch bei Verschmutzung (Mücken, Regen) und in turbulenter Luft (Thermik)

Da die Entwicklung und Vermessung von Profilen sehr aufwändig ist, haben schon früh Universitäten und andere öffentliche Anstalten systematische Versuchsreihen durchgeführt und Kataloge von bewährten Profilen mit bekannten Eigenschaften publiziert. Diese Kataloge können von Herstellern teilweise frei, teilweise unter Lizenz verwendet werden. Verbreitete Verwendung fanden etwa der Profilkataloge der deutschen Aerodynamischen Versuchsanstalt Göttingen (Profile Gö-xxx) und der amerikanischen NACA (Profile NACA-xxx).

Heutzutage wird bei Neuentwicklungen immer weniger auf Profilkataloge zurückgegriffen, da sowohl das theoretische Wissen als auch die Rechenleistung vorhanden ist, um neue Profile maßgeschneidert an gewünschte Eigenschaften direkt numerisch zu berechnen.

Nebst den universitären Instituten forschen auch größere Flugzeughersteller an neuen Profilen, diese Ergebnisse werden aber oft geheim gehalten.

Weitere Anwendungen

Das Funktionsprinzip der Profilform eines Flügels finden wir auch bei einem Rotorblatt, das die Strömung antreibend Propeller, und von der Strömung angetrieben Repeller genannt wird.

Weblinks


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